Aromatherapie mittels ätherischer Öle
Düfte sind dem Menschen nicht schnuppe: Sie sorgen für gute Laune, stimulieren die Sinne und tragen zur Entspannung bei. Während Wissenschaftler erforschen, warum Gerüche Emotionen, Assoziationen und pharmakologische Reaktionen auslösen, behandeln Ärzte mit den ätherischen Ölen Infekte, Wunden, Magen-Darm- und Hautprobleme.
Scharlatanerie oder sanfte Medizin? Wir berichten ausführlich über Chancen und Risiken der Aromatherapie.
Grundsätzliches
Das Wissen um die gesundheitsfördernde Wirkung ätherischer Öle ist alt. Schon die alten ägypter, Sumerer, Assyrer und Chinesen, Römer und Polynesier setzten duftende Pflanzenessenzen ein. Doch der Begriff Aromatherapie geht auf einen französischen Chemiker namens Rene-Maurice Gattefoss aus dem kleinen südfranzösischen Ort Grasse zurück.
Mittlerweile sind einige Anwendungen der flüchtigen Stoffgemische wissenschaftlich belegt. Es gibt in vielen Bereichen eine nachweisbare Wirkung, und selbst in Kliniken wird die Aromatherapie im Rahmen der physikalischen Therapie seit Jahrzehnten eingesetzt, sagt Hanns Hatt, Professor an der Ruhruniversität Bochum.
Dennoch ist die Aromatherapie nur eine Hilfsmethode. Bei Anwendungen wie beispielsweise Massagen und Bädern profitiert sie auch von der Entspannung und der menschlichen Zuwendung, so Hatt. ätherische Öle finden heute Verwendung in Duftlampen, in Form von Ganz- und Teilbädern, als Kompressen und Wickel, zum Inhalieren, als Massageöl oder Medikament. In manchen Geschäften erhöhen ätherische Öle erfolgreich die Shoppinglust der Kunden.
Sensibler Sinn – wie der Mensch riecht
Gerüche beeinflussen unser Leben. Sie wecken Assoziationen und Emotionen. Doch wie riechen wir überhaupt? Wie unterscheiden wir zwischen dem Duft einer Rose und einer vollen Babywindel? Welche Gerüche empfinden wir als angenehm, welche als abstoßend? Forscher auf den Spuren eines komplexen Sinnesorgans.
In der Nase entdeckten Mediziner auf der Riechschleimhaut, die wenige Quadratzentimeter groß ist, rund 30 Millionen winzigster Riechzellen. Jede Riechzelle ist mit vielen Zilien bestückt, spezialisierten Zellfortsätzen, die in die Nasenhöhle hineinragen und von einer dicken Schleimschicht umgeben sind. Auf deren Oberfläche befinden sich Eiweiße (Rezeptoren), die Duftmoleküle binden können. Jede Riechzelle bildet nur einen ganz bestimmten Rezeptortyp aus.
Der Mensch besitzt etwa 400 verschiedene Duftrezeptoren. Besteht ein Duft aus vielen chemischen Komponenten, regt er mehrere Rezeptortypen an. über komplexe Reaktionskaskaden wird die Duftinformation in elektrische Signale übersetzt, die über einen langen Nervenfortsatz an das Riechhirn (Bulbus olfactorius) weitergeleitet werden. Dort werden die elektrischen Impulse analysiert und in ein neues Erregungsmuster übersetzt, um die Informationen für höhere Gehirnzentren lesbar zu machen.
Dufte Medizin – wie ätherische Öle wirken
Die meisten ätherischen Öle enthalten Monoterpene, die leicht durch Zellmembranen dringen und bereits nach wenigen Minuten im Blut nachgewiesen werden können. Im Vollbad werden die Terpene sowohl durch die Haut aufgenommen als auch über die Atemwege inhaliert.
Sie können jedoch auch zur Haarpflege, als Kompresse, für Massagen, als Sauna-Aufguss oder in Duftlampen verwendet werden. Eine Reihe klinischer Untersuchungen belegt für ätherische Öle eine therapeutische Wirksamkeit zum Beispiel für Eukalyptus-, Pfefferminz- oder Lavendelöl.
Insgesamt ist die Zahl durchgeführter Studien jedoch klein. Der Mangel an exakten wissenschaftlichen Daten ist dadurch verursacht, dass sich die ätherischen Öle nicht ohne weiteres vergleichen lassen. Selbst das öl einer einzigen Firma unterliegt Schwankungen in der chemischen Zusammensetzung, sagt der Bochumer Professor Hanns Hatt.
Bei der Anwendung gilt grundsätzlich:
- Bei den Duftlampen wird leider oft Missbrauch getrieben. Es macht keinen Sinn, sie den ganzen Tag brennen zu lassen und ätherische Öle in höchster Konzentration einzusetzen. Davon bekommt man höchstens Kopfschmerzen, so Hatt.
- Wenn man zu Allergien neigt, ist es besser, Duftstoffe nur zu therapeutischen Zwecken einzusetzen. Allergiker sollten besser auf eine tägliche Dauer-Aromatherapie verzichten. Das Risiko einer unerwünschten Wirkung und Allergie ist höher, wenn ätherische Öle in hohen Konzentrationen oder gar unverdünnt verwendet werden, sagt Reinhard Saller, Naturheilkundeprofessor und Aromatherapieexperte in Zürich.
- Die orale Anwendung ätherischer Öle sollte nur durch ärzte oder spezielle Aromatherapeuten erfolgen, die das jeweilige ätherische öl in allen therapierelevanten und toxikologischen Aspekten genau kennen.
Die Aromatherapie begibt sich auf neues Terrain: Französische Wissenschaftler verwenden ätherische Öle bei vaginalen Infektionen ein. ätherische Öle ergänzen ein Antibiotikum, um die Dauer der medikamentösen Behandlung zu verkürzen. Außerdem sollen Keime, die gegen Antibiotika resistent wurden, auf ätherische Öle empfindlicher reagieren als solche, die noch keinem Antibiotika-Angriff ausgesetzt waren. Wegen der antimikrobiellen Eigenschaften werden ätherische Öle auch in mancher Zahnarztpraxis zur Desinfektion bei Parodontose- und Wurzelbehandlungen genutzt.
Die richtige Dosierung
Einige Dosierungsbeispiele, die auf Erfahrungswerten von Reinhard Saller, Naturheilkundeprofessor und Aromatherapieexperte in Zürich beruhen:
- Bäder: Vollbad 5 bis10 Tropfen, Sitzbäder 4 bis 5 Tropfen
- Duftschalen: 1 bis 6 Tropfen, zwei- bis dreimal am Tag
- Duftlampen: ca. 5 Tropfen, mehrmals am Tag
- Feuchte Anwendungen: 3 bis 4 Tropfen
- Kalte und heiße Kompressen: 1 bis 3 Tropfen
Wenn Aromaöle für eine Massage eingesetzt werden, sollte der Anteil der Aromaöle in der Mischung mit dem jeweiligen Basisöl zwischen einem und drei Prozent ausmachen. Ob eher ein oder eher drei Prozent hängt davon ab, wie stark das Aromaöl duftet. Mehr als drei Prozent Aromaöl sollte man aber nicht verwenden, da die Gefahr der Hautreizung besteht.
Qualität – worauf Sie beim Einkauf achten müssen
Für die Wirksamkeit ätherischer Öle sind die Qualität und Reinheit entscheidend. Öle sind sehr teuer. Panschen ist deshalb ein lukratives Geschäft. In Hamburg hatte man bei der Untersuchung von 80 Bergamotteölen festgestellt, dass 70 Prozent der Öle willkürlich gemischt und verdünnt waren.
- Das ätherische öl sollte aus der Stammpflanze gewonnen werden. Angaben wie g & a bedeuten genuin (unverändert) und authentisch.
- Eine Bezeichnung nach DAB (Deutsches Arzneimittelbuch) reicht nicht. Diese Angabe schließt nämlich nicht aus, dass synthetische oder naturidentische Öle untergemischt werden. Um den DAB-Anspruch zu erfüllen, müssen nur einige wenige Inhalts- bzw. Hauptkomponenten in der verlangten Konzentration nachgewiesen werden. Ob diese Hauptkomponenten von der eigentlichen Pflanze stammen, ist zweitrangig.
- Die Bezeichnung echtes ätherisches öl bietet keinerlei Reinheits- oder Qualitätsgarantie. Richtig ist dagegen die Angabe 100 Prozent reines ätherisches öl.
- Auf den Beipackzetteln oder Flaschen sollten die Chargennummer und die lateinische und deutsche botanische Bezeichnung der Herkunftspflanze genannt werden. Wichtig sind auch die Angaben des Pflanzenteils, aus dem das öl gewonnen wurde, die Füllmenge und das Herkunftsland. Thymianöl ist nicht gleich Thymianöl. Je nach Herkunftsland und Standort variiert die Zusammensetzung des öls.
- Bei Angaben über den Anbau empfiehlt es sich, auf folgende Zusätze achten: kontrolliert-biologischer Anbau, Wildanbau oder konventioneller (rückstandsfreier) Anbau, der besonders für Allergiker geeignet ist.
- Fragen Sie nach den Trägerölen in Prozent (sehr teure Öle werden auch verdünnt angeboten!), den Zusätzen, dem Gewinnungsverfahren und regelmäßigen Kontrollen.
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Linktipps
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