Blähungen – noch immer ein Tabuthema
Fast jeder Dritte leidet darunter, niemand spricht gern darüber, unangenehm sind sie trotzdem: Blähungen.
Während gelegentliche Blähungen störend aber harmlos sind, kann die übermäßige Produktion und Ansammlung von Gas im Verdauungstrakt quälend werden, wenn die Gase nicht entweichen können und sich der Darm aufbläht wie ein Ballon.
Woher die Blähungen kommen und was Sie dagegen tun können, versuchen wir an dieser Stelle für Sie zu beantworten.
Blähungen – Artikelübersicht:
Die Medizin bezeichnet die Aufblähung des Magens bzw. des Darms durch bei der Verdauung gebildete Gase (z. B. Methan, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und andere Gär- bzw. Faulgase) mit zum Teil reichlichem Abgang von Darmgasen (Winde) als Flatulenz (lat. flatus “Wind, Blähung”).
Sitzen diese Darmgase fest und können nicht entweichen, kann es zu äußerst schmerzhaften Bauchkrämpfen bis hin zu Koliken kommen. Diese festsitzenden Blähungen werden als Blähsucht oder Meteorismus bezeichnet.
Blähungen sind für Patienten häufig störend und für Ärzte frustrierend, da wirksame Behandlungsmöglichkeiten begrenzt und nicht immer erfolgreich sind.
Vor allem deshalb ist es für die Patienten entscheidend den Entstehungsmechanismus zu verstehen um bereits frühzeitig reagieren zu können.
Blähungen erfordern eine ganzheitliche Herangehensweise, bei der Ärzte und Patienten eng zusammenarbeiten sollten.
Eine gründliche Diagnostik, einschließlich Anamnese und möglicher Ausschluss organischer Ursachen, bildet die Basis für individuell angepasste Therapieansätze, die von Ernährungsumstellungen über Lebensstiländerungen bis hin zu medikamentösen und naturheilkundlichen Methoden reichen können.
Geduld, Empathie und konsequente Umsetzung der Empfehlungen sind dabei sowohl für Ärzte als auch für Betroffene entscheidend, um langfristig eine Linderung der Symptome zu erreichen.
Hier unser Überblick über die wichtigsten Informationen zum Tabuthema Blähungen für Betroffene.
Ursachen
Blähungen entstehen in erster Linie durch Verdauungsprozesse, an denen Darmbakterien und Enzyme beteiligt sind.
Etwa 11 Liter Gase erzeugt der Darm pro Tag, die zunächst auf 2 Liter komprimiert und dann großteils über die Darmwand in den Blutkreislauf rückgeführt und ausgeatmet werden.
Der Rest macht sich als Wind mehr oder weniger stark, in jedem Fall aber unrühmlich bemerkbar. Im Durchschnitt hat der Mensch täglich ganze 15 bis 20 Mal eine Flatulenz und stößt dabei 500 bis 1500 Milliliter Gase aus. Die müssen aber nicht zwangläufig laut und übelriechend sein – viele verpuffen einfach ungehört und unbemerkt.
Grundsätzlich entstehen bei jedem Verdauungsvorgang Gase. Sie werden von Bakterien produziert, die all jene Speisen im Dickdarm zersetzen, die vorher im Verdauungstrakt nicht verdaut werden konnten.
Kleine Mengen an Luft geraten außerdem beim Essen und Trinken ins Verdauungssystem. Wir verschlucken sie, wenn wir beim Essen viel reden, uns nicht die nötige Zeit lassen und unter Stress stehen.
Bei hastigem Essen wird etwa doppelt so viel Luft mit heruntergeschluckt wie normalerweise.
Das Auftreten einer Flatulenz wird natürlich vor allem durch die Ernährung bestimmt. Eine deutliche Steigerung der üblichen Gasproduktion kann z. B. durch Hülsenfrüchte bewirkt werden. Aber auch bei Milchallergie (Unverträglichkeit gegenüber Kuhmilcheiweiß), Histamin-Intoleranz und Lactoseintoleranz (Unverträglichkeit gegenüber Milchzucker) kann es zu starker Flatulenz kommen.
Auch Zöliakie, also die Unverträglichkeit von Gluten (Klebereiweiß des Getreides) kann für übermäßige Blähungen verantwortlich sein. Eine sichere Diagnostik kann in diesem Fall allerdings nur durch eine Dünndarmbiopsie erfolgen. Weitere Ursachen oder zumindest Verstärker der Flatulenz sind:
- Nikotin
- zu viel Kaffee
- frisches Brot
- übermäßiger Konsum von Alkohol (besonders Bier)
Gar nicht selten ist das Auftreten verstärkter Blähungen nach der Raucherentwöhnung. Nach langjährigem Rauchen bedeutet der Wegfall gewisser (verdauungsfördernder) Rauchinhaltsstoffe eine ziemliche Umstellung für den Körper, die nicht selten mit Blähungen und Gewichtszunahme einhergeht.
Nach Ansicht vieler Mediziner kann diese Umstellung bis zu einem jahr nach Beendigung des Rauchens dauern. Kommen zu den Blähungen noch Bauchschmerzen, Erbrechen, Übelkeit oder ein verändertes Stuhlverhalten hinzu, so sollten die Ursachen mit einem Arzt abgeklärt werden.
Es könnten Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes vorliegen: Reizmagen, Reizdarm, Magenschleimhautentzündung usw. Auch eine Besiedelung des Darms mit sogenannten Candida-Pilzen wäre denkbar.
Ernährungsbedingte Auslöser von Blähungen
Zwiebeln und Knoblauch, Kohl, Hülsenfrüchte (z. B. Bohnen, Linsen, Erbsen), unreifes Obst, Gurken und generell Rohkost, Schlagobers, Softeis, Eiskaltes, Fettes und Kaffee sind besonders blähungsfördernd. Zudem: Schweinefleisch, Milchzucker, Süßigkeiten, frisches Brot, Vollkornprodukte – all das sind Nahrungsmittel, die mehr Blähungen erzeugen können als andere.
Ballaststoffreiche Lebensmittel wirken vor allem zusammen mit zuckerhaltiger Nahrung sowie mit Obst und Fruchtsäften blähend.
Manche Menschen reagieren grundsätzlich auf zuckerhaltige Nahrung mit Blähungen, bei manchen lösen Nahrungsmittelzusätze wie Sorbit (ein Zuckeraustauschstoff) Blähungen aus. Auch Fertiggerichte, Konservenkost oder stark kohlensäurehaltige Mineralwässer können ursächlich sein.
Was schafft Abhilfe?
Erleichterung schaffen altbewährte Hausmittel wie Tees aus Kümmel, Fenchel, Melisse, Anis, Pfefferminze und auch Enzian. Äußerlich angewendet hilft Kümmelöl, das in kreisenden Bewegungen im Uhrzeigersinn auf den Bauch aufgetragen wird.
Die Pharmaindustrie bietet sogenannte Entschäumer, die die vielen kleinen Gasbläschen im Verdauungsbrei auflösen, in Kapselform oder als sogenannte Suspension an (z. B. Lefaxin© von Bayer).
Luft und Darmgase können dadurch vom Körper aufgenommen werden und ihn auf natürlichem Weg verlassen. Der unangenehme Druck und das Spannungsgefühl im Bauch lassen nach.
Die Wirkung ist rein physikalisch, der Wirkstoff selbst wird vom Körper nicht aufgenommen und unverändert wieder ausgeschieden.
Neben dem Einsatz von entblähenden Medikamenten (z.B. Simeticon) kommen bei der medikamentösen Therapie je nach diagnostizierter Ursache der Blähungen auch noch Probiotika zur Unterstützung der Darmflora und bei Unverträglichkeiten Enzympräparate (z.B. Laktase) in Frage.
Ernährungstipps:
- Essen Sie vorwiegend Speisen, die leicht verdaulich sind. Zu viele Ballaststoffe, scharf gewürzte, zu süße oder zu fette Speisen sollten Sie ebenso meiden, wie zuviel rohes Gemüse. Besser ist blanchiertes oder gedünstetes Gemüse, das aber noch knackig sein darf.
- Langsames Essen und das gute Einspeicheln der Nahrung können Wunder wirken. Außerdem sollte gut gekaut werden.
- Hektisches Essen, Stress, Nervosität und seelische Belastungen – auch das bringt den Darm zum Rumoren.
- Regelmäßige Bewegung bringt auch den Darm in Schwung.
- Mahlzeiten und Stuhlgang sollten zu den gleichen Tageszeiten erfolgen, um der Verdauungstätigkeit eine tageszeitliche Rhythmik zu geben.
- Essen Sie nie zu spät. Am besten nehmen Sie Ihre letzte Mahlzeit vor 19 Uhr ein und verzichten am Abend auf schwere Gerichte, die Ihren Magen belasten.
- Bei Bauchschmerzen helfen Wärme (Thermofor, Warmbad) und eine leichte Bauchmassage.
Auch naturheilkundliche Ansätze können hilfreich sein:
- Tees mit Kümmel, Fenchel, Anis zur Linderung
- Wärmeanwendungen auf dem Bauch
- Bauchmassagen
Wenn Blähbauch und Völlegefühl, womöglich sogar Bauchkrämpfe oder Koliken unabhängig vom Essen bzw. auf leeren Magen auftreten oder auf Dauer alle Hausmittel gegen die Blähungen wirkungslos bleiben, so ist ein Arztbesuch allerdings dringend anzuraten.
Wichtig für Betroffene:
- Konsequente Umsetzung der Ernährungs- und Lebensstilempfehlungen
- Genaue Beobachtung auslösender Faktoren
- Offene Kommunikation mit dem behandelnden Arzt
- Geduld, da die Besserung oft einige Zeit in Anspruch nimmt
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Quelle:
¹ Physiology, evaluation, and treatment of bloating: hope, hype, or hot air? (Lacy, B. E., Gabbard, S. L., & Crowell, M. D. (2011). Pathop; Gastroenterology & hepatology, 7(11), 729-739.) PMID: 22298969
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Linktipps
– Fenchel gegen Blähungen | Heilpflanzenlexikon
– Verdauungsstörung – wenn der Darm steikt
– Das Bauchgehirn – Erkenntnisse der Neurogastroenterologie
– Rohkost – gesunde Lebensweise oder Mangelernährung?
– 5 Tipps für die Ernährung bei Zöliakie
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– Schlehdorn gegen Verdauungsstörungen
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