Artischocke: Delikatesse und Heilmittel
Bitterstoffe sind in der gesunden Küche kaum wegzudenken. Auch wenn es manchmal Überwindung kostet, der bittere Geschmack hat bei vielen Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten einen heilenden Effekt. Die in Artischocken enthaltenen Bitterstoffe regen die Leber- und Gallentätigkeit an, senken den Cholesterinspiegel und helfen beim Abnehmen. Abgesehen davon ist die Artischocke vor allem aber eine wahre Delikatesse. Erntezeit in Österreich ist von Mitte Juli bis Ende September.
Die Artischocke (lat. Cynara Scolymus) ist eine distelartige Staude aus der Familie der Korbblütler. Sie wächst bis zu zwei Meter hoch in gemäßigt-warmem Klima, so auch bei uns. Da die Artischocke zu den frostempfindlichen Pflanzen zählt, ist sie aber vorwiegend im warmen Mittelmeerraum beheimatet. Artischocken werden heute vorwiegend in Frankreich, Spanien, Italien, USA, Argentinien und Ägypten angebaut. Die Erntezeit in Österreich ist von Mitte Juli bis Mitte Oktober.
Artischocken in der Küche
Artischocken werden idealerweise frisch verwendet. Sie sind 4-5 Tage im Kühlschrank haltbar. Dann verlieren sie rasch an Qualität und Aroma. Frische Artischocken schmecken fein herb, leicht süßlich und zartbitter. Aufgrund der appetitanregenden Wirkung eignet sich das Gemüse hervorragend als Vorspeise.
Beim Kauf bitte beachten, dass die Blätter eng anliegen und keine braunen Stellen aufweisen. Die Blüte sollte leuchtend grün oder violett, der Stiel hell und grün sein.
Die Lagerung von Artischocken soll am besten ungewaschen im Kühlschrank bzw. Kühlraum erfolgen. Zusätzlich kann man die Artischocken mit einem feuchten Tuch bedecken, um sie vor Austrocknung zu schützen. Derart gelagert halten sie dann etwa drei Tage. Frisch schmecken Artischocken allerdings am besten!
Wie werden Artischocken zubereitet?
Vorweg: Damit sich die Hände bei der Zubereitung von Artischocken nicht braun färben, eine Zitrone halbieren und die Hände mit einer der Hälften einreiben. Alternativ Einmalhandschuhe verwenden.
1. Für die Zubereitung wird die Artischocke vom Stiel befreit (den Artischockenstiel direkt unter der Blüte abtrennen) und alle Blattspitzen werden entfernt (sie sind zu hart für den Verzehr). Alle äußeren Blätter und alle Blätter, die beschädigt sind mit einer Küchenschere abschneiden.
2. Das obere Viertel des Gemüses mit einem Sägemesser abschneiden und die Artischocke anschließend sofort in eine Schüssel mit Zitronenwasser legen. Nur so bleibt ihre kräftig grüne Farbe erhalten.
3. Anschließend – je nach Größe – 25 bis 45 Minuten in Salzwasser mit Zitronensaft und einer Prise Zucker kochen und zwar so lange, bis sich die Blätter leicht lösen. Damit die Artischocken die ganze Zeit über unter Wasser bleiben, einen Deckel, der etwas kleiner als der Topf ist, auf das Gemüse legen. Die Artischocken sind fertig, wenn sich ein Blatt leicht herauszupfen lässt.
Artischocken bestehen aus:
Artischockenboden: Der verdickte Blütenboden der Artischocke ist beliebt bei Genießern. Sie hacken ihn einfach klein und streuen ihn, ähnlich wie Schnittlauch, als feinherben Belag auf ein Butterbrot – und zwar roh.
Artischockenherz: Unter dem Herzen versteht man die innersten Blätter von jungen, frischen Artischocken und den Blütenboden. Anders als die äußeren Hüllblätter können sie nicht nur zum Teil, sondern im Ganzen gegessen werden. Sie sind gelblich und weich.
Artischockenstiel: Auch die Stielansätze von Artischocken sind essbar. Allerdngs muss man sich die Mühe machen, recht viel von der äußeren Rinde wegzuschälen (fast einen halben Zentimeter), bevor man zum essbaren Stielteil (das innerste Drittel) kommt, der in Geschmack und Konsistenz dem Artischockenboden ähnelt.
Heu: Heu ist das, woraus sich später die Artischockenblüte entwickelt. Man findet es bei reifen Artischocken im Inneren der Knospe. Es handelt sich um ein fasriges, wolliges Gewebe, das man nicht essen kann und mt einem Messer oder Löffel herausschält. Nur, wer das sogenannte Heu entfernt, kommt in den Genuss des Artischockenbodens. Dazu die Fasern mit einem Teelöffelund entfernen. Nun die Unterseite des Bodens abschälen um die Blattansätze los zu werden und das eigentliche Highlight der Artischocke – den Boden – genießen.
Wenn eine Artischocke überreif ist, ist der Heuanteil so groß, dass kaum etwas zum Essen übrigbleibt.
Artischocken können auch roh gegessen werden. Durch leichtes braten oder garen in Salz-Zitronen-Wasser entwickeln sie aber ihren charakteristischen Geschmack. Bei großen Artischocken sind nur die fleischigen Teile der Blütenböden und Schuppenblätter zum Verzehr geeignet. Kleinere Artischockenarten, wie sie beispielsweise in der Lagune von Venedig üblich sind, können im Ganzen verzehrt werden.
In der italienischen Küche werden Artischocken gerne in Öl eingelegt. So sind sie eine rasch verfügbare Zutat für Salate, Risotto oder Nudelgerichte. Durch die appetitanregende Wirkung sind Artischocken eine ideale Vorspeise.
In der Küche werden vor allem die unteren fleischigen Teile der Schuppenblätter und die Blütenblätter verwendet. Die restlichen Teile (Blätter und Wurzeln) werden in der Pharmaindustrie für die Gewinnung des Bitterstoffs Cynarin verwendet. Die Extrakte werden als Säfte oder Tinkturen aufbereitet bzw. getrocknet als Tee oder Trockenextrakt. Gemeinsam mit Kräutern wird ein schmackhafter Aperitif – der Cynar – hergestellt.
Wichtigste Sorten aus der Artischockenfamilie
Die Artischocke wird heute hauptsächlich in Italien, Spanien, Frankreich, Ägypten, Argentinien und USA angebaut, doch auch in Österreich wird sie gehegt und gepflegt. Insgesamt ist die Pflanze weit weniger anspruchsvoll als gemeinhin angenommen, sie braucht vor allem Platz (ca. einen Quadratmeter pro Pflanze), viel Sonne und einen nährstoffreichen Boden.
Artischocken sind nicht winterhart. Gepflanzt wird händisch von Ende April bis Mitte Mai. Geerntet wird in Österreich (vor allem Marchfeld) von ca. Mitte Juli bis Mitte Oktober.
Die Auswahl der richtigen Sorte spielt eine entscheidende Rolle für den Ertrag.
Zu den wichtigsten Kultursorten der Artischockenfamilie gehören:
– Violetto (italienische Sorte in zahlreichen Varianten)
– Romanesco (mittelgroße italienische Sorte mit zartvioletter Färbung)
– Camus de Bretagne (wichtigste französische Sorte)
– Castel (gut haltbare Sorte aus der Bretagne)
– Violet de Provence (längliche, spitz zulaufende Blätter)
Gesunde Bitterstoffe
Leider hat sich in den letzten Jahren als Trend durchgesetzt, dass der bittere Geschmack aus Gemüse- und Salatsorten heraus gezüchtet wird. Das kommt zwar den Geschmacksvorlieben vieler Konsumenten entgegen, es wird dabei aber übersehen, dass auf diese Weise auch die wertvollen Wirksubstanzen von Chicoree, Radicchio, Endiviensalat oder Kohlsprossen verloren gehen. Einzig die Artischocke ist bislang weitgehend vom Versuch verschont geblieben, die Bildung von bitterstoffhaltigen Substanzen künstlich zu unterdrücken.
Das liegt vor allem daran, dass Artischocken eine der am besten erforschten Arzneipflanzen sind und man weiß, dass der therapeutische Nutzen eng mit den bioaktiven Bitterstoffen zusammen hängt. Artischocken sind eine sehr vielseitige Heilpflanze. Schon die Ägypter priesen vor über 2000 Jahren die heilende Wirkung bei Gallenblasenleiden und Verdauungsbeschwerden.
Der in Artischocken enthaltene – und inzwischen gut erforschte – Wirkstoff heißt Cynarin. Der Bitterstoff Cynarin regt den Stoffwechsel von Leber und Galle an und wirkt somit appetitanregend.
Weiters enthalten Artischocken wertvolle Flavonoide und Chinasäurederivate, welche die Gallentätigkeit anregen, den Cholesterinspiegel und die Blutfette senken. Das in Artischocken enthaltene Inulin wirkt auch günstig auf den Blutzuckerspiegel. Extrakte aus Artischocken werden deshalb vielfältig eingesetzt, die wichtigsten Wirkungen sind:
- Linderung von Verdauungsbeschwerden (z.B. bei Blähungen, Völlegefühl)
- Anregung des Gallenflusses, Verbesserung bei der Fettverdauung
- Verdauungshilfe für Menschen ohne Gallenblase
- Schutz und Regeneration für die Leber, fördert die Entgiftungsfunktion
- Schutz vor Arteriosklerose
- Hilft gegen Übelkeit, Erbrechen und PMS
Nach TCM wirken Artischocken entstauend bei Leber-Qi-Stagnation oder Stau im “Mittleren Erwärmer”. Sie leiten feuchte Hitze aus bzw. klären Schleim-Hitze, senken das Magen-Qi und wirken feuchter Hitze im Magen entgegen. Kochen Sie beim nächsten Mal den Artischocken-Stiel mit und trinken Sie das Kochwasser über den Tag verteilt (evtl. mit etwas Honig gesüßt). Das stärkt Leber, Galle und Nieren, weil sich die Bitter-Schleim- und Gerbstoffe im Kochwasser lösen.
Inhaltsstoffe der Artischocke
Zu den wichtigsten Inhaltsstoffen der Artischocke zählen: Eisen, Kalzium, Natrium, Magnesium, Vitamin A, Vitamin B1 und B6, Vitamin C, Folsäure, Polyphenole, Flavonoide, Inulin, Gerbsäure, Enzyme, Scolymosid, Bitterstoff Cynarin, Cynarinosid, Cynaropikrin.
Aus westlicher Sicht sind Artischocken sehr kalorienarm (24 kcal/ 100g). Sie liefern viel Kalium, Magnesium, Folsäure, Vitamin C und B6, Eisen, Provitamin A und Vitamin B1.
Wichtig: Bei Gallensteine oder akutem Gallenverschluss oder bei einer Allergie gegen Korbblütler dürfen Artischocken weder gegessen noch als Tee zubereitet werden. Auch stillende Mütter sollten Artischocken meiden, da sie die Milchbildung hemmen.
Ein Beitrag von: Dr. Claudia Nichterl
Quellen:
– www.vnr.de – die Artischocke das unbekannte Gemüse
– Münzing-Ruef Ingeborg: Kursbuch gesunde Ernährung. Die Küche als Apotheke der Natur. Wilhelm Heyne Verlag.
– Dr. Nicole Schaenzler: Vital und gesund durch Bitterstoffe, Südwest Verlag 2005
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
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