Weisheitszahn – ziehen lassen oder nicht?
Bei manchen Menschen verschieben oder schädigen die Weisheitszähne andere Zähne. Oder sie sind die Ursache für Kieferentzündungen – in der Regel hilft dann nur noch die Zange. Eine Weisheitszahnentfernung ist nicht lustig aber neben der Beseitigung von gesundheitsschädlichen Herden oder Entzündungen hilft sie zusätzlich ästhetisch und funktionell nachteilige Zahnverschiebungen zu vermeiden.
Weisheitszähne werden die hintersten Zähne (der 8. Zahn ab der Mittellinie) im menschlichen Gebiss genannt. Sie entwickeln sich erst sehr spät und brechen bei den meisten Menschen erst im Erwachsenenalter oder gar nicht durch. Da beim heutigen Menschen der Kiefer im Durchschnitt deutlich kleiner als bei unseren Urmensch-Vorfahren ist, wirkt sich der Platzmangel auf den Weisheitszahn am meisten aus, weil dieser als letzter durchbricht. Häufig tritt er nur unvollständig durch (Teilretention). Durch die teilweise Bedeckung mit Zahnfleisch und die daraus resultierende unzureichende Reinigungsmöglichkeit kommt es bei teilretinierten Zähnen häufig zu Entzündungen bis hin zu Abszessen.
Entfernen ja oder nein?
Sei es durch die erschwerte Pflege oder weil sie die anderen in der Zahnreihe stehenden Zähne verschieben können, sind Weisheitszähne daher sehr oft ein Problem im menschlichen Gebiss und müssen gezogen werden. In folgenden Fällen sollte über eine operative Entfernung nachgedacht werden:
Der Weisheitszahn tritt nicht vollständig durch das Zahnfleisch hindurch. Dadurch ist er von einem großen Zahnfleischanteil bedeckt. Unter dieser Zahnfleischkapuze kommt es durch nicht entfernbare Nahrungsbestandteile häufig zu schmerzhaften Entzündungen. Diese führen im schlimmsten Falle zu einem ausgeprägten Abszeß (Eiterbildung).
Wenn der Weisheitszahn verlagert bzw. gekippt ist, übt er nicht nur ständig Druck auf den Nachbarzahn aus. Häufig entsteht im Zwischenraum der beiden Zähne auch unbemerkt Karies. Im schlimmsten Fall müssen dann beide Zähne gezogen werden.
Befindet sich der Weisheitszahn vollständig im Knochen, kann sich im oberen Teil des Zahnes eine Zyste bilden. Diese Zyste wächst fortwährend, allerdings ohne Schmerzen. Erst wenn die Zyste sich infiziert, bemerkt man sie. Da die Zysten den Knochen verdrängen, ist die anschließende Ausheilung um so komplizierter, je größer die bestehende Zyste ist. Der Knochen kann regelrecht aufgelöst werden und sogar brechen.
Zu wenig Platz im Kiefer
Weisheitszähne müssen häufig auch dann entfernt werden, wenn der Kiefer zu klein ist, um für alle Zähne ausreichend Platz zu bieten. Die Weisheitszähne, die von allen Zähnen als Letzte durchbrechen, üben in diesem Fall einen großen Druck auf die Nachbarzähne aus. So kann es zu Verschiebungen von Zähnen im Kiefer kommen.
Prophylaktische Entfernung sinnvoll?
Unter Fachleuten wird schon länger die Frage diskutiert, ob Weisheitszähne auch dann entfernt werden sollen, wenn sie keine Probleme bereiten. Eine entsprechende Studie aus England kommt zu dem Schluss, dass eine prophylaktische Entfernung zu viele Risiken berge. Hierzulande sehen Zahnärzte und Kieferchirurgen das ganz anders: Das Risiko einer Nervenverletzung, zum Beispiel an der Zunge, sei in Deutschland äußerst gering. Denn im Gegensatz zu Großbritannien, werde in deutschen Zahnarztpraxen nicht von der Zungenseite aus operiert.
Extreme Lage, schwierige Operation
Trotzdem kann es bei der Entfernung in einzelnen Fällen zu Nervenschädigungen kommen. Je näher ein Weisheitszahn an einem Nerv liegt, desto problematischer ist auch die Operation. Mögliche Nebenwirkungen sind massive Gefühlsstörungen bis hin zum Taubheitsgefühl im Lippen- und Kinnbereich. Es besteht zwar die Möglichkeit, einen anderen Nerv an diese Stelle zu transplantieren. Eine vollständige Wiederherstellung des Gefühls ist jedoch kaum zu erwarten. Zahnexperten empfehlen, Weisheitszähne immer dann zu entfernen, wenn sie nicht oder nur teilweise in der Zahnreihe auftauchen. In anderen Fällen sollten sie allerdings zumindest regelmäßig beobachtet werden.
Der günstigste Zeitraum um Weisheitszähne zu entfernen, liegt übrigens zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr, wenn das Wurzelwachstum des Weisheitszahnes noch nicht ganz abgeschlossen ist. Dann ist auch die Gefährdung für den im Unterkiefer entlanglaufenden Nerv am geringsten. Zu der Frage, ob man beim Erwachsenen jenseits des 25. Lebensjahres reaktionslose W. auch noch prophylaktisch entfernen sollte, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Nach einer jüngsten amerikanischen Studie müssen nur etwa 2% der Weisheitszähne in diesem Alter wegen Entzündungen, unklaren Beschwerden oder Zysten operiert werden; symptomlose Weisheitszähne sollten danach bei älteren Patienten besser im Kiefer belassen werden, sofern gewährleistet ist, dass eine regelmäßige Überwachung der retinierten W. stattfindet. Eine andere Studie der MKG-Chirurgie der Uni Münster zeigt dagegen auf, dass ein Belassen der W. eine signifikant größere Gefahr für Kieferbrüche (Kieferwinkelfraktur) und Zystenbildungen darstellt.
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Linktipps
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