Die Leber „entgiften“ – was steckt dahinter?
Große Versprechungen mit wenig Effekt? Zahlreiche Angebote von Alternativmedizinern locken mit der Aussicht, mittels „Entgiftung“ oder „Entschlackung“ die Funktion der Leber verbessern und damit zur Steigerung des körperlichen Wohlbefindens beitragen zu können. Nicht so die Schulmedizin, die sich mit derartigen Ansätzen gar nicht anfreunden möchte.
„Leberreinigung“ titelt eine Website und stellt im gleichen Atemzug in Aussicht, durch eine eintägige Kur mit Einnahme von Bittersalz, Olivenöl und Grapefruitsaft nicht nur die Leber zu reinigen, sondern in einem Aufwaschen gleich vorhandene Gallensteine „aufzulösen“. Schulmediziner warnen davor, sich von solchen Kuren therapeutische Effekte zu erwarten. Für sie handelt es sich um nicht nachweisbare und somit außerhalb der geltenden Lehre befindliche Theorien. Dennoch: immer mehr Mediziner setzen sich auch mit solchen alternativmedizinischen Methoden auseinander.
Was ist Entgiftung
Der Begriff „Entgiftung“ bezeichnet ursprünglich den Abbau toxischer – also giftiger – Substanzen über die Leber bzw. Niere. Ein anderer Entgiftungs-Begriff steht für die Entwöhnungs- bzw. Entzugsphase bei Suchterkrankungen wie Alkohol- oder Drogensucht. Ganz anders gemeint ist jedoch der Begriff „Entgiftung“ innerhalb der Alternativmedizin.
Hierbei geht es darum, dem Körper mutmaßliche Giftstoffe, die aus dem Stoffwechsel stammen, zu entziehen. Diese Giftstoffe werden auch als „Schlacken“ bezeichnet, daher wird statt des Begriffs „Entgiftung“ auch jener der „Entschlackung“ verwendet. Parallel dazu nennt man den konkreten Prozess der Entfernung oftmals „Ausleitung“. Die zu entfernenden Giftstoffe, so die entsprechenden Theorien, befinden sich vornehmlich in Darm, Leber und Niere.
Historisch betrachtet stammen diese Heilverfahren aus der hinduistischen Lehre des Ayurvedas. Doch trotz der großen Tradition ist umstritten, ob diese Methoden überhaupt eine direkte gesundheitsfördernde Wirkung haben können. Selbst über die „Giftigkeit“ verschiedener Substanzen herrscht Unklarheit. Trotzdem werden Entgiftungsverfahren von zahlreichen Menschen mit einer Steigerung ihres Wohlbefindens in Verbindung gebracht, was die Schulmedizin wiederum mit dem Placeboeffekt zu erklären versucht.
Entgiftung der Leber mit Heilpflanzen
Die inneren Organe – und damit als größtes Stoffwechselorgan im menschlichen Körper die Leber – steht seit Jahrhunderten im Mittelpunkt von Heilstheorien. Schon Hildegard von Bingen beschäftigte sich im 12. Jahrhundert mit der Anwendung von Kräutern zur Verbesserung der Funktion der inneren Organe.
In der heutigen Kräuterlehre wird einer Vielzahl von Pflanzen heilende und stärkende Wirkung in Bezug auf die Leber zugeschrieben. Vor allem Pflanzen, die Bitterstoffe enthalten, wird positive Wirkung zugeschrieben Bedeutende Heilpflanzen in diesem Zusammenhang sind folgende:
· Mariendistel
Der Mariendistel wird die Wirkung zugeschrieben, zur Erneuerung von Leberzellen und damit zur Regeneration des Organs beizutragen. Der in der Mariendistel enthaltene Wirkstoff Silymarin schützt die Leber überdies vor Giftstoffen. Mariendistel wird als Tinktur, aber auch als Tee verwendet, auch Fertigpräparate sind erhältlich. Neben der positiven Wirkung auf die Leber wirkt die Mariendistel entspannend und beruhigend für das Nervensystem.
· Löwenzahn
Auch der Löwenzahn regt durch die enthaltenen Bitterstoffe und andere Bestandteile die Lebertätigkeit, aber auch die Produktion von Gallenflüssigkeit an. Löwenzahn lässt sich nicht nur hervorragend zur Zubereitung schmackhafter Speisen verwenden, auch kann man ihn in Form von Tee oder als Frischsaft zu sich nehmen. Für die Zubereitung von Tees wird nicht nur das Kraut, sondern auch die Wurzel verwertet.
· Artischocke
Artischocken werden sowohl als schmackhaftes Gemüse zubereitet, als auch in Form von Tee oder Artischockensaft konsumiert. Die entschlackende Wirkung ist vor allem auf die enthaltenen Bitterstoffe und Caffeoylchinasäuren zurückzuführen, die außerdem die Gallentätigkeit anregen und zur Senkung der Blutfettwerte führen sollen.
· Leberblümchen
Ebenso das mittlerweile sehr selten gewordene Leberblümchen zählt zu jenen Pflanzen, denen eine entgiftende Wirkung auf die Leber zugeschrieben wird. Meist wird daraus eine Tinktur hergestellt, die zur Entschlackung oder bei Leberleiden mehrere Wochen lang eingenommen wird.
Die Hulda Clark-Leberkur
Eine auch von Ärzten häufig empfohlene Kuranwendung zur Entgiftung der Leber ist die bereits eingangs erwähnte Einnahme von Bittersalz, Olivenöl und Grapefruitsaft. Diese Kur geht auf Hulda Clark (1928-2009) zurück, die sich Zeit ihres Lebens mit alternativwissenschaftlichen Heilmethoden auseinandergesetzt hat. Die Originalanleitung wurde von Ärzten und Heilpraktikern immer wieder abgewandelt, so dass eine Unzahl einander ähnlicher Varianten existiert.
Häufig besteht die eine auf Hulda Clark zurück gehende Leberkur aus folgenden Schritten:
- Einige Tage lang wird Schonkost gegessen und täglich 1 Liter Apfelsaft sowie reichlich Wasser getrunken.
- Am eigentlichen Kurtag sollte bis zum Anwendungsbeginn am besten kaum mehr etwas gegessen werden.
- Um 18 Uhr wird 1 EL Bittersalz in 1 Glas Wasser aufgelöst und getrunken. Dies wird zwei Stunden später wiederholt.
- Um 22 Uhr wird eine Mischung aus je 1 Achtelliter Olivenöl und Grapefruitsaft getrunken. Danach legt man sich ins Bett.
- Früh am Morgen wird erneut 1 EL Bittersalz in 1 Glas Wasser aufgelöst und getrunken, zwei Stunden später noch einmal.
- Im Laufe des Tages kann dann wieder zu leichter Nahrung (gegartes Gemüse) übergegangen werden.
Oft wird empfohlen, diese Prozedur mehrmals in Abständen von einigen Wochen bis Monaten zu wiederholen. Nach Einnahme der Mischung aus Olivenöl und Grapefruitsaft zeigen sich im Stuhl ziemlich weiche, dunkle Kügelchen unterschiedlicher Größe. Verfechter der Methode behaupten, dass es sich dabei um in Auflösung befindliche Gallensteine handle – eine Auffassung, der von Kritikern heftig widersprochen wird.
Fastenkuren
Auch Fastenkuren wird nachgesagt, zu einer nachhaltigen Entgiftung der Leber beizutragen. Über Art und Weise der richtigen Kur gehen die Meinungen auseinander, häufig werden etwa F. X. Mayr-Diäten empfohlen. Wiewohl bei Mayr-Kuren die Sanierung des Darms im Vordergrund steht, soll vor allem die regelmäßige Bittersalzanwendung auch der Leber zugute kommen und die Entschlackung fördern.
Häufig empfohlen werden auch Saftkuren, bei denen über einen bestimmten Zeitraum ausschließlich Wasser und ausgewählte Obst- und Gemüsesäfte konsumiert werden, etwa Roter Rübensaft, Selleriesaft oder Karottensaft. Wichtig für Patienten: Vor jeder Kuranwendung muss unbedingt ein Arzt konsultiert werden!
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Linktipps
– Wie lassen sich erhöhte Leberwerte senken?
– Die Leber: Aufbau, Funktion, Erkrankungen
– Silberdistel | Heilpflanzenlexikon
– F.X. Mayr Kur – was steckt hinter dem Therapiekonzept?
– Glaubersalz – Wirkung und Anwendung von Natriumsulfat
– Hirseflocken-Topfen-Auflauf (Ernährung bei Lebererkrankungen)