Vorderer Kreuzbandriss: Ursachen, Symptome und Behandlung

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (17 Bewertungen, Durchschnitt: 4,18 Sterne von 5)
Vorderer Kreuzbandriss; Kreuzbandruptur: Ursachen, Symptome und Behandlung

Fotocredit: Angel Simon | Fotolia

Ein vorderer Kreuzbandriss ist eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes im Kniegelenk. Sie ist in den meisten Fällen die Folge eines Sportunfalls.


Durch diesen Riss kommt es zu einer Schwächung der Stabilität des betroffenen Knies. In diesem Artikel werden wir die Definition dieser Verletzung sowie ihre Häufigkeit und die verschiedenen Aspekte im Zusammenhang mit Ursachen, Symptomen, Diagnose, Behandlung und Rehabilitation betrachten.

Vorderer Kreuzbandriss – Artikelübersicht:

Der vordere Kreuzbandriss, auch als vordere Kreuzbandruptur oder ACL-Riss bekannt, ist eine ernste Verletzung des Kniegelenks, die häufig bei Sportlern auftritt.

Vorderer Kreuzbandriss – Was ist das?

Das vordere Kreuzband ist eines der zentralen Bänder im Kniegelenk und spielt eine entscheidende Rolle bei der Stabilität des Gelenks.

Eine Ruptur dieses Bandes, also ein vorderer Kreuzbandriss, ist eine Verletzung, die oft durch plötzliche Stopps, Richtungswechsel oder Kollisionen verursacht wird.

Die Häufigkeit von vorderen Kreuzbandrissen ist in den letzten Jahren gestiegen, insbesondere im Bereich sportlicher Aktivitäten.

Athleten, die in Sportarten mit vielen schnellen Bewegungen und Drehungen involviert sind, haben ein erhöhtes Risiko für diese Verletzung.

Ursachen

Besonders typisch ist die Verletzung bei Sportarten, die schnelle Richtungswechsel, abrupte Stopps und hohe Belastungen für das Kniegelenk involvieren.

Hier eine Auswahl:

Fußball: Schnelle Richtungswechsel, plötzliche Stops und die Kombination von Laufen und Sprüngen können das Verletzungsrisiko erhöhen.

Basketball: Sprünge, Landungen und abrupte Stopps während des Spiels können zu Kreuzbandverletzungen führen.

Skifahren (Ski alpin): Bei Skifahrern, insbesondere während Stürzen oder bei falschen Landungen nach Sprüngen, besteht ein erhöhtes Risiko.

Tennis: Schnelle Richtungswechsel auf dem Platz und die Notwendigkeit, plötzlich zu stoppen, können das Knie belasten.

American Football und Rugby: Kontaktsportarten wie American Football können zu Kollisionen und unvorhersehbaren Bewegungen führen, was das Risiko für Knieverletzungen erhöht.

Skateboarding und Inlineskaten: Stürze und Landungen nach Tricks können zu Verletzungen des vorderen Kreuzbandes führen.

Aber auch bei Handball und Volleyball gibt es ein erhöhtes Risiko für einen vorderen Kreuzbandriss.

Anatomie und Funktion des vorderen Kreuzbandes

Das vordere Kreuzband (VKB) ist ein wichtiger Bestandteil des Bandapparates des Kniegelenks und spielt eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung des Kniegelenks.

Es verbindet den Oberschenkelknochen (Femur) mit dem Schienbein (Tibia) und verläuft von posterior, superior und lateral nach anterior, inferior und medial.

Das VKB besteht aus einer Vielzahl kleinerer Faserbündel, die von lockerem Bindegewebe umgeben sind und hauptsächlich aus straffem, kollagenfasrigem Bindegewebe (Typ-I-Kollagen) bestehen.

Histologisch lässt sich keine definierte Grenze zwischen dem vorderen und hinteren Kreuzband ziehen. Das VKB entspringt an der Innenfläche des Condylus ossis femoris lateralis (eine der beiden Ausbuchtungen am distalen Ende des Oberschenkelknochens).

Das vordere Kreuzband ist das wichtigste und am meisten belastete Band des Kniegelenks und spielt eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung des Kniegelenks, insbesondere bei Flexion, Extension und Rotationsbewegungen. Es ist auch das am häufigsten von Sportverletzungen betroffene Band des Kniegelenks.

Symptome

Typische Symptome eines vorderen Kreuzbandrisses sind stechende Schmerzen, starke Schwellung des betroffenen Kniegelenks, ein deutlich hörbares Knack- oder Knallgeräusch bei der Verletzung, sowie eine funktionelle Instabilität des Kniegelenks.

Oft geht der Riss mit einem Ruck im Kniegelenk einher, und der Patient kann sein Knie nicht mehr in vollem Umfang bewegen. Zudem kann es zu einem “Wackelknie” kommen, bei dem das Knie bei Belastung “wegknickt” (Giving-way-Phänomen).

Ein vorderer Kreuzbandriss ist oft mit Begleitverletzungen verbunden, insbesondere im Bereich des Innenmeniskus und des Innenbands. Diese Komplexverletzungen können die Symptome verschärfen und die Behandlung komplexer gestalten.

Es ist daher wichtig zu erkennen, dass ein vorderer Kreuzbandriss oft nicht isoliert auftritt und dass die Begleitverletzungen sorgfältig bewertet werden müssen, um die bestmögliche Behandlung und Rehabilitation zu gewährleisten.

Typische Begleitverletzungen (Komplexverletzung)

  • Innenmeniskusverletzungen: Durch die plötzlichen Bewegungen oder die Instabilität, die durch den Kreuzbandriss entsteht, kann der Innenmeniskus eingeklemmt, gequetscht oder sogar eingerissen werden.
  • Innenbandverletzungen: Der Innenbandriss tritt häufig auf, wenn das Knie nach außen gedrückt wird, was bei vielen Unfällen, die zu einem Kreuzbandriss führen, der Fall ist.

Diagnose

Die typischen diagnostischen Verfahren zur Feststellung eines vorderen Kreuzbandrisses umfassen:

  • Klinische Untersuchung durch einen Arzt, einschließlich spezifischer Tests zur Prüfung der Stabilität des Kniegelenks.
  • Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Computertomographie (CT) zur detaillierten Darstellung der Verletzung.
  • Spezifische Tests wie der Lachman-Test und der vordere Schubladentest, die eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes aufzeigen können.
  • Therapie

    Bei den Behandlungsmöglichkeiten werden konservative und operative Therapieansätze unterschieden.

    Konservative Therapieansätze

    Die Wahl zwischen konservativen und operativen Therapieansätzen hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Schwere der Verletzung, dem Alter des Patienten, dem Aktivitätsniveau und individuellen Präferenzen.

    Konservative Ansätze werden oft in Betracht gezogen, wenn der Riss partiell ist oder der Patient nicht für eine Operation geeignet ist.

    Physiotherapie und das Tragen von Knieorthesen sind konservative Ansätze, jedoch kann dies je nach Schweregrad der Verletzung variieren.

    Physiotherapie

    Dabei entwickelt der Physiotherapeut ein auf den Patienten zugeschnittenes Übungsprogramm, das die Muskulatur stärkt und die Bewegungsfreiheit verbessert.

    Gezielte Übungen zur Stabilisierung des Kniegelenks und zur Wiederherstellung der vollen Beweglichkeit werden durchgeführt.

    Vorteile: Geringere Invasivität, keine Operationsrisiken, oft kostengünstiger.
    Nachteile: Erfordert Geduld, möglicherweise nicht so effektiv bei bestimmten Rissen.

    Knieorthesen und Stützgeräte

    Dabei trägt der Patient eine Knieorthese, um das Knie zu stabilisieren und eine Überlastung zu verhindern.

    Eine Knieorthese ist eine speziell entworfene Bandage oder Vorrichtung, die am Kniegelenk getragen wird, um Unterstützung zu bieten, die Bewegung einzuschränken oder zu stabilisieren. Diese orthopädische Vorrichtung kann in verschiedenen Formen und Größen erhältlich sein, abhängig von der Art und Schwere der Knieverletzung oder der individuellen Bedürfnisse des Patienten. Die Knieorthese kann aus verschiedenen Materialien wie Neopren, Kunststoff oder Metall gefertigt sein.

    Stützgeräte wie Krücken können ebenfalls helfen, das Gelenk zu entlasten.

    Vorteile: Schnelle Anwendbarkeit, geringere Einschränkung der Mobilität.
    Nachteile: Keine langfristige Lösung, kann die Muskulatur schwächen.

    Operative Behandlungsmethoden

    In Deutschland werden jährlich über 40.000 durchgeführte vordere Kreuzband-Operationen durchgeführt.

    Bei einem vorderen Kreuzbandriss stehen verschiedene operative Behandlungsmethoden zur Verfügung.

    Operative Eingriffe, wie die Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes, bieten langfristige Stabilität, sind jedoch mit einer längeren Erholungszeit verbunden.

    Die gängige Methode ist die arthroskopische Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes mithilfe einer körpereigenen Sehne, auch als Kreuzbandplastik bekannt.

    Diese kann in der Einbündeltechnik oder der Zweibündeltechnik (“double bundle”) durchgeführt werden.

    In einigen Fällen, wenn das vordere Kreuzband nur teilgerissen ist, können moderne Operationsverfahren die Vernarbung und Heilung des Bandes unterstützen, indem ein 3 mm breites Tape zur inneren Schienung eingezogen wird.

    Zudem stehen verschiedene Sehnen des Beines zur Verfügung, wie das mittlere Drittel der Patellarsehne oder die Hamstringsehnen, um das vordere Kreuzband zu ersetzen.

    In manchen Fällen kann auch eine Doppelbündeltechnik durchgeführt werden, bei der beide Bündel des vorderen Kreuzbandes ersetzt werden.

    Patellarsehnen- oder Hamstring-Transplantat

    Bei dieser Variante wird die Sehne aus der Kniescheibe (Patellarsehne) oder aus den Oberschenkelmuskeln (Hamstring) als Ersatz für das gerissene Kreuzband verwendet.
    Die Transplantatsehne wird durch Bohrkanäle im Knie geführt und fixiert.

    Vorteile: Gute Erfolgsraten, individuelle Anpassung an Patientenbedürfnisse.
    Nachteile: Mögliche Spenderort-Beschwerden (bei Patellarsehne), längere Erholungszeit.

    Überlegungen bei der Entscheidung für ein Therapieverfahren

    Die Entscheidung für eine Therapieoption sollte in enger Absprache mit dem behandelnden Arzt getroffen werden. Eine gründliche Untersuchung und Diskussion über die individuellen Umstände sind entscheidend, um die bestmögliche Behandlung für jeden Patienten zu gewährleisten.

    Schwere der Verletzung: Bei teilweisen Rissen oder geringer Instabilität kann eine konservative Behandlung in Betracht gezogen werden.
    Patientenalter: Jüngere Patienten, insbesondere Sportler, entscheiden sich oft für eine operative Intervention, um die volle Funktionalität wiederherzustellen.
    Aktivitätsniveau: Patienten, deren Lebensstil intensive körperliche Aktivität erfordert, neigen eher zur operativen Behandlung.
    Langfristige Ziele: Eine individuelle Abwägung zwischen den Vor- und Nachteilen der Behandlungsoptionen unter Berücksichtigung der langfristigen Lebensqualität und sportlichen Ziele ist entscheidend.

    Zudem spielen die Erfahrungen des behandelnden Arztes mit den verschiedenen Behandlungsmethoden und die Verfügbarkeit von Ressourcen eine Rolle. Die Wahl zwischen konservativer Therapie und operativer Rekonstruktion hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab und sollte nach gründlicher Absprache mit einem Facharzt getroffen werden.

    Rehabilitation und Nachsorge

    Die Rehabilitation und Nachsorge nach einem vorderen Kreuzbandriss sind entscheidende Schritte für die Genesung und die Wiederherstellung der vollen Funktionalität des Kniegelenks.

    Die Rehabilitation nach einem vorderen Kreuzbandriss zielt darauf ab, die Muskeln zu stärken, die das Knie stabilisieren, die Beweglichkeit wiederherzustellen und die koordinativen Fähigkeiten zu verbessern. Eine konsequente Mitarbeit des Patienten ist dabei entscheidend für den Therapieerfolg

    Die Rehabilitation umfasst in der Regel folgende Aspekte:

    • Physiotherapie und Bewegung: Unter physiotherapeutischer Anleitung wird das Knie bewegt und die Muskulatur gestärkt, um die Stabilität des Kniegelenks wiederherzustellen.
    • Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur: Eine intensive Physiotherapie zielt darauf ab, die Oberschenkelmuskulatur zu stärken, um das Kniegelenk zu stabilisieren.
    • Individuelle Rehabilitation: Die Rehabilitation erfolgt über mehrere Monate und kann ambulant oder stationär in einer Rehaklinik durchgeführt werden, insbesondere nach einer operativen Behandlung.
    • Funktionsbasierte Kriterien in der Nachbehandlung: Moderne Rehabilitationsansätze berücksichtigen zunehmend funktionsbasierte Kriterien, um die Genesung zu unterstützen. Sie beziehen sich auf spezifische messbare Aspekte der körperlichen Funktion, die als Richtlinien für den Fortschritt und die Wirksamkeit der Rehabilitation nach einer Verletzung oder Operation dienen. Diese Kriterien werden verwendet, um festzustellen, ob der Patient die notwendigen Funktionen und Fähigkeiten wiedererlangt hat, um sicher und effektiv in den Alltag oder in sportliche Aktivitäten zurückzukehren.

    Beispielhaft seien folgende funktionsbasierte Kriterien genannt:

    – Bewegungsumfang (Range of Motion)
    – Gleichgewicht und Stabilität
    – Muskelkraft
    – Funktionale Bewegungen
    – Laufanalyse

    Die Festlegung und Überwachung funktionsbasierter Kriterien sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Rehabilitation die bestmöglichen Ergebnisse erzielt und der Patient in der Lage ist, zu einem aktiven Lebensstil zurückzukehren.

    Diese Kriterien helfen auch dabei, das Risiko von erneuten Verletzungen zu minimieren und eine umfassende Genesung zu gewährleisten.

    ————–

    Quellen:

    ¹ Verletzung des vorderen Kreuzbandes beim Erwachsenen (L.Kohn et al. in Orthopade; 2020; 49(11): 1013–1028) DOI: 10.1007/s00132-020-03997-3
    ² Kreuzbandriss (Riss des vorderen Kreuzbands)

    --------------------------

    Linktipps

    – Schleimbeutelentzündung (Bursitis)
    – Bandagen & Orthesen
    – Meniskusriss: Arten, Symptome, Therapie
    – Die häufigsten Sportverletzungen
    – Fußball – Teamsport mit hohem Verletzungsrisiko

    Das könnte Sie auch interessieren …