Wie gut wirkt der Novavax-Proteinimpfstoff?
Von vielen Impfskeptikern als Alternative zu den mRNA- und Vektorimpfstoffen heiß ersehnt, erhält der Proteinimpfstoff Novavax (ungenauer auch als Totimpfstoff bezeichnet) nun eine Zulassung in der EU. Doch wie wirksam ist der Novavax-Impfstoff gegen das Coronavirus?
Der Impfstoff NVX-CoV2373 des US-amerikanisches Pharmaunternehmens Novavax wurde in Großbritannien mit 14.000 Teilnehmern auf Sicherheit und Wirksamkeit gegen das neue Coronavirus getestet.
Novavax – Artikelübersicht:
- Wie wirkt der Novavax-Impfstoff?
- Wie wirksam ist der Novavax-Impfstoff gegen das neue Coronavirus?
- Britische Studie mit 14.000 Teilnehmern
- Milde, vorübergehende Impfreaktionen
- Vorteile und Nachteile des Totimpfstzoffes
- Linktipps
Der landläufig als Novavax bekannte Impfstoff Nuvaxovid NVX-CoV2373, der auch als SARS-CoV-2 rS-Protein-Nanopartikel mit Matrix-M1-Adjuvans bezeichnet wird, ist ein rekombinantes Nanopartikel-Vakzin gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2.
Der Hersteller hat die Zulassung bereits im November bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) beantragt. Laut Auskünften des österreichischen Nationalen Impfgremiums dürfte es damit der wohl nächste Impfstoffkandidat sein, der vermutlich noch heuer in der EU zugelassen wird.
Wie wirkt der Novavax-Impfstoff?
Bei dem proteinbasierten Vakzin handelt es sich um einen Totimpfstoff auf Proteinbasis, der Krankheitserreger enthält, die abgetötet wurden. Wobei Novavax genaugenommen nicht aus ganzen Viren, sondern aus Bestandteilen des Virus besteht.
Deshalb ist die Bezeichnung Totimpfstoff eigentlich recht ungenau, denn Nuvaxovid basiert primär auf Protein-Basis. Als Proteinimpfstoff enthält er winzige Nanopartikel des Erregers, gegen den die Impfung schützen soll.
Die Impfung wird in zwei Dosen verabreicht um den vollen Impfschutz entwickeln zu können.
Der volle Schutz tritt erst nach dem zweiten Stich ein, der 21 Tage nach der Erstimpfung erfolgen sollte. Die Wirksamkeit ist ähnlich hoch wie bei den bisher bekannten Impfstoffen und liegt bei knapp 90 Prozent.
Weil die Impfung auf einer altbekannten Technologie basiert, die man von vielen anderen Impfstoffen kennt, wird sie von Menschen, die den “modernen” Vektorimpfstoffen (AstraZeneca; Johnson & Johnson) bzw. mRNA-Impfstoffen (Pfizer/Biontech bzw. Moderna) kritisch bzw. skeptisch gegenüberstehen, dringlichst erwartet.
Impfstoffe gegen Influenza oder FSME sind auch Totimpfstoffe oder besser gesagt inaktivierte Impfstoffe, die auf dieser Wirkweise basieren.
Unterschied zu mRNA-Impfstoffe und Vektor-Impfstoffe
Anders als die mRNA-Impfstoffe und die Vektor-Impfstoffe, die genetischen Informationen mit dem Bauplan des Spike-Proteins in den menschlichen Körper transportieren, enthält der Impfstoff das komplette Spike-Protein in Kombination mit einem ein Wirkverstärker (Adjuvans). Erst dieser Stoff eine Reaktion des Immunsystems und sorgt dafür, dass das Immunsystem überhaupt aktiviert wird.
Frühere Studien zeigten bereits, dass das Vakzin sicher ist und zu einer robusten Immunantwort bei gesunden erwachsenen Probanden führt. In einer Phase-3-Studie wurde nun in Großbritannien überprüft, wie wirksam der Impfstoff in einer größeren Bevölkerung ist.
Wie wirksam ist der Novavax-Impfstoff gegen das neue Coronavirus?
Die Studie der Phase 3 wurde randomisiert, Beobachter-verblindet und Placebo-kontrolliert in 33 Impfzentren in Großbritannien durchgeführt. Erwachsene zwischen 18 und 84 Jahren erhielten entweder zwei intramuskuläre Dosen von 5 μg NVX-CoV2373 oder einem Placebo im Abstand von 21 Tagen.
Die Wirksamkeit des Impfstoffs wurde anhand virologisch bestätigten milden, moderaten oder schweren SARS-CoV-2-Infektionen ermittelt, bei denen die Symptome mindestens 7 Tage nach der zweiten Injektion begannen und bei Probanden, die zu Beginn der Studie negativ auf eine Coronavirus-Infektion getestet wurden.
Genau 89,7 % der Infektionen, die in der Placebo-Gruppe auftraten, konnten mit dem Impfstoff verhindert werden.
Hinweis: Um die Wirksamkeit eines Impfstoffs zu prüfen, wird verglichen, wie viele Teilnehmer ohne und wie viele trotz der Impfung erkranken. 90 Prozent Wirksamkeit bedeutet dann beispielsweise, dass die Wahrscheinlichkeit, zu erkranken, für geimpfte Personen um 90 Prozent niedriger ist als für ungeimpfte.
Britische Studie mit 14.000 Teilnehmern
14 039 Personen wurden randomisiert und in der Wirksamkeitsanalyse betrachtet. Von diesen litten 44,6 % unter mindestens einer Begleiterkrankung, die als Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe gilt (chronische Atemwegserkrankungen, Herz-, Nieren-, neurologische, Lebererkrankungen, geschwächtes Immunsystem oder Adipositas). Im Durchschnitt waren die Teilnehmer 56 Jahre alt, etwa ein Drittel (27,9 %) war mindestens 65 Jahre alt.
Infektionen mit Symptombeginn frühestens 7 Tage nach der zweiten Injektion wurden bei 10 Personen in der Impfgruppe berichtet und bei 96 Personen in der Placebogruppe. Die Impfwirksamkeit wurde insgesamt so auf 89,7 % geschätzt – d. h. 89,7 % der Infektionen, die ohne Impfung aufgetreten wären, konnten verhindert werden.
In der Impfgruppe musste keine der 10 infizierten Personen klinisch behandelt werden und niemand starb. Es traten im Rahmen der Studie 5 schwere COVID-19-Fälle auf, alle in der Placebo-Gruppe. In einer späteren Analyse zeigte sich eine Impfwirksamkeit von 86,3 % gegen die Alpha-Variante des Coronavirus (B.1.1.7) und von 96,4 % gegen andere Varianten.
Milde, vorübergehende Impfreaktionen
Impfreaktionen waren typischerweise mild und vorübergehend und entsprachen dem bisher von Impfungen bekannten Muster: Schmerzen an der Injektionsstelle, systemisch teils Kopfschmerz oder Erschöpftheit und Muskelschmerzen. Die Zahl ernster unerwünschter Ereignisse war niedrig (0,5 %) und vergleichbar in beiden Gruppen.
Die zweifache Impfung mit NVX-CoV2373 bot demnach erwachsenen Personen 89,7 % Schutz gegenüber einer Infektion mit SARS-CoV-2 und war dabei hochwirksam gegenüber der Alpha-Variante des neuen Coronavirus.
Die Europäische Union (EU) hat bereits 200 Millionen Impfdosen bestellt. [Stand 22.11.21]
Vorteile und Nachteile des Totimpfstzoffes
Vorteil dieser Vakzine ist, dass sie einfach zu lagern sind und sich wesentlich stabiler verhalten als Vektor- und mRNA-Impfstoffe. Der Protein-Impfstoff von Novavax eignet sich daher gut für den Einsatz in wärmeren Ländern, da er sich bereits bei Kühlschrank-Temperaturen lagern und transportieren lässt und so keine aufwendige Kühlinfrastruktur mit sehr niedrigen Temperaturen benötigt.
Nachteil: Die Wirkung dieser Impfstoffe ist üblicherweise nicht so lange anhaltend. “Denn die Immunantwort richtet sich bei der Totimpfung direkt gegen den inaktivierten Impfstoff, während bei Vektor- und mRNA-Impfstoffen das Oberflächenprotein erst von den körpereigenen Zellen gebildet wird, was wiederum zu einer robusten zellulären Immunantwort führt, weshalb die Immunantwort in der Regel bei dieser Art von Impfstoffen auch länger wirkt.” wie die Virologin und Impfstoffexpertin Christina Nicolodi in der Zeitung Kurier sagt.
Die überwiegende Mehrheit an Ärzten rät übrigens davon ab, auf diesen Impfstoff zu warten. Denn auch auch bei den nun kommenden Impfstoffen müsse man erst prüfen, wie gut sie wirken, und wie verträglich sie sind. Die bereits zugelassenen mRNA- und Vektorimpfstoffe seien mittlerweile milliardenfach verimpft, weshalb man breite Erfahrung gewonnen habe und die Sicherheit im angegebenen Rahmen gewährleistet ist.
Auch wegen der möglichen Folgen und Spätfolgen einer CoV-Erkrankung wird empfohlen, sich jedenfalls gleich mit den verfügbaren Impfstoffen impfen zu lassen und nicht weiter zu zuwarten.
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Quellen:
¹ Safety and Efficacy of NVX-CoV2373 Covid-19 Vaccine
Publication: The New England Journal of Medicine
Publisher: assachusetts Medical Society
Scientists: Paul T Heath 1 , Eva P Galiza et al.
Date: Sep, 2021
PMID: 34192426
² Audiobeitrag: Welche neuen Impfstoffe bald kommen sollen (Ö1)
³ DeutschesGesundheitsPortal.de
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