Allergien im Kindes- und Jugendalter: eine neue Epidemie?
Im Kindes- und Jugendalter zählen Allergien inzwischen zu den häufigsten Beschwerden. Die Kinder können bereits im Babyalter erkranken, jedoch werden die Symptome oft nicht mit einer Allergie in Verbindung gebracht.
Bleibt eine allergische Erkrankung aber unentdeckt und damit unbehandelt, verschlechtert sich der Krankheitsverlauf und eine unerwünschte “Allergie-Karriere” nimmt ihren Lauf. Ein neuer IGAV-Ratgeber informiert Elternnun über Schutz- und Behandlungsmöglichkeiten.
Noch vor zwei Generationen waren Allergien exotische Leiden. Seit den 60er Jahren verdoppelt sich die Zahl der Allergiker allerdings im Zehn-Jahres-Rhythmus. Inzwischen leidet etwa jeder Vierte der industrialisierten Bevölkerung an einer Allergie.
Experten gehen davon aus, dass bereits im Jahr 2015 jeder Zweite betroffen sein wird und sprechen inzwischen von der “Allergischen Epidemie” – die auch vor Kindern nicht Halt macht. Laut großer Epidemiologie-Studien lag Österreich noch vor wenigen Jahren im internationalen Vergleich im unteren Mittelfeld.
Eine aktuelle Studie¹, an der auch die Wiener Medizinische Universität maßgeblich beteiligt war zeigt, dass sich Österreich nun eindeutig auf Aufholjagd befindet. Inzwischen leidet etwa eines von zehn Babys an Neurodermitis, pro Schulklasse gibt es im Schnitt zwei asthmakranke Kinder und jeder vierte Teenager ist von irgendeiner Form von Heuschnupfen betroffen.
Die genauen Ursachen für die Entstehung und Zunahme allergischer Erkrankungen sind noch nicht vollständig erforscht.
Mehrere Faktoren dürften eine Rolle spielen. Neben einer angeborenen Bereitschaft eine Allergie zu entwickeln, sind Kinder heute einem ganz anderen Lebensumfeld ausgesetzt als vor 30 Jahren.
So werden der Rückgang an Infektionskrankheiten in früher Kindheit einerseits und der urbane Lebensstil mit geänderten Hygiene- und Ernährungsgewohnheiten andererseits für die Zunahme von Allergien verantwortlich gemacht.
Allergiker-Karriere beginnt häufig im Babyalter
Kinder mit allergischen Erkrankungen weisen oft einen typischen Krankheitsverlauf auf. Häufig beginnt dieser schon beim Säugling mit einer in Schüben verlaufenden juckenden Hauterkrankung (atopisches Ekzem, Neurodermitis) und/oder einer Nahrungsmittelallergie.
Im Laufe der Jahre verliert der überwiegende Teil der Kinder diese Allergien wieder, in vielen Fällen ist das allerdings erst der Beginn einer oft lebenslangen “Karriere” – eine allergische Erkrankung folgt der nächsten: Im Kindes- und Jugendalter reagieren die Abwehrkräfte dann in erster Linie auf Allergie-Auslöser die eingeatmet werden, wie Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilben oder Pilzsporen.
Werden dann erste Symptome (Entzündungen der Augen, Niesreiz, Fließschnupfen) falsch gedeutet und bleiben sie unbehandelt, wandert die Allergie von den oberen in die unteren Atemwege (“Etagenwechsel”), was eine Einschränkung der Atemleistung bis hin zum chronischen Asthma zur Folge haben kann. Dazu kommt das Risiko von Neusensibilisierungen, dem Entstehen weiterer Allergien.
Allergie-Auslöser identifizieren
Allergische Symptome sind vielfältig und vor allem von Nicht-Medizinern nicht immer sofort zu erkennen. Häufig werden sie anderen Krankheitsbildern zugeschrieben. Eine Nahrungsmittelallergie etwa kann mit im Säuglingsalter typischen Blähungen oder Koliken und Heuschnupfen mit einem Atemwegsinfekt verwechselt werden.
Gerade in den Herbst- und Wintermonaten, wo die Kinder ohnehin ständig verschnupft sind, werden allergische Symptome leicht mit einer Verkühlung verwechselt.
Wichtig ist, wachsam zu sein und bei ersten Warnzeichen auch eine Allergie in Erwägung zu ziehen und einen allergologisch versierten Arzt um Rat fragen – das ist besonders wichtig bei Kindern mit Nahrungsmittel-, Insektengift- und Medikamentenallergien, denn die Reaktionen können äußerst heftig, mitunter sogar lebensbedrohlich, sein.
Rechtzeitiger Behandlungsbeginn schützt vor Allergiker-Karriere
Die noch vor einigen Jahren unaufhaltsame Allergiker-Karriere kann heute – rechtzeitig erkannt – beeinflusst und in Schach gehalten werden. In der Behandlung geht es darum Krankheitssymptome zu reduzieren, die Lebensqualität des Kindes zu verbessern und die vorprogrammierte Allergiker-Karriere sowie die Entstehung von chronischem Asthma und weiterer Allergien zu verhindern. Die Therapie einer allergischen Erkrankung ist somit zugleich immer auch Prophylaxe.
Elternratgeber als Orientierungshilfe
Um Eltern einen Überblick über allergische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter zu geben, erstellte die Patienten-Informationsplattform “Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung (IGAV)” einen neuen Ratgeber.
Er enthält kompakte Information über die häufigsten Allergien bzw. deren Auslöser im Kindes- und Jugendalter, mögliche Ursachen, vorbeugende und Therapie begleitende Maßnahmen, Diagnose- und Therapieoptionen etc.
Weiterführende Information gibt auf der Webseite des Vereins: www.allergenvermeidung.org
Quelle:
¹ Schernhammer et al., Pediatric Allergy Immunology 2008
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Linktipps
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– Pollen-Tagebuch online
– Hyposensibilisierung im Kampf gegen Allergien
– Quallenstich: Erste Hilfe bei Kontakt mit Quallen
– So schützen Sie Ihre Augen vor Allergenen
– Insektengiftallergie – Aufklärungskampagne
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Update: 08/2015
Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Informationslage inzwischen geändert.
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