Ist Salz gesund oder ungesund?

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (22 Bewertungen, Durchschnitt: 3,91 Sterne von 5)

Ist Salz gesund oder ungesund?

Jahrelang schien es wie in Stein gemeißelt: erhöhter Salzkonsum führt zu Bluthochdruck, Übergewicht und hat einen negativen Einfluss auf die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms.


Jüngere Studien relativieren allerdings das Risiko und entlarven die Empfehlungen der WHO für maximal fünf Gramm bzw. einen Teelöffel Salz pro Tag als unrealistisch niedrig.

Salz gesund oder ungesund – Artikelübersicht:

Seit Jahren wird von den Ärzten und Medizinern immer wieder behauptet, dass der Salzkonsum der westlichen Gesellschaft dem Körper beziehungsweise der Gesundheit des Menschen erheblichen Schaden zufügt.

Überspitzt formuliert: der Salzstreuer gehöre schlicht und einfach verboten, so die seit Jahrzehnten vertretene Meinung. Doch jetzt scheinen sich immer mehr Ernährungswissenschafter von diesem Dogma zu verabschieden.

Tatsächlicher Salzkonsum und Empfehlungen

Der durchschnittliche Salzkonsum im deutschsprachigen Raum lässt erkennen, dass man es wirklich sehr würzig mag: rund 10g bei Männern und etwas über 8g bei Frauen werden etwa in Deutschland täglich vom „weißen Gold“ verspeist.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt nur 5 Gramm Salz täglich zu essen, dies entspricht etwa einem kleinen Teelöffel voll Salz – allerdings inklusive in Lebensmittel verarbeitetem Salz. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie und die American Heart Association (AHA) legt den Grenzwert sogar noch niedriger.

Hier liegt also eine deutliche Diskrepanz zwischen tatsächlichem und empfohlenem Salzkonsum vor. Essen die Menschen bei uns also mehr Salz als der Gesundheit zuträglich ist?

Salzkonsum und die möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit

Tatsächlich ist es so, dass Kochsalz (Natriumchlorid) – genauer die Elektrolyte Natrium, Chlorid und Kalium – elementar für den menschlichen Körper ist. Salz reguliert den Wasserhaushalt, es spielt eine wichtige Rolle beim Knochenbau, bei der Verdauung und ist wichtig für die Arbeit der Muskeln. Ohne den Mineralstoff Salz wären unsere Zellen insgesamt nicht lebensfähig und die Organe würden nicht funktionieren.

Andererseits hat sich unzweifelhaft gezeigt, dass mit dem Salzkonsum auch der Blutdruck ansteigt. Durch ständig zu hohen Salzkonsum wird der Blutdruck in die Höhe getrieben und dies – so die langjährige Annahme – schädige im Laufe der Zeit wichtige Organe wie etwa das Herz, die Herzkranzgefäße, die Blutgefäße und das Gehirn. Die Folge könnten Herz-Kreislauf-Krankheiten wie Herzinfarkt und Schlaganfall sein.

Diese These wurde allerdings durch eine groß angelegt Studie an 95.000 Menschen erschüttert.¹ Demnach besteht zwar für Patienten mit Bluthochdruck (Hypertonie) ein Risiko bei zu hohem Salzkonsum, ansonsten wurden aber keine oder kaum Zusammenhänge zwischen Salzkonsum und Herzkreislauferkrankungen gefunden.

Festgestellt wurde aber eine erhöhte Häufigkeit von Schlaganfällen (Hirnschlag) bei sehr hohem Salzkonsum. Zur Überraschung der Autoren wurde aber sogar ein positiver Zusammenhang zwischen Salzkonsum und Lebenserwartung gefunden: Menschen, die mehr Salz essen, leben länger. Das gilt bis etwa zehn Gramm pro Tag, also etwa genau soviel, wie bei uns tatsächlich verbraucht wird.

Wie schon bei anderen Ernährungsthemen – so wurde etwa Cholesterin lange Zeit pauschal verteufelt und die Empfehlungen für den Konsum von Fetten, Vitaminen und Kohlenhydrate haben sich komplett gewandelt – hat die Wissenschaft eine dramatische Kehrtwende hingelegt. Durchaus zur Verwirrung der Konsumenten.

Welche Folgen hat zu hoher Salzkonsum?

Wie erwähnt, ist Salz für den menschlichen Organismus überlebenswichtig, nur die Dosis macht das Gift.

Im Detail sind viele Fragen von der Wissenschaft noch unbeantwortet, doch einige wichtige Beobachtungen sprechen eine deutliche Sprache: der dauerhafte Verzehr von zu viel Salz kann den Körper schädigen.

  • Wenn wir zu viel Salz aufnehmen, wird dieses vor allem durch die Nieren ausgeschieden, womit ein nicht unbedeutender Wasserverlust einhergeht. Deshalb kann ein zu hoher Salzkonsum auf Dauer zu einer Belastung der Nieren führen.
  • Auch der Zusammenhang von überhöhtem Salzkonsum und Bluthochdruck ist evident. Wie empfindlich jemand allerdings auf Salz reagiert, ist individuell sehr unterschiedlich. Es hat sich gezeigt, dass Menschen, die empfindlich auf Salz reagieren, vermehrt Salz im Körper einlagern, wodurch mehr Flüssigkeit ins Herz-Kreislauf-System gelangt und der Blutdruck steigt.
  • Auch die Rolle von Salz als Geschmacksverstärker darf medizinisch nicht unterschätzt werden. Denn als solcher regt Salz den Appetit an und kann so – wenn auch indirekt – an der Entstehung von Übergewicht beteiligt sein. Vor allem die auch als “Fressformel” bekannte Mischung von Kohlenhydraten, Fett, Salz, Zucker und Gewürzen – wie sie häufig in Chips und anderen Knabbereien vorkommt – führt oft zu Fressattacken, weil sie unser natürliches Sättigungsgefühl beeinflusst und zusätzlich das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert. Der maßlose Konsom trägt auf Dauer zu Entstehung einer Adipositas bei.
  • Ebenfalls belegt ist, dass ein Übermaß an Kochsalz Auswirkungen auf den Darm und das Immunsystem hat, weil es die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms beeinflusst.
  • Ebenfalls wichtig zu wissen: während Erwachsene zu viel Salz im Körper durch die Aufnahme von Wasser ausgleichen können ist die Situation bei Säuglingen oder Kleinkindern viel gefährlicher. Wenn diese zu viel Salz zu sich nehmen, können bei ihnen schon geringere Dosen zu Durchfällen oder sogar Vergiftungen führen.

Anzeichen für erhöhten Salzkonsum

Es gibt allerdings Zeichen, die auf einen erhöhten Salzkonsum schließen lassen. Die wichtigsten davon haben wir hier zusammengefasst:

  • Ständiger Durst (Körper braucht etwa 80-100 ml Wasser, um 1 g Kochsalz „auszuspülen“)
  • Ständige Kopfschmerzen (Salz führt ja zu Gefäßerweiterungen im Gehirn)
  • Aufgequollenes Gesicht & Blähbauch (ein gestörter Wasserhaushalt durch zu viel Natrium führt zu Wassereinlagerungen in unterschiedlichen Regionen, die den Körper lokal „aufquellen“. Dies äußert sich vor allem mit Schwellungen an den Fingern, Zehen und dem Bauch.)
  • Nierensteine (durch erhöhte Salzkonzentration im Urin werden die Nieren nicht mit genügend Wasser durchspült, Kristalle bilden Ablagerungen, die dann zurBildung von Nierensteinen führen)
  • Das Essen schmeckt langweilig (Geschmacksnerven gewöhnen sich an das Salz, Dosis wird gesteigert)
  • Erhöhter Blutdruck (siehe oben)

Pauschale Ernährungsempfehlungeng problematisch

Die Wirkung von erhöhtem Salzkonsum ist nicht bei allen Menschen gleich. Während etwa ein Salzverzicht bei einigen Betroffenen einen deutlich messbaren Effekt auf den Blutdruck hat, ist dieser bei anderne kaum nachweisbar. Die Ursache dafür ist noch nicht geklärt. Es erscheint daher sinnvoll von pauschalen Ernährungsempfehlungeng abzurücken.

Die angesprochene Lancet-Studie legt nahe, dass für Menschen mit normalem Blutdruckfünf bis zehn Gramm, also ein bis zwei Teelöffel Salz pro Tag vollkommen undproblematisch sind.

Salzreiche Lebensmittel

Ein ausgeprägtes Bewusstwein für besonders salzreiche Lebensmittel schadet allerdings nicht. Oft wird nämlich unterschätzt, wie hoch der Salzgehalt von Speisen ist.

Als besonders salzreich gelten industrielle Saucen, Knabbereien und Fertiggerichte (sogenannte Convenience-Produkte wie Pizza & Co.) und verarbeitete Lebensmitteln wie Brot, Käse und Wurst.

Tatsächlich entfällt der größte Teil des Salzkonsums – etwa 80 Prozent – aus verarbeiteten Lebensmitteln wie Cerealien-Produkte (Cornflakes & Co.), Brot, Käse, Wurst und vor allem Fertiggerichten wie Pizza usw. Das Problem daran: es kaum messbar und nur schwer einzuschätzen ist, wie viel Salz wir über solche Produkte zu uns nehmen.

Und den Salzgehalt bei jedem einzelnen Lebensmittel zu ermitteln ist für die meisten Menschen verständlicherweise zu mühselig. Dabei könnten allerdings Ernährungs-Apps künftig Abhilfe schaffen, denn immer mehr Apps bieten ihren Nutzern üppige Datenbanken mit detaillierten Nährwertangaben handelsüblicher Lebensmittel an.

Sonderfall Senioren?

Was allerdings in den letzten Studien immer wieder im Ergebnis erkennbar ist das ist die Steigerung der Stresshormone Aldosteran, Adrenalin und Noradrenalin, wenn auf eine überaus salzarme Ernährung umgestellt wird. Dies ist vor allem für ältere Menschen gefährlich, weil sich bei diesen der Flüssigkeitsgehalt des Körpers maßgeblich verändert. Während bei Babys rund 82% des Körpergewichts aus Wasser und Flüssigkeit besteht, nimmt dieser Wert im Laufe des Älterwerdens stetig ab.

Im Greisenalter liegt dieser Wert bei schlappen 52%. Aus diesem Grund haben ältere Menschen übrigens weniger Hunger oder Durst, sind schneller satt. Diese Dehydratation – der Mangel an Flüssigkeit – ist deshalb gefährlich, da dadurch die Organe weniger Energie erhalten und nur noch eingeschränkt arbeiten können. Dies führt häufig zu einer Störung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes bei älteren Menschen.

Diese Störungen sind durchaus bekannt – und trotzdem werden in Altenheimen, Spitälern und Heimen extrem dürftig gesalzene Speisen angeboten. Dazu wird die Situation noch verschärft, dass typische Lebensumstände im Alter negativ auf die Lebenslänge wirken: Probleme mit Zähnen oder Nachlassen des Handgeschicks ist nur zwei davon. Zusätzlich kommen bei vielen älteren Leuten falsche Essgewohnheiten durch magere Pensionen oder zu große Medikamentendosen dazu.

Letzte wirken sich besonders negativ auf den Flüssigkeitsgehalt aus: Sie verursachen eine erhebliche Wasserausscheidung oder wirken sich negativ auf den Elektrolytstoffwechsel aus. In letzter Hinsicht wird dadurch auch eine gehörige Portion an Kalium und Natrium ausgeschieden, das die Austrocknung noch vorantreibt.

Nicht zuletzt aus diesem Grund sollte man auf gutgemeinten Rat, im Alter auf zu große Mengen an Salz zu verzichten, womöglich nicht hören. Denn dies wirkt sich wie oben beschrieben zusätzlich negativ auf die Gesundheit von Senioren aus.

————-

Quellen:

¹ Urinary sodium excretion, blood pressure, cardiovascular disease, and mortality: a community-level prospective epidemiological cohort study (A. Mente, M. O’Donneli et al. in The Lancet Volume 392, ISSUE 10146, P496-506, August 11, 2018) Doi: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(18)31376-X
² Zu viel Salz im Körper: Was sind die Folgen? (NDR)
³ Salz ist doch nicht ungesund (science.orf.at)

Stand: 06/2019

--------------------------

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

Linktipps

– Salz: Lebensmittel mit großer physiologischer Bedeutung
– Kleines Gewürz-ABC: Nützliche Tipps zur Verwendung von Gewürzen
– Glutamat – smarter Geschmacksverstärker oder böses Nervengift?
– Ernährungsirrtümer

Das könnte Sie auch interessieren …