Chronische Sinusitis

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Chronische Sinusitis

Rinnende oder verstopfte Nase? Und das immer wieder und/oder über einen längeren Zeitraum – also nicht allergiebedingt? Der Grund könnte chronische Sinusitis sein. Chronische Erkrankungen der Nase und der Nasennebenhöhlen sind lästig und weiter verbreitet als man denkt. Doch die neue Antikörpertherapie verspricht Abhilfe bei chronischer Sinusitis.


Chronische Sinusitis – Artikelübersicht:

Ursachen temporärer Sinusitis können allergische Reaktionen sein. Wenn keine Allergien vorliegen, können aber auch komplexe immunologische Mechanismen dem Problem mit der Nase zugrunde liegen. Bislang gab es bei chronischer Sinusitis nur sehr eingeschränkt Therapien, doch neueste Studien geben Leidgeplagten Hoffnung: Die Forschung arbeitet an Antikörpern, die diverse entzündungsfördernde Immunmechanismen der Sinusitis hemmen können.

Chronische Sinusitis – was ist das?

Die Europäischen Rhinologische Gesellschaft hat klar definiert, was man unter chronischer Sinusitis – genauer: unter chronische Rhinosinusitis (CRS) versteht. Wenn eine Entzündung der Nase und der Nasennebenhöhlen (verstopfte oder rinnende Nase) länger als 12 Wochen dauert und man entweder unter einer Geruchsminderung und/oder Schmerzen bzw. Druckgefühl im Gesicht leidet, spricht man von chronischer Sinusitis.

Die Prävalenz dieser Erkrankung liegt in Europa bei ungefähr 10% mit starken regionalen Schwankungen (6,9–27,1%). Wenn man bedenkt, dass vergleichsweise „nur“ ca. 2,2% der Österreicher einen Herzinfarkt erleiden und „nur“ ca. 5% an einem behandlungswürdigen Diabetes leiden, kann man daher bei jedem Zehnten von chronischer Sinusitis betroffenem Österreicher eigentlich von einem Volksleiden sprechen.

Diagnose Sinusitis

Oft werden Patienten mit chronischer Sinusitis nicht gleich ernst genommen – nach dem Motto „ein Schnupfen halt…“. Aber wer wochenlang und immer wieder unter den unangenehmen Symptomen einer chronischen Sinusitis leidet, will Abhilfe. Zunächst ist aber einmal eine klare Diagnoseerstellung nötig.

HNO Spezialisten können die chronische Sinusitis mittels Nasenendoskopie und Computertomografie (CT) jedenfalls klar diagnostizieren. Symptomatische Verschattungen der Nebenhöhlen sind im CT eindeutig erkennbar. Sie können allerdings unterschiedliche Ausprägungen aufweisen.

Formen der chronischen Sinusitis

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man bei CRS zwischen zwei Formen unterscheidet: es gibt CRS mit Nasenpolypen (CRSwNP) und ohne Nasenpolypen (CRSsNP).

CRSsNP:

CRSsNP ist eine Form der chronischen Sinusitis bei der man bei vergleichsweise mildem Verlauf randständige Schwellungen im Nasenbereich erkennt. Je stärker die Sinusitis ausgeprägt ist, desto durchgängiger sind diese Verschattung in den Nebenhöhlen.

Eine Komplettverschattung nennt man „white-out“. Von „high-“ und „low-density areas“ spricht man hingegen, wenn sich in den Nebenhöhlen Areale mit hoher und weniger hoher Verschattungsdichte abwechseln.

CRSwNP:
Wenn die Verschattungen durch Polypen in der Nase verursacht sind, dann handelt es sich um eine vergleichsweise schwer zu behandelnde Form der chronischen Sinusitis.

Exkurs: Es gibt auch Krankheiten, die klinisch zwar dem Bild einer CRSwNP entsprechen, aber eben keine chronische Sinusitis sind: dazu zählen z.B. die zystische Fibrose oder das Kartagener-Syndrom.

Therapie bei CRSsNP

Ursache für CRSsNP, also für Sinusitis ohne Polypen, sind häufig spezifische anatomische Anomalien. Diesfalls – und wenn es im Bereich des Drainagesystems der Nasennebenhöhlen (NNH) zu wiederkehrenden chronischen Entzündungen der Nasenschleimhaut mit den bekannten Symptomen kommt – können nasale Steroide mit oder auch ohne Nasenspülungen Linderung verschaffen.

Sollte das nicht ausreichend helfen, besteht die Möglichkeit einer endoskopischen Nasennebenhöhlenoperation. Dabei sollen die Drainagewege der Nebenhöhlen erweitert werden um „normalweite“ Ausführungsgänge und Öffnungen herzustellen.

Läuft alles nach Plan, sollte nach kurzer Nachbehandlung (mit Nasensprays und Spülungen) der Patient nach circa ein bis drei Monaten beschwerdefrei sein.


Bei extremen Formen der CRS können die Eingriffe aber auch aufwändiger ausfallen. Vor allem wenn es zu einem „Re-Modelling“ der Schleimhaut und des umliegenden Gewebes kommt, weil die Nasennebenhöhlen zu eng oder verkümmert sind.

In diesen Fällen ist naturgemäß eine längere Nachbehandlung erwartbar. Generell gilt aber: Die Beseitigung der Ursache führt zur Heilung der Sinusitis.

Besonders naheliegend ist das bei einfachen Formen der CRSsNP die mit einem eindeutigen Auslöser in Zusammenhang stehen. Beispielhaft seien hier die

  • odontogene Sinusitis (Ursache in der Kieferhöhle, z.B. durch einen kranken Zahn)
  • ein isoliertes Pilzwachstum in einer Nebenhöhle (z.B. Aspergillus)
  • reaktive (einzelne) Polypen (z.B. Antrochoanalpolype)
  • genannt.

Ursachen von Polypen

Die Ursachen chronische Sinusitis mit Polypen (CRSwNP) sind nach wie vor nicht restlos geklärt. Es handelt sich hier aber im Gegensatz zu CRSsNP um eine komplexe immunologische Erkrankung.

Dies deshalb, weil sich selbst nach einer operativen Sanierung der Nasennebenhöhlen sehr häufig Rezidive bilden, die wieder medikamentös und chirurgisch behandelt werden müssen. Die Abtragung der polypös veränderten Nasenschleimhaut muss also immer wieder erfolgen.

Zwar geht man davon aus, dass bestimmte Faktoren wie virale Entzündungen, Umweltbelastungen, immunologische Reaktionen, wie z.B. Allergien, Asthma, Gewebseosinophilie oder Staphylokokken-Kolonisation mitverantwortlich für die Entstehung von CRSwNP sind – alleiniger Auslöser ist aber keiner dieser Faktoren.

Das unterstreicht die Komplexität dieser Erkrankung und die Wichtigkeit ihrer Endotypen – zumindest 10 verschiedene wurden für die Sinusitis bisher beschrieben und weiterhin kommt es zur Entdeckung neuer metabolischer Abläufe.

Therapie bei CRSwNP

Auch wenn sich viele Betroffene das wünschen würden – eine Heilung von CRSwNP ist bis dato noch nicht möglich. Beschwerden und Erkrankungen in Zusammenhang mit Polypen können bisher durch funktionelle, endoskopische Nasennebenhöhlenoperation (FESS) nicht geheilt werden. Im Sinn der umfassenden Patientenaufklärung und um unrealistische Erwartungen zu dämpfen, ist es wichtig, darüber aufzuklären.

Auch eine dauerhafte Besserung kann bis dato durch keinen Eingriff garantiert werden. Die Beschwerden können aber gelindert werden. Lokale und systemische Glukokortikoide stehen zur medikamentösen Therapie bereit und gegebenenfalls kann auch die Gabe von Antibiotika Symptome reduzieren.

Die besten Erfolge werden derzeit mit topischen und systemischen Steroiden erzielt. Topische Steroide werden als Nasenspray verabreicht. Weiters kann man Nasenspülungen mit Kortison versetzen. Der Vorteil der Spülung im Vergleich zum Spray: die mechanische Reinigung wird erleichtert und die Reichweite des Kortisons im NNH-System vergrößert.

Kurzzeitig kann auch die Gabe von systemischen Steroiden notwendig sein. Da es aber zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann (Magen-Darm-Störungen, Stimmungsschwankungen oder Schlafschwierigkeiten) ist Vorsicht geboten.

In jedem Fall muss bei nicht ausreichender Besserung oder Zunahme der Beschwerden der Arzt informiert werden. Nicht auszuschließen ist nämlich, dass durch diese Therapieoption eine Revisionsoperation indiziert sein könnte.

Antikörpertherapie bei chronischer Sinusitis

Je mehr die Wissenschaft über CRS, speziell CRSwNP weiß, desto besser werden die Therapieansätze. In letzter Zeit wurde speziell an der Entwicklung von Antikörpern, sogenannten „Biologika“, geforscht. Bei diesem Therapieansatz werden durch die gezielte Blockade der wichtigsten proinflammatorischen Zytokine die Symptome der Erkrankung gelindert.

Die Antikörpertherapie-Forschung steckt aber noch in den Anfängen. Nichtsdestotrotz können Menschen mit chronischer CRSwNP in Österreich immerhin im Einzelfall von der noch nicht zugelassenen Therapieform „off-lable“ profitieren.

Man hofft, in Zukunft weitere Antikörper zu identifizieren, um mittels Biologika die Erkrankung noch gezielter behandeln zu können. Parallel dazu forscht die Wissenschaft intensiv nach Biomarkern, um im Sinne der personalisierten Präzisionsmedizin individuelle Erfolge zu erzielen.

Dem entgegen stehen allerdings leider derzeit noch die sehr hohen Kosten für Biologika. Aber je mehr Forschung betrieben wird, desto näher kommen wir dem Ziel der leistbaren und wirkungsvollen personalisierten Medizin bei Menschen, die unter CRSwNP leiden.

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Quellen:

¹ Cochrane: Kurzfristige orale Kortikosteroide-Therapie zusätzlich zu anderen Behandlungen bei chronischer Rhinosinusitis
² Official Publication of the International and European Rhinologic Societies

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Linktipps

– Sinusitis – die wichtigsten Fragen & Antworten
– Medizinlexikon: Sinusitis, Nasennebenhöhlenentzündung
– Beste Hausmittel bei Schnupfen
– Geheimnis Geruchssinn
– Nasenpolypen
– Rhinitis – Nasenkatarrh

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