Chemotherapie: Wirkungsweise und Nebenwirkungen

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Chemotherapie

Vielerorts wird die Chemotherapie als spezieller Medikamenten-Cocktail zur Behandlung von Krebs missverstanden. Auch wenn es nicht ganz unrichtig ist, führt diese Annahme doch in die Irre. Denn erstens ist der Einsatz prinzipiell nicht auf die Krebstherapie beschränkt, außerdem wird darunter nicht die Medikamentenmischung verstanden, sondern die Methode: Massnahmen, die direkt gegen den Krankheitserreger vorgehen.


Mediziner unterscheiden die antineoplastische Chemotherapie (Krebsbehandlung) von der antimikrobiellen Chemotherapie (Behandlung von Infektionskrankheiten). So z.B. wird die Behandlung von Infektionen mit Antibiotika unter dem Begriff antimikrobielle Chemotherapie zusammengefasst. Die chemotherapeutische Behandlung von Krebs (antitumorale Chemotherapie) hingegen hat die Aufgabe, bevorzugt Tumorzellen abzutöten. Dabei werden Arzneimittel eingesetzt, die einerseits das Wachstum von Zellen hemmen, d.h. zytostatisch wirken, und andererseits Zellen direkt schädigen, d.h. zytotoxisch wirken. Besonders wirksam ist der Einsatz der Chemotherapie zweifellos bei Krebsarten, die nicht an einem einzigen Ort entstehen, sondern sich von vornherein im gesamten Körper ausbreiten, z.B. Blut- und Lymphdrüsenkrebs.

Geschichte, Entwicklung

Der Begriff Chemotherapie wurde im Jahr 1906 von Paul Ehrlich geprägt. Gemeinsam mit seinem Assistenten Hata entwickelte er das erste echte Chemotherapeutikum gegen Syphilis – das sog. Salvarsan. Die Chemotherapie verwendet Stoffe, die ihre schädigende Wirkung möglichst gezielt auf bestimmte krankheitsverursachende Zellen bzw. Mikroorganismen ausüben und diese abtöten oder in ihrem Wachstum hemmen. Normale Körperzellen werden deutlich weniger von der Chemotherapie geschädigt.

Während der Begriff Chemotherapie eigentlich ganz allgemein die Behandlung von krankheitserregenden Mikroorganismen, Parasiten, Viren und Tumorzellen mit spezifisch wirkenden chemischen Substanzen bezeichnet, wird der Begriff zunehmend speziell für die Behandlung von Krebs mit sog. Zytostatika verwendet, die die Vermehrung der Tumorzellen hemmen. In Zukunft werden insbesondere in Vorstadien und in frühen Stadien von Krebs Substanzen zum Einsatz kommen, die aus unreifen Tumorzellen reife Normalzellen der entsprechenden Gewebsart machen, das sind sogenannte Differenzierungsinduktoren oder ganz allgemein Chemopräventiva. Von der hemmenden Wirkung auf Zellvermehrung, die ein Ruhen (Statik) von Zellen (Zyten) hervorruft, leitet sich das Wort “Zytostatikum” ab.

Chemotherapie bei Krebs

Krebsgewebe besteht häufig aus vielgestaltigen Zellen, die sich entweder in der Teilungsphase befinden – und dabei den Tumor vergrößern – oder in der Ruhephase. Krebszellen, d.h. entartete Zellen – Zellen, die nicht mehr der natürlichen Regulation unterworfen sind – bzw. Krebsgewebe weisen häufig ein rascheres Wachstum als nicht-entartete, normale Zellen bzw. normales Gewebe auf. Auf diesem Unterschied im Zellwachstum beruht die Wirksamkeit von zytostatisch-zytotoxischer Chemotherapie bei Krebserkrankungen.

Dabei werden Arzneimittel eingesetzt, die einerseits das Wachstum von Krebszellen hemmen, dh. zytostatisch wirken – diese Medikamenten werden auch Zytostatika genannt – andererseits Zellen direkt schädigen, dh. auf diese zytotoxisch wirken. Dies geschieht häufig auch durch Wiedereintretenlassens des in jeder Zelle vorgegebenen Programms zum Absterben – des sogenannten programmierten Zelltodes – , das bei Krebszellen gestört ist und zur kontinuierlichen Zellteilung dieser beiträgt. Die meisten Zytostatika greifen in erster Linie jene Zellen, die sich gerade teilen, an und schädigen die sich teilenden Zellen an bestimmten molekularen Strukturen (bevorzugt im Zellkern), sodass diese Zellen an der Teilung gehindert werden bzw. absterben. Ruhende Krebszellen – und gesunde Körperzellen, die sich nicht in der Teilungsphase befinden – werden durch diese Therapie nicht oder nicht so stark geschädigt. Ziel der antitumoralen Chemotherapie ist es eine Verkleinerung oder vollständige Rückbildung (Remission) von Krebsgewebe bzw. Krebsgeschwülsten zu erreichen.

Bei Chemotherapie handelt es sich um eine systemische Behandlung, d.h. sie wird im gesamten Körper wirksam. Ihr Haupteinsatzgebiet sind deshalb Krebserkrankungen, die nicht lokal behandelt werden können, weil sie entweder den ganzen Körper betreffen oder bereits in verschiedene Organe gestreut (metastasiert) haben. Zu Krebserkrankungen, die sich von vornherein im gesamten Körper ausbreiten, gehören Blutkrebs (Leukämien) und Lymphdrüsenkrebs (maligne Lymphome, z.B. Morbus Hodgkin). Bei diesen Krankheiten hat sich der Einsatz von Chemotherapeutika als sehr erfolgreich herausgestellt; in vielen Fällen können die Betroffenen vollständig geheilt werden.

In Abhängigkeit von der Arzneimittelbeschaffenheit und Metabolisierung (Stoffwechsel) d.h. die Aufnahme durch den Organismus (Resorption) und von der Krebserkrankung wird Chemotherapie in das Gefäßsystem (intravenös, also in die Vene oder seltener in die Arterie) injiziert oder in Form von Kapseln oder Tabletten durch Schlucken verabreicht. Häufig wird eine Behandlung in sogenannten Zyklen (Zeitraum) dh in mehrwöchigen (3-6) Abständen ambulant oder stationär durchgeführt.

Nebenwirkungen der Chemotherapie

Krebszellen sind für Chemotherapie anfälliger als normale Zellen; Zytostatika schädigen aber immer auch normale Zellen. Betroffen sind vor allem solche Zellen, die von Natur aus eine hohe Vermehrungsaktivität haben: Zellen des blutbildenden Systems (Knochenmark), Schleimhautzellen im Magen-Darm-Trakt und Haarwurzeln. Haarausfall sowie Magen- Darmbeschwerden und eine Verschlechterung des Blutbildes sind typische Nebenwirkungen einer Chemotherapie.

Einige Zytostatika können nicht nur Haarausfall am Kopf bewirken, sondern in seltenen Fällen auch einen totalen Verlust der Körperbehaarung. Wenige Wochen bis Monate nach Absetzen der Therapie kommt es jedoch zu einem Nachwachsen der Haare.

Weitere bekannte Chemotherapie Nebenwirkungen:

  • Müdigkeit
  • Erschöpfung
  • Schleimhautentzündung im Mund- und Rachenbereich
  • Probleme der Blutgerinnung
  • Fieber – Infektion (Zytostatika hemmen die Nachbildung von weißen Blutzellen (Leukozyten), die für die Abwehr von Infektionen verantwortlich sind.)
  • Appetitlosigkeit, aber auch
  • Durchfall oder
  • Verstopfung durch Darmträgheit
  • Anschwellen des Körpers bzw. von Körperteilen infolge Flüssigkeitsansammlung

Chemotherapie kann durch Reizung des Brechzentrums im Gehirn zudem zu Übelkeit und Erbrechen führen – heute werden allerdings bereits zu Beginn der Behandlung Gegenmittel verabreicht. Nicht bei jedem Patienten treten die verschiedenen Chemotherapie Nebenwirkungen – wenn überhaupt – in der gleichen Form auf. Auch die Dauer der Beschwerden im Zuge einer Chemotheapie ist von Patient zu Patient unterschiedlich.

Unterstützung während der Chemotherapie

Zu den Herausforderungen einer Krebstherapie gehört heute die Bekämpfung der Nebenwirkungen von Chemotherapie und Strahlentherapie ebenso wie der Umgang mit einem möglicherweise veränderten Körperbild, etwa wenn die Haare aufgrund einer Chemotherapie ausfallen. Dazu gehört aber auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Psyche. Wut, Zorn, Angst, Mutlosigkeit und Ärger sind normale Empfindungen krebserkrankter Menschen. Wer allerdings das Gefühl hat, nicht mehr alleine mit diesen Empfindungen zu Rande zu kommen, sollte sich unbedingt psychologische Unterstützung suchen.

Neben der Schulmedizin, bei der die Bekämpfung der Krebserkrankung im Mittelpunkt steht, rückt nun auch die begleitende Therapie immer mehr in den Fokus des Interesses. Dies reicht von adäquater Behandlung der Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit bis zur Unterstützung durch die Möglichkeiten der Komplementärmedizin. So gilt etwa die Misteltherapie mittlerweile aus etablierte Behandlung zur Stärkung des Immunsystems Betroffener.

Teile dieses Beitrags entstammen den Info-Seiten der Österreichische Krebshilfe

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