Kehlkopfkrebs (Larynxkarzinom) | Krankheitslexikon

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Kehlkopfkrebs (Larynxkarzinom)

Kehlkopfkrebs ist eine bösartige Tumorerkrankung des Kehlkopfes. Der Fachbegriff dafür lautet Larynxkarzinom. Kehlkopfkrebs ist im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen selten, jedoch der häufigste bösartige Tumor im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Jedes Jahr erkranken in Deutschland ca. 5.000 Menschen daran, drei Viertel davon sind Männer.


Die Glottis ist der stimmbildende, aus den Stimmbändern bestehende Teil des Kehlkopfes. Man unterscheidet bei den Kehlkopfkarzinomen Tumoren, die sich oberhalb (supraglottisch), unterhalb (subglottisch) und im Bereich der Glottis (glottisch) befinden. Dies ist vor allem hinsichtlich der Beschwerden, der Behandlung und der Prognose von Bedeutung.

Die wichtigste Ursache für die Entstehung von Kehlkopfkrebs sind Giftstoffe, die eingeatmet werden. Dabei ist das Zigarettenrauchen der bei weitem häufigste Auslöser. Bei einer Reihe von weiteren chemischen Giftstoffen (Asbest, Benzol, Nickel u. a.) wird eine Krebs auslösende Wirkung vermutet. Lange andauernde und immer wiederkehrende Kehlkopfentzündungen (chronische Laryngitiden) begünstigen ebenfalls die Entstehung von Karzinomen.

Wie macht sich Kehlkopfkrebs bemerkbar?

In frühen Stadien kann Kehlkopfkrebs vorliegen, ohne beim Betroffenen Beschwerden oder auch nur ein uncharakteristisches Druckgefühl auf dem Kehlkopf hervorzurufen. Bei fortschreitendem Wachstum des Tumors sind häufige Erscheinungen Heiserkeit, eine raue Stimme, ein Fremdkörpergefühl im Hals, Schluckbeschwerden und Räusperzwang.

Da die Symptome auch bei leichteren Erkrankungen auftreten können, sollte bei jeder Heiserkeit, die länger als drei Wochen anhält, eine gründliche Untersuchung des Kehlkopfes durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt erfolgen. Je nach Größe und Ort des Tumors können auch blutiger Schleim und später auch Atemnot hervorgerufen werden. Eine rasche Gewichtsabnahme oder ein plötzlicher Leistungsknick mit Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Schwäche sind allgemeine Zeichen, die bei einer Krebserkrankung vorkommen.

Wie stellt der Arzt die Diagnose?

Die genannten Beschwerden (z. B. Heiserkeit) führen den Betroffenen häufig zum Arzt, der zunächst eine ausführliche Befragung (Anamnese) hinsichtlich der aktuellen Beschwerden, deren Verlauf, möglichen Risikofaktoren (z. B. starkes Rauchen), Begleiterkrankungen u. ä. vornimmt. Üblicherweise erfolgt eine gründliche Untersuchung des Kehlkopfes durch das Abtasten des Kehlkopfes von außen. Anschließend wird eine Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) durchgeführt.

Dabei stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. So gibt es die so genannte indirekte Kehlkopfspiegelung mit einem Spiegel, die Lupenlaryngoskopie, die flexible Rhinopharyngolaryngoskopie und die direkte Mikrolaryngoskopie. Der Untersucher kann dabei den Kehlkopf betrachten und hinsichtlich Veränderungen wie Tumoren beurteilen.

Bestehen Auffälligkeiten, muss eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen und mikroskopisch untersucht werden. Erst dann lässt sich eindeutig sagen, ob der Tumor gut- oder bösartig ist. Die Kehlkopfspiegelung ist in der Regel eine unproblematische und risikoarme Untersuchung. Unangenehm für den Patienten kann der Würgereiz, der beim Einführen des Spiegels in den Rachen ausgelöst wird, sein und auch die Untersuchung erschweren. Hier kann ein Betäubungsspray dieses unangenehme Würgegefühl unterdrücken.

Zu den Risiken der Untersuchung, über die der Arzt im Vorfeld aufklärt, zählen Infektionen, Wundheilungsstörungen und Blutungen sowie Zahnschäden und Verletzungen der Zunge oder im Rachenbereich. Auch kann nach der Untersuchung eine vorübergehende Heiserkeit aufteten. Eine gründliche körperliche Untersuchung durch den Arzt sowie Blutuntersuchungen geben zusätzliche Informationen über den Allgemeinzustand des Patienten.

Wie behandelt man heute Kehlkopfkrebs?

Es stehen verschiedene Möglichkeiten zur Behandlung zur Verfügung, die sich nach dem jeweiligen Befund (Art, Lokalisation, Ausdehnung und Größe des Tumors) richten: Operation, Bestrahlung und Chemotherapie, oder eine Kombination.

Die komplette Heilung kann in erster Linie meist nur durch ein operatives Verfahren erreicht werden, in dem der Tumor entfernt wird. Je nach Lage und Größe des Tumors gibt es hierzu verschiedene chirurgische Möglichkeiten:

Mikrochirurgie, endolaryngeale Laserchirurgie

Wenn der Befund es zulässt, wird Kehlkopfkrebs heute zunehmend mikrochirurgisch operiert. Zugang zum Kehlkopf erlangt der Operateur dabei durch den Mund. Diese Methode ist aber wie gesagt nur möglich, sofern Ausmaß wie Lage des Tumors die Vermeidung einer totalen Kehlkopfentfernung erlauben.

Dieses “minimal-invasive” Verfahren entfernt den Tumor mit der gleichen Gründlichkeit und Sicherheit wie bei allen anderen Verfahren. Die Vorteile sind, dass man den Kehlkopf erhält und keinen Luftröhrenschnitt als bleibende Öffnung zur Atmung benötigt. Entscheidend ist, dass das gesunde Gewebe erhalten und hierdurch eine unnötige Schädigung des Kehlkopfes vermieden wird.

Schlucken und Atmung bereiten den Patienten nach der Operation nur selten mittel- oder gar längerfristige Probleme. Leider bleibt dieses schonende Verfahren frühen Tumorstadien vorbehalten, die endoskopisch zu erreichen sind.

Offene Kehlkopfoperation

Bis vor einigen Jahren war die offene Kehlkopfoperation die einzige Möglichkeit, Kehlkopfkrebs zu heilen. Auch heute noch werden viele Tumoren in einem Stadium entdeckt, in dem die offene Operation die einzige Methode darstellt, den Tumor ganz zu entfernen. In fortgeschrittenen Stadien kann eine vollständige Entfernung des Kehlkopfes (Laryngektomie) über einen Schnitt am Hals von außen erforderlich sein.

Hier wird vom Hals aus der Kehlkopf freigelegt und entweder ein Teil oder der gesamte Kehlkopf entfernt. Je nach Größe des entfernten Gewebes ist die Stimmbildung mehr oder weniger stark gestört. Bei Entfernung des gesamten Kehlkopfes ist eine normale Stimmbildung nicht mehr möglich.

Radikale Halsausräumung (Neck dissection)

Ab einem bestimmten Tumorstadium ist mit der Streuung von Tumorgewebe (Metastasierung) in die benachbarten Lymphknoten zu rechnen. In diesen Fällen müssen sämtliche Lymphknoten einer Halsseite, gegebenenfalls auch beider Halsseiten entfernt werden. In der Regel wird dies im Rahmen der oben beschriebenen Kehlkopfoperation vorgenommen. Da mit den Lymphknoten auch Muskel- und Nervengewebe entfernt werden muss, ist nach der Operation mit einer (teilweise erheblichen) Bewegungseinschränkung im Kopf und Schulterbereich zu rechnen.

Strahlenbehandlung

Zusätzlich kann ab einem bestimmten Tumorstadium eine Strahlenbehandlung des umgebenden Gewebes notwendig sein. Röntgenstrahlung in bestimmter Dosierung verursacht Zellschäden, von denen sich gesunde Zellen jedoch schneller erholen, da sie über bessere Reparaturmechanismen verfügen. Tumorzellen, die primitiver und anfälliger sind, sterben dagegen ab. Die Bestrahlung wird im Anschluss an die Kehlkopfoperation (v. a. nach Neck dissection) durchgeführt, um auch das restliche, operativ nicht erfasste Tumorgewebe zu zerstören.

Die Entscheidung hängt von Art, Ausdehnung und Lage des Tumors ab. Obwohl durch die Strahlenbehandlung Hautentzündungen und Narbenbildung entstehen können, bleibt sie häufig die letzte Möglichkeit, die Krebserkrankung zu heilen.

Was sind die Risiken der Behandlung?

Wie jede Operation birgen auch Eingriffe am Kehlkopf Risiken und Komplikationen. Als Grundsatz gilt, dass je umfangreicher die Operation und je mehr Gewebe und Organe vom Krebs befallen sind, desto mehr Komplikationen und Beschwerden können auftreten. Die radikale Halsausräumung ist demnach sicherlich als der größte und komplikationsreichste Eingriff anzusehen.

Aber auch hier muss vor und auch während der Operation der Nutzen, also die Heilung des Patienten, im Vordergrund stehen. Bei den Operationen kann es zu Verletzungen von anderen Organen, von Nerven und Blutgefäßen kommen, die Blutungen und Nachblutungen nach sich ziehen können. Infektionen, vor allem im Bereich der Wunde, sind möglich. Schlimmstenfalls führt dies zu einer Blutvergiftung. Blutgerinnsel, also Thrombosen und Embolien, kommen in der Regel selten vor. Über die Risiken der Narkose klärt vor der Operation ein Narkosearzt, der Anästhesist, auf. Er bespricht mit dem Patienten dessen individuelles Risiko und die Narkose wird dementsprechend angepasst.

Nebenwirkungen der Strahlentherapie

Da auch gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird, bleiben Nebenwirkungen nicht aus. Man unterscheidet frühe und späte Strahlenschäden. Ein sehr frühes Zeichen ist der so genannte Strahlenkater, eine typische Reaktion des Körpers auf die plötzliche Strahlenbelastung mit Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Kopfschmerzen. Die Beschwerden verschwinden in der Regel schnell wieder. Durch die Strahlenbelastung kommt es vor allem zu Reizungen der Haut und der Schleimhäute.

Die Folge sind Entzündungen des Zahnfleischs, der Speiseröhre, des Magens, des Darms und der Harnblase. Es kann auch zu einer Lungenentzündung kommen. Die Entzündung der Darmschleimhaut äußert sich mit Bauchschmerzen, Krämpfen und blutig-schleimigen Durchfällen. Strahlenschäden an der Haut (Strahlendermatitis) ähneln einem Sonnenbrand. Zu den Spätschäden einer Strahlentherapie kommen unter anderem großflächige Gewebezerstörungen und Geschwüre.

Antikörpertherapie

Seit einigen Jahren ist es möglich, den Tumor auch mit sogenannten Antikörpern zu behandeln, wobei die Antikörpertherapie in Kombination einer Chemotherapie erfolgt.

Bei Antikörpern handelt es sich um Proteine des menschlichen Abwehrsystems, die Bakterien und Gifte unschädlich machen und unseren Organismus so vor ihnen schützen. Bei der Behandlung von Kehlkopfkrebs kommen spezielle Antikörper zum einsatz, die sich gegen einen bestimmten Stoff im Tumorgewebe, den der Tumor für sein Wachstum braucht. Indem der Antikörper diesen Stoff unschädlich macht, verhindert er das weitere Wachstum des Tumors.

Was geschieht nach der Behandlung?

Das Ausmaß der Operation kann, v. a. bei der Entfernung des gesamten Kehlkopfes, erhebliche Konsequenzen auf die Lebensführung und Lebensqualität haben. Wurde der Kehlkopf komplett entfernt, benötigt der Betroffene zur Sprachbildung einen Ersatz für das Stimmbildungsorgan (Ersatzsprache). Dazu stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

Ösophagusersatzstimme

Menschen, die nach einer Operation keinen Kehlkopf mehr haben, können sich mit der so genannten Ösophagusersatzstimme verständigen. Dabei wird in die Speiseröhre (Ösophagus) geschluckte Luft hochgerülpst. Diese Sprache wird deshalb auch als “Rülpssprache” bezeichnet.

Stimmprothesen

Es handelt sich um Ventile, die in den Rachen eingesetzt und eine Verbindung zur Hinterwand der Luftröhre herstellen. Durch das Einpressen von Luft kann auch auf diese Weise eine Sprache erzeugt werden.

Elektronische Sprechhilfe

Hierbei wird ein kleines batteriebetriebenes Gerät auf den Mundboden oder den äußeren Hals gesetzt. Das Gerät enthält eine vibrierende Platte, die die akustische Energie auf die Weichteile überträgt. Mit der in Schwingung versetzten Luft im Rachen-, Mund- und Nasenbereich wird dann gesprochen. Alle Ersatzstimmen erfordern allerdings Zeit, Geduld und Übung, bis ein Kehlkopfloser in der Lage ist, sich deutlich zu verständigen.

Der frühzeitige Beginn einer Stimm- und Sprechbehandlung (unter fachlicher Anleitung) ist für den weiteren Verlauf entscheidend. Wichtig sind Geduld und Motivation des Betroffenen.

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Quelle:

¹ MSD: Kehlkopfkrebs

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Fotohinweis: Bild von bluebudgie auf Pixabay.com

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