Nacktscanner als Gesundheitsrisiko?
Foto: U.S. Department of Homeland Security
Datenschützern und Vertretern der Bürgerechtsbewegung ist der Einsatz von Nacktscannern sowieso ein Dorn im Auge, stellt er in deren Augen doch einen elementaren Eingriff in die Intimsphäre des Einzelnen dar. Doch nun werden auch gesundheitliche Bedenken immer lauter. So warnt ein Strahlenschutzexperte der deutschen Bundesregierung eindringlich vor etwaigen Gesundheitsrisiken.
Bodyscanner, Körperscanner, oder eben Nacktscanner sind nach dem mißglückten Terroranschlag vom 25. Dezember 2009 in aller Munde. Es handelt sich dabei um Geräte, mit deren Hilfe die Oberfläche des menschlichen Körpers abgebildet werden kann. Mit dem Einsatz solcher Geräte soll es gelingen versteckte Gefahrengegenstände – etwa Waffen oder Sprengstoff – unterhalb der Kleidung ausfindig zu machen.
Mythos Sicherheit
Wie schon nach den verheerenden Anschlägen am 11. September 2001 werden auch jetzt wieder zahlreiche Gesetze und Bestimmungen verschärft. Damit wollen die Staaten im Kampf gegen den internationalen Terrorismus die legistische Grundlage für künftige Abwehrmaßnahmen setzen.
Dass die Einschränkungen auch auf Kosten der Freiheit des Einzelnen gehen, scheint gesellschaftspolitisch vorerst nicht relevant zu sein, im Vordergrund steht die Illusion absoluter Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger.
Nacktscanner nicht unumstritten
Neben gesetzlicher Änderungen, wie etwa der Vorratsdatenspeicherung, der Bestrafung für die Teilnahme an einem Terrorcamp, oder auch religiöse Verhetzung sogenannter Hass-Prediger, sollen in Österreich auch neue technische Instrumente zum Einsatz kommen. Eines davon ist eben der sogenannte Nacktscanner (Bodyscanner), ein Strahlengerät, welches Gegenstände, die unter der Kleidung getragen werden, mittels eines dreidimensionalen Bildes des Körpers sichtbar machen soll. Doch der Einsatz solcher Scanner entzweit mittlerweile die Nationalstaaten der EU, und zwar nicht nur wegen rechtlicher, sondern auch wegen gesundheitlicher Bedenken.
Experten warnen vor Gesundheitsrisiko
Nacktscanner sollen für mehr Sicherheit sorgen, dabei sind sie vielleicht selbst gefährlich. In der Debatte um den Einsatz von Körperscannern an Flughäfen hat Rolf Michel, Strahlenschutzexperte der Deutschen Bundesregierung jedenfalls eindeutig vor Gesundheitsrisiken gewarnt. Seiner Kritik schließt sich der österreichische Umweltmediziner Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene an der Uni-Wien an. Während ersterer jene Scanner, die mittels Röntgenstrahlung arbeiten anprangert, meldet letzterer Bedenken zur “schonenderen” Alternative an, also jene Geräte, die mit Terahertz-Strahlen arbeiten.
Grundsätzlich werden bei Körperscannern zwei Bestrahlungstechnologien unterschieden. Entweder es kommen Röntgenstrahlen (wegen der Strahlenbelastung sehr umstritten) oder Terahertzstrahlen (die Frequenz liegt zwischen Mikrowellen- und Wärmestrahlung; Auswirkungen noch nicht hinreichend erforscht) zum Einsatz. Bei der Terahertzstrahlung wiederum wird zwischen aktiver und passiver Methode unterschieden.
Die Gefahren überhöhter Strahlenbelastung durch Röntgenstrahlen sind bekannt und gut dokumentiert. Die Röntgenstrahlung habe durch ihre zellschädigende Wirkung das Gefährdungspotenzial, langfristig Krebs – z.B. Leukämie – zu erzeugen, betont demnach auch der Strahlenexperte, Rolf Michel.
Aus diesem Grund wird eine Strahlenbelastung im Bereich der Medizin nur in Kauf genommen, wenn es für die Verbesserung der Gesundheit unerlässlich ist. Michel hält fest, dass bei einer einzelnen Durchleuchtung Menschen zwar nur einer sehr geringen Menge von Röntgenstrahlen ausgesetzt seien, dass das Risiko aber mit jeder Kontrolle steige. Für Vielflieger und Menschen, die häufiger gescannt würden – wie etwa das Flughafenpersonal – wäre das Risiko demnach nicht vernachlässigbar, ebensowenig für Schwangere.
Auch wenn die Strahlenbelastung nur bis zu zehn Prozent der kosmischen Strahlenexposition ausmacht, der die Menschen während des Flugs sowieso ausgesetzt sind, sieht der Leiter des Zentrums für Strahlenschutz und Radioökologie der Leibniz Universität Hannover keine Rechtfertigung, Fluggäste dieser zusätzlichen Belastung auszusetzen.
Schonende Alternative Terahertz-Scanner?
Terahertz-Strahlen machen Gegenstände einerseits wegen ihrer ausgestrahlten Wärme, andererseits auch wegen ihrer chemischen Zusammensetzung sichtbar. So würde etwa eine am Körper getragene Waffe auf dem Monitor des Scanners sichtbar werden, da sie die Körperstrahlung blockiert und so auf dem Wärmebild einen Schatten wirft.
Geräte, die mit Terahertzstrahlung arbeiten gelten als schonende Alternative zu Röntgenscannern, doch auch sie sind unter Experten nicht unumstritten. Denn die Terahertzstrahlung wirkt aufgrund ihrer geringeren Energie zwar nicht ionisierend, weshalb zwar Zellschädigungen, laut Journal Radiation Research nicht aber Veränderungen im Erbgut ausgeschlossen werden können.¹
Bei der aktiven Terahertzmethode scannt ein fokussierter Strahl den Körper und konstruiert aus der Rückstreuung ein Bild. Die sogenannten T-Wellen liegen im Grenzbereich zwischen Infrarotlicht und Mikrowellenstrahlung und sind Teil der natürlichen Wärmestrahlung. Im Vergleich zur Röntgenmethode ist die auf den menschlichen Körper wirkende Energie bei der aktiven Terahertzmethode wesentlich geringer, allerdings wurde der Beweis, dass die Strahlen für den Körper absolut ungefährlich sind, von der Wissenschaft noch nicht erbracht.
“Wir fallen im Terahertzscanner nicht tod um, aber unbedenklich ist die Sache nicht”, sagt der österreichische Umweltmediziner Hutter und verweist auf mögliche Veränderungen, etwa im Immunsystem oder Hormonhaushalt, die auch bereits nach kurzer Bestrahlungsdauer auftreten könnten. Das Problem der wissenschaftlichen Bewertung liege laut Hutter darin, dass noch nicht genug Informationen zu dem Thema vorliegen.
Laut Deutschem Bundesamt für Strahlenschutz scheint allein allein die passive Terahertzmethode wirklich unbedenklich zu sein. Im Gegensatz zu den anderen beiden Methoden wirkt hier nämlich keine Strahlenquelle auf den Körper. Die Methode erfasst lediglich die natürliche Wärmestrahlung des menschlichen Körpers, sodass ein Bild – ohne anatomische Details – erzeugt werden kann. “Hier ist lediglich fraglich, ob die Technologie ausreicht.” so Rolf Michel, der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission.
Gerade diese Technologie möchte das Jenaer Institut für Photonische Technologie (IPHT) künftig liefern. Das zum Einsatz kommende Detektionsverfahren verbindet das Know How der Quantenphysik mit modernen photonischen Technologien. Die Terahertz (THz)-Kamera ermöglicht das Aufspüren von Waffen am Menschen und soll zukünftig unter anderem bei Sicherheitskontrollen an Flughäfen zum Einsatz kommen.
Im Vergleich zum kontrovers diskutierten “Nacktscanner” stellt die THz-Kamera allerdings keine anatomischen Details dar. Die passiv arbeitende Kamera erfasst in Echtzeit die THz-Strahlung des menschlichen Körpers und erzeugt Bilder in schneller Folge. Projektleiter Torsten May: “Dieser Vorgang erfolgt völlig ohne aktive Bestrahlung, das resultierende Bild liefert keine anatomischen Details, da keine zusätzliche Beleuchtungsquelle verwendet wird.
Unter der Kleidung versteckte Objekte wie Handfeuerwaffen oder Keramikmesser hinterlassen jedoch verräterische Schatten auf dem Wärmebild. Damit werden zwei wesentliche Bedenken der öffentlichen Meinung ausgeräumt: die aktive Bestrahlung und der Eindruck einer Nacktaufnahme.”²
Quellen:
¹ Radiation Research – Terahertz Radiation Increases Genomic Instability in Human Lymphocytes
² IPHT – Die Terahertz-Kamera des Jenaer Instituts für Photonische Technologien
[red]
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– Nacktscanner oder: Der durchleuchtete Clooney (Der Standard)
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