Ingwer: die universelle Arznei
Mit der asiatischen Küche und der zunehmenden Lust am Experimentieren mit Kräutern und Gewürzen, kurz: mit der unbeschwerten jungen Küche hat der Ingwer sich seinen Platz in beinahe jedem Supermarkt erobert und das ist auch gut so.
Ingwer: die universelle Arznei – Artikelübersicht:
Dabei ist Ingwer gar nicht so neu in der westlichen Küche und musste strenggenommen auch nicht “wiederentdeckt” werden, schließlich war er nie wirklich weg. So trägt er, in getrockneter Form, wesentlich zum typischen Lebkuchengeschmack bei.
Im Englischen ist er für diesen sogar Namensgebend: Gingerbread, also Ingwerbrot heißt der Pfefferkuchen dort. Aber auch die Einschränkung auf den Einsatz in der süßen Küche ist ein spätes Phänomen.
Tatsächlich findet der Ingwer (Zingiber officinalis) schon seit der Antike als vielseitige Gewürz- und Heilpflanze Verwendung und das aus gutem Grund. Schon in den Veden, den heiligen Schriften des Hinduismus, wurde er schließlich als “Vishvabhesaj”, als “universelle Arznei” bezeichnet, weil er von allen Menschen verwendet werden kann und bei Krankheiten unter-schiedlichsten Typs wirksam ist.
Was wir unter dem Namen Ingwer kennen, ist strenggenommen weder die Pflanze, noch, wie vielfach fälschlich angenommen, der Wurzelstock, sondern ein Rhizom. Von diesem gehen nach unten die eigentlichen Wurzeln und nach oben die Triebe aus. Viele Ingwergewächse, darunter auch der Zingiber officinal, von dem hier die Rede ist, oder auch Curcuma werden auch wegen ihrer Blüten als Zierpflanzen geschätzt.
Aus dem Rhizom lässt sich sehr einfach eine Pflanze ziehen – allerdings nur im Topf, denn frostbeständig ist der Ingwer nicht.
Ist der Ingwer fasrig und schwierig zu schneiden, so ist er nicht mehr frisch. Getrockneter und gemahlener Ingwer sollte in kleinen Mengen, kühl und dunkel gelagert werden um seinen Geschmack nicht zu verlieren.
Ingwer in der Küche
Ingwer wird im Ayurveda als scharf und süß beschrieben, seine Energie ist erhitzend, wobei frischer Ingwer seinen Geschmack je nach Zubereitungsart verändert. Gerieben und gepresst (auf diese Weise kann man sich auch sein Ginger Ale selbst herstellen) überwiegt die Schärfe, verbunden mit einem erfrischenden Aroma.
Wird der Ingwer (etwa für Tee) aufgekocht oder lässt man ihn lange in heissem Wasser ziehen, so verstärkt sich die Schärfe, die Frische tritt aber in den Hintergrund.
Wird Ingwer gehackt oder geschnitten in Öl oder Ghee (Butterreinfett) gebraten, so verliert er zwar an Schärfe, dafür tritt die aromatische Süße in den Vordergrund. Je nach Wunsch können für ein Gericht auch unterschiedliche Zubereitungsarten verwendet werden. Dadurch kann er auch von Menschen, die scharfe Speisen sonst meiden sollten, eingenommen werden. Getrockneter Ingwer dagegen bleibt scharf.
In Indien wird er hauptsächlich für medizinische Zwecke eingesetzt. Vor allem Menschen, die mit Verdauungsproblemen, schwacher Peristaltik, Aufstoßen und Übelkeit zu kämpfen haben, sollten Ingwer auf ihren Speiseplan setzen. Zu gleichen Teilen mit , eine stark hitzeerzeugende und medizinisch hochwirksame Mischung. Überhaupt wird getrockneter Ingwer in Indien vor allem zu medizinischen Zwecken eingesetzt.
Ingwer restlos verwerten
Ingwer lässt sich ganz besonders gut restlos verwerten und das kommt wie gerufen um das wärmende Würzmittel in der kalten Jahreszeit möglichst verlustfrei in der Küche zu verarbeiten.
Im Sinne der Zero-Waste-Bewegung lassen sich Ingwerreste auf kreative und nachhaltige Weise restlos verwerten.
Hier drei Vorschläge:
Suppe mit Ingwerresten
Ingwerschalen und -abschnitte können für eine aromatische Brühe verwendet werden. Einfach die Reste zusammen mit Gemüse (z.B. Karotten, Sellerie) und Gewürzen wie Kurkuma oder Pfeffer aufkochen. Die Ingwerreste geben eine leichte Schärfe und Wärme, die sich ideal für Suppen oder Eintöpfe eignet.
Würzige Curry-Paste mit Knoblauch
Ingwerreste können mit Knoblauch, Chili, Kreuzkümmel und Koriander zu einer frischen Curry-Paste verarbeitet werden. Die Paste eignet sich hervorragend als Basis für asiatische Gerichte, in denen Ingwer und Knoblauch ohnehin eine zentrale Rolle spielen.
Eine noch einfachere Variante wenigen Zutaten für eine würzige Curry-Paste aus Ingwer und Knoblauch könnte so aussehen:
- 4 EL Ingwer (Reste und/oder frischer Ingwer)
- 4 Knoblauchzehen
- 1 TL Salz (nach Geschmack)
- 3–4 EL Pflanzenöl (z. B. Sonnenblumen- oder Rapsöl)
Alle Zutaten in einen Mixer geben oder mit einem Stabmixer zu einer glatten Paste pürieren. Je nach gewünschter Konsistenz kann etwas mehr Öl hinzufügt werden.
Die Paste in ein sauberes, luftdichtes Glas füllen. Um die Paste haltbarer zu machen, kannst du eine dünne Schicht Öl darauf gießen, sodass die Oberfläche komplett bedeckt ist. Die Paste hält im Kühlschrank etwa 2 Wochen. Man kann sie aber auch portionsweise einfrieren, um sie länger haltbar zu machen.
Diese schlichte Paste eignet sich perfekt als Basis für Currys, zum Würzen von Soßen, Marinaden oder als aromatische Zutat für schnelle Gerichte wie gebratenes Gemüse oder Reisgerichte.
Frischer Ingwer-Tee
Auch aus den Schalen oder kleineren Resten lässt sich Tee aufbrühen. Je nach gewünschter Schärfe einfach unbehandelten Bio-Ingwer in Scheiben schneiden die Ingwerreste mit heißem Wasser übergießen und 5 bis 10 Minuten ziehenlassen. Nach Belieben Zitrone oder Honig hinzufügen – eine wohltuende und wärmende Alternative, die Abfälle vermeidet.
Ingwer als Medizin
Viele schwören darauf: dem Kauen von frischem Ingwer wird eine Wirksamkeit gegen Seekrankheit nachgesagt, was mittlerweile in Studien belegt werden konnte¹ und sich mit ayurvedischen Angaben deckt. Neben der Antiemetischen Wirkung regt Ingwer auch die Magensaftsekretion an und wirkt diaphoretisch.
Durch seine auswurffördernde Wirkung ist er als Arznei auch bei Husten, Erkältungen und Grippe das Mittel der Wahl. Wird getrockneter Ingwer zu gleichen Teilen mit Pfeffer und Langpfeffer (Pippali oder Piper Longum) vermischt, so erhält man Trikatu, ein stark hitzeerzeugendes Mittel, das wesentlich wirksamer ist, als die einzelnen Bestandteile.
Die Schärfe unterscheidet sich wesentlich von der des Chili, ist nicht so stechend und wirkt zwar austrocknend, aber nicht übermäßig. Gemieden werden sollte diese Mischung von Personen, die ohnehin über ein starkes Verdauungsfeuer verfügen. Sofern diese ein schleimlösendes Mittel brauchen, sollten sie auf ein weniger stark erhitzendes zurückgreifen. Durch seine Wirkung auf die Atemwege wird Ingwer auch bei Laryngitis eingesetzt.
Weiters ist er auch ein Stimulans und Stärkungsmittel bei Herzerkrankungen. Obwohl in der westlichen Medizin auch eine fiebersenkende Wirkung beobachted wurde, stellt der Ayurveda fest, dass diese nur kurzfristig ist, weshalb er hier in der Regel nicht indiziert ist. Auch wird vor der Anwendung bei Geschwüren gewarnt, obwohl auch hier die westliche Medizin eine positive Wirkung bei Magengeschwüren festgestellt hat. Schließlich ist Ingwer auch gegen Kopfschmerzen wirksam und enthält Wirkstoffe, die antirheumatisch und antiarthritisch sind.
Auch äußerlich kann Ingwer eingesetzt werden, vor allem zur Erwärmung, wobei er nicht auf offene Wunden aufgebracht werden darf. Zur Herstellung einer Kompresse wird eine Abkochung aus frisch geriebenem Ingwer hergestellt, ein Handtuch darin getränkt und heiss auf die betreffende Körperpartie aufgebracht.
Ingwer selber anpflanzen
Ingwer selber anzupflanzen ist gar nicht schwer, auch wenn die Pflanze bei uns gar nicht heimisch ist. Ingwer ist eine sogenannte Regrowing Pflanze, also eine selbstnachwachsende Pflanze. Mit ein bisschen Geduld und ein paar Basisinfos lässt sich Ingwer also recht gut nachwachsen. Folgendes ist dabei zu beachten:
1. Nur frische und feste Ingwerwurzeln verwenden, damit sie noch austreiben kann.
2. Ingwerwurzel müssen in ca. fünf Zentimeter große Stücke geschnitten werden. Dabei ist darauf zu achten, dass sich an jedem Stück ein sogenannter „Vegetationsknoten“ befindet. An diesen Vegetationsknoten (die kleinen Knubbel, siehe Foto oben) teilen sich später die Zellen, und die Pflanze kann an diesen Stellen weiterwachsen. Wenn das nicht beachtet wird, kann die Wurzel nicht austreiben.
3. Die Stücke mit der Schnittfläche nach unten in einen mit Bio-Erde gefüllten Topf legen. Dünn mit Blumenerde bedecken.
4. Noch schneller geht es, wenn man ein Mini-Gewächshaus baut um den Keimvorgang zu beschleunigen. Dafür einfach Frischhaltefolie mit Gummi über den Topf spannen und 2-3 kleine Löcher einstechen. Damit kann sich genug Luftfeuchtigkeit bilden aber dennoch Luft eindringen und entweichen. Zeigen sich die ersten Triebe, entfernst du den Schutz wieder.
5. Die Pflanze braucht es nun möglichst warm und hell, allerdings keine direkte Sonneneinstrahlung.
6. Regelmäßig mit kalkarmem Wasser gießen dabei aber Staunässe vermeiden, so wird deine Pflanze schnell gedeihen und kann 60 bis 120 Zentimeter groß werden.
7. Der Erntezeitpunkt ist gekommen wenn die Blätter gelb werden, dann hat die Knolle ihren typischen, intensiven Geschmack und kann ausgegraben werden.
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Quellen:
¹ Treatment of the common cold with herbs used in Ayurveda and Jamu: monograph review and the science of ginger, liquorice, turmeric and peppermint (Wardani RS, Schellack Net al. in: Drugs Context. 2023 Jun 14;12:2023-2-12. eCollection 2023) DOI: 10.7573/dic.2023-2-12
– Vasant Lad, David Frawley; Die Ayurveda Pflanzen-Heilkunde
– Chandrashekhar G. Thakkur; Ayurveda – die indische Heil- und Lebenskunst
– Maya Tiwari; Das große Ayurveda Handbuch
– Maya Tiwari; A Life of Balance
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Ingwer | Heilpflanzenlexikon
– Kren – scharf & gesund
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– Regrowing: Gemüse einfach wieder nachwachsen lassen
– Heilpflanzen gegen Schnupfen & Heiserkeit
– Kurkuma – eine Heilwurzel mit teils erstaunlicher Wirkung
– Rezept: Switchel – Ingwer-Essig Limonade