TEM – Traditionelle Europäische Medizin erlebt eine Renaissance

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TEM - Traditionelle Europäische Medizin

Während in den letzten Jahren alle von TCM & Ayurveda geschwärmt haben, rückt seit einiger Zeit ein neus ‘altes’ Medizinthema in den Mittelpunkt des Interesses – und das durchaus zu Recht! Die Traditionelle Europäische Medizin, kurz auch TCM genannt, hat ihren Ursprung im antiken Griechenland und wurde über Jahrhunderte vorallem aus dem arabischen Raum stark beeinflusst.


TEM – Traditionelle Europäische Medizin – Artikelübersicht:

Ursprung TEM

1987 erschien Noah Gordons Buch, 2013 erfolgte die Verfilmung des Medicus – eine faszinierende Story wird zum Welterfolg. In aller Kürze: Der Medicus spielt im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts. Der Waise Rob Cole wird zunächst von einem englischen ‚Baderchirurgen‘ als Lehrling aufgenommen und kommt über viele Umwege bis nach Isfahan, um das Handwerk der Heilkunst immer weiter zu verfeinern.

Das Buch erschienen in 42 Ländern und verkaufte sich in Europa besser als in Noah Gordons Heimatland USA; allein die deutsche Übersetzung hatte sechs Millionen Käufer. Und kaum ein anderes Werk hat mehr dazu beigetragen, die traditionelle europäische Medizin mit ihren vielfältigen Einflüssen wieder in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. Denn warum auch in die Ferne schweifen, wenn auch TEM so einiges zu bieten hat….

Was ist TEM

Traditionelle Europäische Medizin wurde vielfältig beeinflusst und es ist gar nicht so einfach, die Schlüsselpersonen und Wurzeln zu identifizieren. Dennoch wollen wir ein paar Namen und Ausgangspunkte nennen, bei denen wir sicher Assoziationen bei Ihnen wecken können:

Griechische Medizin

Wer kennt ihn nicht, den hippokratischen Eid, den jeder angehende Mediziner zu leisten hat. Hippokrates – oft auch Vater der modernen europäischen Medizin genannt – lebte im 4. Jahrhundert vor Christus. Die griechische Medizin stellt erstmals den Patienten in den Mittelpunkt – und nicht das göttliche Schicksal – und war damals schon stark von assyrischen und indischen Tendenzen beeinflusst.

Die hippokratische Lehre besagt, dass ein Arzt sich auf sorgfältige Beobachtung, Befragung und Untersuchung zu stützen habe und seine Diagnose und Therapie systematisch erarbeiten muss. Dieser Ansatz ist heute noch unter dem Übertitel ‘evidenzbasierte Medizin’ uneingeschränkt gültig.

Auch die Bedeutung der Anamnese, der Lebensumstände und der seelischen Situation des Patienten wird von der modernen Medizin och – oder besser wieder – anerkannt.

Der Eid des Hippokrates stammt allerdings nicht von Hippokrates selbst, was jedoch nichts an seiner Bekanntheit ändert. Er enthält medizinethische Elemente, die zum Teil auch heute noch Gültigkeit haben, ist als Richtlinie für den Ärztestand mittlerweile aber von der verbindlicheren Genfer Deklaration des Weltärztebundes abgelöst worden.

Römische Medizin

Als das römische Reich das griechische an Bedeutung überholte und als führende Weltmacht ablöste, ließen sich viele griechische Arztdynastien in Rom nieder – die TEM wurde weiterentwickelt. Der bedeutendste Vertreter war ohne Zweifel Galenus von Pergamon im ersten nachchristlichen Jahrhundert. Er war Begründer der Lehre der Körpersäfte und klassifizierte Kräuter erstmals nach Eigenschaften und Wirkung.

Arabische Medizin

Zur Zeit der Kreuzzüge wurde die traditionelle europäische Medizin erneut stark vom arabischen Raum beeinflusst. Avicenna der gegen Ende des ersten Jahrtausends wirkte, verfasste den umfassenden ‘Kanon der Medizin’, der als wissenschaftliche Grundlage der christlichen Klostermedizin gilt.

Der kirchliche Einfluss

Bis zum 13. Jahrhundert waren in Europa vor allem die Klöster Förderer und Hüter der Heilkunde. Bekannteste Vertreterin aus dieser Zeit ist wohl Hildegard von Bingen, eine Äbtissin aus dem 12. Jahrhundert, die in zwei umfassenden Werken antike Überlieferungen, christlichen Glauben sowie Medizin- und Kräuterwissen mit ihren eigenen Erfahrungswerten ergänzte.

Mit Aufkommen des Buchdrucks gab es einen großen Aufschwung für die Kräuterheilkunde – allzu kräuterkundige Frauen lebten allerdings nicht ungefährlich. Rasch konnten Heilerinnen in den Verdacht kommen, Hexen zu sein, was meist ihr Todesurteil bedeutete. Das Wissen, bzw. die Weitergabe von medizinischem Wissen konnte so durch das strenge Regime der Inquisition kein Allgemeingut und nur im Geheimen weitergegeben werden.

Neuzeitliche Vertreter der TEM

Paracelsus gilt als wichtigster Arzt der beginnenden Neuzeit und bis heute als bedeutendster Heilkundiger der traditionellen Europäischen Medizin.

Sebastian Anton Kneipp, Priester und Naturheilkundler entmystifizierte TEM dann endgültig. Seine Ideen und Grundsätze finden bis heute vor allem im Kurwesen Anwendung.

Der Antroposoph Rudolf Steiner erweiterte Kneipps Thesen um einige esoterische anmutende Elemente, ist in der TEM Szene aber nach wie vor ein großer Name.

Last but not least sei noch Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie in Zusammenhang mit Traditioneller Europäischer Medizin genannt.

Die Definition, was Traditionelle Europäische Medizin eigentlich alles umfasst, ist nicht eindeutig: Während einige Autoren die Humoralpathologie und andere Elemente der Klostermedizin (beispielsweise die Hildegard-Medizin) zur Traditionellen Europäischen Medizin zählen, fassen andere den Begriff enger.

Wir haben uns für eine eher weite Definition entschieden – und das obwohl sich die zugrunde liegenden Theorien einzelner Behandlungsmethoden zum Teil sogar widersprechen. Aber da verhält es sich bei der modernen Medizin nicht anders und wir denken, dass Vielfalt im Angebot auch hier seine Berechtigung hat.

Dennoch wollen wir nochmals festhalten: im Gegensatz zur traditionellen chinesischen Medizin gibt es bei TEM kein gemeinsames, gänzlich widerspruchsfreies System. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass TEM den Menschen erstmals in seiner Gesamtheit in den Mittelpunkt rückte. Noch immer kommen altüberlieferte Kräuterkunde und Naturheilmittel zum Einsatz, ebenso Wechselbäder und andere ‘alternative’ Methoden, um Körper, Seele und Geist in Einklang zu bringen.

Nicht verschwiegen werden darf jedoch, dass einige der im Rahmen der TEM angewendeten Methoden mittlerweile eindeutig als Unfug und schädlich entlarvt wurden. Der berühmt berüchtigte Aderlass sei hier nur als bekanntestes Beispiel genannt.

Heute wird über den Begriff vor allem im Rahmen von Fragestellungen rund um gesundheitsrechtliche Marktzulassungen und kulturtraditionelle Zuschreibungen diskutiert – doch das ist eher ein Thema für Juristen. Wir wollen uns hier lieber noch einigen Anwendungsgebieten und Wirkungsweisen der TEM zuwenden.

Top-Rezepte

Man glaubt es kaum, aber gerade gegen einige medizinische Probleme, die mit moderner Medizin kaum in den Griff zu bekommen sind, helfen althergebrachte Rezepte. Hier eine kleine Auswahl der unserer Redaktion für Methoden der Traditionellen Europäischen Medizin.

Krankenhauskeime: Diese gefährlichen Keime gibt es nicht erst seit heute. Schon im neunten Jahrhundert wurde in der medizinischen Handschrift ‘Bald’s Leechbook’ im Kampf gegen den mittlerweile auch gegen die meisten Antibiotika resistenten Keim MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureuseine) eine hochwirksame Tinktur entwickelt, die auch heute – mangels moderner brauchbarer Alternativen – wieder verstärkt zum Einsatz kommt: Die Ingredienzien sind simpel, aber hochwirksam: Knoblauch, Ochsengalle, Wein und Zwiebel im Messingtopf gebraut – fertig ist das hochwirksame Mittel gegen Krankenhauskeime.

Misteln gegen Tumore: nicht nur das kleine gallische Dorf von Asterix, Obelix und ihrem wunderbaren Druiden Miraculix wusste um die Wirkung der Misteln, auch in der TEM kam und kommt der Baumparasit vielfältig zum Einsatz: So setzte man Tinkuren und Essenzen aus der Pflanze bei Unfruchtbarkeit und Epilepsie ein, aber auch als Heilmittel gegen Geschwüre fanden MIspelessenzen Anwendung. Moderne Studien belegen mittlerweile die Wirksamkeit von Misteln, um Tumorwachstum einzubremsen.

Zudem stimulieren die Misteln die körpereigenen Immunkräfte! Und sie lindern die Nebenwirkungen von Strahlen- und Chemotherapie, was in der TEM naturgemäß allerdings noch keine Rolle spielte. Heute wird die Misteltherapie als begleitende Therapie bei traditionellen Krebsbehandlungen von den meisten Krankenkassen bezahlt.

Efeu gegen Husten: Efeu enthält Saponine und diese wirken schleim- und krampflösenden. Efeu ist somit die perfekte Grundessenz für wirksame hustenstillende Medizin.

Pro und Contra TEM

Mittlerweile werden die alten medizinischen Weisheiten intensiv auf ihre Wirksamkeit geprüft – und zwar von seriösen Wissenschaftlern – und das ist gut so. Denn viele Heilpflanzen aus der TEM können – falsch oder in zu großen Mengen eingesetzt –auch tödlich wirken, sind sie von ihrer Grundzusammensetzung doch eigentlich giftig, wie z.B. Wacholder, Efeu oder eben Misteln.

Zudem sollte man nicht dem Irrglauben anheimfallen, moderne Medizin durch TEM ersetzen zu können. Krebstherapie ohne moderne Medikamente- oder Strahlentherapie ist Unsinn, und wer Entsprechendes propagiert, ein Scharlatan. Als Begleittherapie können Elemente der TEM aber durchaus wirksam sein.

Viele der Heilmethoden der Traditionellen Europäischen Medizin sind aber ungefährlich und durchaus ‘alltagstauglich’: Vor allem Wickel, Öle oder Bäder aus Heilpflanzen für äußerliche Anwendungen kann man gefahrlos ausprobieren, wenn man sich nur ein wenig informiert hat. Auch ein Kamillentee ist ungefährlich, wenn die Blume einmal eindeutig identifiziert wurde.

Fazit: Traditionelle Europäische Medizin sieht den Menschen in seiner Gesamtheit, sie widmet sich dem Patienten in seiner Zusammenschau von Körper, Geist und Seele inmitten seiner individuellen Lebensumwelt. Ernährung, Bewegung und Lebensordnung sind Eckpfeiler für einen gesunden Körper und insofern steht auch die Prävention im Mittelpunkt der TEM.

Sie versucht neben vom Jahreszyklus abhängigen Nahrungs- und Verhaltensregeln über die Behandlung akuter Symptome hinaus allgemeine Lebensanleitungen im Einklang mit Natur und Umwelt zu liefern und damit durch das Aufdecken von Zusammenhängen Ursachen für Unwohlsein und Krankheitsentstehung aufzudecken und vorzubeugen.

Insofern liefert TEM einen wertvollen Beitrag zur ganzheitlichen Medizin – und zudem einen, der uns Europäern genauso nahe sein sollte, wie die doch etwas exotische Traditionelle Chinesische Medizin, die – und auch das sollte gesagt sein – sicher eine wertvolle Ergänzung sein kann. Doch warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nahe liegt …

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Linktipps

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