HPV, Gebärmutterhalskrebs und der vormals umstrittene HPV-Impfstoff

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (24 Bewertungen, Durchschnitt: 3,33 Sterne von 5)

Gebärmutterhalskrebs: vormals umstrittener HPV-Impfstoff

In Europa gilt Gebärmutterhalskrebs als zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen zwischen 15 und 44 Jahren. Seit Ende Oktober 2006 steht ein Impfstoff zum Schutz vor den zwei wichtigsten Virenstämmen zur Verfügung. Doch die Freude darüber wird durch Unsicherheit überschattet. (Stand: 2008, Updates: 2019, 2023)


Was ist mit HPV eigentlich genau gemeint?

Humane Papillomaviren (HPV) sind Viren, von denen es mehr als 200 Typen gibt und mit welchen sich sowohl Frauen als auch Männer anstecken können. Einige von ihnen, die sogenannten Niedrigrisiko-Typen, können lästige, aber weitgehend ungefährliche Feigwarzen verursachen. Andere, die sogenannten Hochrisiko-Typen, können dazu führen, dass sich Zellen des Körpers verändern und so Krebs bildet. Gebärmutterhalskrebs etwa, wird durch diese Viren verursacht.

Infektionen mit den leicht übertragbaren humanen Papillomaviren (HPV) gehören weltweit zu den häufigsten Geschlechtskrankheiten, die meisten davon verlaufen symptomlos und bleiben daher unentdeckt.

Die HPV-Infektion selber ist tatsächlich auch nicht gefährlich, in 90% der Fälle verschwindet sie von alleine wieder. Erst wenn die Infektion aber über längere Zeit bestehen bleibt, kann diese die betroffenen Zellen quasi „umprogrammieren“, woraufhin dann aus den gesunden Zellen allmählich Krebszellen entstehen können.

Erkannt wird die Infektion zumeist erst wenn sich Symptomen bzw. Folgeerkrankungen zeigen. Im vergleichsweise harmlosen Fall von Genitalwarzen werden HPV-Viren zumeist von der betroffenen Person selbst dem Arzt vorgestellt, im Fall von Krebsvorstufen bzw. Tumoren werden sie von einem Arzt diagnostiziert.

“Ein Großteil der österreichischen Bevölkerung, nämlich 75 %, begegnet im Laufe ihres Lebens HP-Viren. Pro Jahr erkranken in unserem Land rund 550 Frauen an einem Cervixcarcinom, 180 sterben daran.”¹

Allerdings ist wichtig zu betonen, dass nicht nur ein Drittel der Frauen, sondern auch beinahe so viele Männer mit dem Virus infiziert sind, unabhängig von Alter und sexueller Aktivität. Knapp ein Drittel der Männer sind in Österreich also ebenso Träger und Überbringer des Virus.

Deshalb sind auch längst nicht nur Frauen von den möglichen Folgen einer Infektion betroffen. Neben Gebärmutterhalskrebs können auch weitere Krebsarten wie Analkrebs, Peniskrebs oder auch Kopf-Hals-Tumore zählen.

Übertragungswege

  • Samenflüssigkeit
  • Schmierinfektionen, z. B. bei Neugeborenen durch den Geburtskanal
  • Selten: kontamierte Gegenstände, wie z. B. gebrauchte Handtücher

Meistens bleibt eine Infektion ohne schwerwiegende Folgen, da der Körper die Viren selbst eliminieren kann. In 10 % kann es allerdings zu Zellveränderungen kommen und in Folge Krebs entstehen. Co-Faktoren wie ungesunde Lebensformen (Rauchen) begünstigen solche Entwicklungen.

Das Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs)

Laut Robert-Koch-Institut erkrankten im Jahr 2002 6.700 Frauen in Deutschland neu an Gebärmutterhalskrebs, es verstarben ca. 1.700 Frauen.

In Finnland erkranken 3,6 von 100.000 Frauen pro Jahr an einem Zervixkarzinom, und das, obwohl 93 % der Frauen zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr zur gynäkologischen Krebsvorsorge gehen. 1,2 von 100.000 finnischen Frauen versterben an Gebärmutterhalskrebs.

In Deutschland liegt die Erkrankungsrate bei einer Inanspruchnahme der gynäkologischen Krebsvorsorge von 50 % bei ca. 10 – 13 Frauen und die Zervixkarzinom-Sterblichkeit bei ca. 2,6 je 100.000 Frauen pro Jahr.

Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs:

  • Human-Papilloma-Virus (v. a. sogenannte high risk-Typen)
  • Ungeschützter Geschlechtsverkehr und häufig wechselnde Partner
  • Störung der Immunabwehr
  • mangelnde Hygiene
  • Rauchen

Es gibt Hinweise, dass Frauen mit vielen Geburten und nach längerer Einnahme der Pille (über 5 Jahre) ein höheres Risiko für ein Zervixkarcinom aufweisen. Die Ursache ist unklar. Grund kann u. a. das Sexualverhalten (z. B. seltenere Benutzung von Kondomen) sein.²

Impfstoff früher und jetzt

Seit Ende Oktober 2006 steht ein Impfstoff zum Schutz vor den zwei wichtigsten Virenstämmen zur Verfügung. HPV-Infektionen werden großteils durch die Stämme 6, 11, 16 und 18 hervorgerufen. Die Impfung bekämpft diese Stämme zu ca. 99 %. Auf alle Krebs verursachenden HP-Viren wirkt die Impfung zu 70 %. Die Impfung ist für Mädchen und Frauen zwischen 9 und 26 Jahren empfohlen.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen die HPV-Typen 16 und 18 für alle Mädchen von 12 bis 17 Jahren. Die Möglichkeit, dass auch Burschen an HPV-abhängigen Krebsarten wie z. B. Peniskrebs erkranken oder Viren auf ihre Partnerin übertragen, spricht auch für eine Impfung auch bei Burschen. Dies wird jedoch aus epidemiologischer und ökonomischer Sicht fragwürdig entgegengehalten.

Wo ist der Impfstoff erhältlich und wie oft wird geimpft?

Der Impfstoff wird vom Arzt/von der Ärztin verschrieben. Die vollständige HPV-Impfung (Gardasil©) besteht aus zwei bzw. drei Teilimpfungen:

Bis zum vollendeten 15. Lebensjahr wird der Impfstoff in zwei Teilimpfungen im Mindestabstand von sechs Monaten verabreicht. Nach dem vollendeten 15. Lebensjahr muss die HPV-Impfung für einen gleichwertigen Schutz 3-mal verabreicht werden. Früher war die Impfung generell in drei Teilimpfungen gegliedert.

Die Impfung wird in den Oberarmmuskel verabreicht.

Schutzdauer der Impfung und nicht geeignete Personen

Laufende Studien untersuchen die Notwendigkeit von Auffrischungsimpfungen. Derzeit garantieren Daten und Studien einen Impfschutz für die Dauer von 5 Jahren.

Der Impfstoff ist für Schwangere nicht zugelassen. Ebenso für Patienten, die bereits an Gebärmutterhalskrebs erkrankt sind. Frauenärzte raten von der Impfung von Frauen über 26 Jahren nicht ab, allerdings ist die Wirksamkeit derzeit noch nicht bestätigt.

Kosten der HPV-Impfung

Die Impfung hatte einen stolzen Preis. Während in Ländern wie Italien oder Dänemark zwölfjährige Mädchen gratis durchgeimpft werden, ist dies in Österreich (derzeit) nicht möglich. Die Impfung – die drei Teilimpfungen umfasst – kostete immerhin 624.- Euro.

***** Update 2019 + 2023 *****

Anfängliche Befürchtungen über mögliche Nebenwirkungen des Virus wurden mittlerweile wissenschaftlich widerlegt: So löst die HPV-Impfung weder MS (Multiple Sklerose) noch andere Nervenerkrankungen aus. Die Österreichische Krebshilfe spricht eine klare Empfehlung für die HPV-Impfung aus.

Mittlerweil gibt es im nationalen, kostenfreien Impfprogramm (seit Sommer 2016) einen 9-fach-Impfstoff gegen HPV für Mädchen und Buben vom vollendeten 9. Lebensjahr bis zum vollendeten 12. Lebensjahr. Diese Impfung schützt jetzt 90 % aller Geimpften und deckt 9 statt der früher nur 4 gefährlichen HP-Virus-Arten ab.

Mit Schulbeginn werden diese HPV-Impfungen auch in bestehenden Schulimpfprogrammen an österreichischen Volksschulen (4. Schulstufe) angeboten. Mit einer solchen Impfung in jungen Jahren erspart man sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit leidvolle Krebsdiagnosen, von durch HPV ausgelöste Krebsarten, so die überwiegende Meinung von Experten.

Die HPV-Impfung ist in Österreich also für Menschen bis 21 Jahre gratis.

Dieser 9-fach-Impfstoff (wirksam gegen die HPV-Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58) ist zugelassen für die Vermeidung von Genitalwarzen, außerdem Krebsvorstufen und Krebs des Gebärmutterhalses, der Scheide, der Vulva und des Anus.

Da HPV sowohl von Frauen als auch von Männern übertragen wird, ist es sinnvoll, dass sowohl Mädchen als auch Buben geimpft werden um die Infektionskette effektiv durchbrechen zu können.

Viele Mediziner sind mittlerweile für eine Erweiterung des Impfprogramms und teilen die Ansicht, dass das Alter für die kostenlose Impfung bis zum vollendeten 30. Lebensjahr hinaufgesetzt werden sollte, nach dem Motto Vorsorgen ist besser, billiger und sicherer als Heilen.

***** Ende *****

Impfung statt Abstrich?

Zur Wirksamkeit der Impfung ist zu sagen, dass der HPV-Impfstoff ebenso wie andere Impfstoffe kein Heilmittel bei bereits bestehender Krankheit, sondern eine Präventivmaßnahme darstellt. Ebenso wenig ersetzt die Impfung den jährlichen Krebsabstrich (sog. PAP-Abstrich) beim Gynäkologen.

Nebenwirkungen und Unsicherheit bezüglich Impfstoff

Die Studien zeigen übereinstimmend eine zuverlässige Immunisierung gegen die jeweiligen HPV-Typen. Es traten bei den geimpften Frauen keine persistierenden Infektionen mit den entsprechenden Virustypen und keine Folgeerkrankungen wie Zellveränderungen am Gebärmutterhals oder Feigwarzen auf. Der Impfschutz besteht zuverlässig über 4,5 Jahre, so die Zahlen aus den ersten Langzeituntersuchungen. Vermutet wird ein ausreichender Impfschutz von über 10 Jahren. Wie lange die Immunität anhält, ist aber noch nicht ausreichend geklärt.

Da die ersten Studien mit dem Serienimpfungen erst im Jahr 2002 durchgeführt wurden, bestehen noch keine Langzeiterfahrungen. Wie der Name schon sagt, ist das Humane Papillom Virus nur menschenpathogen – daher bestehen auch keine Vorerfahrungen aus Tierversuchen.

Die Studien geben noch keine Antwort auf die Frage, ob die Impfung die Zahl der Erkrankungen an Gebärmutterhals verringern wird. Da sich Gebärmutterhalskrebs erst im Verlauf von etwa 10 Jahren nach einer HPV Infektion entwickelt, ist die bisherige Beobachtungszeit in den Studien viel zu kurz, um dazu Daten liefern zu können.

Als generelle Nebenwirkungen werden lokale Reaktionen, Hautrötungen Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle, aber auch Fieber angeführt. Arznei-Telegramm 2/2008: “Eine Empfehlung der HPV-Impfung lässt sich daher unseres Erachtens derzeit nicht begründen. Die Zulassung des Impfstoffes erfolgte auf der Grundlage von Studien mit insgesamt 20.541 Teilnehmerinnen im Alter von 16 bis 26 Jahren mit einer maximalen Studiendauer von vier Jahren.”

“Die HPV Impfung ist – auch aufgrund des kurzen Beobachtungszeitraumes – nicht unumstritten. Der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurden acht Nebenwirkungen gemeldet, von Fieber bis zum Lungeninfarkt. Die europäische Arzneimittelbehörde hat bisher 18 schwerwiegende Zwischenfälle registriert.” Weitere Langzeitstudien sind in jedem Fall erforderlich.

Der Medizinische Arbeitskreis Pro Familia (MAK pro familia) gibt keine Empfehlung für oder gegen eine Impfung (Stand: 2008; “eine Inanspruchnahme könne derzeit nur individuell entschieden werden”), plädiert aber für eine gute, differenzierte Aufklärung und wendet sich gegen polemisierende Werbung, die die Krebsangst in der Bevölkerung mit tendenziellen Informationen schürt.

= [nicer] =
= Stand: 2008 =

Quellen:

¹ Meduniqua (offline) – HPV-Impfung: Nutzen oder Schaden?
² HPV – Update zur Impfung– Daten, Fakten, Hintergründe zur HPV-Impfung
³ Sozialministerium: HPV-Impfung (PDF)

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

--------------------------

Linktipps

– Krankheitslexikon: Krebs
– Krebsimpfstoff: Großstudie in Österreich
– Feigwarzen trüben die Freude auf die Sauna
– Standard-Impfungen
– Vorsorge-Corner: Gesundenuntersuchung

Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Informationslage inzwischen geändert.
Unsere Artikel werden laufend durch unsere Redaktion aktualisiert.

Das könnte Ihnen auch gefallen …