Autogene Psychotherapie

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Autogene Psychotherapie

Autogene Psychotherapie zielt darauf ab, physische als auch psychische Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Das in den 1920er-Jahren entwickelte, tiefenpsychologisch orientierte Verfahren versucht mittels bestimmter Entspannungstechniken körperliche und seelische Beschwerden zu lindern.


Autogenes Training wird in Begleitung einer Fachkraft aus dem Bereich Psychotherapie über Stufen entwickelt und eignet sich sowohl als Einzeltherapie als auch als Gruppentherapie. Doch wie effektiv kann Autogene Psychotherapie tatsächlich sein? Was bewitkt sie?

Autogene Psychotherapie – Artikelübersicht:

Was ist Autogene Psychotherapie?

Autogene Psychotherapie, synonym “Autogenes Training” ist eine psychotherapeutische Methode, die Johannes Heinrich Schultz, ein Berliner Psychiater in den 1920er Jahren entwickelt hat. Wird die Methode professionell durchgeführt, hat sie einen gleichrangigen Stellenwert zu anderen psychotherapeutischen Techniken.

Laut Psychotherapiegesetz (BGBI. Nr. 361 / 1990) ist die Autogene Psychotherapie eine unter vielen von wissenschaftlicher Seite anerkannten Methode der Psychotherapie. Es handelt sich zudem um einen ganzheitlichen Ansatz, der von einem systematischen Aufbau geprägt ist.

Autogene Psychotherapie findet Einsatz in der Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Die erste Grundstufe eigent sich zur Kurzzeittherapie, die “Oberstufe” der Methode ist vorrangig für langzeittherapeutische Settings gedacht. Das besondere Merkmal jeder einzelnen Stufe besteht darin, ausgehend von der psychischen auch einen physischen Entspannungszustand zu erreichen.

Man unterscheidet drei Stufen der Autogenen Psychotherapie

  • Grundstufe
  • Mittelstufe
  • Oberstufe

Erste Grundstufe der Autogenen Psychotherapie

Während der ersten Phase der Grundstufe versuchen Klienten den Informationsfluss zum menschlichen Zentralnervensystem (ZNS) bewußt zu reduzieren. Alle ‘Informationskanäle’ enspannen, wobei man folgende Informationskanäle differenziert:

  • Atmungserlebnis
  • Immobilisierung
  • Schwereerlebnis
  • Wärmeerlebnis

Man setzt den jeweils betroffene Muskeltonus herab und konzentriert sich ganz auf den Atemfluss. Bereits in dieser Stufe beginnen Heilungsprozesse auf psychischer Ebene.

Die erste Stufe dieser Methode dient zur Heilung aber auch zur Prävention psychischer Erkrankungen. Regulationsstörungen, die aufgrund von Stress entstehen und sich durch Ängste beziehungsweise Schlafstörungen äußern, kann man mittels Autogenem Training effektiv vorbeugen.

Diese Prozesse funktionieren nicht zuletzt auch deshalb, weil man ‘Selbstwirksamkeit’ erlebt. Aufgrund eines zunhemend wieder gewonnenen Vertrauens in die eigenen, bionomen Körper-Seele-Regulationskompetenzen, erlebt man im Zuge der autogenen Psychotherapie eine generelle Stärkung der eigenen Persönlichkeit.

 

Mittelstufe von Autogener Psychotherapie

In der Mittelstufe lernt man nun, Bilder, Gefühle und Gedanken, die mit Problemen in Verbindung stehen, mit Gelassenheit und innerem Abstand zu betrachten. Man entwicklet die während der ersten Phase erreichten Fähigkeiten kontinuierlich weiter. Auf diese Weise geklingt es, sich in Bezug auf potenzielle Problemthematiken zunehmend angstfrei und vor allem spannungsfrei zu verhalten.

Im Rahmen dieser Stufe erarbeitet der Patient auch sogenannte Vorsatzformeln. Mithilfe dieser ‘Mantren’ wird die eigene Persönlichkeit bewußt ‘entwickelt’. Dies neuen ‘Glaubenssätze’ bewirken eine Veränderung, Klienten erstellen eine neue, poitivere Definition des eigenen Selbst. Auch diese Stufe nennt man landläufig schlicht “Autogenen Training”.

Oberstufe der Autogenen Psychotherapie

In dieser Phase begleitet der Psychotherapeut seinen Klienten noch ein Stück weiter ins Unterbewußstein. Nun geht es um professionelle und tiefe Deutung von Gefühlen, Bildern und Gedanken. So kann es gelingen, unbewusst existierende Konflikte inklusive damit einhergehender Gefühle, deren Ursprung man oft selbst bewußt nicht weiss, verstehbar zu machen.

In weiterer Folge werden diese bearbeitet und verlieren ihre Wichtigkeit und auch ihren Schrecken. Um zu verhindern, dass sie wiederkehren, begleitet der Psychotherapeut die Klienten beim Entwurf neuer nachhaltiger Lösungsansätze und Denkmuster. So kann es gelingen, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten.

Traumatische Erfahrungen können u.a. sein:

  • Verlust einer geliebten Person
  • Krankheit (chronische Schmerzen)
  • Unfälle
  • Fehlgeburten
  • unmittelbares Erleben von Naturkatastrophen
  • Gewalterfahrung

Neben der Entwicklung von individuellen Bewältigungsstrategien leistet Autogene Psychotherapie auch einen wertvollen Beitrag zur Selbsterfahrung, vor allem bezüglich tief verborgener Verhaltens- und Reaktionsmuster.

 

Einsatzgebiete der Autogenen Psychotherapie

Die Therapieform zeichnet sich durch ihre facettenreichen Einsatzmöglichkeiten aus. Neben der Mögkichkeit, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten, bietet Autogene Psychotherapie auch Anleitungen zur Entspannung und zum Abbau von beruflichem Druck.

Besonders Berufsgruppen, die häufig belastenden Situationen ausgesetzt sind – sei es aufgrund des spezifischen Klientels, mit dem sie arbeiten, oder auch weil andere große Verantwortlichkeiten auf ihnen lasten – nutzen Autogene Psychotherapie zur bewußten Entspannung.

Typische Anwendungsgebiete:

  • Wunsch nach Leistungssteigerung
  • Unruhe bekämpfen
  • Gestörte Körperfunktionen
  • Psychosomatisch Störungen oder Beschwerden
  • Hemmungen abbauen
  • Vertrauenssteigerung in die eigenen Kompetenzen
  • Lebensfreude natürlich erhöhen

 

Autogene Psychotherapie in Österreich

In Österreich darf die wissenschaftlich anerkannte Methode der Psychotherapie ausschließlich von Personen durchgeführt werden, die die Berufsbezeichnung Psychotherapeutin oder Psychotherapeut tragen. Eine entsprechende Berechtigung nach spezifischer Fortbildung ist Voraussetzung, um Autogene Psychotherapie anbieten und durchführen zu dürfen.

Laut § 14 Abs. 5 des Psychotherapiegesetzes gibt es jedoch Ausnahmen. Personen, die in der Lage sind, aufgrund ihrer nachweisbaren Qualifizierung einzelne Elemente der Autogenen Psychotherapie anzuwenden, dürfen ebendiese anbieten. Hier wird im Einzelfall entschieden. Erfahrungen und Kenntnisse mit dieser Therapiemethode können beispielsweise im Rahmen von beruflichen Weiterbildungen für Psychotherapeuten erworben werden.

Das zuständige österreichsiche Bundesministerium führt eine öffentlich einsehbare Liste aller hierzulande eingetragenen und für Autogene Psychotherapie zugelassenen Psychotherapeuten. Diese Liste kann hier eingesehen werden.

Folgende Berufsgruppen dürfen in Österreich Autogene Psychotherapie in ihrem beruflichen Alltag einsetzen, wenn oben genannte Voraussetzungen gegeben sind:

  • Psychotherapeuten / -in
  • Klinische Psychologen / -innen
  • Gesundheitspsychologen / -innen
  • Ärzte / -innen, wenn Autogene Psychotherapie ein Bestandteil der jeweiligen Fachrichtung ist.

Wer trägt die Kosten für Autogene Psychotherapie in Österreich?

Die Abrechnung dieser Leistung erfolgt ähnlich wie die anderer therapeutischer Behandlungsmethoden. Liegt eine Überweisung inklusive einer klaren Indikation seitens des betreuenden Arztes vor, tragen – theoretisch die Kosten für Autogene Psychotherapie die Krankenkassen.

Es gilt jedoch zu beachten, dass das Budget zur Finanzierung von Psychotherapie, unabhängige von der Methode, seitens der Krankenkassen limitiert ist. Patienten müssen damit rechnen, dass ihre Kasse die Kostenübernahme zunächst ablehnt, oder nur einige Sitzungen bezahlt. Ist man auf einen Kasssenplatz angewiesen muss man oft lange Wartezeiten (z.T. Monate) in Kauf nehmen.

Es ist empfehlenswert, bereits während der Suche nach einem Psychotherapeuten einen Antrag auf Kostenübernahme beim Sozialträger zu stellen.

Setzen Sie sich also zeitgerecht mit Ihrem Versicherungsträger in Verbindung und lassen Sie sich beraten. Wird die Autogene Psychotherapie aus beruflichen Gründen zum Zweck einer nachhaltigen Gesundheitsprävention genutzt, ist vereinzelt sogar eine finanzielle Unterstützung des Arbeitgebers denkbar.

Fazit: Wer eine adäquate Entspannungstechnik sucht um eine optimale und effiziente Erholungsstrategie zu erlernen, für den ist die Autogene Psychotherapie eine interessante Option. Es müssen beim Autogenen Training keine besonderen Voraussetzungen erfüllt werden, die Methode eignet sich also für alle Menschen, die sich nach Ruhe und Entspannung sehnen.

Zudem kann die Therapieform dazu beitragen, angstbesetzte Situationen (etwa bei Prüfungen, Flügen, Zahnarztbesuchen usw.) zu meistern. Auch im Sport kommt die Entspannungstechnik seit Jahrzehnten erfolgreich zum Einsatz, denn die Übungen helfen, die Nervosität und Anspannung vor einem Wettkampf zu minimieren und die Leistung zu pushen.

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Quelle:

¹ ÖGATAP – Österreichische Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psychotherapie

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