Multiple Sklerose: Steigerung der Mobilität durch konsequente Therapien möglich

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Multiple Sklerose: Steigerung der Mobilität durch konsequente Therapien möglich

Multiple Sklerose ist eine chronische Immunerkrankung des zentralen Nervensystems, die vor allem junge Erwachsene in Industrie- und Schwellenländern trifft. Innovative Therapien können oftmals helfen, die Mobilität der Patienten zu sichern und Krankheitsschübe zu mindern.


Nicht nur Medikamente, auch konsequente Physiotherapie kann dabei helfen, die Beweglichkeit des Patienten möglichst lange zu erhalten.

Denn betroffene Patienten sehen die größte Beeinträchtigung, die ihnen aus der Erkrankung erwächst, in der drohenden Einschränkung ihrer Mobilität, dies ergab eine kürzlich veröffentlichte Umfrage.

Die Angst vor dem Rollstuhl ist es, die jene Menschen am meisten quält, die mit der Diagnose Multiple Sklerose (MS) leben müssen. „Der Rollstuhl ist ein Symbol für den Verlust der Unabhängigkeit.

Es ist verständlich, dass Betroffene davor Angst haben, an ihn gefesselt zu sein“, betont Prim. Dr. Ulf Baumhackl, Neurologe und Vizepräsident der Österreichischen MS Gesellschaft und ergänzt: „Glücklicherweise sind wir heute besser in der Lage, die Krankheit zu therapieren als früher, da uns eine größere Bandbreite an wirksamen Medikamenten zur Verfügung steht.

Der rechtzeitige Beginn mit der richtigen Therapie kann eine Verbesserung motorischer Funktionen ermöglichen, Komplikationen wie Spastik und Schmerzen verringern und letztlich eine zufriedenstellende Lebensqualität bewirken.“

Mobilität durch richtige Therapie

Trotz intensiver Forschung, moderner Untersuchungsmethoden und neuer Medikamente ist die Multiple Sklerose (MS) bislang nicht heilbar. Die grundlagenorientierte Multiple Sklerose-Forschung hat allerdings in den letzten Jahren einige neue und innovative Therapien hervorgebracht.

Diese können den Krankheitsverlauf merkbar verzögern und somit das Gehvermögen und die Beweglichkeit langfristig erhalten, wodurch die Lebensqualität – der maßgebliche Faktor bei jeder chronischen Erkrankung – spürbar verbessert werden kann.

Immer wirksamere Medikamente, die dabei helfen, den Alltag zu bewältigen, tragen zum Wohlbefinden der Betroffenen bei. Dabei wirken sich vor allem die bessere Verträglichkeit und die geringere Anzahl an Nebenwirkungen der neuen Präparate positiv auf die Lebensqualität der Patienten aus.

Prim. Baumhackl erläutert: „Betrachtet man Wirkung und Nebenwirkungen einer Therapie, erweisen sich einige Medikamente als besser geeignet als andere, wobei die individuelle Verträglichkeit natürlich immer zu beachten ist.“

Aktuelle stehen sechzehn zugelassene Therapeutika aus neun Wirkstoffklassen zur Verfügung. Die Anwendung richtet sich nach der Aktivität der der Erkrankung, die über die Anzahl der Schübe und das Auftreten von kontrastmittelanreichernden Läsionen im MRT erhoben wird.

Manche Medikamente verursachen Nebenwirkungen, beispielsweise im Bereich der Haut, die bei manchen Patienten irreversible Schäden verursachen können. Das kann vor allem bei jungen Menschen, die gerne Haut zeigen, neben organischen Schäden auch zu psychischen Problemen führen. Nebenwirkungen, wie leichtes Fieber, sind indes besser in den Griff zu bekommen. Auch die Häufigkeit der Verabreichung der Medikamente kann eine Rolle spielen.

Die Medikamente werden je nach Wirksamkeitskategorie entweder für den milden bzw. moderaten Verlauf oder bei hochaktiver MS eingesetzt. Unterschieden werden entsprechend drei Wirksamkeitskategorien:

I. Dimethylfumarat, Interferone, Glatirameracetat und Teriflunomid
II. Fingolimod, Mavenclad und Ozanimod
III. Alemtuzumab, CD20-Antikörper und Natalizumab

Die Therapeutika unterscheiden sich nicht nur in ihrem Wirkmechanismus, sondern auch ihrer Applikationsform, Applikationsfrequenz, dem Grad der Immunsuppression und natürlich ihrem Sicherheitsprofil.

Die Therappie obliegt in Österreich zertifizierten MS-zentren und die Verabreichung der Medikamente muss im Therapieregister der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) dokumentiert werden.

Zeitpunkt des Therapiebeginns zählt

Multiple Sklerose verunsichert Betroffene vor allem wegen des unberechenbaren Verlaufs. Sogar bei zunächst geringen Symptomen ist eine spätere Invalidität nicht ausgeschlossen. Auch für Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, Obmann der Tiroler MS Gesellschaft und Oberarzt an der Universitätsklinik für Neurologie Innsbruck, ist der Erhalt der Mobilität der Patienten ein wichtiges Therapieziel, denn: „Man darf die psychische Komponente individueller Mobilität nicht unterschätzen. Selber gehen oder sich versorgen zu können, bedeutet im wahrsten Sinn des Wortes ‚mit zwei Beinen im Leben zu stehen’.“

Ursache für die motorischen Probleme, die durch Multiple Sklerose verursacht werden, sind Entzündungsherde im Zentralen Nervensystem. Durch diese wird die Myelinschicht der Nervenzellen zerstört, worauf diese nur mehr eingeschränkt arbeiten können oder absterben.

Die Myelinschicht oder Markscheide ist eine spiralförmige Umhüllung der so genannten Axone, also jener Nervenfortsätze, die zur Weiterleitung von Nervenimpulsen dienen. Das Myelin ermöglicht dabei eine Steigerung der Nervenleitungsgeschwindigkeit. Der Abbau der Myelinschicht (Demyelinisierung) führt dazu, dass elektrische Impulse in den betroffenen Nervenfasern nicht weitergeleitet werden, was letztlich die motorischen Störungen beim Betroffenen bewirkt.

In Studien und durch breite klinische Erfahrung ist belegt, dass die Einschränkung der Mobilität der entscheidende Faktor für die Krankheitsprogression ist. Univ. Prof. Dr. Thomas Berger dazu: „Der möglichst rasche Therapiebeginn ist daher entscheidend für die langfristige Aufrechterhaltung der Lebensqualität von Betroffenen.

Damit kann in vielen Fällen die Zerstörung der Myelinschicht angehalten werden. Je länger die Krankheit unzulänglich oder gar nicht behandelt wird, desto schwerwiegender sind die Schäden, die die Patienten in Kauf nehmen müssen.

Therapietreue verstärken

Eine möglicherweise über viele Jahre durchgeführte Therapie ist eine starke psychische und physische Belastung, vor allem, wenn sie mit möglichen Nebenwirkungen einhergeht. „Hier sind Aufklärung und persönliche Information wichtig. Das Abbrechen einer Therapie sollte auf alle Fälle vermieden werden.

Es geht immer auch darum, die Hoffnungen und Erwartungen der Betroffenen bezüglich des Therapieerfolges auf eine realistische Grundlage zu stellen“, erklärt Univ. Prof. Dr. Karl Vass, Präsident der MS Gesellschaft Wien und Oberarzt an der Universitätsklinik für Neurologie am AKH Wien.

Soziales Netz unterstützt Therapieerfolg

„Die Diagnose MS bedeutet einschneidende Veränderungen in vielen Lebensbereichen der Betroffen. Eine unserer Aufgaben ist es, die Menschen zu unterstützen, die für sie passenden Wege in die Zukunft zu finden“, sagt Mag. Ursula Hensel, Geschäftsführerin der Multiple Sklerose Gesellschaft Wien.

Der gemeinnützige Verein bietet Betroffenen und Angehörigen fachgerechte Beratung und Psychotherapie, klärt sie über ihre Rechte auf und bringt Licht ins Dunkel des Unterstützungs-Dschungels. Frau Mag. Hensel dazu: „Die Menschen wenden sich an uns, wenn es gilt, die sozialen Aspekte der Krankheit zu durchleuchten und sie abseits der medikamentösen Therapie zu unterstützen.

Damit können wir Sorgen abfedern und helfen, die Lebenskrise, die die Diagnose für viele Betroffenen bedeutet, zu bewältigen. Letztendlich ist es unser Ziel, den Betroffenen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen, wodurch auch der Therapieerfolg unterstützt wird.“

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¹ Univ.-Prof. Dr. Barbara Kornek (Meduni Wien; Universitätsklinik für Neurologie) – Fokus Multiple Sklerose (Ärzte Krone)

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

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Letztes Update: 11/2020

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