Reizdarm-Syndrom (RDS) | Medizinlexikon

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Frau mit Reizdarm-Syndrom (RDS)

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Bauchschmerzen, Durchfall oder schmerzhafte Verstopfung – so zeigt sich das Reizdarm-Syndrom. Ursache sind oft Stress und falsche Ernährung.


Reizdarm oder auch: Reizdarmsyndrom, irritables Colon, nervöser Darm, Colon irritable, Reizkolon, Kolonneurose, spastisches Kolon kolon, ist eine häufig auftretende funktionelle Darmerkrankung mit sehr vielseitigen/unterschiedlichen Beschwerden im Mittel- und Unterbauch.

Reizdarm-Syndrom – Artikelübersicht:

Dabei kann der gesamte Verdauungstrakt betroffen sein. Ca. 20 % der heimischen Bevölkerung leiden irgendwann in ihrem Leben an einem Reizdarmsyndrom – Frauen häufiger als Männer.

Unter dem Reizdarmsyndrom leidet jeder vierte Österreicher. Bei vielen ist der Reizdarm noch nicht klar diagnostiziert: Sie leiden still, nicht nur unter den Symptomen, auch unter mangelnder Lebensqualität.

Früher standen Betroffene leicht im Verdacht, eingebildete Kranke zu sein, die ihrer Verdauung zu viel Aufmerksamkeit schenken. Doch mittlerweile ist das Reizdarmsyndrom (RDS) als Krankheit akzeptiert, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Symptome

Durchfall, Bauchkrämpfe, unterschiedliche Stuhlgewohnheiten oder Stuhlformen, Blähungen, Völlegefühl, Übelkeit, Gereiztsein, Flatulenz, Schleimabgang beim Stuhl u. a.

Bauchschmerzen sind das Hauptproblem, hinzukommen Verstopfung oder Durchfall. Wenn diese Kombination von Verdauungsbeschwerden während des zurückliegenden Jahres, auch mit Unterbrechungen, für mindestens zwölf Wochen andauerte, ohne dass Ärzte einen konkreten Grund entdecken können, sprechen Mediziner von einem Reizdarmsyndrom.

Ursachen

Warum manche Menschen an RDS leiden und andere nicht? Das ist derzeit noch nicht genau geklärt. Psychische Faktoren, wie Stress und Ärger, aber auch negative Erlebnisse in der Kindheit, können Auslöser für ein RDS sein. Das ist aber nicht bei allen Patienten der Fall. Auch eine veränderte Darmflora (Besiedelung des Darmes mit natürlicher Weise vorkommenden Mikroorganismen) wird als Auslöser eines RDS diskutiert.

Ursache für die Symptome ist eine veränderte Wahrnehmung von Reizen aus dem Verdauungstrakt. Aus Magen und Darm werden andauernd Signale zum Gehirn ausgesendet.

Normalerweise werden diese Signale aber nicht bewusst wahrgenommen. Bei RDS-Patienten reagiert der Darm in erhöhtem Ausmaß auf normale Reize, wie z.B. Füllung mit Speisebrei oder Stress. Dadurch kommt es zu veränderten Muskelbewegungen im Darm, d.h. zu Verstopfung oder Durchfall und zur Schmerzwahrnehmung.

Bisher bekannte bzw. vermutete Ursachen sind:

  • gestörte Darmflora
  • psychischer Stress (häufig)
  • schlechte Ernährung
  • gestörte Darmperistaltik (Motilitätsstörung)
  • erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut
  • Infektionen im Magen-Darm-Bereich (oft auch nach Verwendung von Antibiotika)
  • niedrige Schmerzschwelle im Magen-Darm-Bereich
  • Nahrungsmittelunverträglichkeit (relativ neue Annahme)
  • Gestörter Serotoninhaushalt

Die Forschungen bezüglich der Ursache eines RDS konzentrieren sich derzeit auf Serotonin. Serotonin ist ein Botenstoff im Gehirn, aber auch im so genannten “Bauchhirn”. Es überträgt Informationen, auf die das Nervensystem des Verdauungstraktes (“Bauchhirn”) reagieren kann.

Das “Bauchhirn” empfängt und sendet Informationen an das zentrale Nervensystem (Gehirn), arbeitet aber unabhängig von diesem. Es reguliert die Verdauung, die Beweglichkeit des Magen-Darm-Traktes und liefert Informationen über Sättigung, Übelkeit, Schmerzen, Blähungen, usw. Serotonin ist dabei ein wichtiger Überträgerstoff dieser Informationen.

Es steuert dadurch z.B. die Muskelbewegungen des Darmes, damit Nahrung weitertransportiert werden kann, es ist aber auch an der Wahrnehmung von Darmbewegungen, und somit beim RDS an der Schmerzwahrnehmung beteiligt.

Diagnose

Um ein Reizdarmsyndrom zu diagnostizieren, sind vorher einige Untersuchungen notwendig. Laborbefund, ein Stuhltest, Sonographie (Ultraschall), Magenspiegelung, Darmspiegelung und andere gehören wohl leider dazu. Vor einer Diagnose sollte auch ein intensives Gespräch mit dem Hausarzt erfolgen, um andere (bedrohlichere) Krankheiten definitiv auszuschließen.

Wenn folgende Kriterien erfüllt sind, spricht man von Reizdarmsyndrom (RDS): Mindestens zwölf Wochen lang Bauch- oder Unterleibsschmerzen und wenn dazu zwei der folgenden Merkmale hinzukommen:

  • Beschwerden bessern sich nach einem Stuhlgang
  • das Aussehen des Stuhls verändert sich
  • Häufigkeit des Stuhlgangs ändert sich

Achtung: Das Reizdarmsyndrom ist nicht die einzige Erkrankung, die diese Symptome hervorrufen kann. Auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktoseintoleranz (Unverträglichkeit für Molkereiprodukte) oder Sprue (Zöliakie), eine Unverträglichkeit für ein Eiweiß, enthalten in Weizen und anderen Lebensmitteln, müssen als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden.

Behandlung von Reizdarm

Auch wenn Reizdarm keine bedrohliche Krankheit ist, so ist die Lebensqualität bei einer Reihe von Betroffenen drastisch eingeschränkt u. a. durch die ständigen Schmerzen, unangenehme Stuhlgewohnheiten, Krankschreibungen und durch die Entwicklung sozialer Phobien.

Es ist jedenfalls unangenehm, störend und psychisch sehr belastend, da vor der Diagnose “Reizdarm” oft andere Erkrankungen, wie z. B. Darmkrebs, befürchtet werden. Das Reizdarmsyndrom sollte also unbedingt behandelt werden (was aber viele Menschen nicht machen und so chronisch am Reizdarm leiden).

Folgende Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung:

  • Diätberatung
  • stuhlerweichende Medikamente
  • alternativmedizinische Methoden wie z. B. Akupunktur
  • Bewegung machen, Sport betreiben
  • genaue Beobachtung der eventuellen Auslöser (Stress, schlechte Ernährung, einseitige Ernährung, zu geringe Flüssigkeitsaufnahme) und in Folge auch entsprechende Reaktion auf die Auslöser (Entspannung, Psychotherapie, Yoga, Ernährungsumstellung etc.)
  • psychologische Beratung
  • etc.

Ein grundsätzliches Problem von Medikamenten gegen Darmbeschwerden dieser Art sind aber ihre Nebenwirkungen. Man muss damit rechnen, dass ein Mittel gegen Durchfall Verstopfungen auslöst, wenn es zu stark wirkt. Umgekehrt können Mittel gegen Verstopfung zu Durchfall führen. Solche Nebenwirkungen würden also letztlich nur ein Problem gegen ein anderes austauschen.

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Quelle:

¹ Initiative Gesunder Darm

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Linktipps

– Blähungen
– Papaya gegen Reizdarmsyndrom?
– Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni)
– Baobab – der Affenbrotbaum und seine gesunden Baumfrüchte
– Medizinisches Cannabis: welche Sorten, für welche Anwendung?
– Medizinlexikon Irrigoskopie

Zur Information: Diese Informationen wurden – im Sinne mündiger Patienten – für interessierte Laien eingerichtet. Keinesfalls dürfen sie als Ersatz für medizinsche Beratung und Hilfe seitens qualifizierten Personals aus dem jeweiligen Fachbereich angesehen oder eingesetzt werden. Kontaktieren Sie bei Beschwerden jedenfalls den Arzt Ihres Vertrauens!

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