Hämorrhoidektomie – die diversen Verfahren im Überblick

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Hämorrhoidektomie im OP

Hämorrhoidektomie ist ein Bereich der Viszeralchirurgie und bezeichnet das operative Entfernen stark vergrößerter Hämorrhoiden. Müssen die Gefäßknoten chirurgisch entfenrt werden, gibt es verschiedene Operationsarten, zwischen denen der Chirurg je nach Stadium und Stärke eines Hämorrhoidenleidens entscheidet. Wir haben einen Experten zum Interview gebeten, der die wichtigsten Verfahren erklärt.


Hämorrhoidektomie – Artikelübersicht:

Wenn Hämorrhoiden so stark vergrößert sind, dass sie aus dem After fallen, helfen Verödung (Sklerosierung) und Gummibandligatur zumeist nicht mehr weiter, die Gefäßknoten müssen dann operativ entfernt werden. Dies geschieht durch einen kolorektalen chirurgischen Eingriff. Dabei gibt es aber mehrere Operationsverfahren bzw. -techniken, unter denen der Operateur auswählen kann.

Interview Dr. Mikulas Rottmann zum Thema Hämorrhoidektomie

Wir haben in Wien mit Dr. Mikulas Rottmann, Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt für Koloproktologie über die unterschiedlichen Verfahren der Hämorrhoidektomie gesprochen.

Welche unterschiedlichen Verfahren gibt es im Rahmen der Hämorrhoidektomie?

Es werden folgende Operationstechniken unterschieden:

Milligan-Morgan (offene Hämorrhoidektomie)

Bei der Durchführung werden die drei hämorrhoidalen Knoten – bei 3, 7, 11 Uhr – mit einer Klemme durch den Anus nach außen gezogen und dort präpariert. Deshalb wird diese Operationstechnik gelegentlich auch als ‘Dreizipfelmethode’ bezeichnet. Das Verfahren ist jedoch nicht zwingend für alle Knoten gleichzeitig anzuwenden. Genauso gut ist es auch zur Behandlung lediglich einzelner Segmente geeignet.

Der Operateur entscheidet, wo er Hautbrücken erhalten will und trennt das Hämorrhoidengewebe vom darunter liegenden Schließmuskel. Nach Umstechen des Knotens wird normalerweise auch noch die Versorgungsarterie abgebunden. Damit kann späteren Blutungen vorgebeugt werden. Schließlich wird der Knoten mit einem Skalpell abgetragen

Ferguson (geschlossene Hämorrhoidektomie)

Wie bei Milligan-Morgan wird das Gewebe mit einer Zange ergriffen, mit dem Skalpell vom Schließmuskel (Sphinkter) gelöst und dann abgetrennt. Anschließend wird jedoch die Wunde von oben bis hinunter zum Anoderm mit fortlaufender Längsnaht geschlossen.

Besonderheit: Im Vergleich zu Milligan-Morgan sind geringere Schmerzen und eine schnellere Heilung zu erwarten. Durch den Verschluss der Wunde können aber verstärkt Komplikationen durch Blutergüsse auftreten. Ebenso wie bei Parks entsteht durch die Naht ein weiteres Komplikationsrisiko.

Parks (submuköse Hämorrhoidektomie)

Dazu wird für jeden Knoten ein Y-förmiger Schnitt in der Analschleimhaut angebracht und das Hämorrhoidalpolster darunter freigelegt. Anschließend werden die Versorgungsgefäße unterbunden, das Polstergewebe unter der Schleimhaut entfernt und die Wundränder T-förmig vernäht. Dabei bleibt nur im unteren Teil dieses T in Richtung zum After ein kleinerer Bereich offen. Das Verfahren hat eine übersichtlichere Vorbereitung, ist aber im Vergleich zu Milligan-Morgan technisch aufwändiger.

Besonderheit: Das Verfahren wird wegen der schnelleren und weniger schmerzhaften Heilung bevorzugt. Kritiker wenden jedoch ein, es bestehe die Gefahr von Komplikationen mit der Naht. Diese könnte sich lösen und zu einer breiten Defektzone im Analkanal, oder bei starker Vernarbung eher zu einer Darmenge führen, als das Verfahren nach Milligan-Morgan.

Fansler-Arnold (rekonstruktive Hämorrhoidektomie)

Hier wird die nach außen verlagerte Analhaut zunächst von innen abgelöst. Nach Herausschneiden der darunterliegenden Hämorrhoiden wird das Schleimhautläppchen wieder an seine natürliche Position in das Innere des After vernäht.

Besonderheit: Nachteil der Methode ist der extrem hohe Aufwand der Operation.

Whitehead (supraanodermale Hämorrhoidektomie)

Diese bereits um 1882 von Whitehead beschriebene Technik gilt heute als „Kunstfehler“[1] und wird unter Berücksichtigung von Weiterentwicklungen nur noch äußerst selten angewandt. Sie stand schnell im Verdacht, ein besonders hohes Risiko für Komplikationen, insbesondere Stenosen zu verursachen.

Technik: Whitehead bevorzugte das kreisförmige Ausschneiden der Hamorrhoiden-Polster, womit jedoch meist die vollständige Zerstörung der Analhaut, des Anoderm verbunden ist.

HAL (Hämorrhoidal Arterien Ligatur) und RAR (Recto Anal Repair)

Die beiden Methoden HAL (Hämorrhoidal Arterien Ligatur) und RAR (Recto Anal Repair) haben sich bei Hämorrhoiden Grad 2 bis maximal 3 bewährt. Es handelt sich dabei um minimal-invasive Behandlungsmethoden, bei denen möglichst organschonend vorgegangen wird und es keine offenen Wunden gibt. Die Rezidivquote ist jedoch höher als bei einer offenen Hämorrhoidektomie (OP nach Milligan-Morgan), dafür schmerzarmer, da es keine offene Wunde gibt.

Speziell bei Milligan-Morgan (offenes Verfahren) sind Patienten verunsichert, da die Wunde nicht vernäht wird (Infektionen). Wie ist ihre Erfahrung?

Die offene Wunde garantiert eine Heilung ohne Infektion – gerade die offene Wunde garantiert eine gute Heilung, weil Keime durch Blutung aus der Wunde gespült werden können. Jede verschlossene Wunde hingegen führt zu Infektion mit Colibakterien aus dem Stuhl (siehe Methoden oben). (Hinweis: Bei der Operation lässt sich niemals gänzlich vermeiden, dass Keime mitverschlossen werden und dann zu Infektionen führen). Die offene Wunde kann durch Sitzbäder und Spülungen leicht gereinigt werden.

Wie läuft eine Standard-OP ab, welche Risiken & Komplikationen gibt es, worauf muss sich der Patient einstellen.

Das Narkoserisikom gilt selbstverständlich wie bei allen Operationen, doch das grösste Problem sind die postoperativen Schmerzen, die im Vorfeld mit Analgetika (Schmerzmitteln) bekämpft werden müssen.

Gibt es eine nennenswerte Rezidivquote?

Kaum, Rezidive (Hinweis: “rezidiv” bedeutet Wiederauftreten einer Krankheit bzw. von deren Symptomen) treten selten auf, sind aber nicht ausgeschlossen.

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Zur Person:

Website Dr. Mikulas Rottmann – www.rottmannchirurg.at (offline)

Dr. Mikulas Rottmann ist Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt für Koloproktologie. Er kann auf eine über 25–jährige chirurgische Tätigkeit an der 2. Chirurgischen Abteilung des Rudolfspitals verweisen und war neben zahlreichen Hospitationen in London, München und Köln auch kurzfristig Stellvertreter des Vorsitzenden der Ethikkommission der Stadt Wien. Zertifikat für Koloproktologie der Gesellschaft für Koloproktologie.

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Linktipps

– Hämorrhoiden | Krankheitslexikon
– Proktologie und Kolorektale Chirurgie | Experten-Interview
– Venenerkrankungen – Diagnose & Behandlungsmöglichkeiten
– Krampfadern | Krankheitslexikon
– Medizinlexikon: Koloskopie
– Anästhesie | Medizinlexikon

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