Mythos Sauerteig: simple Zutaten, knifflige Herstellung?

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Mythos Sauerteig: simple Zutaten, knifflige Herstellung

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Sauerteig – was hat es auf sich mit dieser heißbegehrten, mythenumrankten Teigmischung, die eigentlich nur aus Mehl, Wasser und ein paar Milchsäurebakterien und wilden Hefen besteht?


Forschenden der Technischen Universität München (TUM) ist es gelungen, den Geschmack und den Geruch von Sauerteigbrot wissenschaftlich zu entschlüsseln.

Mythos Sauerteig – Artikelübersicht:

Wir haben diese Untersuchung zum Anlass genommen den in den letzten Jahren medial “wiederentdeckten” Teig etwas genauer zu beleuchten.

Was steckt hinter dem tollen Aroma, der Saftigkeit und der tollen Kruste? Hier ein Überblick über die wichtigsten Infos zur Zubereitung, Verarbeitung und den gesundheitlichen Vorteilen von Sauerteig.

Was ist Sauerteig?

Sauerteig ist ein Teig zur Herstellung von Backwaren, der meist dauerhaft durch Milchsäurebakterien und Hefen in Gärung gehalten wird. Das Besondere daran: die Hefe wird dem Teig nicht extra zugesetzt, vielmehr handelt es sich um wilde Hefen und Milchsäurebakterien, die natürlich in der Umwelt vorkommen.

Sie sind auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Geschmack des Sauerteigbrots von Charge zu Charge und von Umgebung zu Umgebung variieren kann, doch dazu später mehr.

Sauerteig ist also eine Mischung aus Mehl und Wasser, die durch Fermentation von Milchsäurebakterien und Hefen entsteht. Diese Mikroorganismen setzen natürliche Zucker im Mehl frei und produzieren dabei Milchsäure und Kohlendioxid. Die Milchsäure verleiht dem Sauerteig seinen charakteristischen sauren Geschmack, während das Kohlendioxid für die Lockerung von Teigen sorgt.

Sauerteig wurde bereits im alten Ägypten für die Brotherstellung verwendet. Es verleiht Sauerteigbroten nicht nur Geschmack und Textur, sondern trägt auch zur besseren Haltbarkeit bei. Sauerteigbrote sind oft saftiger, haben eine dichtere Krume und eine knusprige Kruste.

Warum geht Sauerteig auf?

Der Sauerteig geht aufgrund der Gärungsaktivität von Milchsäurebakterien und Hefen auf. Die Hefen produzieren Kohlendioxid als Nebenprodukt des Gärungsprozesses. Das Kohlendioxid bildet Blasen im Teig, die dazu führen, dass der Teig aufgeht und an Volumen gewinnt.

Sauerteig wird normalerweise nicht Brot oder Gebäck aus Hefeteig zugesetzt. Hefegebäck und Sauerteigbrot haben unterschiedliche Eigenschaften und Geschmacksnuancen.

Wie lange dauert die Fermentierung des Sauerteigs?

Sauerteig wird hergestellt, indem man Mehl und Wasser mischt und den Teig dann bei Raumtemperatur stehen lässt, um die natürlichen Hefen und Bakterien in der Luft zu sammeln. Diese Hefen und Bakterien vermehren sich im Teig und beginnen, ihn zu fermentieren.

Die Vermehrung der Mikroorganismen während der Fermentation führt dazu, dass der Teig aufgeht.

Er wird saurer und dadurch haltbarer. Es bildet sich ein kräftiges Aroma und der typische leicht säuerliche Geschmack kommt von der vergärung der Milch- und Essigsäure.

Zudem entstehen Nährstoffe, Vitamine und Aminosäuren. Gleichzeitig bauen die Mikroorganismen schwer verdauliche Bestandteile während der Fermentation ab.

Die Zeit, die benötigt wird, um einen Sauerteigansatz zu entwickeln, kann variieren. Normalerweise dauert es etwa 5-7 Tage, bis der Sauerteig aktiv genug ist, um damit Brot zu backen.

Während dieser Zeit werden Sie den Ansatz täglich füttern, um die Mikroorganismenpopulation zu stärken.

Warum sind die im Mehl enthaltenen Bakterien- und Hefestämme wichtig?

Die im Mehl enthaltenen Bakterien- und Hefestämme sind entscheidend für die Entwicklung des charakteristischen Geschmacks und der Textur des Sauerteigs. Unterschiedliche Mehlsorten und Standorte können unterschiedliche Mikroorganismen enthalten, was zu verschiedenen Aromaprofilen führt.

Was bedeutet der Begriff “Mutter”?

Die “Mutter” bezieht sich auf den ursprünglichen Sauerteigansatz, den Sie anlegen. Dieser Ansatz wird normalerweise nicht bloß einmal verwendet, sondern aufbewhrt für künftige Backvorgänge. Dazu wird er in regelmäßigen Abständen gefüttert, um ihn am Leben zu erhalten.

Ein Teil der Mutter wird vor jedem Füttern abgenommen und verworfen, während der restliche Teil mit frischem Mehl und Wasser gefüttert wird. Das bedeutet, dass man dem Teig regelmäßig Mehl und Wasser hinzufügt, um die Hefen und Bakterien im Teig zu ernähren. Wenn man den Sauerteig nicht regelmäßig füttert, kann er absterben.

Die Mutter wird sozusagen die Basis für alle zukünftigen Sauerteigbrote sein.

Warum besteht ein Brot nie zu 100% aus Sauerteig?

Sauerteig ist ein lebendiger Teig, der hauptsächlich für die Lockerung und den Geschmack verwendet wird. Ein Brot besteht nicht zu 100% aus Sauerteig, da es zusätzliche Zutaten wie Mehl, Wasser, Salz und oft auch andere Aromen oder Zusätze enthält. Der Sauerteig ist ein Teil des Gesamtrezepts, und seine Menge kann je nach Rezept variieren.

Geruch und Geschmack

Sauerteig hat einen leicht säuerlichen Geruch und Geschmack, der durch die Milchsäurebakterien entsteht. Dieser Geschmack kann je nach Art des Sauerteigs und der Fermentationszeit variieren.

Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben in einer wissenschaftlichen Arbeit genau den Geruch und Geschmack von Sauerteigbrot untersucht.

Sie stießen bei ihren Messungen und Analysen auf molekularer Ebene auf zehn Schlüsselgeschmacksstoffe und zusätzlich elf Schlüsselgeruchsstoffe, mit denen es möglich war, den charakteristischen Eindruck von Sauerteigbrotkrume nachzubilden.

Neben Natriumchlorid, das dem Brot in Form von Kochsalz zugesetzt wird, identifizierten die Forschenden Milchsäure und Essigsäure als besonders wertgebende Geschmacksstoffe, die im Teig während der Sauerteigfermentation durch Milchsäurebakterien und Hefen gebildet werden.

Die Forschenden untersuchten auch, wie sich der Salzgehalt in Brot im Allgemeinen senken lässt, da es erheblich zur täglichen Salzaufnahme beitragen kann. Die Erkenntnisse könnten helfen, die gesundheitsrelevante Natriummenge zu reduzieren und gleichzeitig den einzigartigen Geschmack des Brotes zu erhalten.

Gesunder Teig: warum Sauerteig gesundheitliche Vorteile aufweist

Sauerteigbrot wird oft als bekömmlicher angesehen als Brot, das mit Hefeteig (Germteig) hergestellt wird.

Dies liegt hauptsächlich an den Fermentationsprozessen im Sauerteig, die bestimmte Vorteile bieten können:

Bessere Verdaulichkeit: Während der langen Gärungszeit im Sauerteig werden einige Antinährstoffe und Gluten teilweise abgebaut, was die Verdaulichkeit des Brotes verbessern kann. Dies kann dazu beitragen, dass Menschen, die empfindlich auf Gluten reagieren, Sauerteigbrot besser vertragen.

Höhere Nährstoffverfügbarkeit: Die Fermentation im Sauerteig kann die Verfügbarkeit von Nährstoffen im Mehl erhöhen. Dies bedeutet, dass Vitamine und Mineralstoffe im Brot besser aufgenommen werden können. Sauerteigbrot enthält üblicherweise auch mehr Nährstoffe wie Eisen, Selen und B-Vitamine.

Niedriger glykämischer Index: Sauerteigbrot hat oft einen niedrigeren glykämischen Index als Brot aus reinem Hefeteig. Das bedeutet, dass es den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen lässt und somit zu einem stabileren Energielevel beiträgt.

Was macht Sauerteig so besonders?

Die kulinarische Besonderheit von Sauerteig liegt darin, dass der Teig hinsichtlich Geschmack und Textur extrem von den Umweltbedingungen seiner Umgebung abhängig ist.

Die wilden Hefen, die aus der jeweiligen Umgebung stammen und im Sauerteig vorhanden sind, tragen dazu bei, dass der Teig immer anders schmeckt.

Diese wilden Mikroorganismen sind ein Teil des charakteristischen Terroirs des Sauerteigs und verleihen jedem Sauerteigbrot eine einzigartige Geschmacksnote.

Die Zusammensetzung der Mikroorganismen in der Umgebung, die Luftqualität und die Umgebungsbedingungen können stark variieren, und diese Faktoren beeinflussen, welche Bakterien und Hefen im Sauerteig dominieren. Dies wiederum beeinflusst den Fermentationsprozess und den Geschmack des Sauerteigs und des daraus gebackenen Brots.

Daher kann dasselbe Rezept für Sauerteigbrot in verschiedenen Regionen oder an verschiedenen Standorten leicht unterschiedliche Geschmacksprofile aufweisen, je nachdem, welche Mikroorganismen in der Umgebung dominieren.

Dies trägt zur Vielfalt und Einzigartigkeit von Sauerteigbroten bei und ist ein wichtiger Teil der Faszination für diese handwerkliche Backmethode.

Sauerteigbrot hat einen charakteristischen Geschmack, der von den Fermentationsprozessen herrührt. Es hat eine robuste Kruste und eine saftige Krume, was viele Menschen anspricht.

Herstellung, Verwendung, Lagerung

Obwohl Sauerteigbrot die bekannteste Verwendung von Sauerteig ist, wird Sauerteig in einigen Kulturen und in der Küche auch für andere Lebensmittel verwendet:

Sauerteig kann neben der Herstellung von Brot und Gebäcka auch für Pizza und anderen Backwaren verwendet werden.

Vor allem in Süßgebäck wird Sauerteig oft als natürliches Triebmittel verwendet, um Kuchen leichter und luftiger zu machen.

Beispiele dafür sind etwa italienischer Panettone und mallorquinische Ensaimada, ersterer wird im Original-Rezept nur mit Sauerteig (Livieto Madre) hergestellt, Ensaimada ist ein seltenes Beispiel dafür, dass sowohl Sauerteig als auch Hefe bzw. Germ verwendet werden.

Weitere süße Beispiele, bei denen Sauerteig zum Einsatz kommen kann sind Waffeln, Pancakes, Zimtschnecken, Monkeybread und diverse Kuchen.

Herstellung – die Mehlauswahl

Die Auswahl des richtigen Mehls für Sauerteigbrot hängt vom persönlichen Geschmack ab und davon, welchen Brottyp Sie herstellen möchten.

Hier sind einige Empfehlungen:

  • Für Weißbrot eignet sich Mehl mit einem niedrigeren Ausmahlungsgrad, wie Weizenmehl Type 550 oder Type 405. Diese Mehle haben weniger Schalenanteil und ergeben ein feineres, weniger dunkles Brot.
  • Mischbrote, die eine Mischung aus Weizen- und Roggenmehl sind, werden oft mit Weizenmehl Type 1050 oder Roggenmehl Type 1150 hergestellt. Der Sauerteigansatz kann an die gewünschten Geschmacksnoten angepasst werden, indem Sie einen höheren Anteil an Roggenmehl verwenden, um einen stärkeren Roggengeschmack zu erzielen.
  • Für dunkles Schwarzbrot wird in der Regel ein höherer Anteil an Roggenmehl (Typ 1370 oder Vollkornroggenmehl) verwendet. Der Sauerteig kann anfangs ausschließlich aus Roggenmehl bestehen, um einen intensiven Roggengeschmack zu erzielen.

Der Sauerteigansatz selbst kann in Bezug auf das verwendete Mehl an die gewünschten Brottypen angepasst werden. Ein Sauerteigstarter, der mit einem bestimmten Mehltyp begonnen wurde, kann jedoch im Laufe der Zeit durch die Verwendung anderer Mehle im Brotteig beeinflusst werden.

Es ist auch möglich, mit Mischungen von verschiedenen Mehlsorten zu experimentieren, um den gewünschten Geschmack und die Textur zu erreichen.

Sauerteig ist flexibel und erlaubt viele Anpassungen, um den eigenen Vorlieben gerecht zu werden. Es ist eine gute Idee, mit kleinen Chargen zu experimentieren, um den idealen Geschmack für Ihr Brot zu finden.

Lagerung

Sauerteig kann im Kühlschrank aufbewahrt werden, um seine Haltbarkeit zu verlängern. Wenn man den Sauerteig im Kühlschrank aufbewahrt, muss er alle paar Tage gefüttert werden, um ihn am Leben zu erhalten.

Sauerteigansatz – ein wirklich einfaches Rezept

Sauerteig anzusetzen ist keine Hexerei, wenn man ihm die richtigen Bedingungen und etwas Zeit gibt.

Die Ideale Temperatur für die Entwicklung eines Sauerteigs liegt zwischen 24°C und 28°C. Iste es kühler verschafft das den weniger guten Bakterien im Mehl einen Vorteil, was nicht gut ist.

Deshalb wirklich darauf achten, dass der Sauerteigansatz konstant auf Temperatur gehalten wird, damit gelingt es garantiert besser.

Zutaten:

  • 100 g Roggenmehl (Type 1150) oder Vollkornroggenmehl
  • 100 ml lauwarmes Wasser (ca. 28-30°C)

Anleitung:

    1. In einer Schüssel das Roggenmehl mit dem lauwarmen Wasser vermischen, bis eine dickflüssige Paste entsteht.
    2. Die Schüssel mit einem Tuch abdecken und an einem warmen Ort (ca. 25-28°C) 24 Stunden lang stehen lassen.
    3. Nach 24 Stunden sollten Bläschen auf der Oberfläche sichtbar sein. Dies zeigt an, dass die Fermentation begonnen hat.
    4. Die Hälfte des Ansatzes (ca. 100 g) verwerfen und die Schüssel gründlich reinigen.
    5. Die verbleibenden 100 g Ansatz mit 100 g Roggenmehl und 100 ml lauwarmem Wasser vermischen.
    6. Die Schüssel erneut abdecken und weitere 24 Stunden stehen lassen.

Nach mehreren Fütterungen wird der Sauerteig aktiver und kann verwendet werden, um Sauerteigbrot herzustellen.

Die Zeit, die benötigt wird, um einen Sauerteigansatz zu entwickeln, kann variieren. Normalerweise dauert es etwa 5-7 Tage, bis der Sauerteig aktiv genug ist, um damit Brot zu backen. Während dieser Zeit werden Sie den Ansatz täglich füttern, um die Mikroorganismenpopulation zu stärken.

Dabei kann es blubbern und auch leicht müffeln, das ist in den ersten Tagen ganz normal, muss aber auch nicht auftreten. Ab dem 5. Tag sollte der Sauerteig aber gesund hellbraun aussehen und es sollte sich ein frischer, angenehm säuerlicher Geruch durchsetzen.

Käuflich erwerbbare Sauerteig Starter

Diese Sauerteigstarter werden oft in getrockneter oder gefriergetrockneter oder auch in flüssiger Form verkauft. Sie enthalten bereits lebende Milchsäurebakterien und Hefen, die aktiviert werden können, indem Sie sie mit Wasser und Mehl vermengen und füttern.

Feste Starter können länger gelagert werden und haben oft eine längere Haltbarkeit als flüssige Starter.

Flüssige Starter können schneller aktiviert werden, da er bereits in einer aktiveren Form vorliegt. Sie müssen aber regelmäßig gefüttert und verwendet werden, um ihre Aktivität aufrechtzuerhalten. Die Haltbarkeit von flüssigem Sauerteig ist im Vergleich zu festem Sauerteigstarter kürzer.

Der Aktivierungsprozess ähnelt allgemein demjenigen, den Sie durchführen würden, wenn Sie einen Sauerteigansatz von Grund auf herstellen.

Käuflich erwerbbare Sauerteigstarter sind durchaus eine bequeme Option für diejenigen, die nicht selbst einen Sauerteigansatz von Grund auf herstellen möchten oder Zugang zu einem selbstgemachten Ansatz haben.

Eine clevere Alternative kann es sein, beim Bäcker ihres Vertrauens nach einem Stück Sauerteig als Starter nachzufragen und diesen käuflich zu erwerben.

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Quellen:

¹ The Sensory-Directed Elucidation of the Key Tastants and Odorants in Sourdough Bread Crumb (L. Amann et al.; erschienen in Foods 2022, 11, 2325) DOI: https://doi.org/10.3390/foods11152325
² Brot aus Sauerteig: Gesund und lange haltbar (openscience.or.at)
³ Novel insights on the functional/nutritional features of the sourdough fermentation (M. Gobetti et al. in Int J Food Microbiol. 2019 Aug 2;302:103-113) DOI: 10.1016/j.ijfoodmicro.2018.05.018

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Fotohinweis: Bild von RitaE auf Pixabay.com

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