Schutzimpfung: was FSME & Covid-19 gemeinsam haben
Auch wenn es im ersten Moment überraschen mag, FSME und Covid-19 haben mehr Schnittpunkte, als man annehmen möchte.
So sind die hohen FSME-Fallzahlen im Jahr 2020 höchstwahrscheinlich auf die Coronamaßnahmen zurückzuführen, die die Menschen zu mehr Aufenthalten im Freien veranlasst haben. Zudem gibt es auch nach einer FSME-Erkrankung langfristigen Auswirkungen, ähnlich dem sogenannten Long-Covid-Syndrom. Beides kann durch eine Schutzimpfung verhindert werden.
FSME & Covid-19 – Artikelübersicht:
- FSME nicht zu unterschätzende Krankheit
- Schwere Verläufe: Krankheit mit andauernden Folgen
- FSME: Post-enzephalitisches Syndrom kann zu bleibenden Einschränkungen führen
- COVID- und FSME-Impfung möglich
- Linktipps
Etwas mehr als 200 FSME-Fälle wurden 2020 in Österreich im Spital behandelt. Dies ist die höchste Fallzahl von FSME-Virus ausgelöste Erkrankung Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) seit dem Jahr 1987.
Die Ursachen dafür sind vielfältig, allerdings dürfte nicht zuletzt Covid-19 die Menschen vermehrt dazu veranlasst haben, sich im Freien aufzuhalten. Dadurch ist auch das Risiko für die virale Infektionskrankheit, die überwiegend durch Zecken übertragen wird, gestiegen.
„Infektionskrankheiten wie Masern und Influenza sind durch die COVID-Maßnahmen im letzten Jahr erfreulicherweise deutlich zurückgegangen“, erläutert Dr. Ursula Kunze vom Zentrum für Public Health an der MedUni Wien. „Ganz anders sieht das aber bei FSME aus. Die Menschen haben sich aufgrund der Pandemie vermehrt im Freien aufgehalten und auch Urlaub in Österreich gemacht. Damit haben sie sich den Zecken gegenüber mehr exponiert als sonst.“
Die Folge waren eben über 200 Fälle von so schweren FSME-Erkrankungen, dass die Betroffenen im Spital behandelt werden mussten. Eine Zahl, die in Österreich seit Jahrzehnten nicht mehr erreicht wurde.
FSME nicht zu unterschätzende Krankheit
Nicht jeder Zeckenbiss führt automatisch zu einer FSME-infektion, dennoch ist das Erkrankungsrisiko nicht zu unterschätzen und die Krankheit selbst nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Die typischen Symptome Fieber, Schnupfen un d Gliderschmerzen ähneln stark jenen eiener Grippe und können mehrere Tage andauern. Üblicherweise ist bei der Hälfte der Betroffenen dann die Infektion überstanden, weitere 50% allerdings treten dann nach ein paar symptomlosen Tagen in eine zweite Phase ein, in der die Viren Gehirn und Rückenmark infizieren.
Wie bei Covid-19 auch, begünstigen Alter und Komorbidäten schwere Verläufe, wobei aber auch hier genauso junge und gesunde Personen schwer erkranken können.
FSME ist durch eine Schutzimpfung vermeidbar. Sie bewirkt im Körper die Bildung von Antikörper und wirkt gegen alle bekannten FSME-Virus-Subtypen.
Schwere Verläufe: Krankheit mit andauernden Folgen
“Bei etwa 40% der Patienten im neuroinvasiven Krankheitsstadium kommt es zu ener Entzündung des Gehirns (Encephalitis). Die Erkrankten brauchen dann zumeist über mehrere Wochen eine Behandlung in der Intensivstation, samt anschließendem längeren Reha-Aufenthalt.” so Priv. Doz. Bettina Pfausler von der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Innsbruck.
Die Neurologin warnt: “Die Sterblichkeit liegt bei 30 Prozent, eine vollständige Erholung tritt nur bei etwa 20 % ein.”
49 Prozent der 2020 im Spital behandelten FSME-Patientn hatten einen schweren Verlauf mit Beteiligung des Zentralnervensystems. Die meisten von ihnen waren älter als 50 Jahre, drei Patienten sind verstorben. (aus: Virusepidemiologische Information Nr. 02/21)
Aus internationalen Daten weiß man mittlerweile, dass Männer häufiger von FSME betroffen sind als Frauen und Kinder 10 bis 20 Prozent der Betroffenen ausmachen.
Daten aus Slowenien zeigen, dass der Prozentsatz der Personen mit Langzeitsymptomen im Laufe des ersten Jahres nach der Erkrankung abnimmt, sich nach einem Jahr aber (auf hohem Niveau) stabilisiert.
Konkret: Sechs Monate nach der FSME-Diagnose litten in dieser Studie noch 42 Prozent der Studienpatienten unter mindestens zwei subjektiven Symptomen (die vor der FSME-Erkrankung nicht vorhanden waren und für die es keine andere medizinische Erklärung gab) beziehungsweise mindestens einem neurologischen Symptom. Nach 12 Monaten sank dieser Prozentsatz auf 33 Prozent.
Auf diesem Niveau blieb er dann über die nächsten zwei bis sieben Jahre stabil. Weitere Besserungen traten nicht mehr ein. „Das Post-Enzephalitis-Syndrom schränkt die Betroffenen in ihrer Lebensqualität oft schwer ein“, so Kunze. Manchmal sei sogar eine komplette Lebensumstellung erforderlich.
FSME: Post-enzephalitisches Syndrom kann zu bleibenden Einschränkungen führen
Aktuell wird immer häufiger über das sogenannte Long-Covid-Syndrom berichtet, also die langfristigen Auswirkungen einer COVID-19-Erkrankung. Ein ähnliches Phänomen gibt es allerdings auch bei FSME. Das post-enzephalitische Syndrom (PES) kann die von der ursprünglichen Infektion Genesenen oft noch Jahre, wenn nicht sogar ein Leben lang, beeinträchtigen.
Das gilt besonders für Menschen ab 50 mit einem schweren Krankheitsverlauf. Eine ursächliche Behandlung gibt es weder für FSME noch für die Langzeitfolgen. Nach wie vor ist die beste Vorbeugungsmaßnahme daher die Impfung und die regelmäßige Auffrischung gegen FSME.
COVID- und FSME-Impfung möglich
Die Schutzwirkung der FSME-Impfung ist hoch und liegt bei 95 bis 99 Prozent. Die Impfung ist mehrstufig aufgebaut: zu Beginn des Impfschemas steht die Grundimmunisierung, es folgen eine erste Auffrischung und nach
drei Jahren gilt ein Impfintervall von fünf Jahren für Menschen unter 60 und von drei Jahren über 60.
Wer kürzlich eine COVID-Impfung bekommen hat oder erwartet, in nächster Zeit geimpft zu werden, kann und sollte sich auch gegen FSME impfen lassen (sofern das dieses Jahr notwendig ist). Wenn möglich, sollte ein Abstand von zwei Wochen zwischen den Impfungen eingehalten werden, dieser ist jedoch nicht unbedingt erforderlich. Er dient nur dazu, potenzielle Nebenwirkungen der entsprechenden Impfung zuordnen zu können.
„Grundsätzlich sind beide Impfungen in kurzem Abstand möglich und überfordern das Immunsystem sicherlich nicht“, stellt Kunze klar. „Die Zecken sind bereits seit einigen Wochen aktiv und halten keinen Abstand zu uns Menschen. Selbstschutz ist daher notwendig.“
Der Tropenmediziner und Facharzt für spezielle Prophylaxe, Hygiene und Mikrobiologie Univ. Prof. Dr. Herwig Kollaritsch rät zu einem Abstand von zwei Wochen zu anderen inaktivierten Impfungen und von vier Wochen zu Lebendimpfungen, um Impfreaktionen der Covid-Impfstoffe von anderen Routineimpfungen unterscheiden zu können. Auch er betont, dass eine immunologische Überlastung auszuschließen sei.
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Quellen:
¹ Tick-borne encephalitis: A review of epidemiology, clinical characteristics, and management. (Bogovic P, Strle F. in World J Clin Cases 2015; 3(5): 430-441) PMID: 25984517
² The long-term outcome of tick-borne encephalitis in Central Europe. (Bogovic P, Stupica D, Rojko T, Lotric-Furlan S, Avšic-Županc T, Kastrin A, Lusa L, Strle F. in Ticks Tick Borne Dis. 2018 Feb;9(2):369-378.)
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Linktipps
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