Medical Wellness – Urlaub mit Gesundheitsvorsorge
Bei Medical Wellness handelt es sich weder um einen neuen Gesundheitsboom noch um eine spezielle medizinische Anwendung. Vielmehr dürfte die Bezeichnung den kreativen Köpfen findiger Werbe- und PR-Profis beim Versuch, neue Zielgruppen für die Gesundheitshotellerie zu erschließen, entsprungen sein.
So soll sich der Begriff als Synonym für Angebote zur Verbesserung der persönlichen Lebensqualität und der Gesundheitsvorsorge etablieren.
Handelt es sich schon beim Begriff “Wellness” um eine Wortkombination von “wellbeing” und “fitness”, so kann die Bezeichnung “Medical Wellness” mit Fug und Recht als doppelte Wortschöpfung angesehen werden. Durch das Hinzufügen eines medizinischen Aspektes soll sich zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit (“Wellness”) noch die präventive Komponente gesellen.
Anwendungen unter diesem Titel – so wollen es die Anbieter – beinhalten “gesundheitswissenschaftlich begleitete Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens durch eigenverantwortliche Prävention“.¹
Doch schon diese Definition sorgt beim Konsumenten für Verwirrung, denn gesundheitswissenschaftlich begleitete Maßnahmen sind nicht zwangsläufig medizinische Maßnahmen und bedürfen daher nicht der Anwesenheit eines Arztes.
Was also dürfen Verbraucher von derartigen Angeboten halten? Wie steht es mit der von Brancheninsidern vielfach geäußerten Befürchtung, es handle sich um Etikettenschwindel? Sollen etwa klassische Wellness-Anwendungen einfach unter neuem Namen verkauft werden?
Zwischen Medizin und Wellness
Der Begriff “Wellness” steht für einen riesigen, nach wie vor anhaltenden Marketingerfolg. Alle möglichen Produkte und Dienstleistungen, die sich mit dem Wort schmücken, dürften auf die verkaufsfördernde Wirkung des Begriffs vertrauen.
Dabei sagt das Wort “Wellness” wenig bis gar nichts über Inhalte oder Wirkungsweisen der angepriesenen Waren oder Serviceleistungen aus. Dies erkennen auch immer mehr Verbraucher, weshalb der Begriff langsam an Glanz zu verlieren scheint.
Auf der Suche nach einer neuen Bezeichnung, die dem Kunden ein qualitativ hochwertiges Angebot signalisiert, haben sich nun einige spezialisierte Tourismusbetriebe auf den Begriff “Medical Wellness” festgelegt. Hier soll sich der Urlauber – im Unterschied zum klassischen Wellnesshotel – nicht mehr alleine für oder gegen eine Anwendung entscheiden, sondern diese Entscheidung mit dem Arzt teilen. Unter ärztlicher Anleitung und Betreuung sollen Gäste die Wertschätzung ihrer eigenen Gesundheit lernen und sinnvolle Maßnahmen zur Gesundheitsförderung erkennen.
Bereits bestehende gesundheitliche Probleme werden gemeinsam analysiert und etwaige Risikofaktoren besprochen. Bei der Auswahl der Anwendungen wird besonders auf die Harmonie der jeweiligen Behandlungen geachtet, wobei individuelle Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigt werden.
So soll das Angebot als Brücke zwischen Wohlbefinden, Prävention und ärztlich begleiteter Gesundheitsmaßnahmen fungieren, mit dem Anspruch nachhaltig zu wirken. Denn Medical Wellness soll nicht nach dem Urlaub enden, sondern auch im Alltag Anwendung finden.
Ziel ist die dauerhafte Veränderung der Lebensgewohnheiten, im Bereich der Ernährung ebenso wie bei der Ausübung von sportlichen Aktivitäten. Entsprechend breit gefächert ist das Angebot spezialisierter Tourismusbetriebe.
Von klassischen Anwendungen wie Nordic Walking, Aquagymnastik und Yoga bis hin zu fernöstlichen Bewegungsformen wie Qi Gong und Tai Chi reicht die Auswahl. Angebote aus dem Bereich der Ganzheitsmedizin kommen ebenso zum Einsatz wie klassische Anwendungen der Schulmedizin, etwa die Physiotherapie.
Trotz zahlreicher Versuche, klare Richtlinien für Medical Wellness zu finden, gibt es allerdings noch immer keinen gesetzlichen Standard, die Qualitätsrichtlinien sind nach wie vor von den Betrieben selbst auferlegt.
Für den mündigen Verbraucher bedeutet dies, das Angebot und die medizinische Kompetenz des jeweiligen Hotels genau zu prüfen, denn Etikettenschwindel ist in diesem Breich leider an der Tagesordnung, wie Christian Werner, Herausgeber des Wellnesshotelführers RELAX Guide bestätigt:
“Oftmals werden gerade in Betrieben, die sich den Begriff auf ihre Fahnen geheftet haben, sündteure Behandlungen, die keinerlei Auswirkungen auf den Organismus haben, angeboten. Dazu wird verkauft, was man schon bisher hatte: Massagen, Kosmetik und Ayurveda, nur eben unter neuem Namen, dafür ohne ärztliche Betreuung.”
Einige Krankenversicherungsanstalten in Österreich (etwa die oberösterreichische LKUF) genehmigen Medical Wellness-Kuren in ausgewählten Hotelbetrieben einmal pro Kalenderjahr mit einer Kostenübernahme bis zu 90 %.
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¹ Deutscher Wellness Verband e.V. – Medical-Wellness Kongress 2007
– Mag. R. Jelinek – Mafo-News 10/2007
– M. Bardeau – Reisereport Magazin 01/2010
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Linktipps
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– Vorbeugender Gesundheitsurlaub – worauf zu achten ist
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– Deutscher Medical Wellness Verband e.V.
– Deutschers Medical Wellness Verband