Gefährliche Lebensmittelverpackungen
Sei es Obst, Gemüse, Wurst, Käse oder Butter – es gibt kaum Lebensmittel, die nicht in Plastik verpackt sind. Denn der künstliche Stoff bietet viele Vorteile: Er ist leicht, gut formbar und vielseitig einsetzbar.
Doch bei der Herstellung des Materials werden sogenannte Weichmacher eingesetzt, die in geringen Mengen in das Lebensmittel übergehen können. Sind die chemischen Substanzen gefährlich für unsere Gesundheit?
Gefährliche Lebensmittelverpackungen – Artikelübersicht:
- Gefährliche Weichmacher?
- Machen Weichmacher unfruchtbar?
- Bisphenol A: EU-weites Verbot in Babyflaschen
- DEHP nur noch mit Einzelzulassung
- Das Problem mit den Ersatz-Weichmachern
- Linktipps
Plastik ist heutzutage omnipräsent! Kaum ein Supermarkt bietet Lebensmittel ohne Kunststoffverpackungen an. Im Grunde kein Wunder! Denn Plastik ist nicht nur universell einsetzbar, gut formbar, stabil und relativ günstig, sondern sorgt auch dafür, dass die Lebensmittel hygienisch und sauber bleiben.
Damit das Plastik formbar wird, werden sogenannte Weichmachungsmittel verwendet, unter denen vor allem die Stoffgruppe der Phtalate (wie z. B. DEHP (Diethylhexyl-Phthalat), DINP (Diisononyl-Phthalat) und BBP (Benzylbutylphthalat)) eine besonders große Rolle spielt.
Zudem wird für die Herstellung von Kunststoffen die Chemikalie Bisphenol A, kurz BPA, verwendet. Doch warum sollen die künstlichen Wunderstoffe gefährlich für unsere Gesundheit sein?
Gefährliche Weichmacher?
Phtalate und Bisphenol A sind in vielen Alltagsgegenständen enthalten. Beispiele hierfür sind:
• Lebensmittelverpackungen (wie z. B. Plastikfolie, PET-Flaschen, Joghurtbecher, Schraubdeckeln von Gläsern)
• Frischhalteboxen
• Thermopapier (für Kassenzettel)
• Gummihandschuhe
• Bodenbeläge
• Textilien
• Kinderspielzeug
• Medikamente
Das Problem: Sie sind nicht fest im Plastik gebunden und gasen mit der Zeit aus. So können Weichmacher problemlos auf die eingepackten Lebensmittel übergehen. Das heißt, mit jedem Apfel, der in Plastikfolie verpackt ist, nehmen wir einen kleinen Chemie-Cocktail auf.
Zudem können Phthalate nicht nur oral, sondern auch über die Haut und sogar über die Luft direkt ins Blut gelangen. Wer zu Hause gerne barfuß unterwegs ist, sollte wissen: Weichmacher können sich auch über den Hausstaub im Körper anreichern!
Machen Weichmacher unfruchtbar?
Konsumentenschützer und Umweltmediziner warnen seit Langem vor den Weichmachern in Plastik. In einem Tierversuch mit Ratten wurde u. a. festgestellt, dass sich eine erhöhte Aufnahme von Bisphenol A, schädlich auf die Entwicklung der Geschlechtsorgane und das Gehirn von Kindern auswirken kann. Schon im Mutterleib könnte sich somit der regelmäßige Verzehr „belasteter“ Lebensmittel negativ auf das ungeborene Kind auswirken!
Zudem stehen Weichmacher im Verdacht Diabetes, Übergewicht, Brustkrebs, Asthma und Atemwegserkrankungen zu fördern. „In hohen Konzentrationen können sie z. B. die Leber schädigen. Aber was uns besonders Sorge macht: Sie wirken wie Hormone, sie wirken gegen die männlichen Hormone. Damit können sie auch der Fruchtbarkeit Schaden zufügen”, weiß Dr. Andreas Gies, Leiter der Abteilung Umwelthygiene vom Umweltbundesamt.
Bisphenol A: EU-weites Verbot in Babyflaschen
Die Herstellung Bisphenol-A-haltiger Babyflaschen ist seit März 2011, EU-weit verboten. In Frankreich darf der Giftstoff, seit Jänner 2015, auch nicht mehr für die Verwendung von Lebensmittelverpackungen verwendet werden.
In Österreich und Deutschland ist der Grenzwert für den gefährlichen Weichmacher zwar deutlich verschärft worden – am 21. Januar 2015 ist ein neues Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Kraft getreten, dass die temporäre tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (t-TDI) von 50 auf 4 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag herabsetzt – dennoch wird Bisphenol A weiterhin auch für Kunststoffverpackungen verwendet – mit noch nicht absehbaren Folgen für die Gesundheit.
DEHP nur noch mit Einzelzulassung
Der als besonders gefährlich bekannte Weichmacher DEHP ist seit 2007, für die Herstellung von Spielzeug, Babyartikel, Kosmetika und Verpackungen für fetthaltige Lebensmittel (es ist bekannt, dass Weichmacher vor allem von fetthaltigen Speisen gut aufgenommen werden) verboten.
Zudem verpflichtet die EU-Chemikalienverordnung REACH, seit dem 21. Februar 2015, Unternehmen, DEHP nur noch mit Einzelzulassung für die Herstellung von Verbraucherprodukten verwendet zu dürfen. Die Zulassungsverordnung gilt auch für die Weichmacher DBP, BBP, DINP, DIDP und DNOP, die ebenfalls in Verdacht stehen erbgutschädigend zu sein.
Das entspricht zwar einem “Quasi-Verbot”, doch der Einsatz von gefährlichen Weichmachern in Lebensmittelverpackungen ist damit nicht aus der Welt geschafft.
Das Problem mit den Ersatz-Weichmachern
Seit DEHP und die anderen schädlichen Phthalate in geringeren Mengen eingesetzt werden, steigt die Verwendung von sogenannten Ersatz-Weichmachern. Das heißt, die Hersteller ersetzten ein verbotenes Phthalat einfach durch die Verwendung mehrere anderer erlaubter Weichmacher.
Doch Ersatz-Weichmacher sind keine gute Lösung, sagt Dr. Gies. “Ob wir einen Weichmacher in einer hohen Konzentration oder 10 Weichmacher in einer niedrigen Konzentration haben, macht am Ende die gleiche Wirkung”. Zudem kritisiert der Experte: “Wir bewerten heute in der EU jeden Stoff einzeln. Das können wir nicht mehr tun, weil wir wissen, diese Stoffe wirken zusammen auf den Körper.“
Es bleibt daher nach wie vor unklar, wie viel Weichmacher wir täglich aufnehmen und welche Gefahr von Wandergiften wirklich ausgeht. Zudem darf der Stoff durch Importprodukte weiterhin eingeführt werden und ist in der Umwelt weit verbreitet.
Tipps wie Sie Weichmacher im Alltag vermeiden:
• Meiden Sie herkömmliche Einwegplastikflaschen. Kaufen Sie stattdessen Glasflaschen oder Mehrwegplastikflaschen. Sie enthalten weitaus weniger der riskanten Weichmacher. Zudem gibt es auch spezielle Plastiktrinkflaschen ohne Weichmacher. Sie erkennen Sie an der Kennzeichnung „BPA-free“.
• Kaufen Sie keine Plastiktüten und Lebensmittelverpackungen aus „weichem“ Kunststoff. Je härter die Plastikverpackung, desto weniger Weichmacher enthält sie!
• Vermeiden Sie den Kunststoff Polycarbonat. Ist er zu alt und brüchig, kann er besonders viel BPA freisetzen. Polycarbonatprodukte erkennen Sie an dem „Recyclingcode 07“ oder dem Kürzel „PC“ auf dem Produkt.
• Erhitzen Sie Fertiggerichte niemals in der gekauften Packung! BPA ist eine hitzebeständige Chemikalie und kann beim Erhitzen aus dem Plastik entweichen und in die Lebensmittel bzw. den Körper gelangen, wo es ähnlich wie das Hormon Östrogen wirkt.
• Vermeiden Sie Gegenstände aus Polyvinylchlorid, kurz PVC (z. B. in Plastikgeschirr, Folien, Tischdecken oder Duschvorhängen) und verzichten Sie bei Lebensmitteln auf eine Abdeckung mit Folie.
• Achten Sie beim Kauf von Baby-Produkten (wie z. B. Schnullern, Babyflaschen, Wickeltischauflagen) und Kinderspielzeug auf die Kennzeichnung „BPA-free“ oder auf die Hinweise „PVC-frei” oder „Phthalat-frei“.
• Kaufen Sie nur Spielzeug und Geschirr, das in Europa hergestellt wurde, hier gelten strengere Höchstgrenzen für Weichmacher als zum Beispiel in Asien. Gewissheit bringen verschiedene Prüfsiegel, wie das GS-Zeichen (für Geprüfte Sicherheit).
• Tragen Sie Gummistiefel und Regenbekleidung nicht auf bloßer Haut.
• Gefährliche Phtalate können sich auch im Hausstaub befinden. Damit sich der Weichmacher nicht in den Innenräumen ansammelt, saugen, wischen und lüften Sie regelmäßig!
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Quellen:
¹ Wissenschaftliches Gutachten zu Bisphenol A (2015) EFSA: deutsche Zusammenfassung
² Umweltbundesamt: PVC-Weichmacher mit Gesundheitsrisiko (Phthalate)
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