Seltene tropische Krankheiten – Entwicklungen und Herausforderungen

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Tropische Krankheiten sind Infektionskrankheiten, die hauptsächlich oder ausschließlich in tropischen und subtropischen Regionen auftreten.
Touristen kennen vor allem Malaria, Gelbfieber, Cholera und Dengue-Fieber, doch es gibt weitaus mehr Tropenkrankheiten, die von der wissenschaftlichen Forschung oftmals vernachlässigt werden.
Während Reisende vor allem Krankheiten wie Malaria, Gelbfieber, Cholera oder Dengue-Fieber kennen, existiert eine Vielzahl weiterer Erkrankungen, die in der öffentlichen Wahrnehmung kaum präsent sind.
Tropische Krankheiten – Artikelübersicht:
- Vernachlässigte tropische Krankheiten (NTD)
- Darmwürmer
- Lymphatische Filariose (LF)
- Ebola, Schlafkrankheit
- Fortschritt im Kampf gegen NTDs
- Vernachlässigte tropische Krankheiten – Linktipps
Viele dieser Erkrankungen sind durch Parasiten, Viren oder Bakterien verursacht und werden oft durch Insekten wie Mücken, Fliegen oder Zecken übertragen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet einen großen Teil dieser Leiden als vernachlässigte tropische Krankheiten (NTDs).
Sie betreffen weltweit mehr als 1,6 Milliarden Menschen, vor allem in ärmeren Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas.
Diese chronischen Infektionen führen zu Krankheit, körperlichen Beeinträchtigungen und Todesfällen und belasten die Gesundheitssysteme.
Trotz dieser enormen Krankheitslast erhalten sie oft weniger Forschungsgelder und mediale Aufmerksamkeit als bekanntere Infektionen.
Vernachlässigte tropische Krankheiten (NTDs)
Definition: NTDs sind eine Gruppe von derzeit 20 offiziell anerkannten Krankheiten, die vor allem in tropischen und subtropischen Regionen vorkommen und durch Bakterien, Viren, Parasiten oder Pilze verursacht werden.
Sie führen nicht nur zu akuten Erkrankungen, sondern auch zu chronischen Leiden, Behinderungen, Stigmatisierung und sozialem Ausschluss. Beispiele sind Lymphatische Filariose, Onchozerkose, Schistosomiasis, Trypanosomiasis, Chagas, Lepra, Leishmaniose und Darmwürmer.
Die soziale Dimension: Viele Betroffene leben in extremer Armut.
NTDs mindern die Arbeitsfähigkeit, beeinträchtigen die Bildungschancen von Kindern und halten Gemeinschaften in einem Teufelskreis aus Krankheit und Armut.
Darmwürmer
Darmwürmer zählen zu den häufigsten Infektionen weltweit. Rund 1,5 Milliarden Menschen sind betroffen, vor allem Schulkinder. Folgen: Anämie, Wachstumsstörungen, Unterernährung, Lernschwierigkeiten.
Die WHO setzt auf Massenbehandlungen (Albendazol, Mebendazol). Millionen Kinder werden regelmäßig behandelt. Studien zeigen eine Senkung der Schulabwesenheit um bis zu 25 %.
Problematisch sind erste Hinweise auf Resistenzen. Forschung zu neuen Wirkstoffen läuft.
Lymphatische Filariose
Die lymphatische Filariose ist eine durch Fadenwürmer verursachte Erkrankung, übertragen durch Mücken. Hauptsymptom ist die Elephantiasis mit massiven Schwellungen.
Weltweit sind rund 120 Millionen Menschen infiziert, etwa 40 Millionen schwer betroffen. Seit 2000 läuft ein globales WHO-Programm zur Elimination.
Durch Massenmedikamentengaben wurden große Erfolge erzielt. Ziel ist die Elimination bis 2030, in einigen Ländern bereits erreicht.
Schlafkrankheit
Die afrikanische Trypanosomiasis, auch Schlafkrankheit, wird durch Parasiten (Trypanosoma brucei) und die Tsetse-Fliege übertragen. Symptome: Fieber, Kopfschmerzen, neurologische Störungen, Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen. Unbehandelt tödlich.
Früher bis zu 300.000 Todesfälle jährlich, heute dank Programmen weniger als 1.000 Fälle pro Jahr. Ein Durchbruch war 2019 die Einführung von Fexinidazol, einer rein oralen Therapie. Ziel der WHO: Elimination bis 2030.
Neu auftretende und wiederkehrende Viruserkrankungen
Ebola: Gehört zu den hämorrhagischen Fiebern. Besonders schwer war die Epidemie 2014–2016 mit über 11.000 Toten. Seit 2019 existiert ein zugelassener Impfstoff (rVSV-ZEBOV).
Zika: 2015–2016 kam es in Brasilien zu einem Ausbruch mit Tausenden Fällen von Mikrozephalie. Übertragung durch Aedes-Mücken. Keine Impfung verfügbar.
Nipah: Seit 1998 bekannt, Überträger sind Flughunde. Sterblichkeit 40–75 %. WHO stuft es als potenzielle Pandemie-Bedrohung ein. Impfstoffe sind in Entwicklung.
Weitere relevante NTDs
Schistosomiasis: Übertragung über Süßwasserschnecken, über 200 Millionen Betroffene, kann Leberschäden und Blasenkrebs verursachen. Onchozerkose: Übertragung durch Kriebelmücken, führt zu Hautentzündungen und Erblindung.
Chagas-Krankheit: Endemisch in Lateinamerika, zunehmend auch in Europa. Übertragung durch Raubwanzen, Bluttransfusionen oder Schwangerschaft. Folgen: Herz- und Darmkomplikationen.
Leishmaniose: Übertragen durch Sandmücken, Formen: Haut-, Schleimhaut- und Viszerale Leishmaniose. Besonders gefährlich bei HIV-Infizierten.
Fortschritte im Kampf gegen NTDs
Seit der Londoner Deklaration 2012 wurden große Erfolge erzielt: Über 1 Milliarde Behandlungen jährlich durch Medikamentenspenden, Elimination einzelner Krankheiten in mehreren Ländern, neue Medikamente wie Fexinidazol, Fortschritte bei oralen Praziquantel-Formulierungen, Impfstoffe gegen Ebola, Dengue und Malaria.
WHO-Ziele bis 2030
Die WHO-Roadmap 2021–2030 strebt an: Elimination mindestens einer NTD in 100 Ländern, Reduktion der Todesfälle um 90 %, bessere Integration von NTD-Programmen. Herausforderungen: Klimawandel, Urbanisierung, Migration, Reiseverkehr und das Risiko neuer zoonotischer Viren.
Fazit
Seltene tropische Krankheiten sind längst kein Randthema mehr. Durch Globalisierung und Klimawandel können viele dieser Erkrankungen auch in Europa auftreten.
Trotz Fortschritten sind Investitionen in Forschung, internationale Zusammenarbeit und Prävention unerlässlich. Tropenkrankheiten bleiben eine globale Herausforderung.
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Quellen:
¹ Neglected tropical diseases: an effective global response to local poverty-related disease priorities [Engels, D., Zhou, XN in Infect Dis Poverty 9, 10 (2020)] DOI: https://doi.org/10.1186/s40249-020-0630-9
² Christoffel-Blindenmission (CBM) – Vernachlässigte Tropenkrankheiten
³ PLOS Neglected Tropical Diseases – renommiertes Open-Access-Fachjournal
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Linktipps
– Reisemedizin: Gesundheitstipps für einen beschwerdefreien Urlaub
– Zika-Virus
– Ebola – die Fieberkrankheit
– Malaria | Krankheitslexikon
– Sicher reisen mit Babybauch – Urlaub in der Schwangerschaft
[Verfasst 01/2013, Update: 08/2025]


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