Galcanezumab zur Migräneprophylaxe: Migränespritze überzeugt
Galcanezumab ist ein Medikament zur Migräneprophylaxe, das sich als vielversprechend erwiesen hat. Es wird zumeist einmal pro Monat als subkutane Injektion verabreicht.
Galcanezumab ist für die Vorbeugung der Migräne von Erwachsenen sinnvoll, die an mindestens vier Tagen im Monat an Migräneattacken leiden. Die Kosten sind mit aktuell 400.- bis 500.- Euro pro Einheit aber sehr hoch.
Galcanezumab zur Migräneprophylaxe – Artikelübersicht:
- Wirkstoff Galcanezumab
- Wirkungsweise, Anwendung, Kosten
- Aktuelle Studien- und Forschungsergebnisse
- Linktipps
Die sogenannte Migränespritze kann Patienten mit sehr häufigen und starken Migräneanfällen als vorbeugende Therapie Linderung verschaffen.
Eine aktuelle Netzwerk-Metaanalyse aus China hat die Wirksamkeit und Sicherheit von Galcanezumab zur Migräneprophylaxe nun erneut bestätigt.
Wirkstoff Galcanezumab
Galcanezumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der den Botenstoff Calcitonin-Gene-Related-Peptide-System (CGRP) direkt neutralisiert.
Ein humanisierter monoklonaler Antikörper besteht aus menschlichen Aminosäuresequenzen und enthält keine Aminosäuresequenzen einer Fremdspezies. Im Gegensatz zu chimären und humanisierten Antikörpern tragen humane monoklonale Antikörper das geringste Risiko, eine unerwünschte Immunantwort auszulösen.
CGRP ist ein Protein, das im Körper vorkommt. In der Pathophysiologie der Migräne spielt CGRP eine wichtige Rolle, weil es an der Entstehung und Verschlimmerung von Migräneanfällen beteiligt ist.
Wenn jemand eine Migräneattacke hat, scheint CGRP vermehrt freigesetzt zu werden. Dieses Protein wirkt dann auf verschiedene Bereiche im Gehirn, die an der Schmerzverarbeitung beteiligt sind. Es verursacht eine Erweiterung der Blutgefäße im Gehirn und erhöht die Empfindlichkeit der Nerven, die Schmerzsignale senden.
Das führt dazu, dass die Person den typischen Kopfschmerz und andere Symptome einer Migräne spürt, wie zum Beispiel Übelkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit.
Durch die Blockade von CGRP mit Medikamenten wie Galcanezumab wird versucht, diese Prozesse zu beeinflussen und die Häufigkeit und Schwere von Migräneanfällen zu reduzieren. Indem man die Wirkung von CGRP blockiert, kann man hoffentlich die Schmerzsignale im Gehirn verringern und die Blutgefäße normalisieren, was dazu beitragen kann, Migräneattacken zu verhindern oder zu lindern.
Galcanezumab zeigte in drei großen Phase-3-Studien eine signifikant höhere Wirksamkeit als Placebo bei der Reduktion der Migränetage und Verbesserung der Lebensqualität2. Es wird durch eine subkutane Injektion mit einem Autoinjektor von den Patienten selbst verabreicht.
Nach dem Wirkstoff Erenumab ist nun auch Galcanezumab seit November 2018 in der EU zugelassen und zwar für die Vorbeugung der Migräne von Erwachsenen, die an mindestens vier Tagen im Monat an Migräneattacken leiden.
Wirkungsweise, Anwendung, Kosten
Galcanezumab ist ein Medikament zur Migräneprophylaxe, das sich als vielversprechend erwiesen hat. Hier sind die wichtigsten Informationen, die Betroffene darüber wissen sollten:
Wirkungsweise: Galcanezumab gehört zur Klasse der monoklonalen Antikörper und zielt darauf ab, die Häufigkeit und Schwere von Migräneanfällen zu reduzieren. Es wirkt, indem es das Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) blockiert, ein Protein, das an der Entstehung von Migräne beteiligt ist.
Anwendung: Galcanezumab wird subkutan (unter die Haut) injiziert. Die übliche Dosierung beträgt einmal monatlich eine Injektion, aber einige Patienten könnten von einer alle zwei Monate stattfindenden Injektion profitieren. Man muss den Wirkstoff injizieren, weil die enthaltenen Eiweiße im Magen aufgelöst und dadurch unwirksam werden. Diese sogenannten Migräne-Spritzen sind neuartige Medikamente zur Vorbeugung von Migräne. Üblicherweise erfolgt die erste Injektion durch den behandelnden Arzt, danach können sich Patienten den Wirkstoff mittels Fertigpen selbst verabreichen.
Wirksamkeit: Die Verabreichung erfolgt ausschließlich zur Prophylaxe, also vorbeugend, nicht zur Behandlung von Migräne. Klinische Studien haben gezeigt, dass Galcanezumab die Anzahl der Migränetage pro Monat signifikant reduzieren kann, sowohl bei episodischer als auch bei chronischer Migräne. Es kann auch die Schwere der Migräneanfälle verringern und die Lebensqualität verbessern.
Nebenwirkungen: Die häufigsten Nebenwirkungen von Galcanezumab sind Reaktionen an der Injektionsstelle, wie Rötung, Schwellung oder Juckreiz. Einige Patienten berichten auch von Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Durchfall. Es ist wichtig, alle Nebenwirkungen Ihrem Arzt mitzuteilen.
Vorsichtsmaßnahmen: Galcanezumab sollte nicht angewendet werden, wenn Sie allergisch darauf reagieren oder auf einen seiner Bestandteile. Es kann auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten geben, daher ist es wichtig, Ihren Arzt über alle Medikamente zu informieren, die Sie einnehmen.
Schwangerschaft und Stillzeit: Schwangere und stillende Frauen, aber auch Kinder mit Migräne müssen auf andere Migräne-Medikamente ausweichen, da die Datenlage aktuell für die Anwendung bei diesen Personengruppen unzureichend ist. (Stand: 03/2024)
Langzeitnutzen: Die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit von Galcanezumab sind noch nicht vollständig bekannt. Es ist wichtig, regelmäßige Nachuntersuchungen durchzuführen und mit Ihrem Arzt über Ihre Erfahrungen und Bedenken zu sprechen.
Kosten: Die Kosten pro Dosis (120 mg 1 x monatllich) betragen derzeit ca. 450.- bis 500.- EUR). In Österreich befindet sich das Präparat mit dem Wirkstoff Galcanezumab in der grünen Box des Erstattungskodex. Es kann auf Kosten der Sozialversicherung verordnet werden, wenn die Indikationsstellung, Erstverordnung und regelmäßige Kontrollen des Ansprechens durch eine Fachärztin/einen Facharzt für Neurologie erfolgen und die Kriterien des Indikationstextes eingehalten werden.
Mit Kassenrezept ist das Medikament also für den Patienten nur gegen Zuzahlung der Rezeptgebühr (2024: 7,10 EUR) ohne weitere Kosten erhältlich. Ohne Kassenrezept, also nur mit Privatrezept sind die vollen Kosten zu bezahlen.
Aktuelle Studien- und Forschungsergebnisse
Eine aktuelle Netzwerk-Metaanalyse aus China hat sich mit der Wirksamkeit und Sicherheit von Galcanezumab zur Migräneprophylaxe beschäftigt.
Die optimale Galcanezumab-Dosis wurde bislang noch nicht untersucht. Chinesische Wissenschaftler haben eine Netzwerk-Metaanalyse durchgeführt, um die Wirksamkeit verschiedener Galcanezumab-Dosen zur Migräneprophylaxe zu vergleichen.
Bisher lautet das Schema wie folgt:
Die übliche Initialdosis von Galcanezumab beträgt 240 mg, die als zwei aufeinanderfolgende Injektionen von jeweils 120 mg verabreicht werden. Diese Initialdosis wird typischerweise zu Beginn der Behandlung gegeben, um eine schnelle und wirksame Blockade des Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) zu erreichen und die Migräneanfälle zu kontrollieren.
Nach der Initialdosis wird die Aufsättigungsdosis monatlich verabreicht. In der Regel beträgt die monatliche Aufsättigungsdosis 120 mg, die als eine einzelne Injektion verabreicht wird. Diese Aufsättigungsdosis soll sicherstellen, dass die Blockade von CGRP aufrechterhalten wird und die Wirksamkeit der Behandlung langfristig erhalten bleibt.
Die jüngste Untersuchung deutet aber darauf hin, dass eine höhere Dosis von 240 mg Galcanezumab möglicherweise besonders wirksam sein könnte als die Standarddosis von 120 mg einmal pro Monat. Diese Erkenntnisse sind vielversprechend, da sie zeigen, dass eine Anpassung der Dosierung die Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Migräne verbessern könnte.
Vergleich unterschiedlicher Dosierungen: Galcanezumab zur Migräneprophylaxe
Die Autoren ermittelten relevante Studien mit Veröffentlichungsdaten bis 31. August 2020 in einer systematischen Suche in medizin-wissenschaftlichen Datenbanken, unter anderem in PubMed, Ovid MEDILNE, Ovid EMBASE und der Cochrane Library.
Es wurden randomisierte klinische Studien mit erwachsenen Migränepatienten analysiert, in denen die Galcanezumab-Therapie bewertet und klinische Ergebnisse berichtet wurden. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war die monatliche Veränderung der Migränekopfschmerztage (MHD). Der primäre Sicherheitsendpunkt waren behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse (TEAE).
Insgesamt wurden 8 randomisierte klinische Studien mit 4 720 Patienten in die Analyse einbezogen. Im Hinblick auf die Wirksamkeit reduzierte Galcanezumab die monatlichen Migränekopfschmerztage signifikant im Vergleich zum Placebo.
Basierend auf den diesen Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass eine höhere Dosis von 240 mg Galcanezumab möglicherweise besonders wirksam sein könnte, könnte sich das Dosierungsschema in Zukunft ändern.
Hier sind einige mögliche Änderungen, die basierend auf diesen Erkenntnissen diskutiert werden könnten:
Initialdosis: Anstatt 240 mg als Aufteilung in zwei Injektionen von jeweils 120 mg zu verabreichen, könnte eine höhere Initialdosis von 240 mg als einzelne Injektion gegeben werden, um eine schnelle und wirksame Blockade von CGRP zu erreichen.
Aufsättigungsdosis: Die monatliche Aufsättigungsdosis könnte möglicherweise auch auf 240 mg erhöht werden, um eine kontinuierliche und wirksame Blockade von CGRP aufrechtzuerhalten. Dies könnte insbesondere für Patienten mit schweren oder therapieresistenten Migräneanfällen von Vorteil sein.
Individuelle Anpassung: Das Dosierungsschema könnte in Zukunft möglicherweise individuell angepasst werden, basierend auf dem Ansprechen des Patienten auf die Behandlung, dem Schweregrad der Migräne, möglichen Nebenwirkungen und anderen Faktoren. Einige Patienten könnten von einer höheren Dosis profitieren, während andere möglicherweise mit der Standarddosis gut zurechtkommen.
Indem die Dosis von Galcanezumab erhöht wird, könnte eine stärkere Blockade des Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) erreicht werden, was zu einer noch besseren Kontrolle der Migräneanfälle führen könnte. Dies könnte insbesondere für Patienten mit schweren oder therapieresistenten Migräneanfällen von Vorteil sein.
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Quellen:
¹ CGRP-monoklonale Antikörper
² Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Galcanezumab (Emgality®)
³ Efficacy and safety of galcanezumab for migraine: evidences from direct and indirect comparisons. (Wang X, Song J, You C. in Int J Neurosci. 2023 Dec;133(8):925-933) DOI: 10.1080/00207454.2022.2098732
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Neurologie was ist das?
– Migräne | Krankheitslexikon
– Diagnose: chronische Migräne
– Wenn Kinder unter Migräne leiden