Beschneidung beim Mann – Zirkumzision | Medizinlexikon

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Beschneidung beim Mann - Zirkumzision | Arzt und Patient

Fotocredit: Minerva + George Mayer Studio | Fotolia

Die Beschneidung (medizinisch: Zirkumzision) ist ein chirurgischer Eingriff zur teilweisen oder vollständigen Entfernung der männlichen Vorhaut.


Sie kann aus verschiedenen Gründen durchgeführt werden – medizinischen, hygienischen, religiösen oder ästhetischen. Während sie in einigen Kulturen weit verbreitet ist, bleibt sie in anderen Regionen eine seltene oder umstrittene Praxis.

Beschneidung beim Mann | Medizinlexikon – Inhaltsübersicht:

Definition und Durchführung

Die Beschneidung ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem die Vorhaut des Penis entfernt wird. Dies kann entweder vollständig oder teilweise geschehen. Während der Operation wird die Vorhaut zunächst von der Eichel gelöst und anschließend mit einem Skalpell oder Laser entfernt. Die Wundränder werden genäht oder geklebt.

Der Eingriff kann unter lokaler Betäubung, Regionalanästhesie oder – bei Kindern – unter Vollnarkose durchgeführt werden. Die Heilungsdauer beträgt in der Regel 10 bis 14 Tage.

Indikationen: Wann ist eine Beschneidung medizinisch notwendig?

Phimose (Vorhautverengung)

Bei einer Phimose lässt sich die Vorhaut nicht oder nur schwer über die Eichel zurückziehen. Dies kann angeboren oder erworben sein und zu Schmerzen, Entzündungen und Harnabflussstörungen führen.

Paraphimose (Spanischer Kragen)

Wenn eine zu enge Vorhaut hinter der Eichel stecken bleibt, kann dies zu einer Paraphimose führen. Diese ist mit starken Schmerzen, Schwellungen und Durchblutungsstörungen verbunden und stellt einen medizinischen Notfall dar.

Wiederkehrende Entzündungen

Chronische Entzündungen der Eichel oder der Vorhaut können eine Beschneidung erforderlich machen.

Harnwegsinfekte

Studien zeigen, dass beschnittene Männer ein geringeres Risiko für Harnwegsinfekte haben, insbesondere im Säuglingsalter.

Religiöse und kulturelle Bedeutung

Die Beschneidung ist seit Jahrtausenden Bestandteil verschiedener Kulturen und Religionen:

  • Judentum: Die Brit Mila ist ein zentrales religiöses Gebot.
  • Islam: Gilt als wichtiger Ritus, oft im Kindesalter durchgeführt.
  • USA: Bis in die 1970er-Jahre aus hygienischen Gründen weit verbreitet.

Beschneidung als medizinische Vorsorgemaßnahme

Einige wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass eine Beschneidung das Risiko bestimmter Erkrankungen senken kann, darunter:

  • HIV und sexuell übertragbare Infektionen (STIs)
  • Prostata- und Gebärmutterhalskrebs
  • Chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Morbus Zoon oder Lichen sclerosus et atrophicus
  • Therapieresistenter Lichen ruber planus
  • Rezidivierende Bowenoide Papulose
  • Peniskarzinome
  • Narbige Phimose

Ästhetische und sexuelle Überlegungen

Manche Männer lassen sich aus kosmetischen oder funktionellen Gründen beschneiden. Sexuelle Überlegungen, die für eine Zirkumzision sprechen könnten, sind vielfältig, werden aber oft kontrovers diskutiert.

Es ist grundsätzlich wichtig, die potenziellen Vorteile (wie hygienische Verbesserungen oder längerer Geschlechtsverkehr) gegen mögliche Nachteile (wie Sensibilitätsverlust) abzuwägen.

Beschneidung in den USA: Eine kulturelle und medizinische Praxis

In den USA war die Beschneidung bis in die 1970er-Jahre ein fester Bestandteil der medizinischen Routineversorgung von Neugeborenen. Der Eingriff wurde nicht primär aus religiösen, sondern aus hygienischen und präventiven Gründen durchgeführt.

Bis heute sind schätzungsweise 55–60 % der amerikanischen Männer beschnitten, auch wenn die Rate in den letzten Jahrzehnten leicht gesunken ist. Befürworter argumentieren, dass die Beschneidung das Risiko für Harnwegsinfekte, sexuell übertragbare Krankheiten (STIs) und Peniskrebs senken kann.

Kritiker hingegen betonen, dass der Eingriff medizinisch nicht zwingend erforderlich sei und der Trend zur Routinebeschneidung vor allem auf kulturellen Gewohnheiten basiert.

Sexuelle Vorteile: Einfluss auf Empfindlichkeit und Orgasmusverzögerung

Ein häufig genanntes Argument für die Beschneidung ist die potenzielle Verlängerung der sexuellen Ausdauer. Da die Eichel nach der Entfernung der Vorhaut ständig an Kleidung reibt, bildet sich eine leichte Verhornung der Haut, was die Empfindlichkeit reduzieren kann.

Manche Männer berichten, dass dies zu einer verzögerten Ejakulation und längerer sexueller Leistungsfähigkeit führt, was von manchen Partnern als positiv empfunden wird.

Studien liefern jedoch widersprüchliche Ergebnisse: Während einige Forschungen darauf hinweisen, dass beschnittene Männer weniger empfindlich sind, zeigen andere, dass der Einfluss auf die sexuelle Funktion minimal ist.

Ästhetik und sexuelle Präferenzen: Ein subjektiver Faktor

Die Beschneidung kann das Erscheinungsbild des Penis verändern, was für manche Männer und deren Partner ästhetisch ansprechender sein kann. In einigen Kulturen und sozialen Kreisen gilt ein beschnittener Penis als “sauberer” oder attraktiver.

Insbesondere in den USA berichten Männer, dass die Beschneidung das Selbstbewusstsein in intimen Situationen steigern kann. Allerdings ist die Präferenz für beschnittene oder unbeschnittene Partner stark individuell und kulturell geprägt.

Wissenschaftlich gibt es keine eindeutigen Belege dafür, dass die Beschneidung die sexuelle Attraktivität oder das sexuelle Erleben signifikant beeinflusst.

Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Geringeres Risiko für Harnwegsinfekte
  • Niedrigere Wahrscheinlichkeit für Peniskrebs
  • Geringeres Risiko für sexuell übertragbare Infektionen
  • Verlängerung des Sexualakts: Durch die Reduzierung der Empfindlichkeit der Eichel nach einer Beschneidung berichten einige Männer von einer besseren Kontrolle über den Samenerguss, was zu einem länger andauernden Sexualakt führen kann.

Nachteile, kritische Aspekte und Einschränkungen:

  • Risiken durch Operation (Blutungen, Infektionen)
  • Verlust sensibler Nerven und Empfindlichkeit: Die Vorhaut enthält viele erogene Nervenenden, deren Entfernung zu einem Verlust an sexueller Sensibilität führen kann. Studien zeigen, dass beschnittene Männer häufiger über reduzierte Orgasmusintensität und weniger sexuelles Vergnügen berichten.
  • Veränderung des sexuellen Erlebens: Einige Männer berichten nach einer Beschneidung von Gefühlsstörungen oder einer „gewöhnungsbedürftigen“ Veränderung des sexuellen Empfindens.
  • Einfluss auf den Partner/die Partnerin: Frauen von beschnittenen Männern berichten häufiger über vaginale Trockenheit und erhöhte Reibung während des Geschlechtsverkehrs, was den Komfort beeinträchtigen kann.

Rechtliche und ethische Aspekte

Die rechtliche Situation der Beschneidung variiert weltweit.

Rechtliche Situation in Österreich

In Österreich gibt es derzeit keine spezifische gesetzliche Regelung zur Beschneidung minderjähriger Jungen. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist in der österreichischen Verfassung verankert, während die Religionsfreiheit ebenfalls hohen Schutz genießt.

Theoretisch könnte eine nicht medizinisch indizierte Beschneidung als Körperverletzung nach § 83 StGB gewertet werden, jedoch wird sie in der Praxis toleriert, sofern sie unter medizinischen Standards erfolgt.

Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema sind selten, und im Zweifelsfall müsste ein Höchstgericht über den Vorrang zwischen Kindeswohl und elterlichem Erziehungsrecht entscheiden.

Ethische Aspekte der Beschneidung

Die ethische Debatte um die Beschneidung dreht sich vor allem um das Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit, elterlichem Erziehungsrecht und dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit.

Kritiker argumentieren, dass eine nicht medizinisch notwendige Beschneidung eine irreversible Körperveränderung sei, die der betroffene Junge erst im Erwachsenenalter selbst entscheiden sollte. Befürworter, insbesondere aus religiösen Gemeinschaften, betonen hingegen die kulturelle und spirituelle Bedeutung des Eingriffs.

Ein weiterer ethischer Aspekt ist die Schmerzempfindung von Säuglingen und Kleinkindern, da Studien zeigen, dass auch Neugeborene Schmerzen bewusst erleben. Medizinisch empfohlene Schmerzreduktion ist daher ein wichtiger Faktor in der ethischen Bewertung der Praxis.

Nachsorge und mögliche Komplikationen

Nachsorge

  • Vermeidung von engen Hosen
  • Regelmäßige Reinigung der Wunde
  • Kein Geschlechtsverkehr für mindestens vier Wochen

Mögliche Komplikationen

Die Komplikationsrate bei Beschneidungen in einem professionellen medizinischen Umfeld wird auf 2-10% geschätzt. Mögliche Komplikationen umfassen:

  • Nachblutungen
  • Infektionen
  • Vernarbungen, Verletzungen der Glans oder Harnröhre
  • Meatitis ( Entzündung der Harnröhrenmündung) und Meatusulceration (Geschwürs (Ulcus) im Bereich der Harnröhrenmündung)

Fazit

Die Beschneidung ist ein jahrtausendealter Eingriff, der aus verschiedenen Gründen durchgeführt wird. Während sie bei bestimmten medizinischen Indikationen sinnvoll oder sogar notwendig ist, bleibt sie in anderen Fällen umstritten.

Die Entscheidung für eine Zirkumzision sollte individuell getroffen werden und medizinische sowie persönliche Faktoren berücksichtigen.

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Quellen:

¹ Zirkumzision (DocCheck Flexikon)
² Zur Frage der Circumcision im Kindesalter

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com

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Linktipps

– Intimchirurgie – das Geschäft mit dem Genital
– Aufklärung für Kinder
– Tipps zur richtigen Intimhygiene
– Der Penis: Funktionsweise & Anatomie
– Geschlechtskrankheiten

[Verfasst 11/2005, Update: 01/2025]

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