Medizinische Hypnose

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Medizinische Hypnose, ärztliche Hypnose

Medizinische Hypnose wird nach wie vor oft mit der in den Medien sehr präsenten Bühnen- oder Show-Hypnose verwechselt. Dabei haben beide nichts miteinander gemein. Denn während die moderne klinische Hypnose als Mittel ganzheitlich orientierter psychosomatischer bzw. psychotherapeutischer Behandlung fungiert, bedient sich die Bühnenversion einfachster Tricks zur Erzielung oberflächlicher Effekte, ohne Rücksicht auf die Würde und Individualität des einzelnen Menschen zu nehmen.


Medizinische Hypnose ist eine wissenschaftlich fundierte und anerkannte Therapieform in vielen Bereichen. Medizinische Hypnose wird von Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten erfolgreich angewendet. Dabei handelt es sich um eine sichere Methode, bei der – entgegen der landläufigen Vorstellung – Patienten und Klienten jederzeit die Kontrolle über sich behalten.

Ihren Namen verdankt die Hypnose übrigens dem Briten James Braid, der die Bezeichnung 1843 erstmals verwendete – etwas irreführend abgeleitet vom griechischen Wort Hypnos (Schlaf), obwohl es sich bei der Hypnose nachweislich um einen wachen Bewusstseinszustand handelt.

Am bekanntesten ist der Einsatz zur Raucherentwöhnung, in der Gewichtsreduktion, in der Schmerztherapie und gegen Phobien. Dabei wird sie wiederum besonders bei Angst vor Tieren (Zoophobie), Höhenangst (Akrophobie) sowie Flugangst (Aviatophobie) erfolgreich angewandt.

Im Rahmen von Hypnotherapie und Hypnocoaching – Therapieformen, die das vorhandene Wissen über die Wirkung von Trance und Suggestionen therapeutisch nutzen um Heilungs-, Such- und Lernprozesse zu fördern – wird Hypnose ebenfalls eingesetzt. Dabei steht die sogenannte Ich-Stärkung im Vordergrund, wobei der Umfang der Therapie sich meist auf wenige Sitzungen beschränkt.

Hochwirksame Entspannungstechnik

Die einfachste Definition der medizinschen Hypnose lautet „fokussierte Aufmerksamkeit“, dabei begibt man sich in den Zustand der sogenannten „Trance“, ein schlafähnliches Stadium, vergleichbar mit dem intensiven Hören eines Musikstücks, wobei man die Umgebung sozusagen „vergisst“.

Als Trance bezeichnet man einen Bewusstseinszustand, in dem die Aufmerksamkeit einer Person so stark auf innere Prozesse gerichtet ist, dass der Kontakt zur direkten Umgebung weitgehend eingeschränkt wird. Das sogenannte Narrenkastl-Schauen ist der leichten Form einer Trance durchaus ähnlich.

Dieser Zustand ist für sich genommen schon äußerst entspannend und fördert die innere Balance, zusätzlich ist das Unterbewußtsein des Patienten besonders aufnahmefähig. Entsprechend basieren die Erfolge der Hypnose auch auf Suggestion, also verbalen Anweisungen, die direkt auf das Unterbewusstsein wirken sollen, zumeist mittels positiver Programmierung.

Trance ist – wie Schlaf, Wachsein, Koma oder Narkose – ein Sonderzustand des Gehirns, bei dem das kritische Urteilsvermögen herabgesetzt ist und Suggestionen von außen leichter angenommen werden, ohne kritisch hinterfragt zu werden. Die Angst, dass der Patient dabei zu einem willenlosen Geschöpf mutiert, das Manipulationen hilflos ausgeliefert ist, ist aber unbegründet. Denn anders als in Hollywoodfilmen gezeigt, kann auch der geübteste Hypnotiseur niemanden zu einer Handlung anleiten, die dessen moralischen Vorstellungen zutiefst widerspricht. Und bei Gefahr in Verzug wacht der Patient sofort aus der Hypnose auf.

Hypnose in der Medizin

In Trance treten gut erforschte physiologische Veränderungen auf. Die Herzfrequenz nimmt ab, der Blutdruck sinkt und die Muskelspannung lässt nach. Außerdem lassen sich eine regelmäßigere und langsamere Atmung, eine Abnahme des Stresshormonspiegels, sowie eine geringere Aktivierbarkeit von Reflexen bei Patienten beobachten.

Die Aktivierung bestimmter Hirnareale während der Hypnose können wissenschaftlich mittels Magnetresonanztomographie (MRT) und Elektroenzephalographie (EEG) eindeutig nachgewiesen werden.

Die größten Effekte erzielt die Hypnose bei Anwendung in der Geburtshilfe und in der Zahnmedizin um Anspannung und Schmerz zu lindern. Die Methode eignet sich auch als alleiniges schmerztherapeutisches Verfahren oder in Kombination mit Anästhesieverfahren bei Operationen. Unter Psychotherapeuten zählt die Hypnose zu den anerkannten Behandlungsformen von Angst, Depressionen und posttraumatischem Stress.

Doch auch wenn immer mehr Studien die Wirksamkeit der Hypnose bei einer Fülle von körperlichen und geistigen Krankheiten belegen, tappt die Wissenschaft auf der Suche nach einer Erklärung, was genau während der Hypnose passiert, noch immer im Dunkeln.

Außerdem kommt Hypnose nicht für jedermann als therapeutische Methode in Frage – etwa achzig Prozent der Bevölkerung können ohne Vorbereitung erfolgreich hypnotisiert werden, ein Teil der zu Behandelnden schafft es erst nach einiger Übung, in Trance zu fallen. Und fünf Prozent der Bevölkerung gelten als überhaupt nicht hypnotisierbar – darunter befinden sich Menschen mit Gehirnschäden und solche, die unter dem Aufmerksamkeits-Defizit/Hyperakrivitäts-Syndrom (ADHS) leiden.

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Quellen:

– Dr. Nidal Moughrabi – Facharzt für Anaesthesie und Intensivmedizin
Institut für Coaching und medizinische Hypnose – Goldenes Kreuz Privatklinik, Wien
– P.M. Medizin & Psychologie 12/2004

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

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Linktipps

– Hypnose – Therapie, nicht Scharlatanerie
– Österreichische Gesellschaft für ärztliche und zahnärztliche Hypnose
– Zahnarztangst: Welche Konsequenzen Panik vor dem Zahnarzt hat
– Deutsche Gesellschaft für Hypnose
– Traumtherapie

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