Merkur Gesundheitsmonitor 2000
Fessl-GfK: Dass zu viele Medikamente verschrieben werden, davon sind vor allem Maturanten und Akademiker (76%) und die jüngeren, noch nicht im Ruhestand befindlichen Österreicher überzeugt (zwischen 72% und 74%). Pensionisten (58%) und Pflichtschulabsolventen (57%) hingegen tendieren zur Ansicht, dass weder zu viele noch zu wenig Medikamente verschrieben werden, sondern gerade ausreichend.
Die als zu großzügig empfundene Medikamentenverschreibung hat jedoch keine wesentlichen Auswirkungen auf die Compliance, also die Bereitschaft, sich an ärztliche Einnahmeempfehlungen zu halten: Mehr als die Hälfte der österreicher (58 %) nehmen “immer” die Medikamente, die ihnen verschrieben wurden. Genau ein Viertel der österreicher (25%) nimmt sie “meistens”; 13% nehmen sie nach Lust und Laune. Erwartungsgemäß halten sich Pensionisten überdurchschnittlich oft an die ärztlichen Einnahmeempfehlungen, nämlich 78%. Wesentlich seltener werden die Empfehlungen von den jungen Österreichern bis zum 39. Lebensjahr befolgt, und zwar von nur 48%. Aber nicht nur das Alter bestimmt das Einnahmeverhalten, sondern auch die Schichtzugehörigkeit, das Bildungsniveau und die Berufstätigkeit: Weniger Gebildete, Angehörige der unteren Sozialschichten und nicht Berufstätige halten sich wesentlich häufiger “immer” an die Einnahmeempfehlungen als höher Gebildete, Angehörige der Ober- und Mittelschicht und Berufstätige.
Daraus lässt sich folgender Schluss ziehen: Ein hohes soziales Ansehen und eine ökonomische Unabhängigkeit stärken das Selbstbewusstsein der Menschen und führen dazu, dass Empfehlungen und Anweisungen – auch ärztliche – auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft und dann entsprechend modifiziert werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Einstellung der Befragten zu den Dosierungsanweisungen der ärzte. Geben gesamt gesehen 76% an, sich exakt an die Anweisungen zu halten, so sehen doch immerhin rund ein Viertel der österreicher in den ärztlichen Anweisungen “nur” grobe Richtlinien und passen die Dossierung nach ihren eigenen Bedürfnissen selber an bzw. halten sich kaum daran. Zeigt sich in der Frage nach dem Einnahmeverhalten eine altersabhängige Entwicklung (s.o.), so ist es beim “Dosierungsverhalten” eine lebensphasenabhängige Entwicklung: Halten sich “junge Ledige” (25%) und “junge Paare ohne Kind” (33%) noch relativ wenig an ärztliche Dosierungsanweisungen, so nimmt dieser Wert – vielleicht auch durch die besondere Bedeutung des Kindes in der Familie – bei “Familien mit Kindern” stetig ab und bereits 80% der “Familien mit Schulkindern” halten sich genau an ärztliche Anweisungen, wenn es um die Dosierung von Medikamenten geht.
So sehr ein selbstbewusstes, kritisches Verhalten zu begrüßen ist, auf dem Gesundheitssektor hat es höchst unerwünschte Nebenwirkungen: Abgesehen davon, dass sich die Patienten bei einer ungenügenden Befolgung der ärztlichen Empfehlungen selbst gefährden können, kostet eine Verweigerung von Einnahmeempfehlungen auch viel Geld. Ja, es gibt Gesundheitsökonomen, die eine mangelhafte Mitarbeit der Patienten überhaupt für das größte Kostenproblem in der Medizin halten: Einerseits wegen der ungeheuren Aufwendungen für die ungenutzten Arzneimittel selbst, andererseits aber auch auf Grund der Folgekosten, z. B. wegen notwendiger Krankenhauseinweisungen, weil die verschriebenen Medikamente falsch oder gar nicht genommen werden. Dazu kommen zusätzliche Arztbesuche und Notfallseinsätze, die weitere Kosten nach sich ziehen. Die Ergebnisse zeigen eines ganz klar: Es ist dringend notwendig, dass wieder ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis hergestellt wird. Denn nur dann, wenn der ärztlichen Kompetenz vertraut wird, halten sich die Patienten auch an die Therapie-Empfehlungen. Und nur dann können – unnötige – Kosten vermieden werden.
Rückfragehinweis: Merkur Versicherung AG – Neutorgasse 57, 8010 Graz, Tel.: (+43) 316/8034
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