Faszientraining gegen Rückenschmerzen

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Faszientraining bei Rückenschmerzen

Faszien sind die Weichteil-Komponenten des Bindegewebes, die als weiße, fast durchsichtige Hülle Muskeln und Organe strumpfartig umgeben und den ganzen Körper als ein umhüllendes und verbindendes Spannungsnetzwerk durchdringen. Ist das Zusammenspiel zwischen Faszien und Muskeln gestört, kann dies Schmerzen verursachen. So zählen „verklebte“ Faszien auch zu den häufigsten Auslösern für Rückenschmerzen. Ein spezielles Faszientraining mittels Schaumstoffrollen (Faszienrollen) hat sich bewährt, diese Verklebungen zu lösen. Wir haben die besten Übungen für Sie zusammengestellt.


Faszientraining gegen Rückenschmerzen – Artikelübersicht:

Faszien – faszinierendes Gewebenetzwerk

Seit dem ersten internationalen Faszien-Kongress 2007 werden alle faserigen kollagenen Bindegewebsstrukturen des menschlichen Körpers unter dem Begriff Faszien zusammengefasst und als ein den gesamten Körper und alle Organe umhüllendes, durchdringendes und zusammenhängendes Netzwerk beschrieben. Dazu gehören unter anderen alle kollagenen faserigen Bindegewebe, insbesondere Gelenk- und Organkapseln, sowie Sehnen und Bänder. Kollagene sind faserbildende Proteine des Bindegewebes.

Faszien unter dem Mikroskop

Faszien unter dem Mikroskop
Foto: Schleip & Grau 2009:18, Abb. 1 aus der Bachelorarbeit “Faszinierende Faszien” von Clara Barbara Karelly (Medizinische Universität Graz – Institut für Pflegewissenschaft 2016)

Interessanterweise spielten Faszien über Jahrzehnte kaum eine Rolle in der muskuloskelettalen Forschung. Heute allerdings rücken sie zunehmend in den Fokus medizinischer Aufmerksamkeit. In den letzten Jahren hat man nämlich festgestellt, dass dieses muskuläre, faserige und elastische Bindegewebe viele wichtige Funktionen im Körper hat: tatsächlich ist es für die Körperwahrnehmung eines unserer wichtigsten Sinnesorgane, schließlich befinden sich über 100 Millionen Nervenenden in diesem kollagenen Gewebsnetz.

Der Muskelkater ist übrigens ein gutes Beispiel für eine Beeinträchtigung der Faszient. Genaugenomen wäre die Bezeichnung Faszienkater treffender, denn die schmerzversendenden freien Nervenenden, die ein paar Tage nach der sportlichen Betätigung sehr sensibel sind, liegen in der faszialen Muskelhülle und nicht im Muskel selber.

Allerdings ist nach wie vor unklar, warum die Faszien bei einem Muskelkater wehtun. Eine Annahme ist, dass die Muskelhülle Mikroverletzungen davongetragen hat. Eine andere Vermutung ist, dass der Muskel selber verletzt wurde, und die Muskelhülle dann als designiertes Alarm-Gewebe wehtut. Belegt ist, dass eine Regenerationsbehandlung mit Faszienrollen nach dem Training einem Muskelkater vorbeugen, jedenfalls aber mindern kann. Beim Training mit der Faszienrolle ist der Effekt der Durchblutungsförderung und Stimulation des Bindegewebes sogar noch stärker als bei Massagen nach der Sportausübung.

Jedenfalls beeinflussen Faszien als Spannungsnetzwerk die Kraftübertragung von Muskel zu Muskel. Und Faszien haben eine Stützfunktion, Trägerfunktion, Schutzfunktion und dienen der Stoßdämpfung. Somit können gesunde Faszien beispielsweise Rückenschmerzen vorbeugen.

Faszien als Ursache von Rückenschmerzen

Bei einem Großteil der Rückenschmerzen handelt es sich um sogenannte unspezifische Schmerzen, die sich auf keine eindeutige Ursache zurückführen lassen – eine unbefriedigende Situation sowohl für Ärzte als auch für Patienten. In den letzten Jahren ist zunehmend das Bindegewebe in den Fokus der Forschung gerückt und Untersuchungen zeigen: „Verklebte“ Faszien zählen zu den häufigsten Auslösern für Rückenschmerzen.

Ist das Zusammenspiel zwischen Faszien und Muskeln gestört, kann dies Schmerzen verursachen. Wenn die Faszien, die den Muskel umgeben, aneinander kleben, kann sich dieser nicht wie gewohnt entspannen und verhärtet. Dabei können sowohl einseitige Belastungen im Alltag als auch intensives Training das Bindegewebe beeinträchtigen.

Man hat jedenfalls festgestellt, dass die Faszien bei Rückenschmerz-Patienten deutlich verändert und verklebter sind als bei gleichaltrigen, gesunden Menschen.

„Sind die Verklebungen nur leicht, lassen sie sich mit regelmäßiger Bewegung wieder lösen“, erläutert Detlef Detjen, Geschäftsführer der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. Neben Physiotherapie hat sich ein spezielles Faszientraining bewährt.

Faszientraining – Übungen

Die AGR hat Übungen zusammengestellt, die besonders geeignet sind, um Verhärtungen zu lösen, das Bindegewebe zu stimulieren und die Durchblutung der Muskulatur anzuregen. Durchgeführt werden diese mit speziellen Schaumstoffrollen, so genannten Faszienrollen, die langsam über die schmerzenden Bereiche geführt werden. Je nach Verhärtung des Bindegewebes kann das Training anfangs recht unangenehm sein. Wer dran bleibt, wird allerdings belohnt und bei regelmäßiger Anwendung lässt auch das unangenehme Gefühl nach.

Übung für den Rücken

Faszienübung Rücken

Zur Massage des unteren Rückenbereiches (Lendenwirbel) setzen Sie sich auf die Faszienrolle und stützen sich wahlweise mit den Händen oder den Unterarmen auf dem Boden ab. Die Beine sind aufgestellt, die Arme führen die Bewegung aus, so dass die Rolle langsam ab dem Gesäß entlang des unteren Rückens gerollt wird. Ist die Massage zu intensiv, kann diese Übung auch an der Wand ausgeführt werden.

Für die obere Rückenmuskulatur und die Brustwirbelsäule legen Sie die Faszienrolle mittig unter Ihren Rücken. Die Arme verschränken Sie über dem Oberkörper und heben das Gesäß. Rollen Sie langsam von der Mitte hoch bis zu den Schulterblättern. Auch diese Übung kann an der Wand ausgeführt werden, wenn die Massage zu intensiv ist.

Übung für das Gesäß

Faszienübung Gesäß

Setzen Sie sich auf die Faszienrolle und stützen Sie sich mit gestreckten Armen hinter sich ab. Mit einer kleinen Bewegung rollen Sie das gesamte Gesäß ab. Lösen Sie sich mit einem Arm vom Boden und rollen Sie einige Sekunden zunächst über die rechte, dann die linke Seite des Gesäßes. Um die tiefer sitzenden Muskeln zu erreichen, stützen Sie sich wieder mit beiden Händen vom Boden ab und legen Sie den Unterschenkel des einen Beines auf den Oberschenkel des anderen Beines ab.

Übung für die hinteren Oberschenkel

Faszienübung Oberschenkel

Stellen sie einen Fuß auf den Boden, die Faszienrolle legen Sie unter den hinteren Ober- schenkel, knapp oberhalb des Knies. Stützen Sie sich mit den Händen vom Boden ab und rollen Sie langsam von der Kniebeuge in Richtung Gesäß. Mit dem Stand- bein wird die Bewegung ausgeführt. Eine intensivere Massage erhalten Sie, in- dem Sie ein Bein über das andere legen. Dadurch wird der Druck verstärkt. Durch leichtes Kippen zur rechten und linken Seite wird der gesamte hintere Oberschenkel massiert.

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Quellen:

¹ Bachelorarbeit „Faszinierende Faszien“ von Clara Barbara Karelly (Medizinische Universität Graz – Institut für Pflegewissenschaft; 2016; PDF)
² Aktion Gesunder Rücken (AGR) e.V.

Die Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. arbeitet seit über 20 Jahren daran, ein Bewusstsein für die Bedeutung rückengerechter Verhältnisse zu schaffen. Eine wichtige Entscheidungshilfe für Verbraucher stellt das AGR-Gütesiegel „Geprüft & empfohlen“ dar. Alltagsgegenstände, die von unabhängigen medizinischen Gremien als besonders rückenfreundlich eingestuft werden, können mit dem renommierten Siegel ausgezeichnet werden.

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Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

Linktipps

– Rückenschmerzen | Krankheitslexikon
– Die Franklin-Methode® – was kann die Bewegungslehre?
– Training – gesunder Rücken
– Erste Hilfe bei Rückenschmerzen
– Morbus Dupuytren – Sehnenverkürzung in der Hand
– Training der Tiefenmuskulatur

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