Wie lange ist man nach Corona immun?

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Wie lange ist man nach Corona immun?

ADRIAN SELIGA / seligaa – AdobeStock

Die weltweit mehr oder weniger ungebremste Ausbreitung der Coronapandemie wirft immer weitere Fragen auf. Bedeutet eine überstanden Coronaerkrankung, dass man danach immun gegen eine neuerliche SARS-CoV-2-Infektion ist? Wenn ja, wie lange ist man immun? Und wie lange garantieren Impfungen eine Immunität?


Mit diesen Fragen beschäftigen sich mittlerweile einige wissenschaftliche Studien, die jüngste stammt aus den USA und liefert interessante Antworten, die äußerst hilfreich bei der Einschätzung der aktuellen epidemiologischen Lage sind.

Wie lange ist man nach Corona immun? – Artikelübersicht:

Wie verhält es sich mit der Immunität nach einer Corona-Infektion? Wie lange hält der Impfschutz der jeweiligen Vaccine an? Die Beantwortung dieser Fragen ist von außerordentlicher Relevanz für die Riskoeinschätzung der Pandemie und in weiterer Fiolge die Erstellung eines wirksamen Maßnahmenplans.

Langzeitstudien, die dazu nachhaltige Antworten liefern könnten gibt es logischerweise noch nicht, aber eine nun veröffentlichte Studie des kalifornischen La-Jolla-Instituts für Immunologie gibt nun erstmals Antworten auf einige dieser Fragen.

Studie: Immunologisches Gedächtnis gegen SARS-CoV

Ziel der Studie war es, ein besseres Verständnis des Immungedächtnisses gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln, da dies entscheidend für die Verbesserung von Diagnostika und Impfstoffen sowie für die Beurteilung des wahrscheinlichen zukünftigen Verlaufs der COVID-19-Pandemie ist.

Die Studienautoren aus den USA versuchten herauszufinden, ob nach einer Infektion auch Gedächtniszellen gebildet werden, die vor einer zweiten Infektion schützen können.

Untersucht wurden 188 infizierte Menschen (ohne Impfung) im Alter zwischen 19 und 81 Jahren im Untersuchungszeitraum März bis Oktober 2020. Bei 41 Personen lag die SARS-CoV-2-Infektion mindestens sechs Monate zurück.

Schweregrad der Erkrankung der Getesteten

Von den 188 untersuchten Personen waren 2% symptomlos, 90% wiesen einen milden Verlauf auf, 3% einen moderaten Verlauf mit Spitalsbehandlung und 4% einen schweren Verlauf mit Intensivbehandlung im Spital. Bei einer Person konnte der Status nicht erhoben werden.

Infografik Getestete

American Association for the Advancement of Science – DOI: https://doi.org/10.1126/science.abf4063

Gedächtniszellen sorgen für langfristige Immunität

Neutralisierende Antikörper binden an ein Antigen eines Virus und neutralisieren so die Wirkung, ohne das Virus jedoch zu entfernen.

Bei SARS-CoV-2 kann dieses Antigen beispielsweise das SPIKE-Protein sein, das das Virus benötigt, um in die Zielzelle einzudringen. Nach einer Infektion nimmt die Konzentration der Antikörper zunächst ab. Für die langfristige Immunität sind daher Gedächtniszellen notwendig.

Um SARS-CoV-2-spezifische Gedächtniszellen (B-Zellen) zu identifizieren, wurden fluoreszenzmarkierte multimerisierte Sonden verwendet, um für Spike, RBD und Nucleocapsid spezifische B-Zellen nachzuweisen

Hinweise auf anhaltende Immunität gegen SARS-CoV-2

Es zeigte sich, dass Antikörper (ImmunglobulinG) gegen das Spikeprotein über mehr als sechs Monate stabil waren. SPIKE-spezifische B-Gedächtniszellen kamen nach 6 Monaten häufiger vor als einen Monat nach Symptombeginn. Die Zahl der SARS-CoV-2-spezifischen T-Zellen (CD4+ und CD8+) nahm mit einer Halbwertszeit von drei bis fünf Monaten nach Einsetzen der Symptome ab.

95 % der Patienten hatten 5 bis 8 Monate nach der Infektion noch mindestens drei der vier Immunkomponenten.

Zudem konnten Antikörpern, Gedächtniszellen und CD4+ und CD8+ T-Zellen bis zu 8 Monate nach der Infektion nachgewiesen werden.

Die Ergebnisse deuten daher an, dass die meisten Menschen vermutlich mindestens 8 Monate lang nach einer Infektion immun gegen SARS-CoV-2 bleiben. Theoretisch ist auch eine Immunität über einen längeren Zeitraum möglich, da der Ausbruch der Pandemie aber erst Anfang 2020 erfolgte, liegen dazu bisher kaum valide Daten vor.

Was auf den ersten Blick nicht als sonderlich spektakulär erscheint, könnte sich auf den zweiten Blick als entscheidender Vorteil in der Reduktion schwerer Krankheitsverläufe entpuppen. Denn dieser Zeitraum gibt den Ländern etwas mehr Spielraum bei der Auswahl der prioritären Impfpersonen.

Da jene Personen mit einer bereits überwundenen Infektion eben nicht mehr zur Hochrisikogruppe zu zählen ist, können tatsächliche Risikopatienten schneller geimpft werden.

Dennoch wird aktuell auch Personen mit einer bereits überstandenen Coronainfektion die Impfung gegen SARS-CoV-2 empfohlen, denn es gibt dokumentierte Fälle einer neuerlichen Ansteckung, wenngleich die meisten dieser dokumentierten Neuinfektionen einen moderaten Verlauf aufweisen.

Geringes Risiko für erneute Infektion

Noch ist die Studienlage zu neuerlichen Infektionen nach einer bereits erfolgten Sars-Cov-2 Infektion dünn, doch einige Untersuchungen gibt es bereits. Die jüngsten Untersuchungen zu Reinfektionen stammen aus Katar und aus Großbritannien, beide bewerten das Risiko einer zweiten Coronainfektion mit Symptomen als gegeben, aber sehr gering.

Klar ist, Reinfektionen sind möglich – wenn auch selten. Mit den neuen, mutierten Virusvarianten könnte sich das allerdings ändern.

Derzeit schätzen die Autoren der Studie aus Katar das Risko einer symptomatischen Reinfektion auf nur auf 0,02 Prozent ein. Untersucht wurden 133 266 Probanden, die bereits mit dem Coronavirus infiziert waren. 54 von ihnen haben sich ein zweites Mal angesteckt und auch Symptome gezeigt. >> Studie aus Katar: Assessment of the risk of SARS-CoV-2 reinfection in an intense re-exposure setting

Die Kohortenstudie aus Großbritannien – durchgeführt an 20 000 Krankenhausmitarbeitern – wiederum zeigt, dass eine durchgestandene Infektion und der dadurch aufgebaute Immunschutz das Risiko, sich erneut mit dem Coronavirus anzustecken und dabei auch noch einmal mit Symptomen zu erkranken, um 95 Prozent senkt. >> Studie aus Großbritannien: Do antibody positive healthcare workers have lower SARS-CoV-2 infection rates than antibody negative healthcare workers?

Allerdings gibt es auch schon erste (noch nicht abgeschlossene) Untersuchungen, die zeigen, dass Viren mit einer bestimmten Mutation (E484) durchaus das Potenzial haben könnten, den Schutz der bereits gebildeten Antikörper zu entgehen.

Noch deuten die bisherigen Erkenntnisse aber nicht darauf hin, dass die Betroffenen bei einer zweiten Coronainfektion ähnlich schwer oder gar schwerer erkranken. (Stand: 20.1.21)

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Quellen:

¹ Immunological memory to SARS-CoV-2 assessed for up to 8 months after infection
² www.deutschesgesundheitsportal.de

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

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Linktipps

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– Corona-Reinfektion: Gefährlicher als gedacht
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– Wie gefährlich ist Omikron? Fragen & Antworten
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