Skiunfälle vermeiden: Ausdauer und gute Kondition helfen dabei
Wer gut vorbereitet in den Winterurlaub startet, verringert die Gefahr, sich beim Sport im Schnee zu verletzen enorm. Nicht nur Profis, auch Hobby-Skisportler sollten fit sein, wenn sie die Ski anschnallen.
Und Vorbereitung tut tatsächlich Not, denn jährlich steigt nicht nur die Anzahl der Unfälle, auch die Verletzungen werden immer schwerer. Wir haben für sie die besten Tipps für die Ausrüstung, eine gute Vorbereitung und die wichtigsten Pistenregeln zusammengefasst.
Skiunfälle vermeiden – Artikelübersicht:
- Schwere Skiunfälle durch Selbstüberschätzung
- Übungen in den Tagesablauf einbauen
- Vor dem Sport unbedingt die Muskeln dehnen
- Auf intakte Skiausrüstung achten
- Die wichtigsten Pisten-Tipps
- Pistenregeln beachten
- Alpine Notrufnummern
- Linktipps
“Skifahren in den Bergen ist für jemanden, der sonst seine Tage im Büro verbringt, eine große Umstellung”, sagt Gerlach, “da reicht es nicht, ein paar Tage vorher mit dem Training anzufangen.” So früh wie möglich sollte man beginnen, seine Leistungsform zu erhöhen. “Das funktioniert am besten mit einer Sportart, die dem Skifahren ähnlich ist”, erläutert Diplom-Sportwissenschaftler Jan Gerlach von der Deutschen Sporthochschule in Köln.
Beim Nordic Walking beispielsweise werden die gleichen Muskelgruppen wie beim Skilanglauf angesprochen. Und auch beim Inline Skating sind viele Bewegungsabläufe denen beim Skifahren ähnlich.”
“Wichtig ist es aber in erster Linie, sich eine allgemeine Fitness als Grundlage zu erarbeiten”, rät Gerlach. Das können die einen am besten beim Walken, Joggen oder Radfahren, die anderen steigern ihre Ausdauer und Kraft lieber beim Handball, Fußball oder Tennis. “Es sollte vor allem Spaß machen”, betont der Sportwissenschaftler.
Wer gezielt vorgehen will, kann Angebote der Sportvereine, Volkshochschulen oder Fitnesscenter wahrnehmen und sich mit Skigymnastik vorbereiten. “Dabei werden speziell die Muskelgruppen trainiert, die beim Skifahren besonders belastet werden.”
Schwere Skiunfälle durch Selbstüberschätzung
Die Anzahl und auch die Schwere der Skiunfälle ist von zahlreichen Faktoren abhängig. Alarmierend ist die Zahl der Wintersaison 2022/23 bereits Ende Dezember: laut Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) sind seit dem 1. November 2022 bis 3. Jänner 2023 bereits 13 Personen (!) ums Leben gekommen.
Viele dieser fatalen Unfälle waren sogenannte Pistenrandunfälle und zum Teil offenbar den besonders schwierigen Bedingungen aufgrund des akuten Schneemangels geschuldet. Wegen der besonders hohen frühlingshaften Temperaturen verlaufen viele Pisten wie ein weißer Teppich durch vollkommen schneefreies Gelände.
Die Pistenbedingungen seien bei solchen Wetterlagen besonders schwierig, da die Präparierung zumeist nur bis mittag hält und “… danach der Schnee in der Mitte der Piste mit vielen Buckeln zusammengeschoben wird und sich an den Rändern sehr gefährliche Eisflächen ergeben”, wie die Tiroler Alpinpolizei berichtet.
Wenn Fahrer dann keine Kontrolle über die Ski haben und von der gesicherten Piste abkommen, drohen im schneefreien Gelände schwere Verletzungen.
Viele Experten sprechen bereits seit Jahren von einem anhaltenden Trend zu Selbstüberschätzung und überhöhter Geschwindigkeit – einer fatalen Kombination im Wintersport.
Seilbahnbetreiber und Touristiker wollen von vermehrten Pistensperren dennoch nichts wissen und mahnen mehr Eigenverantwortung bei den Skigästen ein.
Auch Peter Paal, der Präsident der ÖKAS, verweist auf mangelnde Skifitness als Hauptursache für die meisten Unfälle. 100%ige Sicherheit ließe sich seiner Meinung nach auf den Pisten niemals herstellen, weshalb weniger Pistensperren als mehr Vernunft, bessere Fitness und ausreichend Kenntnisse der FIS-Pistenregeln der Fahrer gefragt wären.
Übungen in den Tagesablauf einbauen
Außer Kraft und Ausdauer verlangt der Wintersport noch weitere Fähigkeiten wie Geschicklichkeit, Balance und Reaktionsvermögen. “Am besten ist es, jeden Tag Übungen in den Tagesablauf einzubauen, die diese Fähigkeiten schulen”, rät Gerlach. Beim Bügeln abwechselnd auf einem Bein stehen, mit einem Sofakissen als Podest die Zähne putzen oder beim Spaziergang auf einem Baumstamm balancieren – mit ein bisschen Fantasie kann Geschicklichkeit überall trainiert werden.
Auch Tanzen und Spiele wie Federball oder Tischtennis fördern die Balance und das Reaktionsvermögen. “Vermeiden Sie vor Ort einen Kaltstart”, warnt Gerlach. Aufwärmen sollte vor dem Skifahren selbstverständlich sein. “In einer Gruppe kann man gemeinsam vorab im Schnee laufen oder Gymnastik machen.
Auch eine Rangelpartie mit den Kindern macht Spaß und wärmt die Muskeln auf”, schlägt Gerlach vor. Viele Leute stünden zu steif auf den Skiern. “Auch Stürzen will gelernt sein”, weiß der Sportwissenschaftler. “Gehen Sie in die Knie und lassen sich zur Seite oder nach hinten fallen.”
Vor dem Sport unbedingt die Muskeln dehnen
Vor der sportlichen Aktivität sollten außerdem die Muskeln gedehnt werden. “Allerdings nur für acht bis zehn Sekunden und mit langsamen rhythmischen Bewegungen, damit die Muskelspannung nicht nachlässt”, betont Gerlach. So vermeidet man Zerrungen. Wer außerdem auch noch nach dem Skifahren dehnt, erhöht die Beweglichkeit und beugt zusätzlich dem Muskelkater vor. Dazu wird der zu dehnende Muskel für 20 bis 30 Sekunden in einer nicht schmerzhaften Dehnstellung gehalten.
“Achten Sie darauf, wann Sie müde und schlapp werden”, appelliert Gerlach vor allem an diejenigen, die dazu neigen, sich und ihre Leistungsfähigkeit zu überschätzen. Wie Unfallstatistiken zeigen, passieren die meisten Unfälle am dritten Skitag. “Der gefährliche Tag kann aber auch schon mal der zweite oder vierte Tag auf der Piste sein”, sagt Gerlach. “Besser ist es, einen Gang zurückzuschalten und Alternativen auszuprobieren, zum Beispiel einen Schneespaziergang oder einen entspannenden Tag im Schwimmbad oder in der Sauna.”
Auf intakte Skiausrüstung achten
Nicht zuletzt ist eine intakte Skiausrüstung wichtig für die Sicherheit. Deshalb sollten die Sportgeräte vor dem Urlaub noch einmal von Fachleuten überprüft werden. “Die Kanten der Ski halten beim Bremsen nur, wenn sie scharf geschliffen sind. Und eine Bindung löst nur dann aus, wenn sie optimal für den Benutzer eingestellt ist”, so Gerlach.
Viele Skifahrer unterkühlen sich und werden krank, weil sie beim Sport falsch gekleidet sind. “Man sollte auf keinen Fall durchschwitzen”, betont Gerlach und plädiert für das “Zwiebelschalenprinzip”. Danach zieht der Sportler mehrere Lagen funktioneller Kleidung übereinander an, die er bei Bedarf dann aus- oder anziehen kann. “Das ist vor allem beim Langlauf sehr wichtig.
Bevor man zu sehr ins Schwitzen gerät: einfach eine Lage ausziehen und in den Rucksack stecken”, rät der Fachmann. Im Rucksack sollten außerdem genug vitaminreiche Kost und Getränke vorhanden sein. “Pausen gehören dazu und sollten genutzt werden, um die Energiespeicher wieder aufzufüllen”, empfiehlt Gerlach. Gänzlich falsch ist es, Alkohol zu konsumieren – er verringert nicht nur die Reaktionsfähigkeit, sondern führt auch zu grober Selbstüberschätzung!
Wenn es also sein muss, dann erst nach dem Abschwingen beim Aprés-Ski ein Gläschen lüpfen.
Die wichtigsten Pisten-Tipps
Die wichtigsten Pisten-Tipps des Instituts Sicher Leben:
- Augen auf! Schau nach oben, bevor du losfährst!
- Service! Kanten und Bindung OK?
- Crash! Schwing unterhalb der Gruppe ab!
- Warm up! Vor der Abfahrt ordentlich aufwärmen!
- Helm auf! Wer Hirn hat, schützt es!
- Keep cool! Öffne den Liftbügel erst im gekennzeichneten Ausstiegsbereich!
- Alles unter Kontrolle? Auf Sicht und kontrolliert fahren!
- Bitte woanders! Nicht an unübersichtlichen Stellen stehen bleiben!
- Bitte, nach Ihnen! Gib dem Langsameren Vorrang!
- Stop! Auf den gekennzeichneten Pisten bleiben!
- Pause! Pausen erhöhen das Skivergnügen!
Pistenregeln beachten
Während sich die Zehn Gebote aus dem Alten Testament großer Bekanntheit erfreuen, fristen die zehn Gebote des Wintersports laut einer Umfrage des Instituts Sicher Leben eher ein Schattendasein: Stolze 33 Prozent der heimischen Skifahrer und Snowboarder – also jeder Dritte! – haben noch nie von Pistenregeln gehört.
Nicht verwunderlich also, dass jedes Jahr rund 86.000 Wintersportler auf Österreichs Pisten einen Unfall haben. 65.000 dieser Ski- und Snowboardfahrer verletzen sich sogar so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Die FIS-Pistenregeln:
1. Rücksicht auf die anderen Skifahrer
Jeder Skifahrer muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
2. Beherrschung von Geschwindigkeit und Fahrweise
Jeder Skifahrer muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
3. Wahl der Fahrspur
Der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.
4. Überholen
Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
5. Einfahren und Anfahren
Jeder Skifahrer, der in eine Skiabfahrt einfahren oder nach einem Halt wieder anfahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
6. Anhalten
Jeder Skifahrer muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.
7. Aufstieg und Abfahrt
Ein Skifahrer, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.
8. Beachten der Zeichen
Jeder Skifahrer muss die Markierung und die Signalisation beachten.
9. Hilfeleistung
Bei Unfällen ist jeder Skifahrer zur Hilfeleistung verpflichtet.
10. Ausweispflicht
Jeder Skifahrer, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.
Bei Zusammenstößen zwischen Skifahrern haftet grundsätzlich derjenige, der sich nicht an die FIS-Regeln gehalten hat.
Auch Skifahrer, die wegen eines eigenen Fahrfehlers zu Sturz kommen und dabei andere mitreißen und verletzen, haften für diese Unfallfolgen.
Die entscheidenden Grundregeln zusammengefasst: derjenige, der von hinten kommt, ist bei einem Unfall schuld. Ebenfalls haftet derjenige für Unfallfolgen, der losfährt ohne sich zu vergewissern, ob andere nachkommen. In der Praxis bedeutet dies freilich unklare Prozessausgänge, da oftmals Aussage gegen Aussage steht.
Alpine Notrufnummern
Wenn doch einmal ein Sturz mit Verletzung passiert ist, zögern Sie nicht und rufen Sie Hilfe oder bitten Sie jemanden die Skirettung zu alamieren. Hier die wichtigsten alpinen Notrufnummern in Europa:
Österreich: 0043-512-58 78 28 (Notruf: 140)
Deutschland: 0049-89-29 49 40 (Notruf: 112)
Schweiz: 0041-333-333 333 (Notruf: 1414)
Italien: 0039-0471-99 99 55 (Notruf: 118)
Frankreich: 0033-450-53 22 08 (Notruf: 15)
Liechtenstein: +41 79 390 06 09 (Notruf: 117)
Europaweit kann Auch die allgemeine Notfallnummer 112 angerufen werden – die Notfallhelfer verständigen dann den jeweiligen Bergrettungsdienst.
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Quellen:
¹ Tödliches weißes Band: Warum es derzeit so viele Skiunfälle gibt (DER STANDARD)
² Österreichisches Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS)
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Skitourengehen – Ausrüstung, Technik, Training
– Richtiges Stretching auf der Piste
– Skihelm & Skiverletzungen
– Gesundheitssteigerung durch Skifahren
– Bessere Vorbereitung verringert das Unfallrisiko auf der Skipiste
– Prellungen & Verstauchungen
– Crosstrainer, Fahrrad-Ergometer & Co.