Insulin – Schlüsselhormon für den Glukosestoffwechsel | Medizinlexikon
Die Hauptfunktion von Insulin ist das Regulieren der Traubenzuckerkonzentration (Glukose) im Blut, indem es die Aufnahme und Verwertung von Glukose in verschiedenen Geweben des Körpers fördert.
lat. insula = Insel (Zellen der Bauchspeicheldrüse, welche sich in den “Langerhansschen Inseln” befinden)
Es wird in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, genauer gesagt in den sogenannten Langerhans-Inseln, produziert und in den Blutkreislauf abgegeben.
Das lebenswichtige Hormon wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet. Nach Aufnahme von kohlenhydratreicher Nahrung schütten Zellen Insulin ins Blut aus.
Entdeckung
Insulin wurde 1921 von Frederick Banting, Charles Best und weiteren Kollegen entdeckt. Diese bahnbrechende Entdeckung führte zu bedeutenden Fortschritten in der Behandlung von Diabetes mellitus, einer Erkrankung, die durch eine Störung im Insulinstoffwechsel gekennzeichnet ist.
Funktion und Physiologische Wirkung
Das Hormon erreicht über das Blut alle Körperzellen, hat aber in Abhängigkeit von der Zellart unterschiedliche Wirkungen.
Für die Regulation der Blutzuckerkonzentration stehen vor allem die Wirkungen auf die Leber- und Muskelzellen im Vordergrund. Durch Insulineinfluss wird mehr Glukose in das Zellinnere aufgenommen und in Form von Glykogen gespeichert, und es wird auch Glukose in den Zellen abgebaut und in Energie umgewandelt.
Beide Vorgänge senken die Blutglukosekonzentration. Auch für den Fettstoffwechsel, den Kaliumhaushat oder für den Aminosäurestoffwechsel ist Insulin wichtig. Insulin ist das einzige Hormon, welches den Blutzuckerspiegel senken kann.
Wird vom Körper zu wenig Insulin produziert oder kann er nicht adäquat darauf reagieren, so entsteht Diabetes (umgangssprachlich oft noch immer als Zuckerkrankheit bezeichnet).
Die wichtigsten Wirkungen von Insulin auf den menschlichen Körper im Überblick:
- Förderung der Glukoseaufnahme: Insulin bindet an spezifische Rezeptoren an der Oberfläche von Zellen, was die Aufnahme von Glukose aus dem Blut in Muskel-, Fett- und Leberzellen ermöglicht. Dort wird Glukose zur Energiegewinnung verwendet oder in Form von Glykogen und Triglyceriden gespeichert.
- Hemmung der Glukoseproduktion: Insulin unterdrückt die Freisetzung von Glukose aus der Leber und reduziert so die Produktion von Glukose im Körper.
- Proteinsynthese: Insulin stimuliert die Proteinsynthese und fördert so das Wachstum und die Reparatur von Geweben.
- Insulin fördert die Umwandlung von überschüssiger Glukose in Fett (Lipogenese) und unterstützt die Speicherung von Fett in Adipozyten (Fettzellen).
- Hemmung der Lipolyse: Insulin hemmt den Abbau von Fetten (Lipolyse) und reduziert so die Freisetzung von Fettsäuren aus den Fettgeweben.
Insulinmangel und Diabetes
Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch eine gestörte Insulinproduktion oder eine verminderte Empfindlichkeit der Zielzellen gegenüber Insulin (Insulinresistenz) verursacht wird.
Dies führt zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels (Hyperglykämie), da die Glukose nicht effizient in die Zellen aufgenommen und verwertet werden kann.
Es gibt verschiedene Formen von Diabetes, wobei Typ-1-Diabetes durch einen absoluten Mangel an Insulin und Typ-2-Diabetes durch einen relativen Insulinmangel und/oder Insulinresistenz gekennzeichnet ist.
Typ-1-Diabetes
Was bedeutet absoluter Insulinmangel?
Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Diese Zellen sind für die Produktion von Insulin verantwortlich.
Infolgedessen kommt es zu einem absoluten Insulinmangel, da die Produktion des Hormons stark reduziert oder vollständig eingestellt wird. Ohne ausreichend Insulin können die Körperzellen nicht ausreichend Glukose aufnehmen, was zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führt. Patienten mit Typ-1-Diabetes benötigen daher lebenslang Insulintherapie, um den fehlenden Insulinbedarf zu decken.
Typ-2-Diabetes
Typ-2-Diabetes ist die häufigste Form von Diabetes und tritt normalerweise im Erwachsenenalter auf, kann jedoch auch bei jüngeren Menschen auftreten.
Bei Typ-2-Diabetes reagieren die Körperzellen weniger empfindlich auf das Insulin, das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird. Dies wird als Insulinresistenz bezeichnet.
Die Bauchspeicheldrüse kann versuchen, den Insulinmangel durch eine erhöhte Produktion von Insulin auszugleichen. Im Laufe der Zeit kann jedoch die Insulinproduktion nachlassen, dann spricht man von einem relativen Insulinmangel.
Da die Zellen nicht ausreichend auf das vorhandene Insulin ansprechen, kann die Glukose nicht effektiv in die Zellen transportiert werden, und es entsteht eine Hyperglykämie (erhöhter Blutzuckerspiegel). In den frühen Stadien von Typ-2-Diabetes kann eine Änderung des Lebensstils und Medikamente zur Verbesserung der Insulinsensitivität beitragen.
In späteren Stadien kann eine Insulintherapie notwendig werden, um den Insulinmangel auszugleichen und den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren.
Behandlung
Die Behandlung von Diabetes beruht oft auf einer Insulintherapie. Dabei kann Insulin entweder über Injektionen oder Insulinpumpen verabreicht werden, um den Glukosestoffwechsel zu regulieren und den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren.
Eine Insulintherapie kann mit verschiedenen Insulinpräparaten erfolgen. Früher erfolgte die Behandlung aussschließlich mit aus der Bauchspeicheldrüse von Tieren (Hunde, Rinder, Schweine).
Nunmehr ist die künstliche (synthetische) Herstellung von Insulin an der Tagesordnung – hier unterteilen sich die Insulinarten in Humaninsulin und Insulinanaloga.
Insulin wird meistens subkutan (unter die Haut) verabreicht, manchmal aber auch intravenös (in die Vene). Um die Wirkdauer der unangenehmen und lästigen Insulininjektionen zu verlängern, wurden verschiedene Präparate entwickelt (Verzögerungsinsulin, Depotinsulin, Basisinsulin).
Die Häufigkeit der Insulininjektionen hängt von der Art der Insulintherapie und den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab. Es gibt verschiedene Insulintherapie-Regime, die je nach Art des Diabetes und anderen Faktoren vom behandelnden Arzt festgelegt werden.
Die zwei gängigsten Insulintherapie-Regime sind die konventionelle Insulintherapie und die intensivierte Insulintherapie.
Konventionelle Insulintherapie
Bei der konventionellen Insulintherapie werden normalerweise zwei Injektionen pro Tag verabreicht. Eine Injektion besteht aus langwirksamem (basalem) Insulin, das den Grundbedarf über einen längeren Zeitraum abdeckt, und die andere Injektion enthält kurzwirksames Insulin, das vor den Hauptmahlzeiten verabreicht wird, um die postprandiale (nach dem Essen) Glukosesteigerung zu kontrollieren.
Intensivierte Insulintherapie
Die intensivierte Insulintherapie, auch bekannt als Basis-Bolus-Therapie, ähnelt der konventionellen Therapie, aber sie beinhaltet zusätzliche Injektionen, um eine genauere Kontrolle des Blutzuckers zu ermöglichen.
Hierbei werden mehrere Injektionen kurzwirksamen Insulins vor jeder Mahlzeit verabreicht, um den Blutzuckeranstieg nach dem Essen besser zu regulieren. Zusätzlich wird ein oder zweimal täglich ein langwirksames Insulin zur Deckung des Grundbedarfs verabreicht.
Insulinpumpentherapie
Bei der Verwendung einer Insulinpumpe wird das Insulin kontinuierlich in den Körper abgegeben. Eine Insulinpumpe ist ein kleines Gerät, das außerhalb des Körpers getragen wird und über einen dünnen Schlauch mit einer Injektionsnadel (Kanüle) am Körper des Patienten verbunden ist.
Die Insulinpumpe gibt kontinuierlich eine geringe Menge an langwirksamem Insulin (Basisinsulin) ab, um den Grundbedarf zu decken. Zusätzlich kann der Patient auch vor den Mahlzeiten eine zusätzliche Dosis kurzwirksames Insulin per Knopfdruck verabreichen, um den Bedarf für die aufgenommene Glukose abzudecken.
Die Insulinpumpe ermöglicht eine flexiblere Insulintherapie, da der Patient die Insulinzufuhr anpassen kann, um individuelle Bedürfnisse und Blutzuckerschwankungen zu berücksichtigen. Die meisten Insulinpumpen tragen zu einer verbesserten Blutzuckerkontrolle und einer besseren Lebensqualität bei, da sie es den Patienten ermöglichen, sich leichter an ihren Lebensstil anzupassen.
Gerade für bestimmte Leistungssportler kann die Insulinpumpentherapie eine sinnvolle Option sein, um ihre Diabetes gut zu kontrollieren und gleichzeitig den Anforderungen des Sporttrainings gerecht zu werden.
Die Insulinpumpe ermöglicht eine flexible Anpassung der Insulinzufuhr an den individuellen Bedarf des Sportlers. Außerdem sind moderne Insulinpumpen oft mit kontinuierlichen Glukosemesssystemen (CGM) kompatibel, die den Blutzuckerspiegel in Echtzeit überwachen.
Dies ermöglicht dem Sportler, während des Trainings den Blutzuckerspiegel besser im Auge zu behalten und entsprechend zu handeln, wenn Abweichungen auftreten.
Durch die Möglichkeit, die Insulinzufuhr während des Trainings genau zu kontrollieren, können die Risiken von Unterzuckerungen (Hypoglykämien) minimiert werden, die während des intensiven Sports auftreten könnten.
Die genaue Anzahl der Insulininjektionen oder die Einstellung der Insulinpumpe kann generell je nach individuellen Faktoren, wie dem Insulinbedarf, dem Lebensstil des Patienten, den Mahlzeitenplänen und der körperlichen Aktivität, variieren.
Insulinlagerung und Insulintransport
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– Bereits geöffnete Insulinflaschen und Ampullen bei Zimmertemperaturen lagern – Verwendung bis zu 4 Wochen.
– Insulinvorräte im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad lagern (Achtung: Kein Frost und keine Hitze – Insulin wird unbrauchbar!)
– Bei Flugreisen: Insulin im Handgepäck befördern, da im Frachtraum Minusgrade vorherrschen können.
– Bei Hitze kann man möglicherweise eine Trübung des Insulins erkennen (nicht verlässlich) – also im Sommer auch nicht im Auto lassen.
– Bei der Verwendung in Insulinpumpen, wo das Insulin nahe der Körpertemperatur ist, wird normal eine Haltbarkeit von 3 Tagen angegeben.
– Auch das Insulin im Pen ist vor extremer Hitzeeinwirkung zu schützen.
– Für den Transport im Urlaub gibt es verschiedene Kühltaschen.
Bei Unklarheiten unbedingt den Arzt oder Apotheker fragen.
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Quelle:
¹ Current Advances of Artificial Pancreas Systems: A Comprehensive Review of the Clinical Evidence ( Sun Joon Moon, Inha Jung, Cheol-Young Park in Diabetes Metab J. 2021;45(6):813-839.) DOI: https://doi.org/10.4093/dmj.2021.0177
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Diabetes / Krankheitslexikon
– Das Hormon Insulin
– Insulinpumpen und Glukosesensoren in der modernen Diabetestechnologie
– Diabetes und Depression
– Schwangerschaftsdiabetes
– Was ist Schwangerschaftsdiabetes?
– Blutbild, Blutbefund, Blutwerte
Zur Information: Diese Informationen wurden – im Sinne mündiger Patienten – für interessierte Laien eingerichtet. Keinesfalls dürfen sie als Ersatz für medizinsche Beratung und Hilfe seitens qualifizierten Personals aus dem jeweiligen Fachbereich angesehen oder eingesetzt werden. Kontaktieren Sie bei Beschwerden jedenfalls den Arzt Ihres Vertrauens!
[Verfasst 06/2009, Update: 07/2023]