Zuviel Alkohol bedeutet Gefahr für die Leber
Spricht man hierzulande über Drogen, sind damit meist illegale Suchtmittel wie Cannabis oder Kokain gemeint. Die wahre „Volksdroge“ des Österreichers ist jedoch für erwachsene Menschen völlig legal und ohne Einschränkungen konsumierbar: Alkohol.
Rund 8.000 Österreicher starben 2012 an den Folgen überhöhten Alkoholkonsums. Sehr häufig geht einem solchen Tod eine jahrelange, schwere Lebererkrankung voraus.
Leberwerte – Artikelübersicht:
- Alkoholgenuss
- Abbau von Alkohol durch die Leber
- Wieviel Alkohol ist zuviel?
- Risikoarme Schwellendosis
- Lebererkrankungen durch Alkoholkonsum
- Studie zur Entwicklung neuer Therapien
- Alkohol & Leber – Linktipps
Der Genuss von Alkohol hat seinen festen Platz im Alltagsverhalten der Österreicher. Es wird als gemütlich empfunden, in geselliger Runde Bier oder Wein zu sich zu nehmen.
Die zweifellos stimmungsaufhellende Wirkung überschaubarer Alkoholmengen hat sich in Form zahlreicher Rituale in die Tagesabläufe vieler Gruppen eingeschlichen: als Glas Sekt zur Begrüßung, als „Schnapsl“ auf der Skihütte oder als Cocktail beim nächtlichen Flirt.
Doch so angenehm dies im Moment auch erscheinen mag, so schwer tut sich der Körper, den eingenommenen Alkohol wieder abzubauen, ist er doch auf die Verarbeitung größerer Alkoholmengen von Natur aus nicht eingerichtet. Die Hauptlast der „Aufräumarbeiten“ trägt dabei die Leber, die „Entgiftungszentrale“ des Menschen.
Abbau von Alkohol durch die Leber
Alkohol wird dem Körper nicht nur in Form von Getränken zugeführt, geringe Mengen bilden sich auch im Zuge von Stoffwechselprozessen im Darm. Die Leber ist daher von der Evolution grundsätzlich in die Lage versetzt worden, neben vielen anderen Substanzen auch Ethanol – den für den Menschen genießbaren Alkohol – umzuwandeln und abzubauen.
Alkohol, der in Form von Getränken in den Körper kommt, wird zunächst über den Magen bzw. Darm in das Blut aufgenommen, welches über die Pfortader die Leber erreicht. Dort erfolgt die Umwandlung zu einer Substanz namens Acetaldehyd, das in weiterer Folge mit Hilfe des Enzyms ADH (Aldehyddehydrogenase) zu Essigsäure verwandelt wird. Diese wiederum wird schließlich zu Wasser und CO2 abgebaut.
Die Fähigkeit, Alkohol auf solche Weise verarbeiten, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt und hängt neben vielen anderen Faktoren auch davon ab, welche Menge an ADH sich im Körper befindet. Einige Völker, etwa Japaner und Chinesen, verfügen im Durchschnitt über einen geringeren ADH-Spiegel und „vertragen“ daher weniger Alkohol als andere.
Wieviel Alkohol ist zuviel?
Chronischer, übermäßiger Alkoholkonsum kann zu Fettleber, Leberentzündung bis hin zu Leberzirrhose und lebensbedrohlichem Leberkoma führen.
Bei chronischem Alkoholkonsum ist die Leber mit dem Abbau des Ethanols überlastet und das in großem Maße anfallende Acetaldehyd beginnt nun, in der Leber Schäden zu verursachen.
Da der Grenzwert, ab dem die Schädigung beginnt, individuell unterschiedlich anzusetzen ist, beziehen sich von Medizinern angegebene Grenzwerte immer auf einen Durchschnittsmenschen ohne genetische Vorbelastung im Hinblick auf Lebererkrankungen. Waren hingegen bereits Eltern oder Großeltern an der Leber erkrankt, wird von Ärzten häufig eine generelle Alkoholkarenz, also der völlige Verzicht auf den Konsum von Alkohol, angeraten.
Bei allgemeinen Empfehlungen wird immer zwischen Frauen und Männern unterschieden, da Männer über eine wesentlich höhere Abbaukapazität von Alkohol verfügen. Die genannten Grenzwerte unterscheiden sich allerdings immer wieder aufgrund des wissenschaftlichen Ansatzes der Autoren, außerdem sind die Werte aufgrund des Einfließens neuerer Erkenntnisse einem ständigen Wandel unterworfen.
Auch die Empfehlung zu geringem Alkoholkonsum wird da und dort ausgesprochen. In Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen etwa hat sich, wie der Wiener Leberspezialist Prof. Ludwig Kramer erklärt, gezeigt, dass bei gering dosiertem Alkoholgenuss der günstige Effekt des Alkohols überwiege.
Selbst bei mäßiger Fettleber sei dem Gesundungsprozess, so Prof. Kramer, die Einnahme von Alkohol im Ausmaß eines Glases Rotweins täglich durchaus förderlich – solange nicht andere Gründe wie eine gleichzeitig vorliegende Alkoholabhängigkeit dagegen sprechen.
Risikoarme Schwellendosis
Wie hoch ist nun die „risikoarme Schwellendosis“, bis zu der Alkohol einigermaßen gefahrlos konsumiert werden darf? Häufig wird folgende maximale Menge für den Konsum alkoholischer Getränke empfohlen:
- Männer: 30 g reines Ethanol pro Tag, dies entspricht 2 bis 3 Achteln Wein oder 2 bis 3 Glas Bier à 0,3 L (in Österreich als „kleines Bier“ bezeichnet)
- Frauen: 20 g reines Ethanol pro Tag, dies entspricht 1 bis 2 Achteln Wein oder 1 Glas Bier à 0,5 L.
- Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt darüber hinaus, an zwei Tagen pro Woche auf Alkohol gänzlich zu verzichten.
Bei Einhaltung dieser Empfehlungen wird allgemein angenommen, dass wenig Risiko im Hinblick auf körperliche oder psychische Folgeerkrankungen zu erwarten ist.
Lebererkrankungen durch Alkoholkonsum
Überhöhter Alkoholkonsum führt bei Überschreiten der für eine Person zutreffenden Risikoschwelle früher oder später zu Funktionsbeeinträchtigungen der Leber. Im ersten Stadium bildet sich zumeist eine sogenannte Fettleber, das sind Fetteinlagerungen in den Leberzellen, was oft noch keine Beschwerden verursacht und durch Abstinenz- bzw. Diätmaßnahmen häufig ohne bleibende Schäden rückgängig gemacht werden kann.
In weiterer Folge kann es zu einer alkoholbedingten Leberentzündung (Alkoholhepatitis) kommen, wodurch die Funktion der Leber bereits eingeschränkt wird und Symptome wie Gelbsucht auftreten können. Weiterhin fortgesetzter Alkoholmissbrauch wird schließlich im Laufe der Zeit dazu führen, dass sich immer mehr Leberzellen in funktionsuntüchtiges Bindegewebe umwandeln.
In diesem Falle spricht man von einer Leberzirrhose (Schrumpfleber). Dieser Zustand ist nicht mehr rückgängig zu machen und bedeutet, dass die Leber nun nachhaltig in ihrer Funktion eingeschränkt bleiben wird. Unter ungünstigen Bedingungen kann bei Entwicklung einer Leberzirrhose schon bald Lebensgefahr bestehen, etwa durch entstandene Ösophagusvarizen (Krampfadern in der Speiseröhre).
Die Leberzirrhose kann schließlich in einem Leberversagen (Leberinsuffizienz) mit massiven Folgen für den gesamten Körper enden. Oft besteht in einer Lebertransplantation in diesem Stadium die einzige lebenserhaltende Möglichkeit.
Begleiterscheinung einer eingeschränkten Leberfunktion ist oft die Hepatische Enzephalopathie, ein Zustandsbild, das sich zunächst durch Gedächtnisstörungen, später durch den sogenannten Flapping Tremor, ein grobschlägiges Flattern der ausgestreckten Hände sowie durch grobe Ausfallserscheinungen der Gehirnleistung charakterisiert.
Die Symptome der Hepatischen Enzephalopathie können jedoch bei geeigneter Therapie und gänzlichem Verzicht auf Alkoholkonsum wieder verschwinden.
Alkoholassoziierte Lebererkrankung: Studie zur Entwicklung neuer Therapien
Trotz großer Fortschritte in der Therapie stellt die frühzeitige Lebertransplantation nach wie vor die einzige Möglichkeit der Heilung dar. Ein Team um Tim Hendrikx vom Klinischen Institut für Labormedizin der MedUni Wien hat nun einen neuen Mechanismus entdeckt, der bei den betroffenen Patienten zum Fortschreiten der Erkrankung beiträgt.
Im Rahmen ihrer Studie (veröffentlicht im Februar 2023) erkannten die Forscher der MedUni Wien in Kooperation mit Kollegen der University of California San Diego die bisher unbekannte Funktion des sogenannten polymeren Immunglobulinrezeptors (pIgR) bei alkoholbedingten Lebererkrankungen.
Wie sich bei den präklinischen Untersuchungen herausstellte, kommt der Absonderung von bestimmten Antikörpern (IgA) im Darm über den spezialisierten Immunbaustein pIgR in der Leber eine wesentliche Rolle zu, um vor alkoholinduzierten Leberschäden zu schützen.
Die Entwicklung der alkoholbedingten Lebererkrankung ist durch eine erhöhte Darmdurchlässigkeit gekennzeichnet, die dazu führt, dass Bakterien (und ihre Produkte) aus dem Darm in die Leber eindringen und dort eine Entzündungsreaktion auslösen.
Eine wichtige Strategie zum Schutz gegen eindringende Krankheitserreger ist die Sekretion von Immunglobulin A (IgA) im Darm. Der IgA-Spiegel im Darm wird durch den polymeren pIgR reguliert, der IgA bindet, transportiert und an die innere Darmschicht (Darmlumen) abgibt.
„Unsere Daten ergeben, dass ein gestörter pIgR in der Leber die alkoholbedingte Lebererkrankung aufgrund einer gestörten antimikrobiellen Abwehr durch IgA im Darm verstärkt. Daher könnte die Erhöhung des pIgR-Spiegels in der Leber und des IgA-Spiegels im Darm einen vielversprechenden Ansatzpunkt bieten, um die Therapie von alkoholbedingten Lebererkrankungen zu verbessern“, fasst Tim Hendrikx die Relevanz der Studienergebnisse zusammen.
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Quellen:
¹ Handbuch Alkohol Österreich (Sozialministerium; PDF)
² Zahlen und Fakten zum Alkoholkonsum in Österreich (VIVID – Fachstelle für Suchtprävention)
³ Hepatic pIgR-mediated secretion of IgA limits bacterial translocation and prevents ethanol-induced liver disease in mice (Hendrikx T, Lang S, Rajcic D, et al.; 2023) DOI: 10.1136/gutjnl-2022-328265
[Verfasst 07/2012, Update: 05/2023]
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Alles über die Leber
– Glühwein, Punsch & Co. – Genuss ohne Reue
– Rezept: Alkoholfreier Eierlikör
– Rezept: Thanksgiving Punsch (alkoholfrei)
– Bier und Gesundheit
– Alkohol-Mythen