Andullationstherapie bei Rheuma – Hilfe oder Humbug?

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Andullationstherapie

Die Krankheitsbezeichnung Rheuma beschreibt zahlreiche Erscheinungsformen vom Hexenschuss über den Tennisarm und infektiöse Gelenkentzündung bis hin zur Osteoporose und Gicht. All diese Erkrankungen werden dem rheumatischen Formenkreis zugeordnet. Rheumatische Beschwerden zählen inzwischen zu den großen Volkskrankheiten. Allein in Österreich leiden rund zwei Millionen Menschen an chronischen rheumatischen Erkrankungen. Rheuma ist heute noch nicht heilbar, deshalb kann eine Therapie nicht mehr leisten als Linderung der Symptome. Genau das verspricht die sogenannte Andullationstherapie, wissenschaftliche Belege dafür fehlen allerdings.


Andullationstherapie bei Rheuma – Artikelübersicht:

Rheuma ist eine Sammelbezeichnung für weit über 200 sehr unterschiedliche Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates (Knochen, Gelenke, Muskel) und des Immunsystems. Die Medizin unterscheidet zwischen diesen verschiedenen Rheuma-Arten, die sich in insgesamt vier Hauptgruppen des rheumatischen Formenkreises unterteilen lassen:

– Verschleißerkrankungen,
– entzündliche Erkrankungen,
– Erkrankungen der inneren Organe,
– spezielle Erkrankungen wie zum Beispiel Gicht.

Rheuma: Ursachen, Merkmale und Symptome

Von Verschleißerkrankungen wird dabei gesprochen, wenn beispielsweise im Rahmen von Arthrose Knochen auf Knochen reiben. In der Regel handelt es sich hierbei um explizite Verschleißerscheinungen des jeweiligen Gelenkknorpels, was zur Folge hat, dass die natürliche Stoßdämpferfunktion nicht mehr zum Tragen kommt.

Liegt eine entzündliche Erkrankung vor, verdickt sich demgegenüber die Gelenk-Innenhaut. Durch entsprechende Wucherungen werden dann Löcher in Knochen und Gelenkknorpel gegraben, woraufhin sich das Gelenk entsprechend erwärmt und schließlich entzündet. Da sich reichlich Flüssigkeit bildet, schwillt das Gelenk zudem stark an.

Grundsätzlich ist Rheuma mit oftmals schweren Schmerzen und einer eminenten Einschränkung der normalen Gelenkfunktion verbunden. Wer diesbezüglich länger als vier bis sechs Wochen über Symptome wie Morgensteifigkeit und geschwollene Gelenke klagt, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen.

Je eher eine diesbezügliche Behandlung eingeleitet wird, umso höher sind die Chancen auf Linderung.

Vorsicht: Rheuma kann auch lebenswichtige Organe nachhaltig schädigen

Welche Risikofaktoren letztendlich für den Ausbruch von Rheuma verantwortlich sind, ist noch nicht umfassend bekannt. Bewiesen ist allerdings, dass Rauchen eine rheumatische Erkrankung begünstigt. Gute Erfahrungen in Bezug auf Rheuma bzw. auf Schmerzlinderung konnte mit mediterraner Kost mit viel Gemüse und Obst gemacht werden.

Laut Studien sollten Rheuma-Patienten zudem Weißmehl, Zucker und rotes Fleisch nur in Maßen genießen. Obwohl niemand an Rheuma sterben kann, kann diese Volkskrankheit neben den Gelenken auch Nieren, Leber, Herz oder Blutgefäße schädigen. Und dies sind lebenswichtige Organe, so dass es in Folge einer rheumatischen Erkrankung zu Herz- und Kreislauferkrankungen kommen kann.

Die Andullationstherapie verspricht Linderung bei schmerzhaften rheumatischen Erkrankungen

Neben den herkömmlichen Behandlungsmethoden rund um Bewegungs- und Entspannungstechniken sowie schmerzstillende Arzeneien macht seit einiger Zeit die sogenannte Andullationstherapie von sich reden. Die Andullation ist eine bioenergetische Therapieform, wobei der Begriff “Andullationstherapie” für eine alternativmedizinische Vibrationsmassage steht, die auf einer speziellen Liege durchgeführt wird.

Diese neuartige Behandlungsmethode, die im Jahr 2007 patentiert wurde, basiert laut Herstellern auf Bestrahlungs- und Entspannungsspezifikationen im Rahmen einer individuellen Frequenztherapie, wobei mit Vibrationen innerhalb zuvor festgelegter Frequenzbereiche gearbeitet wird.

Die Therapie verspricht Körperflüssigkeiten durch bestimmte Frequenzen in Schwingungen zu versetzen wodurch Durchblutung und Lymphfluss gefördert, und die Beschwerden gelindert werden sollen.

Die jeweiligen Frequenzen werden über spezielle Massageliegen bzw. Massagematten direkt in den Organismus des jeweiligen Patienten geleitet. Dies hätte laut Hersteller zur Folge, dass Körperflüssigkeiten wie Lymphe und Blut, Muskel- und Nervensystem sowie die Zellgewebe des Bewegungsapparats quasi in Schwingungen versetzt und so Selbstheilungskräfte aktiviert werden.

So sich sowohl der Stoffwechsel als auch die Durchblutung verbessern, was die Basis zur Erhaltung oder auch Wiederherstellung der Gesundheit darstellt.

Das Problem: die neue Therapieform ist umstritten, denn es lassen sich keine wissenschaftlichen Studien finden, die die Wirksamkeit belegen.

Auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Andullationstherapie und Hersteller entsprechender Geräte behaupten, dass die Wirksamkeit der Therapie mit zahlreichen klinischen Studien belegt sei, ließ sich weder von uns noch von der Redaktion des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR, Umschau-Redaktion) eine dieser Studien finden. Nicht nur aus diesem Grund bestehen Zweifel, dass es die überhaupt gibt. Es lassen sich auch sonst kaum wissenschaftliche Publikationen finden, die nicht von Herstellern in Auftrag gegeben worden wären.¹

Die Betonung liegt wohlgemerkt auf “klinische Studien”. Die Durchführung klinischer Prüfungen von Medizinprodukten ist mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden und orientiert sich an den gleichen Anforderungen wie für den Arzneimittelbereich.

Sie bedarf eines dezidierten Prüfplanes durch einen qualifizierten Leiter der klinischen Prüfung (Prüfarzt), des Nachweises der Sicherheit des betreffenden Produktes, einer Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde, der zustimmenden Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission und der Aufklärung und Einwilligung des Patienten sowie des Abschlusses einer Probandenversicherung.²

Wirkungsweise der Andullationstherapie ist abhängig vom verwendeten Frequenzbereich

Trotz der angeführten Zweifel beharren Hersteller auf der Wirksamkeit der – mit ca. 4.000.- EUR (je nach Typ und Ausführung) – doch ziemlich teuren Geräte und bewerben diese im Fernsehen und Internet. Als besonders wirksam wird von ihnen eine derartige Therapie bei schmerzhaften Erkrankungen wie Bandscheibenvorfällen oder eben rheumatischen Erkrankungen eingeschätzt. Die Wirkung wäre dabei stets abhängig vom jeweiligen Frequenzbereich.

So soll eine Frequenz zwischen sechs und 16 Hertz vornehmlich für eine optimierte Durchblutung sorgen, während sich zehn Hertz laut der Studien vorzugsweise regenerativ auf Bänder und Sehnen auswirken sollen.

Der Einsatz von Frequenzen im Bereich von 15, 20 oder 72 Hertz konnten in der Vergangenheit bereits für die verstärkte Bildung von Kollagenen und Bindegewebe sorgen. Schmerzlindernde Effekte sollen vor allem durch Frequenzen von 70 Hertz erreicht werden können.

Inzwischen setzten offenbar immer häufiger deutsche Ärzte, Physiotherapeuten sowie Reha-Kliniken auf die medizinische Andullations-Massage. Dabei wird eben mittels Infrarot-Tiefenwärme ein Reiz erzeugt, der im Endeffekt die Blutgefäße erweitern und demzufolge eine verbesserte Durchblutung des entsprechenden Gewebes generieren soll.

So wird einerseits ein angenehmes Wärmegefühl erzeugt, andererseits sollen aber auch Muskulatur, Gelenke sowie Haut von den Reizen und der Wärme positiv beeinflusst werden. Die Befürworter dieser Therapie hoffen hier auch auf die Förderung des Zusammenspiels der inneren Organe, was im Hinblick auf die Erhaltung der Gesundheit ein entscheidendes positives Kriterium darstellen würde.

Ob es sich bei der Methode tatsächlich um eine sinnvolle Ergänzung derzeitiger Elemente der Rheumabehandlung wie

  • Medikamente (Schmerzmittel – sog. “Analgetika”, cortisonfreie Entzündungshemmer, Cortison)
  • Krankengymnastik
  • Ergotherapie
  • Physikalische Therapie (z.B. Wärme, Kälte, Massagen, Elektrotherapie)
  • Operative Therapie

handelt, sollte jedenfalls mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

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Quelle:

¹ Andullation auf dem Vormarsch (ots.at)
² Andullationstherapie | medizin-aspekte.de

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

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Linktipps

– Was ist Rheumatologie?
– Physiotherapie – was ist das?
– Rheuma kann viele Auslöser haben
– Entzündliches Rheuma | Experteninterview
– Morbus Dupuytren – Sehnenverkürzung in der Hand
– Chronische Polyarthritis: Rechtzeitige Früherkennung ist das Um und Auf
– MDR-Mediathek: Andullationstherapie – Vorsicht vor Abzocke

Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Informationslage inzwischen geändert.
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