Stalking – Wege aus der Isolation

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Stalking - was tun bei Belästigung per Social Media, Telefon oder SMS?

Fotocredit: Johan Larson | Fotolia + AdobeStock

Ist er hier? Wartet er auf mich? Angst ist ein mächtiges Gefühl. Sie kann zu ungeahnter Kraft verhelfen, aber auch den Mutigsten dazu bringen aufzugeben.


Stalking – Artikelübersicht:

Stets fröhliche, optimistische Menschen werden zu blassen Figuren die sich bei schönstem Wetter nicht hinaus trauen.

Leute die sich bei jedem Klingeln über den anstehenden Besuch freuen, zucken zusammen wenn die Glocke schrillt. Jeder Gang zum Briefkasten ist eine Qual, denn man weiß nicht was einen erwartet.

Ohne Zweifel, Stalking ist Psychoterror, psychische Gewalt – allgegenwärtig bis in den Schlaf.

Definition und Tatbestand von Stalking

Unter Stalking versteht man bewusstes, krankhaftes Verfolgen, Beschatten, Beobachten und Bedrohen einer Person. Das Wort leitet sich vom englischen “to stalk” ab, was so viel bedeutet wie anpirschen, belauern, heranschleichen.

  • Stalking bezeichnet das wiederholte, absichtliche und unerwünschte Verfolgen oder Belästigen einer Person.
  • Handlungen können physisch, verbal, schriftlich oder elektronisch erfolgen.
  • Der Tatbestand ist erfüllt, wenn die Handlungen die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und als bedrohlich empfunden werden.

In Österreich ist Stalking strafbar (§107a StGB).

Wie sieht die Realität aus?

80 % der Stalker sind Männer, etwa 90 % der Opfer sind Frauen. Bedeutet: Stalkingopfer sind hauptsächlich Frauen, die Täter (Stalker) überwiegend Männer.

Die Verfolgung kann einige Wochen bis Jahre andauern, die Verfolger sind ausdauernd und beharrlich. Stalking kann von Verfolgung bis zu Sachbeschädigung, Körperverletzung, ja im schlimmsten Fall auch Mord gehen.

Telefonanrufe, SMS, kleine Geschenke sowie die Anwesenheit des Stalkers, seine Liebesbekundungen, Drohungen und Beleidigungen gehören für ein Stalkingopfer zum traurigen Alltag.

Die häufigsten Ursachen von Stalking:

In vielen Fällen resultiert Stalking aus früheren persönlichen Beziehungen.

Die Ursachen können Eifersucht, Kontrollverlust, Rache oder psychische Erkrankungen sein. Experten betonen allerdings, dass es keine einheitliche oder typische Persönlichkeitsstruktur bzw. psychopathologische Symptomatik bei Stalkern erkennen lässt.

Gespräch mit einem Opfer

“Ich fühlte mich in meinem Leben komplett eingeschränkt. Die ständige Angst das er wieder vor der Tür lauert, im zehn Meter Abstand hinterher trottet, das er einfach wieder da ist, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren – vor allem bei dem Gedanken hinauszugehen.

Es gibt keinen Alltag mehr, einkaufen wird zum Hürdenlauf, schönes Wetter verursacht Depressionen weil man weiß, man kann nicht raus denn dort ist ja er. Am Fenster sitzen geht nicht, er könnte mich sehen, er könnte eine Waffe haben, er könnte sie benutzen. Man fühlt sich vollkommen hilflos und allein.”

Bei diesem Stalkingopfer ging der Täter etwas weiter, er zeichnete sich durch beharrliche Verfolgung, Selbstmordäußerungen, Sachbeschädigung, Einbruch und Körperverletzung aus. Das Opfer litt unter Depressionen, Existenzängsten, Albträumen und Schlaflosigkeit.

Auf die Frage ob und warum sie nicht gleich zur Polizei gegangen sei, antwortete sie: “Für einen Außenstehenden ist das wohl immer die zweite oder dritte Frage und der verständnislose Blick wenn man nein sagt ist auch bekannt. Stellen Sie sich vor, sie müssten wegen einem Menschen den sie einmal geliebt haben, dem sie mal vertrauten zur Polizei – es würde ihnen bestimmt nicht leicht fallen.

Es dauert, bis man sich seiner Situation bewusst wird, bis man merkt, ok, hier kann ich selbst nichts ausrichten, ein klärendes Gespräch existiert nicht. Als ich nach einem Jahr in einer Notsituation zur Polizei ging war ich nervlich am Ende. Ich hoffte auf Hilfe und wurde nur belächelt. Damals war Stalking noch kein so großes Thema, die Antistalking Gesetze gab es noch nicht.”

Es dauerte zwei Jahre und drei Wohnungswechsel bis sie sich von ihrem Peiniger loslösen konnte. Für ihn gab es nie rechtliche Konsequenzen.

Einfluss von Social Media (Cyber-Stalking)

Social Media haben die Stalking-Dynamik verstärkt. Der Begriff Cyber-Stalking bezieht sich auf Verfolgung und Belästigung über digitale Plattformen wie TikTok, Instagram, Twitter, Facebook & Co.

Täter können über Social Media gezielt falsche Informationen über das Opfer verbreiten, um dessen Ruf zu schädigen. Dies kann von erfundenen Geschichten bis zu manipulierten Bildern oder Videos reichen.

Außerdem hinterlassen digitale Belästigungen im Gegensatz zu physischen Verfolgungen dauerhafte Spuren. Posts, Kommentare oder Nachrichten können auch nach ihrer Entfernung weiterhin Auswirkungen haben, da sie durch Screenshots oder Reposts erhalten bleiben können.

Der Einfluss von Social Media auf Stalking ist also signifikant und kann folgende Aspekte umfassen:

Stichwort Leichterer Zugang zu persönlichen Informationen:

Durch Social Media können Täter leicht an persönliche Informationen ihrer Opfer gelangen, wie Wohnort, Arbeitsplatz, Interessen und soziale Verbindungen. Diese Informationen werden oft für gezielte Belästigung genutzt.

Stichwort Anonymität und Pseudonymität:

Social Media ermöglichen es Tätern, sich hinter anonymen oder pseudonymen Accounts zu verstecken, was die Identifizierung erschwert. Dies trägt zur Unsicherheit des Opfers bei, da es möglicherweise nicht weiß, wer hinter den Belästigungen steht.

Stichwort Digitale Überwachung:

Täter können Opfer digital überwachen, indem sie deren Online-Aktivitäten verfolgen. Dies umfasst das Beobachten von Posts, Kommentaren und geteilten Inhalten, um Einblicke in das tägliche Leben des Opfers zu gewinnen.

Stichwort Manipulation durch Online-Kommunikation:

Social Media bieten Tätern Plattformen für direkte oder indirekte Kommunikation mit dem Opfer. Diese Kommunikation kann von subtilen Drohungen bis zu offen aggressivem Verhalten reichen, was das Opfer in Angst und Unsicherheit versetzen kann.

Stichwort Hacking und Identitätsdiebstahl:

In extremen Fällen kann Cyber-Stalking den Einsatz von Hacking-Techniken und Identitätsdiebstahl umfassen, um die Kontrolle über die Online-Präsenz des Opfers zu erlangen.

Tipps für Opfer und Betroffene: Wege aus der Opferrolle

Der Weg bis zur eigenen Freiheit kann ein langer sein, deshalb brauchen Betroffene viel Ausdauer und psychische Stärke.

Die wichtigsten Eckpfeiler im Überblick:

– Dokumentieren Sie alle Vorfälle genau, inklusive Datum, Ort und Art der Belästigung.
– Informieren Sie Vertrauenspersonen und die Polizei über die Vorfälle.
– Nutzen Sie vorhandene rechtliche Schutzmechanismen, wie das erwähnte Kontaktverbot.
– Psychologische Unterstützung kann hilfreich sein, um mit den emotionalen Folgen umzugehen.

Hier vier wichtige Grundregeln die zu einem schnelleren Vorankommen beitragen können.

Abstinenz

– Jeglichen Kontakt mit dem Täter vermeiden
– Jegliche Kontaktangebote ignorieren
– Geschenke zurückweisen
– Bei Telefonterror zum Beispiel die Nummer wechseln

Transparenz

Es ist sehr wichtig, dass das soziale Umfeld (Freunde, Bekannte, Kollegen, Nachbarn, Familie?) über die Belästigung informiert wird und weiß, dass keine Informationen herausgegeben werden dürfen.

Dokumentation

– Aufzeichnungen über Belästigungen, Kontaktaufnahmen etc. in einem Tagebuch machen
– SMS, Briefe, Emails etc. aufbewahren
– Sprachnachrichten speichern

Konsequenz

Es ist von äußerster Wichtigkeit das alle der oben genannten Punkte befolgt werden. Oft fällt es schwer wirklich nicht mehr mit dem Stalker zu sprechen oder auf Belästigungen nicht mehr einzugehen. Der Gedanke “darüber” sprechen zu können und es ihm “auszureden” schwirrt durch den Kopf. Das wird aber nicht funktionieren. Seien sie hart und bleiben sie hart. Je stärker das Opfer wird desto weniger Macht hat der Täter.

Anti-Stalking-Gesetz

Das Anti-Stalking-Gesetz ist in Österreich seit dem 1. Juli 2006 in Kraft. Es gibt zwei Möglichkeiten zum Schutz des Opfers:

  • Strafrechtlicher Schutz durch eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Dazu muss bei der Polizei eine Anzeige gegen den Stalker gemacht werden.
  • Zivilrechtlicher Schutz durch eine einstweilige Verfügung. Diese muss bei Gericht beantragt werden.

Neben den Straftatbeständen des “Stalkings” und des “Cyber-Mobbings” gibt es im österreichischen Strafgesetzbuch noch weitere gesetzliche Bestimmungen, die bei ständiger Belästigung und beharrlicher Verfolgung erfüllt sein können:

Nötigung

Nötigung bezieht sich auf die zwangsweise Einwirkung auf einen Menschen, um ihn zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu bewegen. Also, wenn jemand durch gefährliche Drohung oder mit Gewalt zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt werden soll. Ein häufiges Beispiel wäre etwa die Drohung bei Nichtbefolgung einer Anweisung oder Verhaltensaufforderung Nacktfotos von einer Person ins Internet zu stellen oder über Social Media zu verbreiten.

Stalking kann in gewissen Fällen Elemente der Nötigung beinhalten, besonders wenn Druck ausgeübt wird, um das Opfer zu kontrollieren.

Üble Nachrede

Üble Nachrede umfasst die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über eine Person, die deren Ruf schädigen. Darunter fällt etwa, jemandem in Gegenwart anderer den Vorwurf einer verächtlichen Gesinnung oder Eigenschaft zu machen oder ihn eines unehrenhaften Verhaltens zu beschuldigen (z.B. als Nazi, Rechtsextremist, Homophoben etc.) ohne konkrete Belege dafür anführen zu können.

Stalking kann durch falsche Anschuldigungen oder Gerüchte auch Elemente der üblen Nachrede beinhalten.

Beleidigung

Beleidigung bezieht sich auf Beschimpfungen oder Verspottung einer Person in der Öffentlichkeit bzw. Äußerungen oder Handlungen, die die Ehre oder den Ruf einer Person verletzen.

Stalking kann durch beleidigende Kommunikation, sei es physisch oder digital, charakterisiert sein.

Datenbeschädigung

Datenbeschädigung betrifft die unbefugte Veränderung, Zerstörung oder Beeinträchtigung von elektronischen Daten.

Cyber-Stalking kann diese Straftatbestände beinhalten, wenn der Täter überlassene Daten des Opfers manipuliert, löscht oder sonst unbrauchbar macht.

Kreditschädigung

Kreditschädigung bezieht sich auf Handlungen, die die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit einer Person beeinträchtigen.

Stalking kann diesen Straftatbestand berühren, wenn der Täter gezielt darauf abzielt, das Opfer finanziell zu schädigen.

Verleumdung

Verleumdung beinhaltet die Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen, die den Ruf einer Person schädigen sollen. Darunter fällt etwa auch die geäußerte Verdächtigung einer strafbaren Handlung, die die Gefahr einer behördlichen Verfolgung durch Polizei oder Staatsanwaltschaft bedeutet, obwohl dem verleumder klar ist, dass der Vorwurf nicht zutrifft.

Stalking kann auch Elemente der Verleumdung beinhalten, insbesondere wenn falsche Behauptungen zur Diffamierung des Opfers genutzt werden.

Anlaufstellen für Stalkingopfer

Eine spezielle Beratungsmöglichkeit bietet das Gewaltschutzzentrum bzw. die Interventionsstelle (Kontakt unter www.gewaltschutzzentrum.at)

telefonischer Kontakt ist ebenfalls vertraulich und kostenlos möglich: Tel. 0800 700 217

24 Stunden Frauennotruf der Stadt Wien

Tel. 01 / 71 71 9

Frauenhelpline gegen Männergewalt Tel. 0800 / 222555 Kriminalpolizeiliche Beratung Tel. 0800 / 216346 Männerberatung Tel. 01 / 603 28 28 Selbsthilfegruppe für Stalkingopfer [email protected] Notruf des BMJ für Opfer (Rechtsberatung) Tel. 0800/112 112 Weißer Ring (Kriminalitätsopferhilfe) Tel. 07114/200 155

= [andreber] =

Bundeskriminalamt: Information zu Stalking
Stalking: gesetzliche Lage in Österreich (oesterreich.gv.at)
Stalking: Beratung gegen die Belästigung (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend )
– Stalking – ein Überblick von Prof. Dr. Harald Dreßing, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim, Universität Heidelberg für www.universimed.com (abgerufen 02/2018)

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

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Linktipps

– Mobbing
– Cyber-Mobbing – Diffamierung & Belästigung via Internet
– Psychosoziale Beratung im Kontext gesellschaftlicher Krisen
– Mobbing im Internet – was tun gegen Cyber-Mobbing?
– Wieviel Eifersucht ist normal in der Beziehung?
– Eifersucht – Liebe bis aufs Blut
– Lust & Liebe: Liebeskummer
– Sexualität & Partnerschaft: Sexuelle Hörigkeit

[Verfasst 10/2008, Update: 01/2023]

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