Leben mit Parkinson – aktuelle Infos für Patienten und Angehörige
Der Mangel am Botenstoff Dopamin führt bei Patienten mit der Parkinson-Krankheit dazu, dass Nervenreize schlechter übertragen werden. Die Folge sind Bewegungsstörungen durch Kontrollverlust der Muskeln und andere Beschwerden.
Nach wie vor ist Morbus Parkinson nicht heilbar, doch es gibt immer mehr neue Erkenntnisse rund um die neurologische Erkrankung und diese sollen den Alltag von Patienten und deren Angehörigen erleichtern.
Leben mit Parkinson – Artikelübersicht:
- Seit über 200 Jahren bekannt – trotzdem noch keine Heilung
- Symptomatische Behandlung
- Informationen für Patienten und deren Angehörige
- Linktipps
Morbus Parkinson gilt als die Krankheit der vielen Gesichter. Noch immer bekommen manche Patienten ihre Diagnose spät gestellt oder warten zu lange mit einer Anpassung der Therapie.
Für rund 20.000 Österreicherinnen und Österreicher ist Morbus Parkinson, wie die neurologische Erkrankung korrekt heißt, grausame Realität. Tagtäglich kämpfen sie damit, die Kontrolle über ihre Bewegungen zurückzuerlangen, weil die Botschaften, die ihr Gehirn an den Körper sendet, irgendwo auf der Strecke bleiben.
Seit über 200 Jahren bekannt – trotzdem noch keine Heilung
Morbus Parkinson wurde 1817 erstmals vom englischen Arzt James Parkinson als chronische, langsam fortschreitende Erkrankung des Nervensystems beschrieben und ist die weltweit häufigste neurodegenerative Bewegungsstörung.
Auch Laien wissen vielfach die Symptome Zittern, Steifheit und gebückte Haltung zuzuordnen. Detaillierte Infos dazu finden Sie in unserem Beitrag über Parkinson im Krankheitslexikon.
Verursacht wird das Parkinson-Syndrom durch Veränderungen einer Kernregion im Gehirn, der so genannten Substantia nigra. Sie führen zu einem Verlust des Neurotransmitters Dopamin – eines chemischen Botenstoffs, der unter anderem für die Steuerung von Körperbewegungen verantwortlich ist.
Die Substantia nigra enthält etwa 400.000 Zellen, die sich kurz nach der Geburt dunkel färben. Im Laufe des Lebens sterben diese Zellen nach und nach ab. Beim gesunden Menschen im Umfang von etwa ca. 2.400 Zellen pro Jahr, beim Parkinson-Syndrom ist dieser Prozess aus noch ungeklärten Gründen beschleunigt. Wobei Studien gezeigt haben, dass mehr als 60% der Zellen in der Substantia nigra zugrunde gehen müssen, bevor sich die typischen Parkinson-Symptome zeigen.
Männer haben ein 50 Prozent höheres Risiko als Frauen, an Morbus Parkinson zu erkranken, und bei den meisten Menschen treten die Symptome im Alter ab 60 Jahren auf. Mit der Zeit verschlimmern sich die Symptome, sodass einfache Aufgaben wie Treppensteigen, das Schreiben eines Briefes oder das Essen und Trinken äußerst schwerfallen und die Lebensqualität stark beeinträchtigen.
Symptomatische Behandlung
Morbus Parkinson ist eine fortschreitende chronische Erkrankung. Gerade zu Beginn lassen sich die Symptome bei den meisten Patienten gut mit oralen Therapien behandeln: Es kommt zur sogenannten „Honeymoon-Phase“, in der die belastenden Symptome zurückgedrängt werden können.
Mit der Zeit lässt die Wirkung der Tabletten allerdings nach. Es kann zu Wirkschwankungen kommen, die in Rücksprache mit den behandelnden Ärztn eine Anpassung der medikamentösen Therapie mit häufigerer Tabletteneinnahme erfordern.
Der Anstieg der Pillenlast wirkt sich oft einschränkend auf die Lebensqualität der Patient*innen aus: Pünktliches Einnehmen vor den Mahlzeiten und häufige Wirkschwankungen mit den gefürchteten OFF-Phasen (Phasen der Unbeweglichkeit) machen ein normales Alltagsleben in manchen Fällen nahezu unmöglich. Experten sprechen dann vom fortgeschrittenen Morbus Parkinson.
Verspricht eine weitere Anpassung der bisherigen Therapie nicht mehr den gewünschten Effekt, stehen unterschiedliche gerätegestützte Therapieoptionen zur Auswahl.
Dabei werden durch kontinuierliche Medikamenten-Abgabe in Form von Pumpentherapien oder Stimulation von bestimmten Bereichen im Gehirn Wirkschwankungen vermieden und die Pillenlast reduziert. Das führt zu einem Mehr an Lebensqualität.
Dabei werden folgende Therapiemöglichkeiten unterschieden:
* Tiefe Hirnstimulation (Hirnschrittmacher)
* Apomorphin-Pumpe mit einer direkten Verabreichung des Wirkstoffs unter die Haut (subkutan)
* Levodopa-Pumpen mit direkter Medikamentenabgabe über eine dünne Sonde in den Dünndarm (intestinal)
Dass die Tablettenlast durch gerätegestützte Therapien deutlich reduziert werden kann, wurde erst in einer kürzlich erschienen Studie erneut belegt.
Über 60 Jahre nach Entdeckung der derzeitigen Behandlung neue Hoffnung?
Obwohl die Erkrankung seit über zweihundert Jahren bekannt ist und intensiv beforscht wird, gibt es noch keine Heilung. Die derzeitige Standardtherapie zielt auf eine symptomatische Linderung durch einen Dopamin-Ersatz ab. Doch auch dieser Behandlungsstandard wurde vor mehr als 60 Jahren entdeckt.
Die eigentliche Ursache der Krankheit – der unumkehrbare Verlust von Nervenzellen – kann bislang nicht bekämpft werden. Zell- und Gentherapien stellen nun aber einen Paradigmenwechsel gegenüber den derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten dar und haben das Potenzial, die Behandlung von Krankheiten insgesamt zu revolutionieren. Diese Therapien konzentrieren sich auf die Ursache der Krankheit statt auf deren Symptome.
Die Firma Bayer verfolgt als forschendes Pharmaunternehmen mit je einem Zell- und einem Gentherapie-Kandidaten in der klinischen Entwicklung einen zweigleisigen Ansatz zur Entwicklung transformativer Therapien.
Umkehr des Zerfallsprozesses von Gehirnzellen durch eine Zelltherapie?
Bei der Zelltherapie zielt man darauf ab, mit dem Einsatz von authentischen dopaminergen Neuronen die betroffenen Regionen des menschlichen Gehirns zu re-innervieren und den degenerativen Prozess umzukehren. Hierdurch könnte die motorische Funktion wiederhergestellt werden.
Gentherapie als weitere vielversprechende Zukunftsmusik
Der gentechnische Ansatz hingegen basiert auf Adeno-assoziierten Viren (AAV), die das humane GDNF-Gen (glial cell line-derived neurotrophic factor) an die Neuronen im Putamen des Gehirns liefert, was zur Expression und Sekretion von GDNF-Protein in den von der Parkinson-Krankheit betroffenen Hirnregionen führt.
Langzeitexperimente mit AAV-GDNF zeigten, dass eine anhaltende Expression von GDNF die Regeneration von Mittelhirn-Neuronen und eine signifikante motorische Erholung bei Nagetieren und nicht-menschlichen Primatenmodellen fördern kann.
Informationen für Patienten und deren Angehörige
Als Plattform rund um das Thema bietet www.meinparkinson.at Informationen über die Erkrankung, Informationsmaterial zum Download oder Bestellen, Tipps für Angehörige sowie Vernetzungsmöglichkeiten mit den Patientenorganisationen, die sich der Erkrankung widmen.
Die Jahre 2020 und 2021 waren pandemiebedingt für die Parkinson-Landesverbände und -Selbsthilfegruppen eine schwere Zeit. Renate Lemanski, stv. Obfrau der Parkinson Selbsthilfe Wien, schildert: “Von einem regen
Vereinsleben bis 2020 mit Treffen, Kursen und Vorträgen ist aufgrund der Pandemie wenig übrig geblieben.” Das bestätigt auch Ing. Josef Dorfmair, Obmann der Parkinson Selbsthilfe NÖ: “Wir fangen quasi wieder bei Null an, dabei sind sozialer Austausch und regelmäßige Aktivitäten gerade für ein Plus an Lebensqualität von Parkinson-Betroffenen sehr wichtig.”
Beide Verbände starten mit Veranstaltungen, die auch Nicht-Mitgliedern offenstehen und so die Möglichkeit zum Kennenlernen und Informieren über die Vereine hinaus bieten.
Umfrage „Leben mit Parkinson“
Wie ist das Leben mit einer fortschreitenden Erkrankung? Welche Auswirkungen auf den Alltag bringt die Diagnose mit sich – sowohl für Betroffene als auch deren Umfeld? In einer gemeinsam mit INTEGRAL Marktforschungsges.m.b.H. gestarteten Umfrage geht die Firma AbbVie diesen Fragen auf den Grund.
Ziel ist es, so mehr über das Leben mit Morbus Parkinson zu erfahren und die Bedürfnisse der an einer chronischen neurologischen Erkrankung Leidenden besser kennenzulernen. [Stand: 04/2022]
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Quellen:
¹ www.meinparkinson.at
² Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI)
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Alarmierendes Nichtwissen: Neurologie was ist das?
– Neuroimaging – Bilder aus dem Gehirn
– Melatoninmangel erkennen und behandeln
– Welt-Parkinson-Tag
– Demenz | Krankheitslexikon
Informationsstellen:
Parkinson Selbsthilfe Österreich
Parkinson – SHG Wien
Parkinson SHG Landesverband Niederösterreich