Neuer Allergietest: Chip hilft bei Diagnose von Allergien

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 Allergietest: Chip

Allergien zählen in den westlichen Industrienationen mittlerweile zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Dabei handelt es sich bei einer Allergie um eine sinnlose und schädliche Überreaktion gegen einen an sich harmlosen Umweltstoff.


Die Behandlung gestaltet sich oft schwierig, weil es bei den meisten Allergikern nicht einfach herauszufinden ist, wogegen sie eigentlich allergisch sind. Mittels neuer Allergen-Chip-Technologie können nun aber über 100 Allergene auf einmal getestet werden. Vom Patienten benötigt man bei diesem Allergietest lediglich einen Blutstropfen.

Allergien weiter im Vormarsch

Nicht nur jahreszeitlich bedingte Umweltallergien sind unangenehm und gefährlich, Menschen können auf alles eine Allergie entwickeln und die Anzahl jener die von dieser Krankheit betroffen sind ist steigend. Allergietests bringen Sicherheit ob es sich ‘lediglich um eine Unverträglichkeit oder eine echte Allergie handelt.

In Österreich leidet etwa jeder Fünfte an einer ‘echten’ Allergie – was oft mit harmlosen Heuschnupfen beginnt, kann unbehandelt oder zu spät erkannt beispielsweise in Asthma übergehen.

Umso wichtiger ist die Früherkennung und entsprechende Behandlung, doch gerade daran haperte es nur allzu oft. Experten schätzen, dass bis zu 90 Prozent aller Allergiker falsch behandelt werden, weil die allergieauslösenden Stoffe nicht oder nicht richtig diagnostiziert werden konnten.

Allergietest – Interview mit OA. Priv. Doz. Mag. Dr. Stefan Wöhrl und Univ. Prof. Dr. Rudolf Valenta

 

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Allergen-Chip: Ein Blutstropfen reicht für die Allergie-Diagnose

Dank eines vergleichsweise neuen Diagnoseverfahrens soll dies nun endgültig der Vergangenheit angehören. Mittels Allergen-Chip, an dessen Entwicklung die MedUni Wien maßgeblich beteiligt war, können mit nur einem Blutstropfen des Patienten die Antikörperentwicklung abgelesen, und auf einen Schlag über 100 Allergene bestimmen werden. ISAC (Immuno Solid-Phase Allergen Chip) stellt eine besondere Form der chipbasierten Komponentendiagnostik dar und eine überaus innovative Form des Allergie Tests.

Rudolf Valenta vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien unterstreicht die Vorzüge der neuen Methode hinsichtlich einer frühen Diagnose bei Kindern: “Es reicht ein Stich, man muss kein Blut abnehmen. Perfekt wäre es, wenn die Kinder bereits mit einem Allergietest in der Schultasche in die Schule kommen.”

Tatsächlich zeigt der Test mit dem Chip bereits Antikörper, wenn äußerlich noch keine Symptome erkennbar sind. Eltern und Lehrer könnten daher bereits frühzeitig darauf achten, Allergiequellen für die betroffenen Kinder zu beseitigen.

Allerdings sind die Kosten des Tests wegen der aufwendigen Interpretation erheblich (zwischen 150.- und 300.- Euro) und werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Wenn Sie jedoch eine private Krankenversicherung haben, könnte diese in variablem Ausmaß Kosten für den Test übernehmen. Konsultieren Sie Ihre bitte Ihren privaten Krankenversicherungsträger!

Im Interview mit dem Allergologen und Facharzt für Dermatologie OA. Priv. Doz. Mag. Dr. Stefan Wöhrl und Univ. Prof. Dr. Rudolf Valenta werden die Details zur Allergie-Diagnose mittels Allergen-Chip erklärt.

Dr. Wöhrl: Man muss sagen, dass Allergien eine der häufigsten Erkrankungen überhaupt sind. Man nimmt an, dass nach dem chronischen Rückenleiden, welches die Nummer eins darstellt, die Allergien gleich an zweiter Stelle kommen.

Anmerkung: Allergien sind eigentlich völlig unnötige Reaktionen unseres Körpers.

Dr. Wöhrl: Es handelt sich um eine die sinnlose und schädliche Unverträglichkeitsreaktion gegen einen Umweltstoff. Diese muss aber gelernt werden. Sie richtet sich gegen fremde Umweltstoffe wie Pollenkörner, Metalle und andere sinnlose Ziele.

Anmerkung: Allergene dringen in unseren Körper ein und verursachen eine Immunreaktion. Unsere Abwehr erkennt sie plötzlich als schädliche Parasiten und es kommt zur Freisetzung von Histamin, das dann die unangenehmen Symptome auslöst.

Dr. Wöhrl: Es handelt sich um eine Allergie, wenn man beim Haut- oder Bluttest eine Sensibilisierung nachweisen kann. Sensibilisierung bedeutet, dass ein positives Testergebnis beispielsweise gegen Hausstaubmilben vorliegt und die Anamnese des Patienten dazu passt. Das ist eine Allergie.

Anmerkung: Das Verfahren der Testung hat sich bisher oft als schwierig und langwierig dargestellt. Ein Grund warum der heute der international anerkannte Forscher und Leiter des Christian Doppler Labors für Allergieforschung an der medizinischen Universität Wien, Univ. Prof. Dr. Rudolf Valenta, bereits in den Neunzigerjahren damit begonnen hat einen Allergenchip zu entwickeln, mit dem der sichere Nachweis einer Allergiesensibilisierung auf molekularer Basis, rascher gelingen soll.

Dr. Valenta: Die genaue Bestimmung der allergieauslösenden Moleküle war bisher schwer möglich, weil dies viele verschiedene sein können. Das neue Testverfahren, der Allergiechip, stellt in diesem Zusammenhang eine wirkliche Revolution dar.

Der Chip, welcher die Größe eines Fingernagels hat, also Chips in Mobiltelephonen und Computern entspricht, beinhaltet die ganze Welt der verschiedenen Allergene. Mit diesem Chip kann man mit Hilfe eines Blutstropfens entschlüsseln mit welchen Molekülen ein Patient nun reagiert. Dies geht sehr rasch. Es werden über 100 Moleküle auf einmal getestet.

Anmerkung: Heute kann mit diesem Allergenchip innerhalb kürzester Zeit, präzise und umfangreich eine Allergie nachgewiesen werden. Vom Patienten benötigt man lediglich einen Blutstropfen.

Dr. Valenta: Beim neuen Allergie Test dauert es vom Blutstropfen bis zum Testergebnis sind es wenige Stunden. Das heißt der Blutstropfen wird auf den Chip aufgebracht. Er wird gewaschen und dann werden die gebundenen Ig Antikörper, das sind jene Antikörper die die Patienten bilden und die letztendlich dafür verantwortlich sind, dass sie allergisch sind.

Diese haben dann Gelegenheit mit all diesen, mehr als hundert Molekülen zu reagieren. Unter molekularer Allergologie versteht man also das Wissen um jene Moleküle, die beim Patienten Allergien auslösen.

Anmerkung: Damit ist eine medizinische Sensation gelungen. Nämlich in kürzester Zeit für den Patienten äußerst einfach und schonend eine Allergie nachzuweisen. Sind damit andere, bisherige Allergienachweisverfahren überholt?

Dr. Valenta: Ja! Der Chip deckt alle Allergen-Quellen weitgehend ab. Er wächst auch ständig. Das heißt er kann auch neue Moleküle aufnehmen. Insbesondere bei Kindern, bei denen die Allergiediagnose besonders wichtig ist, weil ihnen die Allergien sozusagen in die Wiege gelegt werden, ist es so, dass die Eltern besonders frühzeitig wissen wollen, worauf ihre Kinder sensibilisiert sind. Wenn sie nun aus einem Blutstropfen heraus das Allergenspektrum lesen können, dann ist das etwas, das schon sehr früh die entscheidenden Informationen für die Prävention und die Therapie liefert.

Anmerkung: Diese liegt zum einen in der Allergen Vermeidung, in der symptomatischen Behandlung mit Medikamenten, bis hin zu Möglichkeiten der sogenannten Hyposensibilisierung. Dabei wird der Allergiker mit seinem Allergen kontrolliert konfrontiert.

Dr. Wöhrl: Wenn man sich vorstellt, dass ein Bienenstich die Giftmenge ist, die als Ziel wieder vertragen werden sollte, dann beginnen wir bei einer Hyposensibilisierung mit circa einem 10.000stel Stich und steigern die Giftmenge immer mehr, bis wir an dem Punkt angekommen sind, an dem der Patient ungefähr die Giftmenge von 2 Stichen wieder verträgt.

Anmerkung: Allergologen beraten und informieren die Betroffenen diesbezüglich und begleiten ihre Patienten oft über Jahre. Denn trotz aller Therapiemöglichkeiten sind Allergien in der Regel chronische und daher lebenslange Erkrankungen.

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