Brauchen wir Nahrungsergänzungsmittel?

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Brauchen wir Nahrungsergänzungsmittel

Pausenlos versprechen uns Werbeeinschaltungen in den Medien, dass die Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel zu besserem Aussehen oder mehr Gesundheit beiträgt. Dabei wird immer mehr zur Gewissheit: die äußerst beliebten Nahrungsergänzungsmittel (bereits 65 Prozent der Österreicher nehmen Mittel zur Nahrungsergänzung) – vor allem Vitaminpräparate und Mineralstoffe – scheinen keinerlei positive Gesundheitseffekte zu haben.


Kritische Konsumenten fragen sich, ob es sinnvoll oder gar notwendig ist, diese Präparate einzunehmen wo man doch heutzutage im Supermarkt eigentlich ein Überangebot an Lebensmittel vorfindet. Stress im Alltag, schlechtes Gewissen, einseitige Ernährung – das sind die Hauptgründe, weshalb ein Drittel aller Österreicher dennoch diese Pillen schluckt. Die Hofnung: mehr Vitalität, Aktivität und Wohlbefinden.

Doch was bringt Nahrungsergänzung und wann ist sie sinnvoll? Genau das wollte eine groß angelegte Metastudie mit mehr als 450.000 untersuchten Menschen – veröffentlicht in den Annals of Internal Medicine herausfinden und die Ergebnisse waren durchaus ernüchternd: es konnten keine positiven Auswirkungen auf die Gesundheit festgestellt werden. Wissenschafter empfehlen daher grundsätzlich auf die Supplemente zu verzichten. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist die Zufuhr solcher Präparate indziert – etwa während der Schwangerschaft, speziellen Ernährungssituationen oder bei speziellen Therapien.¹

Für welche Zielgruppen sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll?

Die Frage nach der Notwendigkeit von Nahrungsergänzungsmittel (NEM) lässt sich dennoch nicht pauschal beantworten. Ob die Einnahme eines Präparats sinnvoll ist oder nicht, hängt nämlich entscheidend vom Ernährungszustand einer Person ab. Grundsätzlich gilt, wer sich ausgewogen ernährt und gesund ist, braucht keinerlei Zusätze. Das Problem ist, dass viele gar nicht mehr wissen, wie man sich ausgewogen ernährt.

Statt Selbstgekochtem stehen oft Fertigprodukte oder Fastfood auf dem Speiseplan. Obst und Gemüse werden viel zu selten verzehrt. Um den Vitaminbedarf abzudecken, sollte man täglich fünf Portionen frisches Obst und Gemüse in den Speiseplan integrieren. Ein Teil der Bevölkerung ernährt sich deutlich zu fett. Fett zählt wie Kohlenhydrate und Eiweiß zu den wichtigen Nährstoffen, die uns am Leben erhalten. Ohne die Aufnahme von Fett hat der Körper keine Chance, die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K aufzunehmen.

Für bestimmte Personengruppen ist es zudem kaum möglich, den Nährstoffbedarf rein über die tägliche Ernährung zu decken. Dazu gehören zum Beispiel Ausdauersportler, die unter anderem einen erhöhten Bedarf an Magnesium und Eisen haben. Auch Schwangeren wird die Einnahme von Zusatzmitteln empfohlen. Bekannt ist, dass man in der Schwangerschaft einen vermehrten Bedarf an Folsäure hat. Ein Mangel kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Ungeborenen führen. Allerdings wird Folsäure schon im Frühstadium der Schwangerschaft benötigt, wer einen Kinderwunsch in sich trägt, sollte rechtzeitig mit der Einnahme eines entsprechenden Nahrungsergänzungsmittels beginnen.

Auch Jod wird vermehrt während der Schwangerschaft benötigt. Alle Menschen, deren Ernährung aus welchem Grund auch immer unausgewogen ist, sollte sich bei einem Experten über die Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel beraten lassen. Ist man zum Beispiel dauerhaft auf Diät, riskiert man einen Nährstoffmangel. Wer zur Risikogruppe für Herz- Kreislauferkrankungen zählt, sollte mit dem Arzt die Einnahme von Omega 3 Fettsäuren besprechen. Krillöl zum Beispiel liefert wertvolle Stoffe, die das Herz schützen sollten. Für alte Menschen, die nur mehr wenig essen können oder wollen, können Nahrungsergänzungsmittel ebenfalls ein große Hilfe sein. Nach herrschender Meinung Ernährungsexperten können alle anderen Personen getrost auf derartige Zusatzstoffe verzichten.

Überdosierung von Nahrungsergänzungsmittel

Besonders Menschen, die ohnehin keinen Mangel an Nährstoffen aufweisen, greifen häufig zu Vitaminen und Mineralstoffen in Tablettenform und bedenken dabei nicht, dass auch dabei eine Überdosierung möglich ist.² Bedenklich sind etwa die fettlöslichen Vitamine E, D, K und A. Diese können sich im Körper anreichern und die Organe schädigen. Zuviel Vitamin A oder ß-Carotin kann bei Rauchern Lungenkrebs begünstigen oder zu Gelbsucht führen. Zuviel Vitamin C kann Nierensteine und Durchfall begünstigen. Vitamin E in großen Mengen hemmt die Blutgerinnung.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hält dazu folgendes fest: Die meisten der überdosierten Nährstoffe wie z.B. Biotin, Folat und Vitamin C sind zwar weniger problematisch, da diese wasserlöslich sind und über die Nieren ausgeschieden werden. Auf Dauer ist ein Zuviel an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen laut aktueller Studien aber nicht ungefährlich. Dazu kommt, dass es bei Nahrungsergänzungsmitteln auch zu Wechselwirkungen kommen kann. Im Vorfeld sollte daher abgeklärt werden, ob Medikamente eingenommen werden und Allergien oder Unverträglichkeiten bestehen.

In einer Schwerpunktausgabe nahm die Zeitschrift KONSUMENT zehn oft verwendete Pflanzen und Pflanzenbestandteile genauer unter die Lupe. Die Recherche zeigte deutlich: Eine unkontrollierte Zufuhr mancher pflanzlicher Wirkstoffe kann mit erheblichen Risiken verbunden sein.

So wird etwa Ephedra-Kraut in Verbindung mit Koffein im Internet oft als Schlankheitsmittel beworben. In der Bodybuilderszene wiederum gilt es als regelrechter “Fatburner”, der die Fettverbrennung anregt. Darüber hinaus wird die Pflanze oftmals auch als Aufputschmittel bzw. pflanzlicher und legaler Ecstasy-Ersatz angeboten. Die unkontrollierte Einnahme kann aber zu Herzrhythmusstörungen, erhöhtem Blutdruck und bei hoher Dosierung zu Krampfanfällen und psychischen Veränderungen führen.

Auch die Kudzu-Wurzel, die häufig in der traditionellen chinesischen Medizin Verwendung findet, gilt wegen ihrer Wirkstoffe Isoflavone als nicht unproblematisch. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung schließt nicht aus, dass Isoflavon-Präparate Krebs verursachen können. Desahlb sind Isoflavon-Präparate derzeit in Österreich nicht als Arzneimittel, sondern ausschließlich als NEM auf dem Markt.

Welche Nahrungsergänzungsmittel kaufen und wo?

Nahrungsergänzungsmittel dürfen überall verkauft werden, wovon vor allem der Einzelhandel Gebrauch macht. So finden sich entsprechende Präparate in Discountern, Drogeriemärkten, Reformhäusern, Apotheken und als Direktvertrieb im Internet. Während in Super- und Drogeriemärkten faktisch keine fachkundige Beratung zur Verfügung steht, erfolgt in den Apotheken qualifizierte Auskunft durch die Apothekerin/den Apotheker. Im Direktvertrieb wird mitunter Beratung angeboten, zu bedenken ist dabei allerdings, dass die Verkäufer kein Fachwissen, sondern lediglich einen Gewerbeschein nachweisen müssen.

Generell sollte man Nahrungsergänzungsmittel nicht auf eigene Faust testen, sondern nur in Absprache mit einem Arzt oder einem fachkundigen Apotheker einnehmen. Außerdem ist beim Kauf der Kapseln auf Qualität zu achten. Günstige Präparate bieten oft eine niedrigere Dosierung von wertvollen Inhaltsstoffen als Markenprodukte. Daher zahlt es sich aus, die Liste der Inhaltsstoffe genau durchzulesen. Vorsicht ist bei sogenannten Wunderpillen geboten, die Leistungssteigerung oder Verbesserung des Merkvermögens innerhalb weniger Wochen versprechen. Beim Kauf im Internet ist Vorsicht geboten. Gerade bei Bestellungen aus dem Ausland kann nicht gewährleistet werden, dass die Qualität den heimischen Standards entspricht.

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Quellen:

¹ Annals of Medicine: Stop Wasting Money on Vitamin and Mineral Supplements
² Max Rubner Institut: Die Nationale Verzehrsstudie II

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Linktipps

– Die wichtigsten Vitamine im Überblick
– Wie sinnvoll sind Nahrungsergänzungsmittel?
– L-Carnitin – Fatburner oder Anti Aging Wirkstoff?
– Vegane Ernährung: Vor- und Nachteile fleischloser Kost
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