Kryotherapie – heilen mit Kälte
Die Kryotherapie ist eine Kältebehandlung zur Entzündungshemmung und Schmerztherapie, kommt aber neben rheumatischen und dermatologischen Erkrankungen auch zu kosmetischen Zwecken zum Einsatz.
Das Wort Kryo stammt aus aus dem griechischen und bedeutet soviel wie: “Eis, Frost, Kälte”. Die Kryotherapie ist also eine Kältebehandlung zur Entzündungshemmung und Schmerztherapie, die z. B. bei Prellungen und rheumatischen Erkrankungen eingesetzt wird. Mit ihr erreicht man eine lokale Unterkühlung des Gewebes zu therapeutischen Zwecken.
Kryotherapie – Artikelübersicht:
Kälteanwendungen werden meistens im Zusammenhang mit Krankengymnastik verordnet. Sie haben auf den Körper eine schmerzlindernde Wirkung und schränken die Nervenleitgeschwindigkeit ein.
Die Kältetherapie wird vor allem zur Beseitigung oberflächlicher Hauterkrankungen eingesetzt, dazu gehören: Warzen, Akneknoten, Altersflecken, Gesichtsflecken, Überverhornungen, Narbenerhöhungen, Blutschwämmchen, Pigmentstörungen, Leberflecken, usw.
Grundlagen
Kälte dämpft Entzündungen aller Art, weil durch eine verringerte Körpertemperatur die Aktivität der Entzündungsmediatoren gehemmt wird.
Der Flüssigkeitsaustritt aus Blut- und Lymphgefäßen verringert sich bei Kälte, die Gefäße verengen sich und die Haut wird spärlicher durchblutet.
Weil die Reflexe des Nervensystems generell herabgesetzt sind, nimmt auch die Schmerzempfindung unter der Haut, beispielsweise in den Gelenken und Muskeln ab. Kurzzeitig regen Kältereize die Muskelaktivität an, die Muskelspannung steigt.
Lang andauernde Kältereize wiederum vermindern die Muskelaktivität, die Muskelspannung wird gesenkt und Verkrampfungen aufgelockert.
Die Anwendungspalette der Kältetherapie ist groß. Kältetherapie ist prinzipiell möglich nach Operationen, Bänder-, Gelenks- und Muskelverletzungen, verschleißbedingten Gelenks- und Wirbelsäulenerkrankungen, spastischen Muskelverspannungen oder bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises im Rahmen einer Schmerztherapie.
Bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wird die Kältetherapie immer dann eingesetzt, wenn ein akuter Entzündungsschub auftritt. In der Kältekammer kann lokale Eisbehandlung, Kaltluft und auch die Ganzkörperkältetherapie zum Einsatz kommen.
Formen der Kältetherapie
Kältekammer: Ganzkörper-Kältetherapie bei -110°C
Bei Kältekammern handelt es sich um Tieftemperaturkammern mit minus 110 Grad Celsius in die der Patient durch eine Schleusenvorkammer gelangt und für eine Dauer von ca. 2 bis 3 Minuten darin verweilt.
Nur Ohren, Hände und Füße werden vor der Kälte geschützt. Die Luftfeuchtigkeit in der Kammer beträgt beinahe null Prozent.
Die Kälteeinwirkung erfolgt derart schnell, dass keine kraftraubenden Negativreaktionen wie des Auftretens von “Gänsehaut” oder “Schüttelfrost” oder Ausschüttung von Adrenalin oder anderen schädlichen Stresshormonen auftreten können. Während des Aufenthaltes in der Kammer bewegen sich die Patienten langsam aber stätig.
Wenn man sich extrem niedrigen Temperaturen in einer Kältekammer (typischerweise zwischen -110°C und -160°C) aussetzt, reagiert der Körper auf diesen extremen Kältereiz: Die Gefäße ziehen sich durch die extreme Kälte zusammen (Vasokonstriktion), wodurch es zu einer verminderten Durchblutung kommt und sich etwa Keime und Bakterien nicht so schnell ausbreiten können.
Sofort nach dem Ende der Kälthetherapie kommt es zu einer sogenannten kompensatorischen vermehrten Durchblutung. Diese verstärkte Durchblutung bringt mehr Sauerstoff und Nährstoffe in die Hautzellen und kann somit den Hautstoffwechsel (Hautmetabolismus) ankurbeln und die Kollagenaktivierung anregen.
Der Hautmetabolismus bezieht sich auf die biochemischen Prozesse, die in der Haut ablaufen, um Zellen zu reparieren, zu erneuern und die Hautfunktionen zu erhalten. Diese Prozesse umfassen die Produktion von Kollagen, Elastin und anderen Proteinen sowie die Zellteilung und die Durchblutung der Haut.
Die Kollagenaktivierung kann wiederum die Haut straffer und elastischer machen, denn Kollagen ist das Stützprotein der Haut. Die vermehrte Ausschüttung kann sie also straffer und rosig machen und damt eine verjüngende Wirkung haben.
Weitere Indikationen der Ganzkörperkältetherapie (GKKT) sind: chronisch entzündliche Gelenkserkrankungen, chronisch entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen, Weichteilrheumatische Erkrankungen, Kollagenosen, Vaskulitiden, postoperative Rehabilitation nach Gelenk- und Wirbelsäulenoperationen, Autoimmunerkrankungen, Psoriasis (Schuppenflächte), Neurodermitis, Lungenerkrankung, Tinnitus uvm.
Auch eine Anwendung aus ästhetischen Gründen ist sinnvoll:
Zur Hautstraffung und Anti-Aging: Die Verbesserung der Durchblutung und der Kollagenproduktion durch Kryotherapie kann zu einer strafferen, jugendlicher aussehenden Haut führen.
Zur Cellulite-Behandlung: Die Kältetherapie wird manchmal eingesetzt, um das Erscheinungsbild von Cellulite zu reduzieren, indem sie die Durchblutung und den Stoffwechsel im betroffenen Bereich anregt.
Auch auf die psychische Gesundheit, zur Stimmungsaufhellung und dem Stressabbau kann sich die Nutzung einer Kältekammer positiv auswirken:
Es gibt Hinweise darauf, dass Kryotherapie positive Effekte auf die psychische Gesundheit haben kann, indem sie die Ausschüttung von Endorphinen und anderen Neurotransmittern wie Noradrenalin und Serotonin fördert. Dies kann bei Depressionen und Angstzuständen hilfreich sein.
Einige Anwender berichten von einer verbesserten Schlafqualität nach der Kryotherapie, was möglicherweise auf die beruhigenden Effekte und die Schmerzlinderung zurückzuführen ist.
Die Kältetherapie darf nicht bei Menschen zur Anwendung kommen, die besonders kälteempfindlich sind oder eine Überreaktion auf Kälte zeigen z.B. Kälteurtikaria (Kälteallergie).
Wichtige Hinweise zur Anwendung:
- Dauer und Häufigkeit: Ein typischer Aufenthalt in der Kältekammer dauert nur wenige Minuten (meist 2-4 Minuten). Übermäßige oder zu lange Exposition kann zu Erfrierungen oder anderen Hautschäden führen.
- Gesundheitszustand: Personen mit Herz-Kreislauf-Problemen oder empfindlicher Haut sollten vor der Nutzung einer Kältekammer ärztlichen Rat einholen. Weitere Kontraindikationen: Bluthochdruck, arterielle Durchblutungsstörungen, Stadien III und IV, Erkrankungen der Herzkranzgefäße, systemischer Sklerodermie und Morbus Raynaud.
- Eingewöhnung: Besonders bei den ersten Anwendungen ist eine langsame Gewöhnung ratsam. Manche Menschen reagieren empfindlicher auf extreme Kälte und sollten die Dauer schrittweise erhöhen.
Oberflächliche Kältetherapie
a.) Kryokurzzeittherapie
Die Ziele der Kryotherapie in dieser Behandlungsform sind: die Reduktion der Ödembildung und die Reduktion von Schmerzen
Anwendung ab 30 Sekunden; mind. 1 x
- reflektorisch
- oberflächlich
- stimulierend (durchblutend)
b.) Kryolangzeittherapie
mind. 20 – 30 Minuten in festgelegten Intervallen
- durch direkten Kälteeinfluß temperaturherabsetzend bis in die Tiefe
- Verringerung der Kapillardurchblutung
- Stoffwechselherabsetzung
- Verringerung der Ödembildung
- Abschwächung entzündlicher Reaktionen
Indikationen der oberflächlichen Kryotherapie:
- alle entzündliche, nichtbakterielle Affektionen des Bewegungs- und Stützapparates (Zerrung, Gelenksüberreizung, Sehnenreizung, …)
- Myalgien
- frische Sportverletzungen
- postraumatische oder postoperative Schwellungen
- entzündliche rheumatische Erkrankungen (z.B. Gicht)
- Epicondylitis humeri (sog.”Tennisarm”)
- akute Schulterschmerzen bei Arthrose oder Sehnenverkalkungen
- Fersensporn
- Entfernung von Blutschwämmchen
Kontraindikationen der Kryotherapie
- Kälte – Hypersensibilität (Urticaria = Nesselauschlag)
- sensible Störungen (gestörtes Wärme- Kälteempfinden)
- Angina Pectoris
- Claudicatio Intermittent
- drophische Störunge
Allgemeine Kontraindikationen der oberflächlichen Kryotherapie:
Mindestens drei Stunden Abstand zum Training oder Wettkampf, da die arthrotendymyotischen Reflexe gestört sind (arthro = Gelenk, tendo = Sehne, Myo = Muskel). Die Koordinations- und Kraftbeeinflußung ist gestört; es kann dadurch zu schlimmen Verletzungen kommen.
Zu weiteren Beachtung: Vermeiden des Kälteschmerzes tritt ein bei einer Gewebstemperatur unter 20 – 15 ° Celsius. Reaktion mit plötzlicher Mehrdurchblutung = Erfrierungsschutz z.B. Eiszehen im Schischuh.
Einige Kältephänomene:
- Schmerzlinderung durch Eisspray: rascher großer Temperaturunterschied bewirkt Anregung aller dynamischer (Gegenteil: konstant) Thermorezeptoren à Gate-Control: viel zu viele Reize gelangen zum Rückenmark, die Eingangskontrolle ist überlastet. Die Reize werden nicht aufgenommen – kein Schmerz
- Es gibt rund fünfmal so viel Kälterezeptoren wie Wärmerezeptoren.
- Behandlungsmöglichkeit über zusammenhängende Segmente
Applikationsmethoden der Kryotherapie
1.) Kältepackungen:
– Icepack (= hydriertes Silikat) – Vorteil der gleichmäßigen Druckverteilung
– Eiswürfel in etwas H2O und in Plastiksackerl.
Achtung, Kältepackung in Vlies, Frotteetuch oder Waschlappenwickeln um Erfrierung von Haut und Knochenkanten vorzubeugen !
2.) Eisabreibung:
– Eiswürfel oder Schneeabreibung
– Eis am Stiel
Wirkung: hauptsächlich reflektorisch, führt zu Stoffwechselanregung.
3.) Kältespray:
Sprühabstand 30 – 40 cm
Sprühdauer 15-20 Sekunden bis Gewebe heller wird
Intervall: 10 Minuten
Im Genitalbereich, Brust – Hand vorhalten.
Gefahr des Kältesprays: Erfrierungen !
Die Erstversorgung einer akuten Weichteil-/Muskelverletzung (Prellung, Zerrung usw.):
- Kompression
- Kryotherapie
- Entlastung
Applikation von Kältepackung:
1 – 3 Tag = akutes Stadium, 5 – 6 Mal täglich, 30 – 40 Minuten
4 – 5 Tag = subakutes Stadium, 3 – 4 Mal täglich, 30 – 40 Minuten
6 – 7 Tag = chronisches Stadium, 2 Mal täglich, 30 – 40 Minuten
Kryolipolyse
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Diese spezielle Form der Kryotherapie wird zur Reduktion von lokalem Fettgewebe verwendet. Durch die kontrollierte Kälteeinwirkung werden Fettzellen zerstört, ohne das umliegende Gewebe zu schädigen.
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Quellen:
¹ Evaluating safety risks of whole-body cryotherapy/cryostimulation (a scoping review from an international consortium; 09/2023)
² The cold truth: the role of cryotherapy in the treatment of injury and recovery from exercise (Kwiecien, S.Y., McHugh, M.P. The cold truth: the role of cryotherapy in the treatment of injury and recovery from exercise. Eur J Appl Physiol 121, 2125–2142; 2021) DOI: https://doi.org/10.1007/s00421-021-04683-8
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Die häufigsten Sportverletzungen
– Psoriasis – großer Leidensdruck für Patienten
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[Verfasst 03/2002, Updates: 03/2014 und 07/2024]