Medizinlexikon: Was ist Schwangerschaftsdiabetes?
Etwa zwei bis fünf Prozent aller Schwangeren in Österreich entwickeln im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft einen Diabetes mellitus. Ein solcher Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) bedeutet immer eine Risikoschwangerschaft mit Neigung zu Frühgeburten, Fehlgeburten und Missbildungen.
Diese auch als Typ-4-Diabetes bezeichnete Zuckerkrankheit, ist definiert als eine erstmals in der Schwangerschaft diagnostizierte Glucose-Toleranzstörung, bei der nach der Geburt bei den meisten Frauen wieder ein normaler Zuckerstoffwechsel auftritt. Zu den Risikogruppen zählen Schwangere, die bereits Schwangerschaftsdiabetes in einer früheren Schwangerschaft hatten, Frauen mit starkem Übergewicht und ältere Schwangere über 30 Jahre.
Der Entstehungsmechanismus dieser Form des Diabetes mellitus beruht auf einem verstärkten Insulinabbau und einen Anstieg der Kortisonkonzentration im Blut. Diese Diabetes fördernden Reaktionen der Mutter werden durch die Wirkung der Plazentahormone hervorgerufen. Schwangerschaftshormone wie Östrogen, Plazenta-Laktogen und Gestagene, die für den Erhalt der Schwangerschaft nötig sind, beeinflussen nämlich auch den Stoffwechsel der Mutter.
Normalerweise gibt die Bauchspeicheldrüse sofort mehr Insulin in den Blutstrom ab, wenn der Zuckergehalt dort steigt. Kann die Bauchspeicheldrüse durch eine erhöhte Insulinausschüttung keinen Ausgleich mehr schaffen, entwickelt sich ein Schwangerschaftsdiabetes mit erhöhten Blutzuckerwerten. Das passiert häufig zwischen dem fünften und siebten Schwangerschaftsmonat.
Diagnose:
Bei den meisten Schwangeren wird der Diabetes erst im Rahmen eines Zuckerbelastungstests festgestellt; sie selbst bemerken es nicht. Der Blutzuckerwert kann mittels Blutzuckertest schnell und genau bestimmt werden. Liegt er nüchtern gemessen über einem bestimmten Grenzwert, ist das ein sicheres Zeichen für Diabetes. Da der Blutzuckertest lange Zeit keine erforderliche Routineuntersuchung in der Schwangerschaft war, ist er bei vielen Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelten, unentdeckt geblieben. Seit 2008 ist in Österreich der sogenannte oraler Glukosetoleranztest (oGTT) verpflichtender Bestandteil der Routineuntersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes.
Risiko für Mutter und Kind
Der hohe Zuckerspiegel bedeutet ein ziemliches Risiko für Mutter und Kind. Für die Mutter steigt das Risiko für einen zu hohen Blutdruck und als Folge davon nimmt die Gefahr zu an Präeklampsie (EPH-Gestose) – auch Schwangerschaftsvergiftung genannt – zu erkranken. Für das Ungeborene wiederum bedeutet der viele Zucker eine gewaltige Belastung, denn die kindliche Bauchspeicheldrüse muss mehr Insulin bilden, um den hohen Blutzuckerspiegel zu bewältigen. So wird der Zucker als Fett in den eigenen Körper eingebaut, wodurch das Kind dicker und größer wird (Makrosomie). Gleichzeitig produziert das Kind mehr Urin, wodurch die Fruchtwassermenge zunimmt – beides sind Risikofaktoren für eine Frühgeburt.
Außerdem kann der Diabetes auch zu einer Stoffwechselstörung beim Baby führen, die selten schwer und noch seltener zum Tod des Babys führt. Die Zuckerkrankheit darf daher keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden, vielmehr muss der Diabetes gut unter Kontrolle gehalten und den Rat des Arztes/der Ärztin genau befolgt werden. Grundsätzlich gilt: Wird Schwangerschaftsdiabetes rechtzeitig erkannt, kann das Gesundheitsrisiko durch Diät meistens stark minimiert werden. Und: je besser die Zuckereinstellung der Mutter, desto größer die Überlebenschancen des Kindes.
Therapie:
Ziel der Behandlung ist es, die Blutzuckerwerte vor und nach dem Essen zu normalisieren. In vielen Fällen genügt zur Therapie schon eine Gewichtsreduktion durch ausgewogene und bedarfsgerechter Ernährung, in 15% der Fälle muss zusätzlich Insulin gegeben werden. Dabei reichen häufig kleine Mengen eines schnell wirkenden Insulins vor den Hauptmahlzeiten aus.
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Linktipps
– Gestationsdiabetes, Schwangerschaftsdiabetes
– Gestosen – schwangerschaftsbedingte Krankheiten mit unklarer Ursache
– Toxoplasmose – Infektionsgefahr für das Baby in der Schwangerschaft
Zur Information: Diese Informationen wurden – im Sinne mündiger Patienten – für interessierte Laien eingerichtet. Keinesfalls dürfen sie als Ersatz für medizinsche Beratung und Hilfe seitens qualifizierten Personals aus dem jeweiligen Fachbereich angesehen oder eingesetzt werden. Kontaktieren Sie bei Beschwerden jedenfalls den Arzt Ihres Vertrauens!
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