Klassische Akupunktur
Akupunktur, ein wichtiger Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), ist eine Therapieform, bei der dünne Nadeln in bestimmte Punkte des Körpers gestochen werden.
Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über Akupunktur sind ungefähr 3000 Jahre alt.
Klassische Akupunktur – Artikelübersicht:
- Indikationen für Akupunktur
- Wer besser nicht akupunktiert werden sollte
- Nadeltherapie der Traditionellen Chinesischen Medizin
- Evidenz für Akupunktur
- Häufige Einsatzbereiche
- Kritik
- Linktipps
Im 17. Jahrhundert nach Europa verbreitet und unserer Medizin zugänglich gemacht, erleben wir durch die Akupunktur die Heilung chronischer Krankheiten und Schmerzen.
Sie wird oft zur Linderung von Schmerzen und zur Behandlung verschiedener Beschwerden eingesetzt, etwa bei Rückenschmerzen oder Migräne.
Obwohl viele Menschen positive Erfahrungen mit Akupunktur gemacht haben, sind die wissenschaftlichen Belege für ihre Wirksamkeit nicht eindeutig, und sie bleibt kontrovers.
Für manche Beschwerden gibt es Hinweise auf positive Effekte, aber Akupunktur ist nicht für alle Menschen geeignet, zum Beispiel bei bestimmten gesundheitlichen Risiken wie Blutgerinnungsstörungen oder während der Schwangerschaft.
Indikationen für Akupunktur
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte 1996 und später aktualisierte Empfehlungen, in denen sie eine Reihe von Indikationen angab, bei denen Akupunktur potenziell wirksam sein könnte.
Die Organisation gibt Indikationen für Akupunktur u.a. in folgenden Bereichen an:
- Schmerzen verschiedener Art: Rückenschmerzen, Kniearthrose, Spannungskopfschmerzen, Migräne
- Neurologische und psychosomatische Störungen: wie postoperatives Erbrechen, Übelkeit bei Chemotherapie, nach Schlaganfällen und bei bestimmten Schlafstörungen
- Erkrankungen des Atmungssystems (z.B. akute Nasennebenhöhlenentzündung, allergische Rhinitis)
- gastrointestinale Störungen (z.B. chronischen Magengeschwüren)
- Bronchialasthma
- Augenerkrankungen (z.B. zentrale Retinitis)
- muskuloskeletale Erkrankungen (z.B. Zervikobrachial-Syndrom)
- Erkrankungen im Mundbereich (z.B. Gingivitis)
Die Aufnahme einer Indikation auf der WHO-Liste bedeutet, dass es Hinweise auf die Wirksamkeit gibt, jedoch nicht zwingend den Nachweis einer Wirkung, die signifikant über Placebo hinausgeht.
Wer besser nicht akupunktiert werden sollte
Akupunktur wird im Allgemeinen als eine sichere Therapie betrachtet, wenn sie von qualifizierten und erfahrenen Fachkräften durchgeführt wird. Dennoch gibt es bestimmte Personengruppen und Situationen, in denen Akupunktur nicht empfohlen wird oder besondere Vorsicht geboten ist.
Dies kann auf ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, spezifische medizinische Zustände oder andere Sicherheitsbedenken zurückzuführen sein.
Eine gründliche Anamnese und Einschätzung des Gesundheitszustands sind unerlässlich, um die Sicherheit der Behandlung zu gewährleisten.
Im Folgenden sind die wichtigsten Fälle aufgeführt:
- Menschen mit Erkrankungen der Haut (Ekzeme, Nesselsucht, Dermatitis usw.)
- Personen mit schwerer Immunsuppression, beispielsweise nach einer Organtransplantation oder bei bestimmten Krebserkrankungen, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko. Da Akupunkturnadeln die Haut durchdringen, kann es in seltenen Fällen zu Infektionen kommen, besonders wenn die Hygiene nicht perfekt ist. Bei diesen Patienten wird Akupunktur meist vermieden, um Infektionsrisiken zu minimieren.
- Menschen mit bestimmten Nervenkrankheiten und Sensibilitätsstörungen der Haut (zum Beispiel Polyneuropathien mit eingeschränktem Schmerzempfinden an den lokal betroffenen Stellen)
- Menschen mit schweren psychischen Störungen (zum Beispiel Schizophrenie, Manie, Wahn)
- Epileptiker (wegen der Gefahr eines epileptischen Anfalls)
- Menschen mit bestimmten Tumorarten
- Menschen mit einem schlechten Allgemeinzustand
- In der Schwangerschaft wird Akupunktur oft mit Vorsicht angewendet. Einige Akupunkturpunkte sind bekannt dafür, Wehen auszulösen oder die Gebärmutter zu stimulieren (z. B. bestimmte Punkte am Unterbauch oder im Lendenbereich). Diese Punkte sollten besonders in den frühen Stadien der Schwangerschaft nicht stimuliert werden, da sie ein Risiko für Frühgeburten oder Fehlgeburten darstellen könnten.
- Babys und kleine Kinder
Ob mit Nadel oder Laser, die Wirkung ist oft verblüffend. Schon Säuglinge können mit Laserakupunktur behandelt werden, da diese Therapie völlig schmerzfrei ist.
Der Wirkungsmechanismus der Akupunktur erklärt sich unter anderem dadurch, dass ein Reiz an der Körperoberfläche – das Setzen einer Nadel oder des Lasers an einem Akupunktur-Punkt – reflektorisch eine Wirkung im Inneren oder einer anderen Stelle des Körpers hervorruft.
Diese Wirkungen sind intensiv wissenschaftlich erforscht und in manchen Bereichen gut nachgewiesen. Die Evidenzbasis für klassische Akupunktur ist allerdings komplex und teilweise auch widersprüchlich.
Das liegt daran, dass viele Studien zur Akupunktur unter methodischen Problemen wie geringer Probandenzahl, fehlender Randomisierung, unzureichender Verblindung und Publikationsbias leiden .
Auch die Heterogenität der Studienprotokolle macht es schwer, klare Schlussfolgerungen zu ziehen.
Nadeltherapie der Traditionellen Chinesischen Medizin
Die Traditionelle Chinesische Medizin (kurz TCM genannt) ermöglicht es mit Puls- und Zungendiagnose Aussagen über den energetischen Zustand der Meridiane und dadurch des jeweiligen Patienten zu machen.
Diese Diagnosen sind Kriterium für die Auswahl der Akupunktur-Punkte. Nach der Vorstellung der Chinesen soll so der in den Organen gestörte Energiefluß im Sinne von Yin und Yang normalisiert werden.
Ursprünglich wurde die Akupunktur-Behandlung nur an wenigen Körperstellen vorgenommen. Heute spricht man von Meridianen, welche – ähnlich den Breiten- und Längengraden der Weltkugel – den Menschen wie ein Netz umgeben und auf denen mehrere hundert Akupunktur-Punkte liegen.
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ermöglicht es mit Puls- und Zungendiagnose Aussagen über den energetischen Zustand der Meridiane und dadurch des jeweiligen Patienten zu machen.
Die meisten der über 700 Akupunkturpunkte sind entlang der Meridiane angeordnet. Es gibt zwölf Hauptmeridiane, die jeweils spiegelverkehrt auf beiden Körperseiten paarig angelegt sind, 8 Extrameridiane und eine Reihe von so genannten Extrapunkten. Nach Meinung der Anhänger der Traditionellen Chinesischen Medizin wird durch das Einstechen der Nadeln der Fluss des Qi beeinflusst.
Eine eigenständige Spezialform ist mittlerweile auch die Ohr-Akupunktur. Bei dieser muss man sich den gesamten Körper – ähnlich wie bei den Fußreflexzonen – auf das Ohr projeziert vorstellen.
Auch hier können jedes Organ und viele Störungen therapiert werden. Die chinesische Medizin hilft jedoch nicht nur bei bereits bestehenden Schmerzen. Sie beugt Krankheiten auch ganz im Sinne unserer Vorsorgemedizin vor. So können durch die rechtzeitige Kenntnis selbst geringer Befindlichkeitsstörungen Krankheiten am Entstehen gehindert werden.
Evidenz für Akupunktur
Die Evidenz für Akupunktur ist am stärksten bei chronischen Schmerzen und bestimmten Formen von Übelkeit.
Es gibt Hinweise darauf, dass sie hier einen Nutzen haben kann, der über Placeboeffekte hinausgeht.
Schmerzmanagement: Akupunktur hat sich als relativ wirksam für die Behandlung von chronischen Schmerzen erwiesen. Metaanalysen und systematische Übersichten deuten darauf hin, dass Akupunktur bei Erkrankungen wie Rückenschmerzen, Kniearthrose, Spannungskopfschmerzen und Migräne einen signifikanten Vorteil gegenüber Placebo-Behandlungen haben kann. Beispielsweise zeigte eine große Metaanalyse aus dem Jahr 2012, dass Akupunktur bei chronischen Schmerzen bessere Ergebnisse als Scheinakupunktur (Sham-Akupunktur) oder keine Behandlung erzielen kann.
Migräneprophylaxe: In mehreren Studien wurde festgestellt, dass Akupunktur bei der Prävention von Migräne genauso wirksam oder sogar besser sein kann als prophylaktische medikamentöse Behandlungen. Diese Wirksamkeit könnte darauf zurückzuführen sein, dass Akupunktur möglicherweise das Nervensystem moduliert und die Freisetzung von Neurotransmittern beeinflusst.
Übelkeit und Erbrechen: Die Verwendung von Akupunktur, insbesondere Akupressur an dem Punkt P6 (Perikard 6), hat eine relativ starke Evidenz bei der Verringerung von Übelkeit und Erbrechen, insbesondere bei postoperativer Übelkeit und bei Chemotherapie-induzierter Übelkeit.
Placebo- und spezifische Effekte: Ein häufiger Befund in der Akupunkturforschung ist die Annäherung der Effekte von echter Akupunktur an die Effekte der Scheinakupunktur. Dies könnte darauf hindeuten, dass sowohl spezifische Effekte als auch unspezifische Placeboeffekte eine Rolle spielen. Dennoch zeigen einige Studien, dass die Wirkung von echter Akupunktur über die Placeboeffekte hinausgehen kann.
Häufige Einsatzbereiche
Als mittlerweile anerkannte Hauptindikation für eine Akupunkturbehandlung gelten (chronische) Schmerzen, wenn kein morphologischer (z.B. Tumor) Befund vorliegt. Aber auch die Linderung von Beschwerden bei Pollinosis (Heuschnupfen) und die Anwendung in der Gynäkologie zur Geburtsvorbereitung, bei Schwangerschaftserbrechen und Regelbeschwerden sind erfolgversprechende Indikationen.
Die Akupunktur-Therapie hilft also bei chronischen Erkrankungen und Schmerzzuständen, wie z.B. Neuralgien, Migräne, Magen- und Darmerkrankungen, chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen und Rückenschmerzen.
Ebenso bietet die Akupunktur auch Unterstützung bei der Rauchentwöhnung und Gewichtsreduktion.
Weiters gilt laut US-Organisation National Institutes of Health die Wirksamkeit von Akupunktur in folgenden Bereichen als gut belegt:
- Übelkeit nach Chemotherapie
- Übelkeit während der Schwangerschaft
- Übelkeit nach Operationen
- Zahnschmerz
Menschen mit niedrigem Blutdruck bzw. Kollapsneigung sollten während der Akupunkturbehandlung liegen und sich danach eine Weile ausruhen.
Sowohl Befürworter als auch Gegner der Akupunktur warnen davor, bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs, Multiple Sklerose, Schlaganfall Akupunktur anzuwenden, da dies Kontraindikationen sind und die Krankheit durch die fördernde Wirkung der Akupunktur noch verschlimmern können.
Die Übernahme der Kosten für die Akupunkturbehandlung seitens der gesetzlichen Krankenkassen ist in Österreich je nach Bundesland unterschiedlich.
Häufige Kritikpunkte an Akupunktur und TCM
Mangel an hochwertiger Evidenz: Viele Studien zur Akupunktur leiden unter methodischen Problemen wie geringer Probandenzahl, fehlender Randomisierung, unzureichender Verblindung und Publikationsbias. Auch die Heterogenität der Studienprotokolle macht es schwer, klare Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies führt zu einer insgesamt schwachen Evidenzlage, die oft unzureichend ist, um die Wirksamkeit sicher zu bestätigen.
Eine besondere Herausforderung bei der Akupunktur ist die Durchführung von Placebo-kontrollierten Studien, also das Probleme der “Verblindung”. Scheinakupunktur ist schwer umzusetzen, da auch das Setzen von Nadeln an “falschen” Punkten Effekte auf den Patienten haben kann. Dies führt dazu, dass eine klare Trennung zwischen Placeboeffekten und spezifischen Effekten der Akupunktur erschwert wird.
Die westliche Schulmedizin bemängelt auch die biologische Plausibilität. Die Erklärung der Akupunktur basiert auf Konzepten wie “Qi” (Lebensenergie) und den Meridianen, die aus wissenschaftlicher Sicht nicht nachweisbar sind. Dies führt zur Kritik, dass die theoretische Grundlage der Akupunktur nicht auf messbaren physiologischen Konzepten basiert.
Westliche Forscher versuchen, die Wirkweise der Akupunktur durch Mechanismen wie die Freisetzung von Endorphinen und anderen neurochemischen Veränderungen zu erklären, was jedoch nicht das gesamte traditionelle Konzept erfasst.
AKUPUNKTEURE IN ÖSTERREICH
Über diesen Link finden Sie die Namen der geprüften Ärztinnen und Ärzte, welche nach Prüfung durch die Österreichische Wissenschaftliche Ärztegesellschaft für Akupunktur Diplom für Akupunktur besitzen.
Informationsstellen:
Österreichische Gesellschaft für Akupunktur
Wolkersbergenstraße 1, 1130 Wien, A-1130 WIEN
OGKA, Gesellschaft für Kontrollierte Akupunktur und TCM
Glacisstraße 7 – Innenhof, A-8010 Graz
Ärzt:innen für Akupunktur
Mariahilfer Straße 47 / Stiege 5 / Tür 6, A-1060 Wien
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Linktipps
– Was Akupunktur wirklich kann
– Die Schröpftherapie: einfach, aber wirkungsvoll
– Tai Chi – die Kunst der Entspannung
– TEM – Traditionelle Europäische Medizin erlebt eine Renaissance
– Was ist Osteopathie? – Eine kritische Betrachtung