Künstlicher Darmausgang | Medizinlexikon

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Künstlicher Darmausgang | Medizinlexikon

Künstlicher Darmausgang (Stoma) ©yodiyim – stock.adobe.com

Bei einem künstlichen Darmausgang (auch Anus praeter bzw. Stoma) handelt es sich um eine chirurgisch geschaffene Öffnung eines Darmteils durch die Bauchwand, die der Ausleitung von Stuhl durch die Bauchdecke dient.


Eine solche künstlich angelegte Körperöffnung wird notwendig, wenn ein Patient nicht mehr selbstständig seinen Darm entleeren kann. Sie kann dauerhaft oder auch nur für eine kurze Zeit erforderlich sein.

Künstlicher Darmausgang – Artikelübersicht:

Der Begriff „Anus praeter“ bezeichnet einen „künstlichen Darmausgang“, während der medizinische Fachausdruck Enterostoma (verkürzt: Stoma) die eigentliche Bezeichnung für die operativ angelegte Körperöffnung in der Bauchdecke ist.

Je nach der Lage des Stomas wird in Ileostoma (Ausleitung vom Dünndarm), Coecostoma (Ausleitung vom Blinddarm), Colostoma (Ausleitung vom Dickdarms bzw. Colon) oder Transversostoma (Ausleitung vom Quercolon bzw. Colon transversum) unterschieden.

Zusätzlich gibt es auch die Form der künstlichen Harnableitung über die Bauchdecke, dieser angelegte Blasenausgang wird als Urostoma bezeichnet. Die Operation, in der ein künstlicher Blasenausgang angelegt wird, heißt Urostomie.

Enterostoma: Was ist ein künstlicher Darmausgang?

Beim Enterostoma handelt es sich um eine chirurgisch geschaffene Öffnung eines Darmteils durch die Bauchwand. Hierbei wird ein gesunder Abschnitt des Darmes nach außen geleitet und dort mit der Bauchhaut vernäht.

Die Aufgabe des daraufgesetzten Stoma ist es, die z.B. durch eine Krankheit (z.B. Darmkrebs oder einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung), ein Trauma (Rückenmarksverletzung bzw. Querschnittslähmung ) bzw. die durch eine Operation verloren gegangenen Körperfunktionen – in diesem Fall die Stuhlableitung – zu übernehmen.

Praktisch bedeutet das: Betroffenen können Stuhl nicht mehr über den Schließmuskel ausscheiden und sind deshalb gezwungen ihn mit einem Plastikbeutel, der am Stoma angebracht ist, auszuleiten.

Wie wird ein künstlicher Darmausgang gemacht?

Bei der Stoma-Operation wird oberhalb des jeweils betroffenen Darmabschnittes der Darm vom Operateur aufgeschnitten, sodass eine Öffnung entsteht. Dazu führt der Chirurg den untersten Teil des Dickdarmes als Ausgang durch eine Öffnung in der Bauchdecke und vernäht den Darmausgang mit der Haut.

Dann wird der Darm durch die Bauchdecke gezogen, wo er das Stoma bildet. Je nachdem, welcher Darmabschnitt betroffen ist, wird dann das Stoma erstellt. Das Kolostoma wird etwa üblicherweise auf der linken Bauchseite angelegt. In diesem Darmabschnitt ist der Stuhl bereits fest. Hier wird die Ausscheidung dann ausgeleitet. Das Stoma hat keine Muskulatur, mit der es die Darmentleerung kontrollieren kann, die Kontinenz – also die Fähigkeit, bewusst zu kontrollieren, wann der Stuhl ausgeschieden wird – geht somit verloren.

Mithilfe einer modernen Stomaversorgung kann der Stuhl aber aufgefangen werden. Dies geschieht mittels sogenannter Stomabeutel: Diese bestehen aus einem Hautschutz, der die Bauchhaut vor den hautreizenden Bestandteilen der Ausscheidungen schützt, und aus einem geruchsdichten Beutel, in dem Stuhl (oder auch Urin) gesammelt werden, bis er in die Toilette entsorgt werden kann.

Unterschieden wird zwischen einteiliger oder zweiteiliger Versorgung. Bei einer einteiligen Versorgung sind Haftfläche und Beutel fest miteinander verbunden, während bei der zweiteiligen Versorgung die Haftfläche, die auch als Basisplatte bezeichnet wird, und der Beutel getrennt sind und durch ein sogenanntes Rastringsystem oder mittels Klebeflächen miteinander verbunden sind.

Je nach dem genauen Einsatzzweck können Stomata entweder endständig oder doppelläufig ausgeführt werden.

Hierbei wird der erkrankte Teil des Dickdarms entfernt und das gesunde Ende ausgeleitet. Das endständige Stoma bildet das Ende des aktiven Teils des Verdauungstrakts, es gibt hier also nur einen Darmausgang. Wenn Teile des Dickdarmes (Kolon) entfernt werden aber das Rektum erhalten bleibt, ist das Stoma meist nur für eine bestimmte Zeit angelegt (Hartmann-Stoma).

Bei einer doppelläufigen Ausführung wird eine Darmschlinge über die Bauchdecke nach außen gezogen. Dort wird sie halb eingeschnitten und nach außen umgestülpt. Die beiden Darmöffnungen, die nun außen liegen, werden in die Bauchhaut eingenäht. Bei dieser Anlage gibt es dann zwei Darmausgänge. Der Teil des Darms unter dem Stoma wird entlastet, weil er keinen Stuhl mehr ausleiten muss.

Die Hälfte der Stomapatienten kann sich darauf einstellen, dass der künstliche Ausgang nur vorrübergehend ist. Denn eine Rückoperation ist dann möglich, wenn noch ein Stück Mastdarm inklusive des Verschlussapparates (Afteröffnung und Ringmuskel) vorhanden ist.

Querschnittsgelähmte sind bei dauerhafter Schädigung ihr Leben lang auf ein Stoma angewiesen. Bei einem dauerhaft angelegtem künstlichen Darmausgang wird die Afteröffnung mit einer Naht chirurgisch verschlossen.

Wann ist ein künstlicher Darmausgang notwendig?

Die meisten Patienten (ca. 70%) erhalten das Stoma infolge einer Krebserkrankung des Darms. Seltener sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Divertiku­litis) die Urache. Auch nach Operationen im Bauchbereich oder nach Unfällen kann ein Stoma erforderlich sein.

Tabuisierung und Stigmatisierung

Egal welche Ursache die operative Legung eines Stomas hat, damit einher gehen massive körperliche und seelische Belastung des Patienten und der Familie.

Das Thema künstlicher Darmausgang wird selbst in unserer modernen Gesellschaft in Österreichs nach wie vor tabuisiert.

Viele Patienten, die mit künstlichem Darm- oder Harnausgang leben, leiden aber nicht nur unter persönlichen Schamgefühlen und den gesundheitlichen Problemen, die dazu geführt haben. Sie leiden auch darunter, dass die Umwelt sie entsprechend ablehnend wahrnimmt. Es ist hier noch sehr viel Aufklärungsarbeit nötig.

Video: Stoma Wechsel zu Hause

Um den Alltag von Stomaträgerinnen und Stomaträgern besser zu veranschaulichen, hier ein Video wie ein Stomabeutel zu Hause gewechselt wird.

Die tägliche und sorgfältige Stomapflege hilft dabei, Infektionen und Hygieneproblemen vorzubeugen. Deshalb ist es natürlich wichtig, den Beutel täglich zu leeren um Hygieneprobleme zu vermeiden.

Alltag mit einem künstlichen Darmausgang: Tipps für Ernährung, Sport, Sexualität

Neben den medizinischen Möglichkeiten der Stomalegung, haben sich auch die Möglichkeiten der Stomaversorgung in den vergangenen Jahren zum Vorteil der betroffenen Patienten weiterentwickelt.

Wichtig ist dabei der Hautschutz, der sich bei einer einteiligen Lösung direkt am Beutel befindet. Die Versorgung ist aus diesem Grund sehr flexibel und bietet ein hohes Maß beim Tragekomfort. Dabei ist der Wechsel des Beutels einfach, weil er komplett entfernt wird.

Wichtig ist aber die Reinigung des Stomas nach jedem Wechsel. Stoma-Systeme lassen keine Gerüche nach außen dringen. Geruch kann allenfalls beim Wechseln oder Entleeren des Beutels entstehen. Die modernen Produktsysteme haben allesamt Aktivkohlefilter, die Gerüche und Darmgase zurückhalten. Dabei ist bloß die Wirkdauer einzuhalten, wird sie nicht überschritten, gibt es auch kein olfaktorisches Problem.

Jeder Betroffene kann die Stomaversorgung normalerweise selbst durchführen für den Fall, dass er in der Lage ist den Beutel in die Hand zu nehmen. Ansonsten ermöglichen es die Stoma-Systeme, dass die Pflegepersonen einfache Handgriffe dafür benötigen.

Doch die wesentlichen Fragen betreffen zweifellos den Alltag, deshalb klar und unmißverständlich: Stomaträger sind weder besonders sportlich eingeschränkt, noch beim Sex. Beim Sport sind lediglich extremes Bauchmuskeltraining und schweres Heben tabu und natürlich spezielle Kontaktsportarten, die das Stoma oder den Sitz der Versorgung gefährden. Dazu zählen vor allem Kampfsportarten wie Boxen, Gewichtheben, Judo, Karate oder auch Ringen.

Das Stoma alleine ist auch kein Hindernis für ein normales Sexualleben. Mit dem Sex sollte allerdings gewartet werden, bis die Wundheilung abgeschlossen ist. Dies ist nach meist 6 bis 8 Wochen der Fall nach der Stomaoperation. Allerdings, und das darf nicht verschiegen werden, können seelische Hemmungen die Ursache für Potenzstörungen und sexuelle Unlust sein.

Dann spielt die Einstellung zum Stoma eine wichtige Rolle für ein erfülltes Sexualleben. Wenn der eigene Körper als nicht mehr anziehend empfunden wird kann sich sich daraus eine Abwehrhaltung und Unfähigkeit zur geschlechtlichen Beziehung entwickeln.

Auch bei der Ernährung gibt es grundsätzlich keine einschränkungen, so brauchen die meisten Stomapatienten wegen des Stromnas allein jedenfalls keine spezielle Diät einhalten.

Und: natürlich können auch Frauen mit Stoma schwanger werden – sowohl mit einem Kolostoma, Urostoma bzw. einem Ileostoma. Durchgeführt wird hier bei der Geburt aber ein Kaiserschnitt. Denn Presswehen können einen Darmvorfall am Stoma auslösen bzw. einen Dammriss. Bei Männern ist es allerdings nicht selten, dass sie durch die Stoma-Operation Potenzprobleme bekommen. Grund dafür sind die seelischen Belastungen bzw. Nervenschädigungen.

Viele wissen indes aber nicht, wie sich ein Stoma eigentlich anfühlt zu tragen. Die Hersteller von Stomaprodukten haben heute eine breite Produktpalette im Portfolio, die den individuellen Wünschen auch mit dem Blick auf den Sex entgegenkommt. Ein Stoma bietet eine absolute Abdichtung und eine sichere, aber diskrete Auffangvorrichtung, ist hautfreundlich und das Material sehr robust und knistserarm sowie geruchssicher.

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Quellen:

¹ Tipps dür den Alltag – Deutsche ILCO e.V. – Selbsthilfevereinigung für Stromaträger und Menschen mit Darmkrebs sowie deren Angehörige
² Der künstliche Darmausgang für Darmkrebspatienten (ONKO-Internetportal – www.krebsgesellschaft.de)


Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

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Linktipps

– Koloskopie (Darmspiegelung) | Medizinlexikon
– Dickdarmkrebs – Ursachen, Symptome und Therapie
– Darmkrebs (Rektumkarzinom): bessere Behandlungschancen
– Chronische Dickdarmentzündung: Colitis Ulcerosa
– Harnwegsinfekt, Zystitis, Blasenkatarrh | Krankheitslexikon

Zur Information: Diese Informationen wurden – im Sinne mündiger Patienten – für interessierte Laien eingerichtet. Keinesfalls dürfen sie als Ersatz für medizinsche Beratung und Hilfe seitens qualifizierten Personals aus dem jeweiligen Fachbereich angesehen oder eingesetzt werden. Kontaktieren Sie bei Beschwerden jedenfalls den Arzt Ihres Vertrauens!

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