Proktologie und Kolorektale Chirurgie | Experten-Interview
Proktologie ist jenes medizinische Fachgebiet, das sich mit krankhaften Veränderungen des Enddarms befasst. Darunter fallen Beschwerden in der Afterregion wie Hämorrhoiden und Analfissuren ebenso, wie Stuhlinkontinenz. Es handelt sich dabei um unangenehme Beschwerden, die von Patienten häufig mit Ekel und Scham verbunden sind. Es verwundert daher nicht, dass es dazu vergleichsweise wenig Informationen gibt, wenngleich die Nachfrage nach mehr Wissen über dieses medizinische Teilgebiet groß ist. Wir haben daher einen Experten zum Interview gebeten, der uns die wichtigsten Fragen leicht verständlich beantwortet hat.
Proktologie und Kolorektale Chirurgie – Artikelübersicht:
- Interview Dr. Mikulas Rottmann zum Thema Proktologie
- Proktologie – Untersuchungsmethoden und Behandlungsverfahren
- Linktipps
Der Begriff Proktologie leitet sich vom griechischen Wort Proktós für „After“ bzw. “Steiß” ab und bezeichnet jenes Teilgebiet der Medizin, das sich mit Veränderungen und Erkrankungen im Bereich des Enddarms (vor allem Mastdarm und Analregion) beschäftigt. Für die Führung der Bezeichnung Proktologe bzw. Proktologin sind für Mediziner spezielle Aus- und Weiterbildungsmaßnamen erforderlich, die von der Österreichischen Ärztekammer definiert werden.
Die Kolorektale Chirurgie wiederum ist ein Fachgebiet der Chirurgie, welches sich mit der operativen Behandlung von Erkrankungen des Mastdarms (Rektum) und des Dickdarms (Kolon) befasst.
Wir haben in Wien mit Dr. Mikulas Rottmann, Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt für Koloproktologie über die genaue Eingrenzung der Begriffe gesprochen.
Interview Dr. Mikulas Rottmann zum Thema Proktologie
1. Was versteht man unter Proktologie, womit beschäftigt sich die Proktologie?
Proktologie ist die Lehre von Anatomie, Physiologie so wie Erkrankungen und Therapie des Mastdarmes und seiner Umgebung. Die Proktologie ist ein Teilgebiet der Coloproktologie, diese ist wiederum ein Teilgebiet der Bauchchirurgie, oder Allgemeinchirurgie. Dickdarm (Colon) und Mastdarm (Rectum) hängen anatomisch und funktionell zusammen. Der Coloproktologe beschäftigt sich mit den Krankheiten des Dickdarms + Dünndarmes die Proktologie beschäftigt sich mit Krankheiten des Rektums (Enddarmes + Mastdarmes – Analkanal)
2. Welche Ausbildung muss ein Mediziner absolvieren bzw. welche Anforderungen gibt es von der Ärztekammer für die Coloproktologie?
An erster Stelle muss nach dem Medizinstudium eine 6-jährige Facharzt-Ausbildung für Allgemeinchirurgie absolviert werden. Weiters wird eine 3-jährige Weiterbildung mit verschiedenen proktologischen Kursen und Prüfungen gefordert. Diese Weiterbildung endet mit einem Zertifikat für Coloproktologie in Österreich.
Danach kann die Europäische Prüfung zur Erlangung des Aditivfacharztes für Coloproktologie absolviert werden. Die Voraussetzung für die Prüfung ist Das oben erwähnte Zertifikat und der Nachweis von Vielen selbst durchgeführten Operationen der Organe wie Dickdarm, Dünndarm, Rektum und Proktologische Operationen – wie Hämorrhoiden, Analfisur, Analfistel, Perinatale Abszesse, Sacraldermoid, Condylome, um nur einige zu nennen.
3. Mit welchen Beschwerden suchen Patienten einen Proktologen auf?
Blutungen und Schmerzen beim Stuhlgang, Rötung, Analer Juckreiz, Durchfall, Verstopfung, Inkontinenz (also unkontrollierter Stuhlverlust), perianale Schwellungen, tastbare Knötchen usw.
4. Hämorrhoidalleiden sind häufig aber nach wie vor ein Tabu, welche Tipps können Sie Betroffenen geben, die unter Juckreiz und Schmerzen beim Stuhlgang leiden?
Wenn die Beschwerden sich nicht beruhigen, Zögern sie bitte nicht und besuchen sie einen Proktologen, weil er sie beruhigen und mit einfachen Mitteln auch heilen kann. Jeder Tag an dem sie offene Fragen und Ängste haben ist nicht nur unangenehm, sondern auch absolut unnötig.
5. Wie ist der Ablauf einer Hämorrhoiden Untersuchung?
Anamnese, Inspektion, klinische Untersuchung, Blutabnahme, Proktoskopie oder Rektoskopie; ev. Abstrich im Pilz-Ambulatorium. In einigen Fällen sind weitere Untersuchungen wie Ultraschal oder MRT nötig.
Proktologie – Untersuchungsmethoden und Behandlungsverfahren
6. Welche Untersuchungsmethoden kommen in der Proktologie zum Einsatz??
Dazu sind Palpation, Proktoskopie und Koloskopie (Darmspiegelung) zu nennen und gelegentlich benötigen wir ein MRT, einen Pilzabstrich, einen HPV (Human Papilloma Virus) Nachweis.
7. Wann ist eine OP unbedingt notwendig?
Eine Operation ist aus meiner Sicht dann notwendig, wenn Schmerzen mit wiederholten Blutungen, Thrombose, Abszesse, Anal-Vorfall oder -Stenose, Verengung, trotz konservativer Therapie bestehen bleiben und der Patient beeinträchtigt ist und ich die Hoffnung habe, durch eine Operation für den Patienten eine bessere Lebensqualität erzielen zu können.
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Zur Person:
Dr. Mikulas Rottmann ist Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt für Koloproktologie. Er kann auf eine über 25–jährige chirurgische Tätigkeit an der 2. Chirurgischen Abteilung des Rudolfspitals verweisen und war neben zahlreichen Hospitationen in London, München und Köln auch kurzfristig Stellvertreter des Vorsitzenden der Ethikkommission der Stadt Wien.
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Linktipps
– Hämorrhoiden | Krankheitslexikon
– Hämorrhoidektomie – die diversen Verfahren im Überblick
– Venenerkrankungen – Diagnose & Behandlungsmöglichkeiten
– Krampfadern | Krankheitslexikon
– Medizinlexikon: Koloskopie
– Arbeitsgemeinschaft für Coloproctologie