FSME | Krankheitslexikon
Übertragen durch Zecken, die man nach einem Waldspaziergang so leicht übersieht, ist FSME eine nicht nur in Österreich weit verbreitete Erkrankung. Die auch das Gehirn angreifende Virusinfektion beginnt mit grippeähnlichen Symptomen, kann aber schwerwiegende und langanhaltende Folgen haben. Umso wichtiger ist die schützende Impfung.
FSME – Artikelübersicht:
- Erreger und Ansteckung
- Verbreitungsgebiet
- Symptome
- Diagnose
- Therapie
- Die Schutzimpfung gegen FSME und ihre Nebenwirkungen
- Andere Arten der Vorbeugung
- Linktipps
FSME – Was ist das?
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- FSME steht für Frühsommer-Meningoenzephalitis, einer Viruserkrankung, die von Zecken übertragen wird und in ganz Österreich, Deutschland und weiten Teilen Osteuropas vorkommt.
- Zu den wichtigsten Symptomen der FSME zählen Fieber und eine schwere Hirnentzündung mit Beteiligung der Hirnhäute und des Rückenmarks.
- Eine spezielle Therapie gegen FSME existiert nicht, bisher können nur die Symptome der Erkrankung behandelt werden.
- Zum Schutz vor FSME existiert eine gut verträgliche Impfung.
Der Sommer ist Hochsaison für diesen Erreger: den FSME-Virus. Dieser ist der Verursacher der mitunter sehr gefährlichen Erkrankung Frühsommer-Meningoenzephalitis. Dieser zungenbrecherisch daherkommende Name und sein Akronym bezeichnen eine Gehirnhautentzündung mit Beteiligung der Hirnhäute, die von eben diesem Virus ausgelöst werden kann. Auch wenn FSME – auch dank der hohen Anzahl geimpfter Personen – nur äußerst selten vorkommt, kann eine Erkrankung tödlich oder mit schweren Beeinträchtigungen enden.
Erreger und Ansteckung
Der FSME-Virus gehört, genau wie die in tropischen Gefilden vorkommenden Erkrankungen Dengue-Fieber, Gelbfieber und Zika, zu der Familie der Flaviviren. Diese lösen vor allem Erkrankungen mit Beteiligung des Zentralen Nervensystems – des Gehirns und Rückenmarks – sowie hohe Fieberschübe aus.
In unseren Breitengraden sind Zecken die einzigen Überträger des FSME-Virus. Der während des Bisses verteilte Speichel verteilt bei FSME-infizierten Zecken das Virus. Somit schützt auch eine schnelle Entfernung der Zecke nicht vor Ansteckung. Allerdings übertragen nicht alle Zecken das FSME-Virus. Laut Studien sind aber nur ungefähr 0,5 – 1% aller Zecken mit FSME infiziert, das Risiko sich bei einem Zeckenbiss anzustecken also sehr gering.
In seltenen Fällen wurde FSME auch schon durch infizierte, rohe Milchprodukte von Schafen, Ziegen und Kühen weitergegeben. Die Pasteurisierung, also hohe Erhitzung der Milchprodukte, tötet das Virus aber verlässlich ab.
Zecken übertragen übrigens nicht nur FSME. Auch das Bakterium Borrelia burgdorferi wird durch Zecken verbreitet und ist Verursacher der gefährlichen Lyme-Borreliose.
Verbreitungsgebiet
Das Verbreitungsgebiet der FSME zieht sich von Ländern Zentral-Europas über Ost-Europa bis nach Japan. Im deutschsprachigen Raum sind Deutschland und Österreich betroffen. Aber auch hier kommt der FSME-Virus nicht an allen Orten vor. Oberhalb der Baumgrenze finden sich keine mit FSME-infizierten Zecken mehr. Stattdessen befinden sich vor allem entlang der Donau, von Passau bis nach Wien, FSME-Risikogebiete. Aber auch in Kärnten, der Steiermark und dem Burgenland gilt eine erhöhte Warnstufe.
Gerade in Österreich ist aber die Erkrankungsrate in den letzten Jahren deutlich gesunken, da hier 90% der Bevölkerung gegen FSME geimpft ist.
Symptome
Nach einer Infektion mit FSME folgt zunächst eine sogenannte Inkubationszeit von sieben bis vierzehn Tagen, in der Infizierte noch keine Symptome spüren.
Nach einer bis zwei Wochen schließlich beginnt die Erkrankung mit ersten Wahnzeichen wie Kopfschmerzen und leichtem Fieber. Da diese Anfangssymptome so sehr denen einer Grippe ähneln, wird FSME meist erst später erkannt. Auf diese erste unspezifische Krankheitsphase folgt in den meisten Fällen eine symptomfreie Pause von bis zu einer Woche. Auch dies passt zu einem nicht weiter schweren Infekt.
Danach bricht die Krankheit in 70% aller Fälle mit spezifisch neurologischen Symptomen erneut aus. Diese zweite Phase der FSME ist gekennzeichnet durch hohes Fieber sowie Zeichen einer Beteiligung der Hirnhäute. Die Symptome einer Meningitis, wie Mediziner Hirnhautentzündungen nennen, umfassen diffuse, starke Kopfschmerzen, Erbrechen sowie starke Schmerzen beim passiven Vorbeugen des Kopfes. Letzteres wird von Ärzten Brudzinski-Zeichen genannt und ist ein deutliches Indiz für eine Hirnhautentzündung.
Neben der Infektion der Hirnhäute kann das Virus auch für eine Gehirnentzündung, eine sogenannte Enzephalitis, sorgen. Dies geschieht bei bis zu 40% der Betroffenen. Zu den Symptomen einer Enzephalitis gehören schwere Bewusstseinsstörungen, Lähmungen bis hin zu Atemstillstand. Sie ist daher eine gefürchtete Komplikation der FSME und muss streng überwacht werden. Auch schlaffe Lähmungen von Armen oder Beinen, durch eine Rückenmarksentzündung (Myelitis) ausgelöst, können eine Folge der Erkrankung sein. Solche schweren Verläufe mit Beteiligung des Gehirns und des Rückenmarks heilen nur selten vollständig aus. In jedem Fall bedürfen sie einer langwierigen Therapie und Betroffene brauchen viel Zeit, um sich zu erholen.
Zum Glück kommt es aber nur in zehn Prozent aller Infektionen zu Symptomen, 90% der Ansteckungen laufen demnach völlig symptomlos ab. Warum dies so ist, konnte bislang noch nicht geklärt werden und bleibt ein spannendes Rätsel der FSME.
Diagnose
Die Diagnose der FSME erfolgt mit Hilfe eines Antikörper-Nachweises in Blut und Gehirnwasser, also Liquor. Antikörper sind Bestandteile des im Blut umherschwimmenden spezifischen Immunsystems und bilden sich nach einer Infektion mit einem nicht-körpereigenen Stoff. Die Antikörper Ig-M und Ig-G werden zu verschiedenen Zeiten gebildet, weshalb eine gleichzeitige Abnahme und spätere Kontrolle viele Informationen über den Verlauf einer Erkrankung geben kann. Anhand der spezifischen Antikörper Ig-M und Ig-G gegen das FSME-Virus und ihrem zeitlichen Verlauf im Abstand von zwei Wochen lässt sich eine Infektion bestätigen.
Allerdings können die Antikörper erst mit Beginn der zweiten Krankheitsphase nachgewiesen werden. Und auch eine FSME-Impfung führt zu einem langanhaltenden Anstieg der Ig-M-Antikörper, was in die Diagnosestellung miteinbezogen werden muss. Eine gleichzeitige Abnahme von Ig-G- und Ig-M-Antikörpern ist deshalb unerlässlich. Außerdem bestehen ausgeprägte Antikörper-Kreuzreaktionen mit anderen Viren der gleichen Familie, was sich vor allem bei der Bestimmung des Ig-G-Antikörpers gegen FSME bemerkbar macht.
Die spezifischen Ig-G-Antikörper gegen FSME können deshalb im Labor positiv erscheinen, obwohl der Patient lediglich eine Gelbfieber-Impfung erhalten hat. Eine genaue Diagnosestellung der FSME ist also nicht immer einfach.
Therapie und Prognose
Eine Therapie, die sich speziell gegen das FSME-Virus richtet, existiert nicht. Daher gibt es keine Möglichkeit einer Behandlung der FSME, die die Ursache der Erkrankung bekämpft. Die Therapiemaßnahmen im Fall einer Infektion konzentrieren sich insofern auf die Linderung von Symptomen.
Die klassische Therapie von viralen Infekten – Bettruhe und Schmerzmedikation – spielt auch bei FSME eine Hauptrolle. Schwere Fälle benötigen zudem intensivmedizinische Überwachung. Ist Nahrungsaufnahme aufgrund der Gehirnentzündung nicht mehr möglich, müssen außerdem nährstoffreiche Infusionen gegeben werden. Nach durchgestandener Erkrankung können therapeutische Maßnahmen wie Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie eingesetzt werden.
Gerade bei schwer Erkrankten spielen solche Rehabilitations-Maßnahmen eine wichtige Rolle. Etwas mehr als 40% aller Erkrankten benötigen eine längerfristige therapeutische Unterstützung. Betroffene mit Gehirnhautentzündung alleine genesen laut Studien besser als Patienten, die an einer gemischten Form, also einer Meningoenzephalitis, litten. Eine FSME-Erkrankung mit gleichzeitiger Rückenmarksentzündung hat die schlechteste Prognose. Studien zufolge versterben ungefähr 30% an den Folgen dieser schwersten FSME-Form. Kinder zeigen nach einer Erkrankung weniger langanhaltende Defizite.
Die Schutzimpfung gegen FSME und ihre Nebenwirkungen
Die Schutzimpfung wird zumindest allen Bewohnern in FSME-Risiko-Gebieten empfohlen. Im Gegensatz zu Impfungen mit sogenanntem „Lebendwirkstoff“ hat sie eine sehr geringe Gefahr für Komplikationen. Das liegt daran, dass die FSME-Impfung lediglich kleine Partikel der Viren enthält und keine geringe Menge prinzipiell funktionsfähiger Keime, wie dies bei den Lebendimpfstoffen der Fall ist.
Die Wirkung entsteht bei der FSME-Schutzimpfung durch die sogenannten Antigene in ihrem Wirkstoff, die aus geringen Teilen des Virus bestehen. Diese werden vom Körper nach der Impfung erkannt. Er bildet daraufhin sogenannte Antikörper aus, die sich im Blut vermehren und zum Immunsystem gehören.
Infiziert man sich nach der Impfung mit FSME, so erkennt das Immunsystem, allen voran die Antikörper, die schon bekannten, feindlichen Viren und bekämpft diese, bevor sie sich weiter ausbreiten können.
Obwohl der Impfstoff also deutlich weniger Risiken als eine Lebendimpfung hat, kann es bei der Erstimpfung von Kindern bis zu zwölf Jahren zu kurzem, mitunter hohem Fieber nach der Impfung kommen. Bei Zweit-Impfungen oder Impfungen von Erwachsenen wird aber nur äußerst selten Fieber beobachtet und von keinen sonstigen Komplikationen berichtet.
Andere Arten der Vorbeugung
Aber nicht nur durch Impfung kann man sich gegen FSME schützen. Auch das Vermeiden von Zeckenbissen bietet natürlichen Schutz gegen die Infektion und verhindert außerdem die Ansteckung mit Borreliose. Vor Wander-Ausflügen oder Spaziergängen ist daher das Einsprühen mit Insektenschutzmittel durchaus sinnvoll – es schützt nämlich auch vor Zecken.
Außerdem sieht man auf heller Kleidung Zecken deutlich besser als auf dunklerer, man kann sie also entfernen, bevor sie zubeißen. Prinzipiell sollte man sich nach einem Aufenthalt im Freien auf Zecken absuchen. Denn gerade bei FSME gilt, dass Vorsorge die beste Therapie ist.
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Quellen:
¹ Robert-Koch-Institut
² FSME-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
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