Fibromyalgie (Faser-Muskel-Schmerz) | Krankheitslexikon
Die Fibromyalgie (Faser-Muskel-Schmerz) ist eine schwere chronische, nicht-entzündliche weichteilrheumatische Erkrankung, von der bis zu 4 % der Bevölkerung betroffen sind. Davon sind 85 bis 90 % Frauen. Fibromyalgie ist nicht mit dem Begriff “Weichteilrheumatismus” gleichzusetzen. Die Krankheit ist derzeit noch nicht heilbar.
Das FMS (Fibromyalgie Syndrom) ist eine Erkrankung des Stütz- und Bewegungsapparates mit Schmerzen und Ermüdungserscheinungen in Muskeln, Bändern und Sehnen (den Bindegeweben des Körpers, die aus Fasern bestehen). “Fibro” bezeichnet die Faserkomponente, “My” die Muskelkomponente, “Algie” den Schmerzzustand. Man kann den Begriff eindeutschen und von Faser-Muskel-Schmerz (FMS) sprechen, geläufig sind jedoch die Bezeichnungen “Fibromyalgie” bzw. englisch “fibromyalgia”.
Entstehung
Patienten mit Fibromyalgie haben meist bereits in der Vorgeschichte chronische Schmerzen des Bewegungssystems, z. B. durch einen Bandscheibenvorfall oder ein Schleudertrauma. Zur Fibromyalgie kommt es dann, wenn sich der Schmerz gewissermaßen verselbständigt und nicht mehr nur lokal an den ursprünglich schmerzhaften Stellen, z. B. der Halswirbelsäule, sondern am ganzen Körper verspürt wird. Zu diesem Zeitpunkt hilft auch die Beseitigung der ursprünglichen Ursache des Schmerzes nicht mehr, um eine Besserung zu erreichen.
Gleichzeitig bestehen oft psychische Symptome, wie z. B. Depressionen, und der Patient fühlt sich ausgesprochen krank. Es ist bekannt, dass es bei Patienten mit Fibromyalgie zu Änderungen der Regelsysteme der Schmerzempfindung im Gehirn kommt. Manche Botenstoffe des Gehirns, wie z. B. Serotonin und Tryptophan werden “herunterreguliert”, während andere, wie die Substanz P – eine bestimmte Schmerztransmittersubstanz – vermehrt vorhanden sind.
Trotz dieser “organischen”, d. h. körperlichen Veränderungen des Gehirns, ist aber immer noch nicht klar, ob die Fibromyalgie letztendlich eine psychosomatische Erkrankung ist, bei der die Veränderungen der Botenstoffe des Gehirns erst sekundär entstehen, oder ob es sich wirklich gewissermaßen um eine Stoffwechselerkrankung des Gehirns mit der Folge von Schmerzen und psychosomatischen Störungen handelt. Sicher ist aber, dass die schmerzhaften Stellen des Bewegungsystems selber nicht verändert oder gar entzündet sind, sondern erst die veränderte Schmerzempfindung im Gehirn dazu führt, dass der Schmerz im Bewegungssystem empfunden wird. Trotzdem handelt es sich aber um echte und nicht etwa eingebildete Schmerzen.
Symptome
Auch wenn der Schmerz das wichtigste Symptom ist, so gibt es doch eine ganze Reihe weiterer Beschwerden, die den Betroffenen das Leben zur Hölle machen, sie sogar regelrecht von ihrer Außenwelt abschneiden. Häufig wird der Schmerz als großflächig und fließend beschrieben. Die Patienten haben oft das Gefühl, die schmerzhaften Weichteile seien diffus geschwollen, und kleine Verdichtungen des Unterhautfettgewebes werden als schmerzhafte Knötchen empfunden. Die Schmerzen halten über lange Zeit, meist über Jahre an und können bei manchen Patienten durch körperliche Aktivitäten oder auch Krankengymnastik bzw. Massage verstärkt werden.
- Schmerzen in Muskeln und Bindegewebe im gesamten Körper, in einer Körperhälfte oder verschiedenen Regionen, die ständig vorhanden sind oder regelmäßig wieder auftreten
- bestimmte Punkte auf der Körperoberfläche schmerzen bei Berührung (sogenannte tender points)
- Schlafstörungen
- Probleme im Magen-Darm-Trakt
- Herz-, Kreislauf- und Atembeschwerden
- Gefühlsstörungen auf der Haut
- kalte Hände, vermehrtes Schwitzen
- Zittern der Hände
- Depressionen
Beschwerden, die eigentlich gar nicht recht zusammenpassen wollen. Und dennoch treten sie bei einer Fibromyalgie auf, ohne dass wir bis heute genau wissen, warum das so ist. Genau deshalb ist es auch so schwierig für viele Ärzte, die richtige Diagnose zu stellen, weil gerade bei Frauen “in der Nähe der Wechseljahre” nun einmal sehr gerne auf eben diesen Lebensabschnitt als Auslöser für so manch unklare Symptome getippt wird. Die Folgen sind fatal für die Betroffenen: sie müssen manchmal jahrelang mit ihren Beschwerden leben, fühlen sich nicht ernst genommen, verzweifeln, schotten sich gegenüber ihrer Umwelt ab.
Diagnose
So schwierig diese Palette an Symptomen auch zu deuten ist – wenn der behandelnde Arzt an eine Fibromyalgie denkt, kann er durch gezielte Untersuchungen die richtige Diagnose stellen – und das ziemlich schnell. Die “klassische Rheuma-Diagnostik” liefert bei der Fibromyalgie leider keinerlei brauchbare Ergebnisse. Sowohl Röntgenaufnahmen als auch Blutuntersuchungen zeigen gar nichts, sind völlig normal, sehen aus wie bei jedem Gesunden auch. Das gleiche gilt für die körperliche Untersuchung. Die Gelenke sind nicht geschwollen, die Bewegungsfähigkeit erhalten – dennoch sind die Schmerzen da. Umso wichtiger ist es für den Arzt, den Betroffenen intensiv zuzuhören und die Beschwerden wirklich ernst zu nehmen – keine leichte Aufgabe im Zeitalter der “Fünf-Minuten-Medizin”.
Was allerdings auffällig ist, sind die bereits erwähnten Schmerz-Punkte, die sogenannten “tender points”. Die können durch den Arzt gezielt aufgesucht werden. Reagieren diese Punkte schon bei leichtem Druck mit Schmerzen, wird die Fibromyalgie als Ursache immer wahrscheinlicher. Auch stehen gezielte Fragebögen zur Verfügung, die diese scheinbar unzusammenhängenden Beschwerden miteinander in Verbindung bringen und damit die Diagnose weiter absichern. Am wichtigsten ist aber, dass an die Fibromyalgie überhaupt gedacht wird und eben nicht die Wechseljahre oder irgendwelche andere Hormonumstellungen für diese Symptome verantwortlich gemacht werden.
Therapie
Häufig sind Schmerzmittel und Antirheumatika komplett unwirksam. Auch Krankengymnastik und Massage können zwar bei manchen Patienten helfen, bei anderen Patienten aber das Krankheitsbild sogar noch verschlimmern. Am erfolgreichsten dürften nach Patientenberichten wohl kombinierte Therapieansätze mit psychosomatischer Therapie, physikalischen Anwendungen und einer intensiven Patientenschulung sein.
Abseits der medikamentösen Behandlung (etwa mit Amitriptylin, Trimipramin, Doxepin oder Tramadol – Fluoxetin, Sertralin und Citalopram sind sog. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) und der Akupunktur, werden folgende physikalische Therapien durchgeführt:
- Akupressur
- Laser-Schmerztherapie
- Schröpfmassage
- Patientenschulung
- Ganzkörper-Kältetherapie bei minus 110 °C
- Ganzkörper-Wärmetherapie
- Osteopathie
- Qi Gong
- Tai Chi und Tai Chi Chuan (Taijiquan)
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
– Akupunktur hilft bei Fibromyalgie
– FMS-Forum Prof. Dr. Dr. Bauer (Infos zu Behandlungsmethoden)
– Fibromyalgie – Definition, Häufigkeit, Entstehung, Symptome
– Muskel-Skelett-Erkrankungen im Arbeitsalltag
– Interstitielle Cystitis – die chronische Blasenentzündung
– Schmerztherapie bei Kindern