Vegane Ernährung im Hochleistungssport – ein Widerspruch?

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Vegane Ernährung im Hochleistungssport

Vegane Ernährung und Hochleistungssport – passt das zusammen? Viele Hochleistungssportler beantworten diese Frage mit einem klaren „Ja“, denn sie leben selbst vegan und erbringen trotzdem Spitzenleistungen. Doch wie stehen Ernährungswissenschaftler diesem Thema gegenüber?


Vegane Ernährung im Hochleistungssport – Artikelübersicht:

Nicht-Veganer denken bei der veganen Ernährungsweise in erster Linie an den Verzicht, den diese für sie bedeuten würde. Doch müssen Veganer wirklich auf so viel verzichten? Wir sind diesen und weiteren relevanten Fragen rund um das Thema vegane Ernährung und Hochleistungssport nachgegangen.

Was macht vegane Ernährung aus?

Wer vegan lebt, lehnt den Verzehr von Tieren und tierischen Produkten ab. Doch wie unterscheiden sich Veganer von Vegetariern, welche gesunden Aspekte bringt die vegane Lebensweise mit sich und welche Risiken können von einer rein pflanzlichen Ernährung ausgehen?

Der Unterschied zwischen Vegetariern und Veganern

Der Unterscheid von Vegetariern und Veganern ist schnell erklärt. Vegetarier verzichten ausschließlich auf Fleisch und Fisch, nehmen in der Regel jedoch alle anderen Lebensmittel zu sich. Veganer hingegen meiden nicht nur Fleisch und Fisch sondern auch alle Arten von tierischen Produkten.

Darunter fallen Milchprodukte jeglicher Art, wie Jogurt oder Topfen (Quark), aber auch Eier und Honig. Auch Lebensmittel in denen Ei oder Milch enthalten ist, wie beispielsweise Gebäck, Vollmilchschokolade oder auch Eiernudeln, werden von Veganern nicht konsumiert.

Die gesunden Aspekte der veganen Ernährung

Die Zahl der Veganer steigt stetig an. Häufig entscheiden sich Veganer aus ethischen Gesichtspunkten heraus dazu, keine Tiere und tierische Produkte mehr zu sich zu nehmen. Viele Menschen sehen aber auch die gesunden Aspekte der veganen Ernährungsweise als den Hauptgrund, sich für diese zu entscheiden.

Die gesunde vegane Ernährungsweise sieht viel Obst, Gemüse, Getreide, Nüsse und Hülsenfrüchte im Speiseplan vor. Menschen, die lange Zeit vegan leben und sich von gesunden veganen Produkten ernähren, sind in der Regel schlanker, als solche, auf deren Speiseplan viel Fleisch und tierische Nahrungsmittel stehen. Dies ist ein großer Vorteil der veganen Ernährungsweise, denn schlanke Menschen haben ein geringeres Risiko, an Diabetes, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen zu erkranken.

Statistik Fleischkonsum Österreich

Dies liegt jedoch nicht nur an dem Verzicht von tierischen Lebensmitteln, denn auch die pflanzlichen Lebensmittel, die dafür umso mehr verzehrt werden, bringen positive Eigenschaften mit sich. So ist beispielsweise in einem Blog¹ nachzulesen, dass Cashew-Kerne anti-diabetogene Eigenschaften besitzen und die Insulinsensibilität der Muskelzellen reduzieren. Somit wirken die eigentlich kalorienreichen Nüsse Übergewicht entgegen. Natürlich nur, wenn sie, aufgrund ihrer hohen Energiedichte, nur in Maßen verzehrt werden.

Die meisten pflanzlichen Lebensmittel verfügen allerdings über eine geringe Energiedichte, was sich ebenfalls positiv auf das Gewicht und somit auf die Gesundheit von Veganern auswirkt. Der hohe Anteil an Ballaststoffen, Mineralstoffen, Vitaminen, ungesättigten Fettsäuren und sekundären Pflanzenstoffen trägt ebenfalls dazu bei, dass die vegane Kost so gesund für den Organismus ist.

Die Risiken, die vegane Ernährung mit sich bringen kann

Wer sich vegan ernährt, muss dafür sorgen, dass dem Körper alle wichtigen Nährstoffe zugeführt werden. Tut er dies nicht, können, je nach fehlendem Nährstoff, unterschiedliche Mangelerscheinungen die Folge sein. Die meisten Nährstoffe, die in Fleisch, Fisch und tierischen Produkten enthalten sind, finden sich auch in bestimmten pflanzlichen Produkten.

Der Veganer muss nur genau darauf achten, dass er diese auch in der richtigen Menge zu sich nimmt. Ein Nährstoff, der Veganern häufig fehlt, ist Vitamin B12. Dieses Vitamin ist für die Blutbildung und die Instandhaltung der Schutzhüllen der Nerven verantwortlich. Leider findet sich Vitamin B12 vor allem in tierischen Produkten. Mangelerscheinungen treten allerdings erst nach Jahren auf und sind dann zudem meist unspezifisch.

Experten raten trotzdem dazu, dass Veganer ihrem Körper Nahrungsmittel oder auch Nahrungsergänzungsmittel zuführen, die mit Vitamin B12 angereichert wurden. Auch auf ihre Jodzufuhr müssen vegan lebende Personen besonders achten. Jod ist vor allem in Fisch und Milchprodukten enthalten. Alternativ können Veganer Jodsalz verwenden, um ihrem Organismus diesen lebenswichtigen Nährstoff zuzuführen. Kalzium kann der Körper durch Nüsse, grünes Blattgemüse, Tofu oder kalziumhaltiges Mineralwasser erhalten.

Fleisch ist eine optimale Eisenquelle, doch auch in Nüssen, Samen, Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide ist Eisen enthalten. Trotzdem empfehlen viele Ernährungswissenschaftler, dass Veganer sich immer mal wieder ärztlich untersuchen lassen sollten, damit ein eventueller Nährstoffmangel rechtzeitig erkannt und entsprechend ausgeglichen werden kann.

Kann die sportliche Leistung durch vegane Ernährung gesteigert werden?

Sind Veganer möglicherweise sogar leistungsfähiger als Mischköstler? Immer mehr Hochleistungssportler bekennen sich zu einer veganen Lebensweise und berichten, dass die vegane Ernährung dazu beigetragen habe, dass sich ihre sportlichen Leistungen verbesserten. Expertenmeinungen gehen diesbezüglich jedoch auseinander.

Vegane Sportler und ihre Erfahrungen

Vegane Ernährung liegt derzeit voll im Trend und auch viele Sportler ernähren sich rein pflanzlich. So auch Ironman Brendan Brazier. Der ehemalige professionelle Ironman-Triathlet ernährt sich bereits seit 20 Jahren vegan und berät heute sogar Hollywoodgrößen wie Hugh Jackman, wenn diese ihren Körper auf anspruchsvolle Filmrollen vorbereiten möchten.

Für Brazier ist die Tatsache, dass die Verwertung von pflanzlicher Kost dem Körper weniger Energie abverlangt, als das Verdauen von tierischen Produkten, ein deutliches pro Argument für eine rein pflanzliche Ernährungsweise.

Je weniger Energie der Körper für die Verdauung beansprucht, desto mehr steht dem Sportler zum Training zur Verfügung. Vor allem Quiona, Wildreis und Buchweizen stehen auf seinem Speiseplan. Zudem weist er darauf hin, dass Fleisch und Milchprodukte Entzündungen im Körper fördern, was nicht im Sinne eines Leistungssportlers ist. Darüber hinaus habe er die Erfahrung gemacht, dass sich sein Körper schneller von harten Trainingseinheiten erholt, seit er sich ausschließlich vegan ernährt.

Die frühere Ausdauerleistungssportlerin und Dozentin für Sportwissenschaften Dr. rer. nat. Katharina Wirnitzer lebt seit 1999 vegan und spricht im Interview mit ja.or.at über ihre Erfahrungen mit veganer Ernährung im Hochleistungssport. Auch sie sieht vegane Sportler deutlich im Vorteil, wenn es um die schnelle Regenerationsfähigkeit und die gestärkte Immunabwehr geht.

Zudem haben Veganer ein höheres Angebot an Kohlenhydraten, Vitaminen, Ballaststoffen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Veganer nehmen weniger Fett zu sich und bieten ihrem Körper zudem hochwertige Proteine, die frei von Medikamenten-Rückständen aus der Massentierhaltung sind, so die Sportwissenschaftlerin.

Der menschliche Körper brauche zudem weit weniger Protein in der täglichen Nahrung, als die Lobbys von Milch- und Fleischwirtschaft angeben. Was der Körper eines Sportlers hingegen in größeren Mengen braucht, sind Kohlenhydrate. Wirnitzers Meinung nach leben Mischköstler ungesünder als Veganer, weil sie zu viele Fette und Proteine und zu wenig gesunde Kohlenhydrate zu sich nehmen.

Der wohl bekannteste vegane Extremsportler ist Scott Jurek. Er hat von 1999 bis 2006 siebenmal in Folge den Western States 100 Miles Endurance Run, einen der härtesten Ultra-Marathons der Welt, gewonnen. Der überzeugte Veganer brachte sogar eine Biografie namens “Eat & Run – My Unlikely Journey to Ultramarathon Greatness” heraus, die sich mit seinen sportlichen Erfolgen und seiner veganen Lebensweise beschäftigt.

Vegane Ernährung im Leistungssport – Expertenmeinungen gehen auseinander

Wer extreme sportliche Leistungen vollbringen möchte, muss sich dementsprechend ernähren. Denn nur ein Körper, dem alle wichtigen Nährstoffe im richtigen Verhältnis zugeführt werden, kann Hochleistungen erbringen. Die Meinungen von Experten, ob dies mit einer rein pflanzlichen Ernährungsweise gewährleistet werden kann, gehen auseinander.

So sehen viele Ernährungswissenschaftler vor allem in der fehlenden Aufnahme von Vitamin B12 ein Problem. Sportler sollten in diesem Fall auf Tabletten zurückgreifen, die den Organismus mit diesem wichtigen Nährstoff versorgen. Zudem wird immer wieder das Argument genannt, pflanzliche Eiweiße seien weniger hochwertig als Eiweiße tierischen Ursprungs.

Sportmedizinerin Christine Graf äußert ihre Bedenken in Bezug auf eine vegane Ernährungsweise von Sportlern. Mangelerscheinungen seien keine Seltenheit, weswegen Hochleistungssportler, die sich ausschließlich pflanzlich ernähren, regelmäßig einen Arzt konsultieren sollten, um ihren Gesundheitszustand überwachen zu lassen. Darüber hinaus gibt Christine Graf an, dass ihrer Meinung nach in manchen Fällen ein Zusammenhang besteht, zwischen einer veganen Ernährungsweise von Sportlern und der so genannten Anorexia athleica, einer Essstörung, welche bei Spitzensportlern auftreten kann. Grundsätzlich ist sie jedoch der Ansicht, dass Veganismus und Leistungssport zusammenpassen.

Voraussetzung ist allerdings, dass die veganen Sportler penibel auf ihre Nährstoffzufuhr achten. Sollte die Leistungsfähigkeit bei gleichem Training abfallen, kann dies ein Anzeichen sein, dass eine Mangelversorgung des Körpers vorliegt.

Im Artikel „5 Vorteile einer veganen Ernährung für SportlerInnen“ gibt eine studierte Ernährungswissenschaftlerin an, welche Vorteile Sportler ihrer Meinung nach aus einer veganen Ernährungsweise ziehen.² Diese sind:

  • Veganer liefern ihrem Körper bei richtiger Ernährungsweise ein optimales Verhältnis von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen, wobei Kohlenhydrate den Hauptbestandteil der veganen Ernährung ausmachen.
  • Pflanzliche Lebensmittel stellen dem Organismus besonders schnell Energie zur Verfügung.
  • Pflanzliche Lebensmittel bestehen häufig zu einem großen Teil aus Wasser, welches lebensnotwendig ist und viele positive Eigenschaften mitbringt.
  • Vegane Ernährung beugt Verdauungsproblemen und auch Verstopfung vor. Verantwortlich dafür ist der hohe Gehalt an Ballaststoffen in pflanzlicher Nahrung.
  • In pflanzlicher Kost sind eine Vielzahl wichtiger Vitamine und Antioxidantien enthalten.

Wie kann der Ernährungsbedarf von Sportlern bei veganer Ernährungsweise optimal gedeckt werden?

Die Nahrungsmittel, welche Veganer zu sich nehmen, lassen sich grob in sechs Untergruppen gliedern. Diese sind:

• Obst
• Gemüse
• Getreideprodukte
• Kerne, Nüsse, Samen
• Hülsenfrüchte
• Öle und Fette

Obst: Obst ist einer der wichtigsten Energielieferanten für vegane Sportler und sollte täglich gegessen werden. Es hat einen hohen Wasseranteil und enthält zudem viele wichtige Vitamine und Antioxidantien. Besonders beliebt sind Bananen, da sie lange satt machen und zudem viel Kalium und Magnesium enthalten. Äpfel, Birnen, Avocados, Mangos, Orangen und die vielen anderen Obstsorten bieten den Sportlern eine große Vielfalt. Für längere Trainingsläufe oder Wanderungen eignen sich zudem Trockenfrüchte sehr gut.

Gemüse: Ebenfalls viel Wasser und viele wichtige Nährstoffe sind in Gemüse enthalten, weshalb es auf dem täglichen Speiseplan von Sportlern einen hohen Stellenwert einnehmen sollte. Gemüse kann als warme Mahlzeit gegessen werden, als Rohkost, zum Beispiel im Salat oder in flüssiger Form in Smoothies Verwendung finden.

Damit die wichtigen Nährstoffe wie Eisen, Jod und Zink, wie sie zum Beispiel in Brokkoli enthalten sind, nicht verloren gehen, ist es wichtig, das Gemüse schonend zuzubereiten.

Getreideprodukte: Vollkornprodukte sollten die Grundlage jeder Mahlzeit bilden. Sie liefern dem Sportler langkettige Kohlenhydrate, Eiweiße sowie Spurenelemente und Mineralien. Dabei muss es sich nicht immer um Vollkornbrot handeln. Vollkornnudeln, Reis oder auch Quiona sind eine gute Möglichkeit, dem Körper genügend Kohlenhydrate zuzuführen.

Kerne, Nüsse und Samen: Die Auswahl an unterschiedlichen Nüssen, Kernen und Samen ist sehr groß und die kleinen Energiespender bieten dem Körper eine Vielzahl an wichtigen Nährstoffen. Proteine sowie wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente sind in Nüssen, Kernen und Samen enthalten. Da diese Lebensmittel eine hohe Energiedichte haben, sollten Sportler täglich allerdings nur eine handvoll davon zu sich nehmen. Nüsse sind auch wegen ihrer ungesättigten Fettsäuren so gesund. Hinzu kommt noch das wichtige Vitamin E, welches dabei hilft, Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.

Hülsenfrüchte: Hülsenfrüchte, wie Linsen, Bohnen oder Erbsen, sind die wichtigsten Eiweißlieferanten für Veganer und deshalb ebenfalls ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen veganen Ernährung. Tofu zählt ebenfalls zu dieser Gruppe, da es aus Sojabohnen gewonnen wird.

Öle und Fette: Öle und Fette liefern dem Köper lebensnotweniges Fett. Dabei kommt es jedoch auf die Wahl der richtigen Fettlieferanten an. Ungesättigte Fettsäuren sind gesättigten Fettsäuren immer vorzuziehen. Olivenöl, Leinöl und Rapsöl sollten in der veganen Küche nicht fehlen. Vor allem Leinöl ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, kann allerdings nur kalt verwendet werden. Aber auch Walnussöl oder Kürbiskernöl versorgen den Organismus auf gesunde Weise mit dem nötigen Fett.

Fazit

Die meisten Hochleistungssportler ernähren sich weder vegetarisch, noch vegan. Trotzdem gelingen auch Veganern sportliche Spitzenleistungen. Dies lässt darauf schließen, dass der menschliche Organismus in der Lage ist, ganz unterschiedliche Ernährungsweisen zu nutzen, um sportliche Höchstleistungen zu vollbringen.

So bedeutet eine vegane Lebensweise nicht automatisch, dass sich die sportliche Leistung verbessert. Denn auch Weißbrot, süße Sojaspeisen oder zuckerhaltige Müslis sind vegan und trotzdem liefern sie dem Körper, bei einseitiger Ernährungsweise, kaum wertvolle Nährstoffe. Genauso kann sich ein Sportler, der weder vegetarisch noch vegan lebt, sehr ausgewogen und somit gesund ernähren.

Natürlich sind einige Vorteile, wie die schnelle Regenerationszeit des Körpers bei veganer Ernährungsweise, nicht von der Hand zu weisen. Wer sich intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigt und stets darauf achtet, seinem Körper alle wichtigen Nährstoffe in ausreichender Konzentration zuzuführen, kann sich auch im Hochleistungssport vegan ernähren.

Jedoch spricht auch nichts dagegen, dass Leistungssportler Fleisch, Fisch und tierische Produkte zu sich nehmen, wenn gleichzeitig auch Gemüse, Obst und andere pflanzliche Produkte in ausreichender Menge auf dem Speiseplan stehen.

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Quellen:

¹ Peak: Cashewkerne als hochkalorische Dickmacher
² Veganblatt.com: Vegane Ernährung für Sportler
³ Vegane Ernährung im Leistungssport

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Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

Linktipps

– Vegane Ernährung und Sport: Warum das zusammen passt
– Informationen für Vegetarier
– Vegane Produkte erkennen – eine App macht’s möglich
– Vegane Ernährung: Vor- und Nachteile fleischloser Kost
– Die besten Ernährungstipps für Sportler

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