Was ist autogenes Training?
Autogenes Training ist eine 1920 vom deutschen Psychiater Johannes Heinrich Schultz begründete psychotherapeutische Methode der konzentrativen Selbstentspannung zur Behebung psychisch-vegetativer Störungen, etwa von Verkrampfungszuständen oder Schlaflosigkeit. Mittels erlernbarer, auf Autosuggestion beruhender Übungen soll die Beherrschung von sonst nicht willkürlich beeinflussbaren körperlichen und seelischen Funktionen erlangt werden.
Autogenes Training wird zumeist in kleinen Gruppen (seltener im Einzelsetting) in 1 bis 2 wöchentlichen Sitzungen während einer Dauer von 6 bis 10 Wochen vermittelt. Jede Übung mit ihren verschiedenen Komponenten (z.B. “Schwere”, “Wärme” und “Atemwahrnehmung”) dauert insgesamt 3 bis 5 Minuten und wird meist im Sitzen (zuweilen auch im Liegen) bei geschlossenen Augen durchgeführt.
Die Übungen finden vorzugsweise in einem ruhigen, abgedunkelten Raum statt, während des praktischen Trainings schweigt der Therapeut.
Die Übenden konzentrieren sich anfangs auf die Wahrnehmung ihres Gebrauchsarms mit der Leitvorstellung “mein Arm ist schwer”. Sofern 2 bis 3mal täglich zuhause geübt wird, generalisiert die Schwereempfindung auf Arme und Beine, und Wärmeempfindungen werden zusätzlich angesprochen (“Arme und Beine sind schwer”, “Arme und Beine sind warm”, “ich bin ganz ruhig”).
Wenn zuweilen Wärmeempfindungen vor oder zugleich mit der Schwere realisiert werden, wird die individuelle Ausgestaltung der Übung den Empfindungen angepasst.
Jede tagsüber durchgeführte Übung wird intensiv zurückgenommen (“Dynamisierung”). Die Übungsformeln können fortschreitend schlagwortartig verkürzt werden (“Ruhe-Schwere-Wärme”). Durch die passiv-gelassene Konzentration (“was geschieht, ist gut”) auf entspannungsgekoppelte Vorgänge, automatisiert und intensiviert sich schon bei diesen “psychotherapeutischen Grundübungen” die Entspannung. Zusätzlich können weitere Komponenten (Organübungen) trainiert werden:
Rhythmisch ablaufende Körpervorgänge (Herzschlag, Atmung), ein strömendes Wärmegefühl im Bauchraum (Sonnengeflecht) und eine angenehme Kühle der Stirn werden passiv gelassen fokussiert. Weiterhin kann der Übende dazu angeleitet werden, mit “formelhafte Vorsatzbildungen” persönliche Leitsätze zu bilden, die auf Symptomreduktion oder Persönlichkeitsreifung abzielen und bei therapeutischem Vorgehen im Rahmen umfassender Behandlungspläne besonders wichtig sind.
Autogenes Training bedient sich ähnlicher Elemente wie die Selbsthypnose und Meditation, auch mit bestimmten Übungen des Yoga gibt es methodische Gemeinsamkeiten.
In welchen Bereichen wird autogenes Training eingesetzt?
Die Wirkung des autogenen Trainings wird seit Beginn des 20. Jahrhunderts erforscht und experimentell bestätigt. Autogenes Training ist wirksam bei ängstlichen und nervösen Störungen, Schlafstörungen und psychosomatisch bedingten Krankheitssymptomen bis hin zu leichten depressiven Verstimmungen und auch bei der Rauchentwöhnung.
Es kann des weiteren zur Gedächtnissteigerung eingesetzt werden. In der Medizin und Psychotherapie ist autogenes Training ein anerkanntes Verfahren zur Behandlung von Angstzuständen und wird im Sportbereich seit vielen Jahren zur Leistungssteigerung verwendet.
Was sind die Voraussetzungen für autogenes Training?
Autogenes Training setzt seelische Gesundheit, Lernbereitschaft und ein gewisses Maß an Selbstdisziplin voraus. Menschen, die an einer akuten Psychose, an Schizophrenie oder depressiven Psychosen leiden, ist das autogene Training nicht geeignet. Auch bei Hirnabbau und Demenzen wie der Alzheimer-Krankheit ist die Methode nicht wirksam – hier ist ärztliche Behandlung angezeigt.
Das autogene Training sollte nur unter qualifizierter Anleitung durchgeführt werden. Falsche Durchführung des autogenen Trainings kann die Symptome, die man damit beseitigen oder lindern möchte, verschlimmern.
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