Schulbeginn: Gefahrenzone Schulweg
Wenn tausende Volksschüler ins neue Schuljahr starten, ist die Absolvierung des Schulwegs dabei eine der größten Herausforderungen. Dies belegt eine aktuelle Untersuchung des Mobilitätsclubs mit Hilfe von Eye-Tracking-Aufnahmen.
Wir haben die wichtigsten Tipps, was Eltern und Kinder beim Üben des Schulwegs beachten sollten.
Gefahrenzone Schulweg – Artikelübersicht:
- Gefahren auf dem Schulweg
- Video: Sicherheitstipps für den Schulweg Ihres Kindes
- Sicherheitstipps
- Kinder sind keine kleinen Erwachsenen
- Elterntaxi: Worauf Eltern bei der Begleitung achten sollen
- Schulstrasse – neue Verkehrstafel
- Linktipps
538 Kinder zwischen sechs und 15 Jahren verunglückten im Jahr 2016 auf dem Schulweg – das entspricht etwa dreizehn Unfällen pro Schulwoche, warnt der Verkehrsclub (VCÖ). Schüler im Alter von 6-7 Jahren sind besonder gefährdet. Sie legen die vertrauten Wege meist schon allein zurück, sind aber zum Teil selbst auf diesen Strecken noch nicht verkehrssicher.
Gefahren auf dem Schulweg
Der Schulweg ist für eine beträchtliche Zahl an Verkehrsunfällen verantwortlich: 15% der Kinderunfälle (6 bis 15 Jahre) im Straßenverkehr passieren auf dem Weg vom und zum Unterricht. Am gefährlichsten ist der Heimweg: In den Nachmittagsstunden ist der Bewegungsdrang der Kinder nach dem langen Sitzen in der Schule groß, die Acht-samkeit im Verkehr jedoch sehr gering.
Die meisten Schüler verunglücken als Fußgänger (61%). Ein weiteres Viertel (24%) ist als Lenker eines Fahrzeugs (hauptsächlich Fahrrad) unterwegs. Die restlichen 15% der verunglückten Schulkinder sind passive Verkehrsteilnehmer im PKW.
Immer mehr besorgte Eltern wollen daher die Risiken für Ihre Kinder umgehen, indem sie ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen und bewirken damit nicht selten aus der gut gemeinten Absicht erst recht ein Sicherheitsrisiko.
Daher raten Experten vom Verkehrsclub Österreich von sogenannten Elterntaxis ab, denn diese würden im Umfeld der Schulen oft ein Verkehrschaos darstellen und auch dem eigenen Kind schaden, weil sie dem Kind die Übung des Schulweges verwehren und zudem nicht selten durch gefährliche Rangiermanöver selbst Gefahrensituationen schaffen.
Auf Schulwegen sei die Verkehrssicherheit höher und Kinder könnten am Schulweg Kompetenz für das richtige Verhalten im Straßenverkehr erlangen, so der VCÖ. Werden Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht, wird ihnen diese Chance genommen.
Ein besonders akteuelle (und hoch emotionales) Thema sind Geländewagen und SUVs, die sich seit jahren großer beliebtheit erfreuen, bizarrerweise gerade im städtischen Bereich, wo derartige Autos wenig Sinn machen.
Tatsache ist, dass sich die Insassen von SUVs bei Unfällen mit anderen Fahrzeugen sicherer fühlen, allerdings geht diese Sicherheit – verursacht durch die Konstruktion und das enorme Gewicht der Autos – auf Kosten der Gesundheit aller anderen Verkehrsteilnehmenden.
Insbesondere für Kinder, die zu Fuß unterwegs sind, ist die Gefahr schwerer und tödlicher Verletzungen bei einem Unfall mit einem SUV besonders hoch, da ihr Kopf- und Brustkorb genau auf Höhe des Einschlagpunktes liegen. In diesem Fall kann nur an die Umsicht der Lenker derartiger Wagen appelliert werden, um gerade auf Schulwegen besondere Vorsicht amn den Tag zu legen.
Video: Sicherheitstipps für den Schulweg Ihres Kindes
Sicherheitstipps
Als Grundhaltung empfehlen Verkehrsexperten: Eltern sollen weder ängstlich noch sorglos sein, sondern mit ihren Kindern den Umgang mit Gefahren im Straßenverkehr üben und die Notwendigkeit zu Achtsamkeit verdeutlichen.
Kindern bis etwa 8 Jahren fällt es schwer, Entfernungen und Geschwindigkeiten einzuschätzen, deshalb ist kontinuierliches Schulwegtraining mit dem Nachwuchs, am besten zwei bis drei Wochen vor Schulbeginn unabdingbar.
- Lassen Sie Ihr Kind reflektierende Straßenkleidung (auch an Schultaschen, Rucksäcken etc.) tragen.
- Verhalten vorzeigen und kommentieren: Kinder lernen durch Beobachtung und Nachahmung, daher aktiv und deutlich erkennbar die richtigen Verhaltensweisen kurz vorzeigen und durch lautes Vorsprechen dabei auch erklären.
- Gehen Sie zu Schulbeginn den Schulweg gemeinsam mit ihrem Kind ab und achten Sie dabei auf mögliche Gefahrenstellen und besprechen Sie mit ihm die übersichtlichen Stellen (wo eine Straßenquerung am sichersten ist) und alle unübersichtlichen Stellen (Zäune, parkende Autos, Kurven, Kuppen, etc.).
- Machen Sie sich klein! ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger rät das Verkehrsgeschehen aus Kinderaugen zu betrachten: “In die Knie gehen und das Blickfeld der Kinder einnehmen hilft bei der Erkennung von Sichthindernissen, die man als Erwachsener nicht wahrgenommen hätte”. Besonders Ein- und Ausfahrten, Elektrokästen, Baustellen oder Plakattafeln sind gefährliche Punkte – Kinder sollten hier stehen bleiben und genau schauen.
- Ablenkungen sind unbedingt zu vermeiden: Handy, Mp3-Player, Spielsachen – derartiges Beiwerk auf dem Schulweg führt schnell dazu, dass man potenzielle Gefahren nicht registriert. Eltern sollten daher auch dieses Thema mit den Kindern im Vorfeld besprechen und auf die Gefahren aufmerksam machen.
- Erziehen Sie Ihr Kind dazu, am Zebrastreifen besonders auf den Verkehr zu achten. Auch sollten Kinder nicht über den Zebrastreifen laufen: Der Autofahrer nimmt sie zu spät wahr und kann aufgrund des langen Bremsweges nicht rasch genug abbremsen.
- Lassen Sie Ihr Kind immer auf der Gehsteigseite bei der Schule aussteigen.
- Optimal wären getrennte Halteflächen für Schulbusse und PKW.
- Machen Sie Ihr Kind darauf aufmerksam, besonders achtsam beim Aussteigen aus dem Schulbus und bei parkenden PKW zu sein.
- Fahren Sie, vor allem im ländlichen Bereich, nie rasch an einem Linienbus vorbei, der an einer Haltestelle steht, da jederzeit Schulkinder die Straße queren können.
- Plädieren Sie für vermehrten, regelmäßigen Verkehrsunterricht in der Schule Ihres Kindes.
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen
Wenn für tausende Volksschüler das neue Schuljahr startet, dann ist die Absolvierung des Schulwegs dabei eine der größten Herausforderungen.
Auch für Erwachsene stellt der Schulstart oft eine Herausforderung dar, denn plötzlich ist wieder mehr los auf den Straßen, Rad- und Gehwegen. Auch bei der Parkplatzsuche und in den öffentlichen Verkehrsmitteln macht sich das Ende der Ferien bemerkbar.
Anders als Erwachsene, können sich Kinder im Vorschul- und Volksschulalter aber auf diese Herausforderungen mangels Erfahrung viel schwerer einstellen.
Außerdem unterscheidet sich das Blickverhalten von Volksschülern stark von jenem von Erwachsenen, wie eine Untersuchung des Mobilitätsclubs mit Hilfe von Eye-Tracking-Aufnahmen zeigt.
Demnach haben junge Schüler noch keinen sicheren Pendelblick.
“Dieser Blick nach links und rechts ermöglicht überblicksmäßig mehrere mögliche Gefahrenquellen zu erfassen und muss erst gelernt werden. Vor allem Kinder zwischen 5 und 6 Jahren wenden nahezu keinen kontrollierenden Pendelblick nach beiden Seiten an.” berichtet ÖAMTC-Psychologin Marion Seidenberger.
Zudem zeigt die Analyse der Augenbewegungen, dass 5- bis 6-Jährige nicht den Blickkontakt zu Lenkern suchen und damit keine (bessere) Gefahreneinschätzung vornehmen können.
Erschwerend kommt noch dazu, dass die Beachtung mehrerer Dinge im Straßenverkehr Stress für die Kinder bedeutet, sie widmen ihre Aufmerksamkeit verstärkt stets nur einem Objekt.
Das geschieht aber zumeist nicht unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gefahrenlage. So achten sie etwa darauf beim überhasteten Überqueren der Strasse nicht zu stolpern, sehen aber ein herannahendes Fahrzeug nicht.
Deshalb müssen derartige Situationen häufig geübt werden, sodass gewisse Abläufe verinnerlicht werden und so die Konzentration und Aufmerksamkeit auf potenzielle Gefahrenquellen aufrecht erhalten werden kann.
Elterntaxi: Worauf Eltern bei der Begleitung achten sollen
Auch wenn der Schulweg mit dem Auto zurückgelegt wird sind Regeln zu beachten, nicht nur für die Kinder, auch für die Eltern.
“Zwar versprechen sich Eltern durch den direkten Weg zur Schule mit dem Auto größtmögliche Sicherheit, doch für andere Kinder kann auch das Gegenteil der Fall sein”, weiß ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. “Eltern sollten gemeinsam mit ihrem Kind überlegen, wie der optimale Weg zur Schule absolviert werden kann, um die gewünschte Sicherheit und zukünftige Eigenständigkeit zu fördern.”
Verkehrsexperten lassen keine Zweifel aufkommen: Das berühmt berüchtigte Elterntaxi ist nicht immer die beste Wahl für Kinder, um zur Schule zu kommen. Vor allem dann nicht, wenn es eine gute Infrastruktur mit Schutzwegen, Ampeln oder nahe gelegenen Haltestellen gibt. Denn der Schulweg zu Fuß bietet auch eine Chance für Kinder zu mehr Selbstständigkeit und Verkehrskompetenz.
“Je früher Verkehrssituationen geübt, wiederholt und bewältigt werden, desto sicherer bewegen sich Kinder später auch alleine im Straßenverkehr. Eine ausgiebige Trainings- und Begleitphase der Eltern ist dabei aber unbedingt nötig.” weiß Verkehrspsychologin Seidenberger.
Wenn es es keine passende Alternative zum Auto gibt, etwa weil die Schule zu weit weg ist oder öffentliche Verkehrsmittel kaum nutzbar sind, ist es wichtig, die Situation beim Hinbringen und Abholen sicher und ruhig zu gestalten.
Daher gilt es in diesem Fall auch für Eltern einige Hinweise zu beachten:
- Kindersitz und Sicherheitsgurt: Im Auto müssen Kinder – je nach Alter und Größe – im geeigneten Kindersitz gesichert werden oder angeschnallt sein. Laut Verkehrsunfallstatistik kommen im Allgemeinen die meisten Kinder (0 – 14 Jahre) als Mitfahrer im Pkw zu Schaden, weil sie gar nicht oder falsch gesichert werden. Ein geeignetes Rückhaltesystem bewahrt das Kind schon bei leichten Unfällen vor Verletzungen.
- Aussteigen immer zur Gehsteigseite: lassen Sie Kinder immer auf der Gehsteigseite ein- und aussteigen. Dabei ist trotzdem auf herannahende Fahrzeuge zu achten, wie z.B. Fahrräder, Roller oder E-Scooter.
- Beim Abholen direkt vor der Schule warten – nicht gegenüber: Kinder laufen gerne auf die Eltern zu – und dabei achten sie oft nicht mehr auf den Verkehr.
- Vorsicht bei Garagen und Ausfahrten: Zwischen parkenden Autos werden hervortretende Kinder schlecht gesehen und sehen selbst auch schlecht in die Straße ein. Unbedingt einen besseren Bereich suchen, um dort die Fahrbahn zu queren.
- Last but not least: Das Halten in zweiter Reihe ist verboten.
Schulstraßen: StVO-Novelle bringt neue Verkehrstafel
Mit der 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) wurde ein neues Verkehrszeichen für die Schulstraße im Herbst 2022 eingeführt, sie trat mit 1. Oktober 2022 in Kraft.
Begleitend wird ein neues, einheitliches Straßenschild eingeführt, das Schulstraßen künftig deutlich kennzeichnet.
Im Bereich vor Schulen kann nun zugunsten der Fußgängerdas übrige Verkehrsaufkommen durch Verordnung einer “Schulstraße” gemindert werden.
Die Schulstraße hat das Ziel, den Verkehrsandrang zu Schulbeginn zu reduzieren. Die Schulstraße soll Eltern und Kinder dazu ermutigen, zumindest eine Teilstrecke des Schulweges aktiv mobil zurückzulegen.
Mit der Schulstraße gilt ein Fahrverbot für Pkws auf der Straße oder einem Straßenabschnitt (ausgenommen Anrainerverkehr). Radfahren ist allerdings erlaubt, ebenso wie Öffis, Kranken- und Schülertransporte sowie Fahrzeuge des Straßendiensts, der Müllabfuhr, des öffentlichen Sicherheitsdiensts und der Feuerwehr.
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Quellen:
¹ Große schützen Kleine (2001)
¹ Die neue Schulstraße – 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO)
³ Statistik Austria, ÖAMTC
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Kindersicherheit: Tipps & Tricks
– Unfälle sind die Todesursache Nr. 1 bei Kindern
– Schulangst: Wenn “in die Schule gehen” zur Phobie wird
– Wie Sie Kopfläuse rasch wieder loswerden