Vorhofflimmern: wenn das Herz rast

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Vorhofflimmern: wenn das Herz rast

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Vorhofflimmern ist eine meist chronische Herzrhythmusstörung bei der das Herz anhaltend unregelmäßig und oft rasend schnell schlägt.


Mit weit mehr als 200.000 Betroffenen in Österreich es die häufigste Herzrhythmusstörung in der klinischen Praxis.

Vorhofflimmern – Artikelübersicht:

Dabei dürfte die Dunkelziffer noch viel höher sein, weil die Symptome von Vorhofflimmern oft unspezifisch sind.

Vorhofflimmern ist zwar nicht unmittelbar lebensbedrohlich, sehr wohl aber die möglichen Folgeerkrankungen. So haben Menschen mit Vorhofflimmern etwa ein fünfacherhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.

Eine weitere Komplikation von Vorhofflimmern ist die Herzinsuffizienz.

Diagnose- und Therapiemöglichkeiten für diese Krankheit standen im Mittelpunkt eines Fachsymposiums, das vom Landesklinikum Krems organisiert wurde.

Über 80 interessierte Internisten und Allgemeinmediziner, aber auch Vertreter des Krankenhauspersonals folgten der Einladung in die Kunsthalle Krems und informierten sich über die Katheterablation als sinnvolle Behandlungsstrategie dieser Herzrhythmusstörung.

Was ist Vohofflimmern?

Vorhofflimmern ist eine altersbedingte Krankheit, bei der es zu rasch aufeinander folgenden, nicht geordneten Impulsen (“Flimmern” bzw. Flattergefühl im Brustbereich) der Herzvorhöfe kommt.

Jede Herzhälfte besteht aus einem Vorhof (Atrium) und einer Hauptkammer (Venrikel). Die vier Herzhöhlen werden von der Herzwand umschlossen.

In den Vorhöfen wird das ankommende Blut aus dem venösen Schenkel des großen Kreislaufs (rechter Vorhof) bzw. dem kleinen Kreislauf (linker Vorhof) aufgenommen und durch konzertierte Kontraktionen in die Hauptkammern transportiert.

CG Heart
Computergeneriertes 3D-Modell des schlagenden Herzens.
Linker und rechter Vorhof im oberen Drittel des Herzens sichtbar, die Hauptkammern in der Mitte.

Normalerweise schlägt das Herz 60 bis 90-mal pro Minute, beim Vorhofflimmern ist der Herzschlag aber gstört. Durch fehlenden elektrische Signale schlagen die Vorhöfe nicht mehr im Takt, sondern unkontrolliert und flimmern.

Ursachen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen das Risiko für Vorhofflimmern nachweislich.

Bluthochdruck, Diabetes und Lungen- oder Nierenerkrankungen sind weitere Risikofaktoren.

Risikofaktoren sind Alter über 65 Jahren, Übergewicht und Diabetes mellitus. Rauchen und übermäßiger Alkoholgenuss wirken sich zusätzlich negativ aus.

Symptome

Nicht alle Betroffenen verspüren Symptome, andere nehmen aber die Herzrhythmusstörung als Herzrasen oder Herzstolpern wahr.

Die Symptome reichen von Herzklopfen und unregelmäßigem Puls bis hin zu Kurzatmigkeit, Atemnot, Ohnmacht oder Schwindelgefühl, Schwäche und Müdigkeit.

Neben den spürbaren Rhythmusstörungen sind oftmals auch Brustschmerzen, ein Engegefühl in der Brust, Antriebslosigkeitboder innere Unruhe, sowie Schwindel und Schlafstörungen ein Anzeichen für Vorhofflimmern.

Ein Warnsignal ist das sogenannte Herzstolpern. Darunter versteht man zusätzliche Herzschläge, die das Herz aus dem Rhythmus bringen können.

Diagnose

Oft wird Vorhofflimmern mangels eindeutiger Symptomatik oder gar fehlender Symptome von Betroffenen selbst nicht erkannt. Eine sichere Diagnose von Vorhofflimmern ist nur per EKG möglich. Entweder als Ruhe-EKG, bei anfallsweisem (paroxysmales) Vorhofflimmern kann auch ein 24-Stunden- oder länger dauerndes Langzeit-EKG erforderlich sein.

Auch eine Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) kann notwendig sein, denn damit kann das Ausmaß struktureller Herzschäden bestimmt werden, die die Wahl des Antiarrhythmikums und das weitere Vorgehen im Hinblick auf eine mögliche Therapie beeinflussen.

Eine Früherkennung ist jedenfalls wichtig um die genannten gefährlichen Folgewirkungen, wie etwa Schlaganfälle, möglichst verhindern zu können.

Verlauf und Folgeerkrankungen

Vorhofflimmern kann zu einer Verengung der Blutgefäße im Herzen führen, was das Risiko eines enorm Schlaganfalls erhöht. Unbehandelt führt Vorhofflimmern zu erhöhter Sterblichkeit, Herzschwäche und bei einem von fünf Patienten eben sogar zum Schlaganfall.¹

Darüber hinaus kann Vorhofflimmern auch zu Herzschwäche oder Herzinsuffizienz führen.

Therapiemöglichkeiten

Je nach Ursache und Schweregrad kann Vorhofflimmern mit verschiedenen Therapien behandelt werden. Dazu gehören antiarrhythmische Medikamente, Gerinnungshemmer, elektrische Kardioversion, Ablation und Schrittmacher.

Zu den Therapiemöglichkeiten zählt zuerst die Frequenz- und Rhythmuskontrolle mit Hilfe von Medikamenten. Eine weitere Therapieoption ist die Kardioversion, bei der gezielte, elektrische Impulse den Herzschlag wieder in den richtigen Takt bringen sollen.

Unter dem Begriff Kardioversion versteht man ein Verfahren zur Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus (Sinusrhythmus). Es kann mittels elektrischer Schockabgabe erfolgen und zwar sowohl in Notfällen – dann heißt sie Defibrillation – als auch als geplante Therapie (elektiv).

Eine medikamentöse Behandlung (medikamentöse Kardioversion) mit sogenannten Antiarrhythmika zeigt nicht immer den gewünschten Erfolg, weil die Medikamente oft nicht ausreichend wirksam sind und die Behandlung mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden ist.

Antiarrhythmika sind ein Oberbegriff für eine Medikamentengruppe, die sich durch ihre elektrophysiologischen Wirkungsmechanismen in vier Klassen unterteilt. Die Wirkung beruht im Wesentlichen auf Einflussnahme auf Rezeptoren an den Herznerven und Beeinflussung des Aktionspotenzials durch eine Blockade von Natrium-, Kalium-, L-Typ-Calciumkanälen und Beta-Rezeptoren.

Wenn weder die elektrische noch die medikamentöse Kardioversion den gewünschten Erfolg bringen, ist die Katheterablation eine etablierte Alternative.

Katheterablation

Der Begriff Katheterablation bezeichnet einen kathetergestützte Spezialeingriff am Herzmuskelgewebe als Therapie von Herzrhythmusstörungen, die sich trotz medikamentöser Therapie nicht verbessern.

Mittels Ablation kann man Herzrhythmusstörungen behandeln indem man Herzgewebe verödet. Es handelt sich um eine minimalinvasive Behandlung am Herzen, bei der in den meisten Fällen keine Narkose erforderlich ist. Es erfolgt lediglich eine lokale Betäubung im Bereich der Punktionsstelle in der Leiste. Ziel der Katheterablation ist es, die unerwünschten elektrischen Fehlimpulse aus den Lungenvenen zu unterbinden und damit die Arrhythmie zu beheben.

Ablation (lat. ablatio – Abtragung, Ablösung) ist der Überbegriff für das direkte oder indirekte Entfernen von Körpergewebe bzw. Körperteilen. Bei einer Katheterablation wird mit Hilfe von Spezialinstrumenten (Katheter) hochfrequenter Wechselstrom an die Vorhofoberfläche geleitet, und das für die Rhythmusstörungen verantwortliche Gewebe neutralisiert bzw. isoliert. “Wichtig ist bei dem Eingriff, dass die Lungenvenen vollständig isoliert sind und bei dem Patienten keine anhaltende Rhythmusstörung mehr auslösbar ist”, erklärt OA Dr. Franz Glaser die Erfolgskriterien.

“Unterstützt wird der Eingriff durch ein hochmodernes Computersystem, mit dem die elektrische Aktivierung des Herzens und das Herz selbst dreidimensional dargestellt werden können. Es wird genau angezeigt, wo die elektrischen Impulse entstehen, die das Herz zum “Stolpern” bringen”, erklärt OA Dr. Ulrike Neuhold. Der Eingriff dauert zwischen zwei und fünf Stunden, erfolgt ohne Vollnarkose bei leichter Sedierung (Dämmerzustand) und ist praktisch schmerzfrei.

Der Patient muss danach noch zumindest 6 Stunden liegen, um Nachblutungen zu vermeiden. Der Krankenhausaufenthalt variert je nach Eingriff und kann ein bis sieben Tagen dauern.

Der Erfolg kann sich sehen lassen. Derzeit werden am Kompetenzzentrum des LK Krems im Jahr 40 bis 50 Katheterablationen durchgeführt.

“Nach dem ersten Eingriff sind, abhängig von den Eigenschaften des Vorhofflimmerns und der Begleiterkrankungen, mindestens 50-70% der Patienten dauerhaft geheilt, müssen also keine Rhythmusmedikamente mehr nehmen. Bei weiteren 20-30% kommt es inklusive der Einnahme von Medikamenten zu einer deutlichen Besserung. Nur bei 15-20% zeigt sich kein nachhaltiger Erfolg”, verweist der Leiter der Abteilung Innere Medizin, Prim. Univ.-Doz. Dr. Gerhard Kronik, auf die interne Statistik. [Stand: 2009]

Aktuelle Daten 2022 zeigen, dass bei etwa jedem zweiten Patienten, der mit einer Katheterablation behandelt wurde, kehre das Vorhofflimmern nicht zurück. Beim anfallsartigen Vorhofflimmern liege die Erfolgsquote nach einem Jahr bei 70 bis 80 Prozent – nach wiederholten Eingriffen bei bis zu 90 Prozent. Voraussetzung ist jedoch, dass die Therapie möglichst früh beginnt.

Prävention

Um das Risiko von Vorhofflimmern zu reduzieren, kann man ein gesundes Lebensstil führen, einschließlich regelmäßiger Bewegung, gesunder Ernährung, Vermeidung von Rauchen und Alkohol, Stressbewältigung und Behandlung von grundlegenden Gesundheitsproblemen wie Bluthochdruck oder Diabetes.

Auch Dauerstress schadet dem Herzen und sollte daher schon aus diesem Grund tunlichst vermieden werden.

[red]

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Quellen:

¹ Katheterablation von Vorhofflimmern – Ergebnisse und Erfahrungen im Landesklinikum Krems, Interne Abteilung (PDF-Dokument)
² – Kompetenznetz Vorhofflimmern
³ herzstolpern.at

[Verfasst 09/2009, Update: 10/2022]

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Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

Linktipps

– Internisten Österreich – Ärzteverzeichnis
– Angina Pectoris – Ursachen, Symptome und Behandlung
– Krankheitslexikon: Herzinfarkt
– Herzinfarkt – häufige Todesursache bei Frauen
– Wege zur erfolgreichen Raucherentwöhnung
– Radiofrequenz-Ablation bei Tumoren
– Vorsorge-Corner: Gesundenuntersuchung

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